Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Kap 6
 

Wie versprochen schauten Lisa und Sina am nächsten Tag bei Lisas Eltern vorbei. Bernd Plenske, ein großer, brummiger Kerl, war ein waschechter Berliner und nie lange aus Göberitz herausgekommen. Er arbeitete sogar in Göberitz. Seit mehr als 20 Jahren in dem gleichen Betrieb. Er verdiente nicht viel, aber es reichte, um das kleine Haus in Göberitz zu kaufen und er war zufrieden damit. Bernd war gerade im Keller gewesen, um seinen Werkzeugkasten zu holen. Gut gelaunt begrüßte er seine Tochter und die kleine Sina mit einem Kuss auf die Wange.

Hallo ihr zwei! Wie geht es meinen Lieblings- Schnattchens?“

Hallo Opa!“ begrüßte Sina Bernd, den sie heiß und innig liebte. Sie ließ sich von ihm auf den Arm nehmen und gab ihm einen feuchten Schmatzer auf der Wange.

Hallo Papa“, lächelte Lisa. Sie liebte diesen Anblick. Sina fühlte sich unheimlich wohl bei Bernd. Und ihr Vater strahlte jedes Mal wenn er die Kleine sah.

Schnattchen, dat Mini- Schnattchen und ich gehen mal schnell in den Garten. Wir reparieren die Hollywood- Schaukel, ja Sina?“

Uhi ja Opa“, sagte Sina und klatschte begeistert in die Hände. Wenn Opa Bernd „wir“ sagte, dann meinte er auch „wir“. Lisa seufzte auf. Sie sah Sina schon mit dem Hammer auf Bernd Daumen hauen.

Passt bitte auf“, wollte sie sagen, aber zu ihrer großen Erleichterung rief Helga in dem Moment nach ihnen.

Lisa! Sina! Bernd! Essen steht schon fertig auf dem Tisch“.


Keine fünf Minuten später saßen die Plenskes um den Esstisch und ließen sich Helgas berühmten Braten schmecken. Den Nachtisch, Käsekuchen mit Sahne, genossen Lisa und Helga im Garten mit Kaffee. Bernds Kaffee und Sinas heiße Schokolade mussten allerdings auf sie warten, sie machten sich jetzt ans Werk. Doch nebenbei retteten sie eine Schnecke, die es sich auf der Schaukel bequem gemacht hatte. Bernd erklärte dem kleinen Mädchen, dann alles über Schnecken. Dass die gar nicht eklig wären, sondern sehr interessant. Lisa beobachtete ihren Vater, der Sina auf dem Arm trug und jetzt auf einen Baum deutete.

Sie wird Kelly immer ähnlicher, nicht wahr?“, sagte Helga jetzt. Mit einem Lächeln beobachte sie ihren Mann und die Kleine, die ganz fasziniert den Erklärungen von Bernd folgte.

Hmm… ja“, antwortete Lisa mit brüchiger Stimme. Sie versank wieder einmal in Erinnerungen:

Kelly. Sie hatte ihre beste Freundin vor fast 9 Jahren bei einem Spaziergang im Winter kennen gelernt…

 

Sie waren beide 19 Jahre alt gewesen. Lisa war an dem Spielplatz in der Nähe des Göberitzer S- Bahnhofs vorbeigegangen, als ihr die junge Frau ins Auge fiel. Sie war einfach nur so da gesessen und hatte auf das Klettergerüst gestarrt. Sie hatte nur einen wunderschönen roten Mantel getragen, während Lisa noch mit Mütze, Schal und Handschuhen ausgestattet war, denn dieser November war unheimlich kalt gewesen. Neben ihr war auf der Bank nur eine große Reisetasche gelegen.

Lisa hatte gezögert, sich dann aber entschlossen, die junge, sehr hübsche Frau anzusprechen.

Hallo? Alles in Ordnung mit ihnen?“ Erschrocken hatte sie bemerkt, wie verfroren die Andere schon war.

Ja… d..d..danke…“, hatte diese nur geantwortet.

Lisa hatte ihren Schal und ihre Handschuhe gepackt und sie ohne zu fragen sofort der anderen angezogen.

Sie kommen erstmal mit. Was Sie brauchen ist ein heißer Tee mit Zitrone und Zucker.“ Überrascht, aber ohne Gegenwehr war die ihr gefolgt. Gemeinsam hatten sie die Reisetasche getragen.

Keine fünf Minuten später waren sie schon im Haus von Lisas Eltern, wo Lisa damals noch wohnte. Helga und Bernd waren über dieses Wochenende zu Freunden gefahren und so war das Haus leer.

Wie heißt du denn?“, hatte die Andere gefragt, nachdem sie sich etwas aufgewärmt hatten.

Lisa. Also eigentlich Elisabeth, aber man nennt mich Lisa“, hatte Lisa gestottert und war prompt rot angelaufen. Nervös hatte sie ihre Hornbrille mit dem Zeigefinger hochgeschoben. Lisa hatte sich in ihrer Cordhose, der weiten karierten Bluse und ihren Plüschhausschuhen fehl am Platz gefühlt. Die junge Frau ihr gegenüber trug eine blaue, enge Jeans, darüber eine enge weiße Bluse und einen roten Pullover, der wunderbar zu ihren dunklen glänzenden glatten Haaren passte. Im Gegensatz zu Lisa trug sie auch keine Brille und Zahnspange. Sie war nur dezent geschminkt, sah dennoch sehr hübsch aus, wie Lisa ohne Neid feststellte. Und doch war Lisa diese Traurigkeit in ihren Augen sofort aufgefallen..

Ich heiße Kelly“, hatte sie gesagt und Lisa die Hand entgegen gestreckt. „Danke, dass du mich mitgenommen hast… Ich weiß gar nicht, wie lange ich schon auf dieser Bank saß.“

Lisa hatte überrascht bemerkt, wie Kelly immer wieder mit ihrer Hand über den Bauch fuhr. Aber sie schien keine Schmerzen zu haben.

Kelly erzählte, dass sie mit dem Zug aus Frankfurt gekommen war. Vom Hauptbahnhof in Berlin sei sie dann in die erste S-Bahn gestiegen die gekommen war und bis zur Endstation gefahren.

Ich brauche eine Wohnung und einen Job.“

Warum bist du denn ohne zu planen aus Frankfurt gefahren?“, hatte Lisa sie ganz überrascht gefragt.

Du planst immer alles vor, oder?“, hatte Kelly erwidert, Lisa aber dabei weiter freundlich angeschaut, so dass sie es nicht als Angriff verstand.

Hmm.. Ja…“, hatte sie zugegeben. Kelly hatte eine Weile geschwiegen. Sie sprach langsam, sehr nachdenklich und in gewisser Weise auch unsicher.

Weißt du…, manchmal gibt es Situationen, da hat man keine Zeit großartig zu planen… Ich musste aus Frankfurt raus. Und jetzt bin ich da…“, hatte sie dann gesagt und lächelnd die Schultern gezuckt. Lisa hatte ohne Nachzudenken ihre Hand auf Kellys gelegt und ihr Lächeln erwidert.

Die beiden Mädchen hatten die halbe Nacht durch gequatscht. Über was genau, war letztlich unwichtig. Die beiden jungen Frauen, die sich äußerlich so unähnlich waren, fanden viele Themen. Kelly schlief irgendwann auf der Couch ein.

Am nächsten Morgen hatte Lisa gehört, wie sich Kelly heftigst übergab. Als sie beim Frühstück beim Anblick des Goudas wieder aufgesprungen war, traute sich Lisa zu fragen.

Du Kelly… kann es sein, dass du… naja, dass du ein Baby bekommst?“

Wow- du beobachtest aber gut!“, hatte Kelly verblüfft geantwortet. Wieder hatte eine Hand auf ihrem Bauch gelegen. „Ja ich bin im dritten Monat.“

Marie, eine Nachbarin, war letztes Jahr schwanger. Die hatte die gleichen Symptome und sie fasste sich auch immer an den Bauch, deshalb bin ich draufgekommen…“


Kelly hatte ihr erzählt, dass sie den Vater des Babys nicht kannte, es sei ein Ausrutscher gewesen. Sie wolle das Baby aber alleine aufziehen. Aber deshalb würde sie auch einen Neuanfang wollen.

Nur die Jobsuche wird schwierig werden…“, hatte Kelly geendet.

Stehst du denn ganz ohne da?“

Nein, zum Glück nicht. Ich hab ein bisschen gespart. Aber für ewig reicht das auch nicht.“

Lisa hatte sofort Georg angerufen und ihm von Kelly erzählt. Der versprach ihr, zumindest einmal mit ihrer Freundin, wie sie Kelly schon nannte, zu sprechen.


Einen Tag später hatte Kelly die Zusage. Sie war Halbengländerin und deshalb war ihr Englisch natürlich perfekt. Sie würde als Telefonistin anfangen.

Kelly war überglücklich gewesen. Helga und Bernd, zurück von ihrer Kurzreise, hatten Kelly überrascht, aber freundlich willkommen geheißen. Mit ihrer Hilfe hatte Kelly sogar eine Wohnung in Göberitz gefunden. Die Plenskes kannten den Eigentümer gut- Göberitz war ja klein und so konnte Kelly den Mietvertrag auch sofort unterschreiben. Eine kleine 1 Zimmer Wohnung. Schon wenige Monate später würde sie im gleichen Haus in eine Vier-Zimmer-Wohnung ziehen. Gemeinsam mit ihrer neuen Mitbewohnerin namens Lisa


Mami- Li schau mal!“, kreischte Sina jetzt begeistert und rannte auf Lisa und Helga zu. In der Hand hielt sie einen großen Käfer. Lisa schrak aus ihren Gedanken und konzentrierte sich wieder auf Sina. Helga hatte besorgt Lisas abwesenden Blick bemerkt. Sie ließ Lisa aber in Ruhe.

 

 
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