Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Kap 4
 

Lisa ging in die Hocke und breitete die Arme aus. Das dunkelhaarige Mädchen rannte auf sie zu und flog ihr regelrecht in die Arme.

Hast du die Arbeit Mami?“, fragte sie aufgeregt.

Ja Süße hab ich“, sagte Lisa und drückte die Kleine ganz fest an sich.

Und das trotz deines Aufzugs. Ich hab’s dir doch gesagt“, ertönte es spöttisch hinter dem Tresen.

Wenn du mich gewarnt hättest, hätte ich den Kaffee nicht verschüttet und dann hätte ich nicht deinen Mantel anziehen müssen. Schlimm genug, dass meine Haare so aussehen!“, meckerte Lisa zurück und sah Jürgen, der einen Karton vom Boden hochgehoben hatte, böse an.

Entschuldigung Lieselotte. In Zukunft werde ich immer sagen: Vorsicht der Kaffee ist heiß. Daher auch der Name Heißgetränk“, sagte Jürgen mit todernstem Gesichtsausdruck.

Das kleine Mädchen schaute erstaunt von einem zum anderen Erwachsenen und schien zu überlegen, was das alles zu bedeuten hatte. Lisa dagegen schlüpfte aus dem Mantel und brachte die Kleine auf andere Gedanken. Unter dem Mantel trug Lisa einen dunkelblauen, eleganten Rock.

Auf ihrer weißer Bluse prangte jedoch ein großer, brauner Fleck. Sie warf Jürgen den Mantel zu.

Mami du hast da Schmutz“, sagte Sina.

Ja du hast Recht Sina. Woher kommt denn das“, fragte Jürgen scheinheilig.

Wieder warf Lisa ihrem besten Freund einen bösen Blick zu. Sie schlüpfte in den dunkelblauen Blazer, den Jürgen ihr reichte. Der Fleck war immer noch zu sehen. Dann wandte sie sich an Sina.

Ich bin, nachdem ich dich in die Schule gebracht habe, noch schnell bei Jürgen gewesen, um einen Kaffee zu trinken. Und dann hab ich aus Versehen Kaffee auf meine Bluse geschüttet. Und Jürgen hat mir dann den Mantel geliehen, weil ich so nicht zum Vorstellungsgespräch wollte“, erklärte sie.

Hättest nicht verschlafen, wär’s gar nicht so stressig geworden und du hättest dir deine Haare noch richten können“, grinste Jürgen, verstummte aber als Lisa ihn wieder böse anfunkelte.

Hey du weißt doch, ich mag deine Lockenmähne“, versuchte er sie zu besänftigen. Lisa seufzte auf.

Sie war erst spät eingeschlafen und wäre Sina nicht in ihr Zimmer gekommen, hätte sie wohl wirklich verschlafen. So hatte sie sich in Rekordzeit angezogen, die Kleine in die Schule gebracht und war dann schnell mit der S- Bahn nach Berlin gefahren. Weil sie dann doch eine Viertelstunde Zeit hatte, war sie schnell zu Jürgen, ihrem besten Freund, gefahren, um wenigstens einen Kaffee zu trinken. Ein Wunsch, der sich ja böse gerächt hatte.

Hat Yvonne dich von der Schule abgeholt?“, fragte sie Sina, um vom Thema abzulenken.

Sina nickte. „Ja und dann hat sie mich hierher gebracht, Yvi sagt, ich bin schon wieder gewachsen und ich soll nicht mehr soviel Fruchtzwerge essen…“, plapperte die Kleine drauflos.

Vor einer Viertelstunde“, warf Jürgen ein. „Yvonne musste noch zum Arzt, deswegen ist sie schnell weiter.“

Lisa wandte sich wieder an Sina. „Süße packst du deine Sachen ein, ich red noch schnell mit Jürgen ja?“

Die Kleine nickte.

Also Lieselotte erzähl mal. Wie war denn dein Vorstellungsgespräch? Haben die sehr komisch wegen deines Aufzug geschaut?“ Neugierig sah er Lisa an.

Zum Glück nicht… Der eine Geschäftsführer fragte zwar kurz, ob ich nicht ablegen wolle, aber dann hat er es ignoriert. Auf jeden Fall hab ich den Job!“

Na Gott sei Dank! Dann hat deine Mutter ja nichts mehr zu meckern…“

Ja, Mama wird es nie verkraften, dass ich immer noch unverheiratet bin und meinen eigenen Kopf habe“, seufzte Lisa. „Aber egal. Jetzt hab ich wieder einen festen Job und ‚Kerima’ wird bestimmt nicht umziehen.“

Herner hätte dich so gerne mitgenommen… Die Gehaltserhöhung wäre wirklich phänomenal gewesen…“ sagte Jürgen nachdenklich.

Ja schon… Aber was bringt mir das doppelte Gehalt, wenn Sina und ich alleine dastehen? Außer Georg würden wir keinen kennen. Und du weißt, ich bin auf meine Eltern angewiesen. Ich will nicht, dass Sina den ganzen Nachmittag im Hort verbringen muss. So kann sie bei meinen Eltern sein. Das ist viel besser.“

Na und jetzt hast du ja schon nen neuen Job“, ergänzte Jürgen. Dann kniete sich vor Sina hin und hielt ihr einen Schokoriegel hin.

Für dich kleine P- Maus, aber erst nach dem Essen naschen“, sagte er und zwickte das Mädchen in die Nase. Sina, die kleine „Plenske- Maus“ bedankte sich strahlend. Dann stand er auf und hielt Lisa einen weiteren Schokoriegel hin.

Und der ist für die große Maus“, fing er an doch Lisa unterbrach ihn.

Untersteh dich, mich auch in die Nase zu zwicken“, lachte sie. Jürgen stimmte in das Lachen ein. Er genoss es sehr, seine beste Freundin mal wieder in so guter Stimmung zu sehen. Es war leider ein seltener Anblick. Die „Plenske Mädels“ verabschiedeten sich und fuhren mit der S-Bahn nach Göberitz.

 

Lisa und Sina wohnten in einer Vier- Zimmer- Wohnung in der Nähe von Lisas Eltern. Zu der schönen Erdgeschosswohnung gehörte auch ein kleiner Garten.

Sie waren kaum durch die Haustür gegangen, als auch schon das Telefon klingelte.

Plenske?“

Ich dachte, du meldest dich gleich“, ertönte die beleidigte Stimme ihrer Mutter.

Hallo Mama. Danke der Nachfrage, uns geht es gut“, erwiderte Lisa sarkastisch.

Lisa!“

Ja Mama, ich hab den Job. Nein Mama, wir kommen heute nicht mehr vorbei, ich möchte mit Sina den Abend ruhig verbringen.“ Lisa zwang sich zu einer ruhigen Stimmlage, auch wenn ihr nach Schreien zumute war. Ihre Mutter schaffte es ihre gute Laune innerhalb weniger Sekunden zunichte zu machen.

Du hast den Job? Na Gott sei Dank!“ freute sich Helga. „Aber meinst du nicht, dass du auch in Göberitz…“

Nein Mama. Ich werde nicht in Papas Fabrik fragen. Der Job in Berlin ist super. Die Bezahlung top und mit der S- Bahn komm ich direkt hin. Ich brauche also auch nicht euer Auto.“

Ich wollte es dir ja nur noch mal vorschlagen“, sagte Helga ruhig.

Danke Mama. Aber nein“, sagte Lisa nochmal nachdrücklich. Sie verabschiedete sich schnell, mit dem Versprechen morgen vorbeizuschauen.

Und wenn ich das nicht machen sollte, taucht sie eh hier auf’, dachte sie sich brummig. So sehr sie ihre Eltern auch liebte, ihre Art sich ständig einmischen zu wollen, nervte Lisa. Das sie in gewisser Weise von ihnen abhängig war, störte Lisa- es war aber nicht zu ändern.

Sina stand neben ihr und umarmte ihren Bauch. „Mami ich hab Hunger. Darf ich Pagetti kochen?“ Mit großen Kulleraugen sah sie Lisa an.

Lisa konnte nicht anders- sie musste lächeln.

Spaghetti mein Schatz. In Ordnung, aber du weißt ja, ich darf dir helfen.“ Sina nickte aufgeregt und die beiden gingen in die Küche.

Nach einer halben Stunde stand Sinas Lieblingsgericht auf dem Esstisch. Spaghetti Bolognese. Sina durfte seit einiger Zeit die Spaghetti in den Topf werfen und die Soße umrühren. Das war ihre Definition von „Pagetti kochen“.

 

Nach dem Zähneputzen lag Sina in ihrem Bett. An der Decke klebten Sternenaufkleber, die Wände waren in einem dunklen Rot und Weiß gestrichen. Helga war entsetzt gewesen. Dunkle Farben wären doch nichts für ein Mädchenzimmer. Doch Lisa hatte wieder einmal ihren Kopf durchgesetzt- und sogar Helga musste zugeben, dass das Zimmer wunderschön geworden war. Lisa war froh um die Veränderung gewesen. Sie machte es ihr leichter.

Lisa saß neben Sina und las ihr ihre Lieblingsgeschichte „Findet Nemo“ vor. Sie wusste schon gar nicht mehr, wie oft sie das Buch schon durch hatten. Als ein Kapitel zu Ende war, sagte Lisa:

So und jetzt wird geschlafen.“

Mami?“

Ja?“

Am Schluss findet der Papa den kleinen Nemo ja?“, fragte Sina schläfrig.

Ja genau. Aber das lesen wir erst in paar Tagen…“, sagte Lisa leise.

Das ist schön… Der Papa sucht sein Kind…Gute Nacht Mami. Gute Nacht Mummy…“, murmelte Sina noch undeutlich.

Lisa musste schlucken. „Schlaf gut Maus“, flüsterte sie und strich Sina eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie küsste das Mädchen sanft, strich dann vorsichtig über das Bild, das auf dem kleinen Nachtkästchen stand.

Leise ging sie aus dem Zimmer. Das Licht war jetzt aus, aber die Sterne an der Decke leuchteten.

 

Lisa setzte sich mit einem Glas Rotwein auf ihre Couch.

Der Papa sucht sein Kind

Die Kleine fragte nicht direkt nach ihrem Vater. Aber Lisa bekam jedes Mal einen Stich, wenn sie merkte, dass Sina unbewusst länger schaute, wenn ein Vater sein Kind von der Schule oder vom Spielen bei einer Freundin abholte. Wenn jemand die Kleine nach ihrem Vater fragte, antwortete Sina immer ganz lässig: „Ich hab meine Mami. Wir sind ein Frauenhaushalt, sagt Opa immer.“

Und das wird wohl auch so bleiben…“, murmelte Lisa und trank einen Schluck.

 

 
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