KAPITEL 56 – Der letzte Schritt
Richard zog sie in die Arme, wiegte sie irgendwie ein bisschen und wartete. Auf eine Reaktion – auf ihre Reaktion …
Lisa drehte sich näher zu ihm, schmiegte sich an ihn. Noch gänzlich gefangen von dem, was gerade passiert war. Doch nun kam sie ihm so nahe, dass sie alles an ihm realisierte – auch das sich da etwas gegen sie drängte, was sie gerade erst kennengelernt hatte. Sie blickte zu ihm hoch und er verzog sein Gesicht zu einem schmerzlichen Grinsen. „Ignorier das einfach Liebes – ich versuche es auch…“
„Ich dachte Männer können nur einmal und dann lange Zeit nicht…“
Nun lächelte er wirklich „Es tut mir leid, dieses Dein Wissen zu widerlegen – aber das ist so nicht ganz richtig.“
Sie war unsicher.
Er war unsicher.
War die Zeit reif, den letzten Schritt zu gehen?
Lisa streichelte sanft seine Seite „Komm…“, sagte sie leise.
„Ist das doppeldeutig gemeint?“ fragte er leise, drehte sie aber wieder sanft auf den Rücken und schob sich langsam über sie.
Lisa hielt die Augen geschlossen und ihr Puls raste – teilweise vor Aufregung, teilweise aber auch vor Angst. Würde es wehtun, wie beim letzten Mal?
Richard Bein schob das ihre sachte aus dem Weg, so dass genug Platz für ihn da war.
Sie konnte ihn fühlen.
Richard zögerte – was wenn es wirklich zu früh war? Was wenn er nun alles verwirkte, was sie gemeinsam die letzten Wochen aufgebaut hatten? Er blickte ihr ins Gesicht, sah ihre geschlossenen Lider. „Sieh mich an Liebes…“
Sie tat es. Sein Gesicht hatte nichts gemein mit dem in dieser grauenvollen Nacht. Es sprach von Geduld und Zärtlichkeit und von Selbstkontrolle. Erst jetzt ging ihr auf, dass er zitterte und krampfhaft um Beherrschung rang.
Ungeschickt hob sie ihm ihr Becken entgegen.
Richard stöhnte auf – wo war seine kühle Beherrschung in einer solchen Lage geblieben? Wieso war es gerade bei ihr so schwer die Zeit abzuwarten?
Er drang sehr vorsichtig und langsam in sie ein.
Lisas Augen wurden groß und größer. Sie waren verbunden – sie waren… ineinander! Er füllte sie aus und er lag auf ihr. Instinktiv spannte sie ihre Muskulatur an.
„Nicht!“ raunte er ihr zu „Sch – ganz still…“
Sein Gesicht war angespannt, hochkonzentriert – er hielt sich eisern zurück.
Unendlich vorsichtig begann er sich in ihr zu bewegen.
Lisas Angst wich. Ihre Hände legten sich auf seinen Rücken und unerfahren, aber begierig zu lernen, versuchte sie den Rhythmus zu finden.
Es war zuviel – einfach ein Zuviel an Beherrschung – ihre unbeholfene Art ihm entgegenzukommen, erwischte ihn zum ungünstigsten Zeitpunkt. Er versuchte seine Beherrschung zurückzugewinnen – er versuchte sich aus ihr zurückzuziehen – aber nichts ging mehr.
Sein Körper – ausgehungert nach Befriedigung machte sich selbstständig. Seine Stöße wurden machtvoller, sein Griff fester.
Es gab kein Zurück mehr, das war ihr klar. Ebenso klar, war ihr allerdings, dass sie diesmal die Reise nicht gemeinsam machen würden. Es war dennoch … schön… ja das Wort war richtig. Schön ihn im Arm zu halten, schön ihn so nahe zu spüren und schön die Kraft zu spüren, die von ihm ausging.
Sie hatte keine Angst mehr. Mit sehr viel Liebe in sich, sah sie ihm ins Gesicht, während er dem Höhepunkt entgegenstrebte, schließlich in ihr erbebte, sich aus ihr zurückzog und dann sein Gewicht sich auf sie legte.
Sie streichelte ihn, hörten seinen rauen Atem und ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen. Das war wohl aus seiner Sicht etwas arg missglückt gewesen – aber sie wusste mit absoluter Sicherheit, dass ihre Angst fort war. Von seiner Sanftheit und seiner Rücksichtnahme fortgespült. Was machte es da, dass er letztendlich doch nur ein Mann war und die Natur ihn besiegt hatte?
Richard stöhnte leise – doch Lisa schloss ihm den Mund mit einem Kuss und sagte etwas später „Nicht. Alles war gut.“
„Lisa – Du verstehst nicht…“
„Doch - ich verstehe genau.“ Ihr Finger strich seinen Nasenrücken entlang „das nächste Mal wartest Du auf mich!“
Er legte sich neben sie, zog sie aber wieder in die Arme. Ein Lachen stieg in ihm auf „Lisa, mein Herz – Du bist einzigartig! Diese Nacht war eine ziemliche Katastrophe – aber Du siehst es wie immer…“
„…positiv“, unterbrach sie ihn und traute sich ihre Hand auf seinen flachen Bauch zu legen und ihn dort zu liebkosen „ – denn – Du hast mir heute den Weg gezeigt und mir meine Angst genommen.“
Richard schloss die Augen, genoss das zarte Spiel ihrer Hand und murmelte „aber das nächste Mal bereite ich Dich besser vor. Und – werde verhindern, dass Du mir mit Deinen Bewegungen den Verstand wegspülst!“
Lisa stützte sich auf einen Ellenbogen und zog die Linien seines Gesichtes nach „Was ist?“ flüsterte sie „Geht es Dir nicht gut?“
„Woran merkst Du das?“
„Du hast diesen strengen Zug im Gesicht – sind es die Rippen?“
„Die Rippen, mein angeknackster Stolz, mein rechter Arm, mein angeknackster Stolz…“
Ehe er es verhindern konnte, rollte sie sich von ihm weg und huschte ins Bad.
Als sie sich wieder zu ihm setzte, sagte sie leise „Nun – gegen Deinen beschädigten Stolz kann ich akut nichts tun… aber was den Arm und die Rippen betrifft…“
„Lisa – lass den Kram und komm wieder her! Und das Letzte, was ich jetzt will, sind Schmerzmittel!“
Doch sie ignorierte seinen Einwand, murmelte nur leise „entspann Dich“, cremte Arm und Rippen unendlich langsam und zärtlich ein und ergriff das Glas, das sie mitgebracht hatte.
„Bitte – damit Du bald mit neuem Elan loslegen kannst…“
Er nahm ihr das Glas aus der Hand und drehte es „Seit wann bist Du so energisch geworden?“
„Du hast es mir beigebracht. Bitte Richard – trink das verdammte Zeug!“
„Das verdammte Zeug? Ich habe definitiv einen schlechten Einfluss auf Dich!“ Er trank in einem Zug und reichte ihr das leere Glas zurück „Ich konnte doch nicht ahnen, dass mein Körper heute so beansprucht wird.“
Lisa krabbelte wieder zu ihm unter die Bettdecke, schlang die Arme um ihn und rückte näher.
Richards Kopf fand einen wunderbaren Platz an ihrem Busen, er seufzte leise „weiß gar nicht, womit ich Dich verdient habe“ und war wenig später eingeschlafen.
Das Klappern von Geschirr weckte ihn und noch etwas benommen sah er, dass Lisa ein Tablett auf dem Bett abstellte.
„Ich dachte, wir frühstücken im Bett.“ Sprach´s und setzte sich neben ihn. „Tee? Kaffee? Hab beides gemacht.“
Er strich sich müde durch das Gesicht „Morgen Liebes. Du bist aber früh auf – und so munter…“
Sie kicherte „Ist fast zwölf. Hast Du eine anstrengende Nacht gehabt?“
Er warf ihr einen sprechenden Blick zu, schlug die Bettdecke zurück und verschwand kurz im Bad. Er kam aber rasch wieder und bemerkte, dass sie ihn ziemlich ungeniert musterte. Auch als er nun ihren Blick suchte, hielt sie diesem stand und zwinkerte ihm sogar zu. Er grinste zurück. „Na warte Fräulein – erst stärken wir uns und dann…“ er setzte sich neben sie, ergriff ihr Kinn mit der Hand, drehte es zu sich und küsste sie rasch und heftig „…und dann werde ich Dich lieben, bis Du weißt, was Du bislang verpasst hast!“
„Ist das eine Drohung?“
„Nein – ein Versprechen!“
Dann begann er in aller Seelenruhe zu frühstücken und betrieb höchst erbauliche Konversation. Doch Lisa war nervös – doch es war keine Angst mehr – es war Spannung, Erwartung… Vorfreude?
Als beide fertig waren, nahm Richard kurzerhand das Tablett und stellte es auf den Fußboden. Die Bettdecken flogen ebenso vom Bett, wie ihr Morgenmantel.
Er ergriff ihre Fußgelenke und zog sie in eine liegende Position. Ihre blauen Augen waren zwar weit geöffnet, aber es war weder Panik noch Angst darin. Er beugte sich über sie, strich ihr zart über die Wange „aber es gilt immer noch – wenn Du Angst bekommst, wenn es Dir zu viel wird – Du kannst jederzeit HALT sagen…“
Sie drückte einen Kuss gegen die Innenseite seiner Handflächen „ich weiß.“
Im nächsten Moment schnappte sie nach Luft – allerdings mehr vor Überraschung als vor Schreck – er hatte ihre Beine genommen und sie sich über die Schultern gelegt. Seine Hände unterstützten ihr Becken von unten und sie hing halb in der Luft.
Noch Gestern wäre sie vor Angst halb wahnsinnig geworden… Jetzt jedoch ahnte sie vage, was er vorhatte. Seine Hände hoben sie noch weiter an und dann senkte er seinen Kopf zwischen ihre Beine. Obwohl er noch gar nichts getan hatte, jagte ihr bereits ein Schauer über den Rücken. Ihre intimste Stelle war ihm schutzlos ausgeliefert und sie spürte, wie sich ihre Beine von selbst weiteten.
Als seine Zunge ihren Erkundungszug begann, war sie bereits am Vibrieren. Doch nun zeigte sich Richards Erfahrung in – für Lisa – ziemlich frustrierender Weise. Dreimal brachte er sie fast zum Höhepunkt – und ebenso oft beruhigte er sie danach wieder. Lisa wimmerte, sie wand sich, sie bog sich ihm entgegen – es half nichts - er gewährte ihr keine Erlösung.
Inzwischen rann ihr der Schweiß herunter und ihr Kopf warf sich von einer Seite auf die andere – er folterte sie auf eine Weise, die sie nie für möglich gehalten hatte.
Dann nahm er endlich ihre Beine von sich und schob sich über sie, mit seinen Händen hielt er ihre Handgelenke fest und drang geschmeidig in sie ein.
Endlich – endlich! Wie von selbst schlangen sich ihre Beine um ihn und er begann sich in ihr zu bewegen. Langsam, fast träge. Lisa wimmerte erneut – sie wollte mehr – sie wollte viel mehr!
Sein Mund widmete sich nun ihrer Brust und steigerte noch das Verlangen. Sie würde verglühen, sich auflösen… doch diesmal schraubte er die Spirale geschickt höher und höher und als sich in ihr die Explosion freisetzte, schrie sie leise auf. Sie überstreckte den Kopf nach hinten, bog sich ihm noch weiter entgegen und ihre Beine wurden zu Schraubstöcken. Im Abebben verschärfte er nun seinerseits das Tempo und suchte seine Erlösung – doch auf diesen Ritt nahm er sie noch einmal mit – kaum zur Ruhe gekommen, wurden ihre Sinne schon wieder empor gepeitscht und mit seiner Erlösung kam sie ein zweites Mal innerhalb kürzester Zeit und schluchzte erleichtert auf.
Richard fiel fast auf sie nieder – ihrer beider Atem ging stoßweise – und – er war immer noch in ihr und ihre Beine hielten ihn immer noch umfangen.
Seine Stirn lehnte an der ihren, seine Hände waren mit den ihren verschränkt – sie waren eins.
Nach einer Weile wollte er sich von ihr lösen, doch ihre Beine blieben, wo sie waren „Liebes, lass los – auf ewig können wir so nicht bleiben…“
„Schade“, seufzte sie und suchte erneut seinen Mund. Sie erforschten, liebkosten sich mit ihren Zungen und Lisa bewegte sich räkelnd unter ihm. Lisa riss die Augen auf und er hatte die Freundlichkeit tatsächlich rot zu werden. „Also DAS ist mir wirklich noch nicht passiert…“
Aber es war so – in ihrem Körper gefangen, wurde er wieder hart und schwoll an. „Soll ich Dich verlassen?“ flüsterte er und sie schüttelte rasch den Kopf. Sie löste ihre Hände aus den seinen und strich ihm beidseits seine Hüften entlang.
„Wenn ich Dir wehtue, sagst Du es, hörst Du?“ – doch sie bekam seine geflüsterten Worte kaum noch mit – er begann sich wieder zu bewegen – aber diesmal glitt er tiefer und tiefer in sie. Was sich da in ihr zusammenbraute, war noch mächtiger als alles andere vorher „Richie…“ wimmerte sie, während eine Welle, größer als die nächste, herankam und gegen sie schlug. Sie klammerte sie an ihn an, als könne er sie vor dem Ertrinken retten und das Zimmer, das Bett – alles verblasste und endlich brach der Damm endgültig und sie wurden beide mitgerissen. Die Erlösung war unfassbar. Sie hörte ihn stöhnen, die spürte sein Erzittern und dann…
…auch später wusste sie nicht, ob ihr ihr Kreislauf einen Streich gespielt hatte oder ob das, was sie hörte, wirklich da war – obwohl sie im Nachhinein letzteres annahm – entgegen allem Rationalem.
Sie hörte ein Kind lachen. Es war ein fröhliches, glückliches Lachen – es steckte an – es machte auch sie glücklich. Es war nicht Matty, der da lachte – aber es war ein Kind – ein Junge. Und während sich Richards Gewicht schwer auf sie legte, er sich endgültig aus ihr zurückzog und sich seitlich neben sie legte. Während er den Arm um sie schlang und sie an sich zog, war Lisa erfüllt von diesem Gefühl der Liebe, dem Geräusch des Glücks – dem Wissen, dass in diesem Moment – ganz genau in diesem Moment - ein Kind gezeugt worden war. Ein Kind der Liebe – eines von Richard und Lisa – ein glückliches Kind.
Lisa drehte sich noch mehr zu ihm um, umschlang ihn mit beiden Armen und er spürte, dass seine Wange nass wurde.
„Liebes - was ist denn? Lisa – bitte sag etwas…“
„Ich bin glücklich – ich bin so glücklich, dass es wehtut. Halt mich, bitte halt mich fest.“
Und während er sie noch fester an sich zog und sie liebkoste – hörte Lisa noch einmal – nun in ganz weiter Entfernung dieses Lachen. Sie hatte verstanden – bald Liebling, bald werden wir uns sehen - ich weiß es.