Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Kapitel 021
 

KAPITEL 21 -  In letzter Minute

 

Lisa fuhr in den hereinbrechenden Abend Richtung Berlin. Wieder so ein wahnsinniges Lisa-Unterfangen. Was Conny dazu sagen würde, malte sie sich lieber gar nicht erst aus! Zum ersten Mal war sie dankbar für ihre Freisprechanlage – allerdings gab es ein Problem, als sie Jürgen erreichte. „Du willst heute kommen? Jetzt? Verdammt – ich bin gerade in London und hole Sabrina ab. Das mit dem Scheich hat nicht geklappt und in ein paar Minuten darf ich mich um das heulende Elend kümmern...“

So ein Mist – so ein verdammter Mist! Auch David und Mariella waren nicht die Lösung. Beide hatten ihr Handy ausgestellt. Na toll – Nachts in Berlin, mit Baby an Bord ohne Bleibe. Sie seufzte und rief Laura und Friedrich – David´s Eltern -  an. „Laura Seidel.“

„Frau Seidel – entschuldigen Sie die Störung...“

„Lisa? Ich meine Frau Plenske?“

„Lisa ist schon ok. Hören Sie – ich weiß es ist eine Zumutung, aber ich bin in zwanzig Minuten in Berlin und Jürgen ist nicht da, um auf Matty aufzupassen und...“

„Lisa – Sie sind ja ganz aufgelöst. Jetzt kommen Sie erst mal her und dann sehen wir in Ruhe weiter!“

„Danke, vielen Dank.“ Sie legten auf und Lisa wurde etwas entspannter. Sie hatte ihre Fast-Schwiegereltern immer sehr gerne gehabt und sie waren beide Menschen, auf die man sich immer 100%tig verlassen konnte.

Die beiden erwarteten Lisa schon, als sie auf die Seidel´sche Auffahrt fuhr. Nachdem sich Friedrich über ihr Auto beruhigt hatte („Oh – so einen hatte ich auch mal!“) – nahm Laura resolut Matty auf den Arm und Friedrich höchstselbst trug Lisa´s und Mattys Sachen hinein.

Lisa war unruhig „Ich muss wieder los, ich hab Richard versprochen nach Sophie zu sehen...“

„Richard?“ fragte Friedrich.

„Sophie?“ echote Laura.

Und Lisa erzählte rasch von dem Telefonanruf von Richard und ihrer nächtlichen Aktion. Friedrich schnappte sich seine Jacke „Ich komme mit. Wenn Sophie betrunken ist, kann sie ganz schön unangenehm werden!“ Er zögerte „Können wir Ihren Wagen nehmen?“

Das kannte Lisa schon – sie warf Friedrich den Autoschlüssel zu und Laura schickte sich an, es sich mit Matty auf dem Sofa gemütlich zu machen.

„Frau Seidel...“

„Laura bitte!“

„Laura – es macht Ihnen wirklich nichts aus...“

„Ist schon eine Weile her, dass ich mich um einen so kleinen Mann gekümmert habe – aber das vergisst man nicht. Kräftiges Kerlchen ist das!“

Lisa warf noch einen Blick auf ihren Sohn und verließ dann mit Friedrich Seidel zusammen das Haus.

Sie sprachen kaum auf dem kurzen Weg zu Sophies Wohnung. Vor dem Wohnblock stiegen sie aus und Friedrich spähte nach oben. „Kein Licht – aber das hat bei ihr nichts zu sagen. Die ist bestimmt nur sturzbetrunken und Richard schickt Sie umsonst Nachts mit dem Baby umher.“

Lisa unterließ es, ihm zu sagen, dass es gerade mal acht war und das noch keine Nacht war und betrat mit ihm das Haus. Sophie wohnte in der zweiten Etage – auf ihr Klingeln hin machte Niemand auf. Lisa zögerte nur kurz, dann holte sie den Schlüssel unter der Fußmatte hervor und reichte ihn Friedrich.

Er schloss auf, trat ein und machte Licht. Flur und Wohnzimmer waren leer. Auf dem Wohnzimmertisch standen zwei Flaschen leeren Whiskeys und zwei Gläser. Friedrich zögerte nicht und betrat Sophies Schlafzimmer. Das Licht zeigte, das Sophie im Bett lag. Allerdings – Lisa sog scharf die Luft ein – sie lag da wie aufgebahrt, die Arme über dem Körper gekreuzt.

Auf dem Nachtschrank stand eine weitere Flasche Alkohol und eine Packung Schlaftabletten – leer!      

„Versuchen Sie, sie wach zu bekommen!“ rief Friedrich ihr zu, holte sein Handy heraus und rief den Notruf.

Lisa rannte zu Sophie und schüttelte sie. Keine Reaktion. Sie schrie sie an, sie gab ihr eine Ohrfeige. Nichts. Sie lief ins Bad, machte ein Handtuch nass und klatschte es Sophie ins Gesicht. Ein leises Stöhnen war die einzige Antwort. Lisa sah Friedrich entgegen „Schaffen wir sie ins Bad“, meinte sie „vielleicht kriegen wir sie zum Übergeben.“

„Kein Problem!“ kam es von ihm und gemeinsam schleppten sie sie vor die Toilette. Friedrich griff Sophie um die Mitte und drückte ihr in den Magen. Erst geschah nichts – doch dann erbrach sich Sophie, kam jedoch nicht wirklich zu sich.

Lisa erhob sich „Ich mach Kaffee!“ und rannte in die Küche. Sie fand Instandkaffee und Wasserkocher und kam in Rekordzeit zurück. Den Kaffee hatte sie mit kalten Wasser versetzt, um ihn trinkbar zu machen. Sie schafften es, ihr etwas davon einzuflößen und zum ersten Mal öffnete Sophie die Augen „Friedrich?“ lallte sie „Was machst Du denn hier?“

„Komm Sophie – aufstehen! Du musst gehen!“

„Bin müde...“ ihre Lider klappten wieder zu, doch Friedrich riss sie hoch und gemeinsam mit Lisa führten sie Sophie herum, bis der Rettungsdienst eintraf. Friedrich wandte sich an Lisa „Ich fahre mit ins Krankenhaus. Kommen Sie alleine zurück?“

Lisa nickte – und aus einem Impuls heraus machte Lisa die Wohnung noch sauber und räumte auf, bevor sie ging und den Schlüssel wieder ordnungsgemäß unter die Fußmatte packte.

Laura öffnete bereits die Tür, bevor sie klingeln konnte „Der Kleine ist gerade eingeschlafen. Was ist mit Sophie, wo ist Friedrich?“

Lisa beantwortete ihre Fragen und Laura verfrachtete Lisa auf die Couch und kam wenig später mit Tee und belegten Broten. Lisa griff dankbar zu – erst jetzt merkte sie, wie hungrig sie war.

„Dein Mattias ist ein ganz wunderbarer kleiner Kerl.“

Lisa lächelte ihr dankbar zu „Er ist das Wichtigste in meinem Leben.“

Laura tätschelte ihr die Hand „Lisa – bleib hier, solange Du magst. Wir haben so viele Gästezimmer...“

„Das kann ich doch nicht annehmen!“

„Doch – das kannst Du. Seit Kimi und David ausgezogen sind, ist es so still hier geworden.“ Sie seufzte „Ich hatte ja gehofft, dass David und Mariella...“

„Aber ich weiß auch, das Mariella alles versucht...“

Sie schwiegen eine Weile.

„Laura – ich kann doch nicht über die Feiertage hierbleiben – das geht doch nicht!“

„Ganz im Ernst Lisa – Du würdest uns damit eine große Freude machen. Und ich passe gerne auf Matty auf, wenn Du was erledigen willst.“

Lisa´s Augen füllten sich mit Tränen. Und manchmal gibt es da Hilfe und Verständnis, wo man gar nicht damit gerechnet hat.  Laura legte den Arm um sie „Lisa, ich weiß, dass Du es sehr schwer hattest im letzten Jahr – aber ich bin sicher, ganz sicher, dass wieder bessere Zeiten auf Dich warten. Ganz bestimmt!“

Lisa ließ sich in der Umarmung von David´s Mutter trösten – und zum ersten Mal hatte sie wieder ein Gefühl der Geborgenheit. In ihrem Hinterkopf war zwar der Gedanke, dass dies eigentlich die Aufgabe ihrer Mutter gewesen wäre, doch den schob sie schnell von sich.

Friedrich kam fast zwei Stunden später. Er warf seine Jacke über die Couchlehne und sich selbst in einen der Sessel „Sie ist außer Gefahr. Aber es war sehr knapp! Die Nacht hätte sie nicht überlebt!“

 

Am nächsten Morgen wachte Lisa in einem fremden Bett auf, ihren Sohn im Arm. Ach ja. Der Anruf -  Sophie... Seltsam. Von Sophie hätte sie Selbstmord als Lösung aller Probleme eigentlich nicht erwartet! Sie schüttelte den Kopf, legte Matty trocken und trug ihn im Schultertuch nach unten, seine Kindernahrung dabei, um sie in der Küche aufzuwärmen.

Beim Frühstück – Matty lag auf einer dicken Wolldecke daneben – sagte Friedrich „Ich gehe gleich mal auf den Boden und suche David´s Kinderbett. Das muss da noch stehen.“

„Bitte – keine Umstände.“

„Ach was – das mache ich gerne!“

Und da sich Laura sofort bereit erklärte auf Matty aufzupassen (sie sah dabei aus, als hätte sie den Jackpot geknackt), konnte Lisa sofort nach dem Frühstück los. Sie besorgte Blumen und einen kleinen Obstkorb und besuchte Sophie im Krankenhaus.

Sophie von Bramberg war wach und sah entsetzlich aus. Sie sah auf, als Lisa eintrat und murmelte etwas wie „Frau Plenske, welche Ehre!“

Lisa stellte die Blumen in eine Vase und das Obst auf die Konsole am Bett, dann zog sie sich ungefragt einen Stuhl heran und sah auf das Häufchen Elend im Bett  „Wie... wie geht es Ihnen heute Morgen?“

„Furchtbar. Das sehen Sie doch! Zumal diese Idioten behaupten, ich hätte versucht, mir das Leben zu nehmen! Lachhaft!“

„Aber – Frau von Bramberg... Sie hatten zwei Flaschen Whiskey und eine Packung Schlaftabletten genommen. Sie hätten die Nacht wohl nicht überlebt!“

„Schlaftabletten? Ich nehme nie Schlaftabletten, wenn ich getrunken haben – das wird ja immer abstruser!“

Lisa war ratlos und  sah Sophie nur verwirrt an.

„Nun gucken Sie doch nicht so! Selbstmord! Als ob ich so feige wäre!“ Sie sah Lisa stirnrunzelnd an „Wie gehören Sie eigentlich in die ganze Sache?“

„Richard rief mich Gestern an. Er hat sich Sorgen um Sie gemacht. Friedrich Seidel und ich haben Sie dann gefunden...“

„Friedrich und Sie? Ach Du lieber Gott...“ Sie verstummte und dachte nach „Gespräch mit Richard? Ich dachte, das hätte ich nur geträumt. Dann wäre ja auch das andere..“

„Frau von Bramberg?“

„Da war Jemand – Gestern Abend – ich weiß nicht mehr wer, der hat mir die Tabletten eingeflößt.“

„Was? Ich bitte Sie!“

„Doch. Wirklich. Jemand wollte mich umbringen!“

„Jetzt sind Sie lachhaft!“

Sophie setzte sich auf „Das klingt unglaublich oder? Aber es ist die Wahrheit!“

Lisa lachte auf „Wenn Sie mit der Geschichte zur Polizei gehen, dann...“

„Schon klar. Einer Säuferin glaubt man nicht. Aber ich weiß, was ich weiß! Ich sollte umgebracht werden!“

Sophie war durch nichts von ihrer Meinung abzubringen. Und Lisa gab es schließlich auf und verabschiedete sich.

„Bitte – warten Sie noch... Wie geht es meinem Enkel?“

„Gut, es geht ihm sehr gut. Und ich stehe zu meinem Wort – Sie können ihn jederzeit sehen. Wenn Sie sich dem Kleinen als Großmutter zu erkennen geben wollen – ich werde nichts dagegen haben.“

„Großmutter?“ Sophie verzog angewidert das Gesicht „Frau Plenske – sie verstehen es immer wieder einem einen Schwinger zu versetzen, wenn man es am wenigsten erwartet!“

Lisa blieb in der Tür noch einmal stehen „Ich fahre jetzt zu Richard – soll ich ihm was ausrichten?“

„Sagen Sie ihm, dass er seine liebe Mami noch behält.“

„Werd ich ausrichten... Wissen Sie, was ich ihm mitbringen könnte – was mag er gerne?“

Da Sophie nicht antwortete, schickte sich Lisa an das Zimmer zu verlassen. Im letzten Moment hörte sie „Pfefferminz – richtig scharf.“

Lisa schloss die Tür.

 

Richard sah genauso übernächtigt aus, wie seine Mutter. Er saß schon, als sie zu ihm geführt wurde. In kurzen Worten berichtete Lisa was vorgefallen war.

„Selbstmordversuch? Meine Mutter? Kaum zu glauben!“

„Sie streitet es auch ab. Sagt, Jemand habe versucht sie umzubringen.“

„Ebenso absurd. Aus der ganzen Geschichte werde ich nicht ganz schlau. Aber eines weiß ich genau“ – er sah sie mit einem Blick an, der ihr durch und durch ging „ich stehe sehr tief in Deiner Schuld – noch mehr als vorher. Danke, dass Du Gestern gleich gehandelt hast.“

Sein Gesichtsausdruck, sein Lächeln – irgendetwas tief in Lisa begann sich zu regen. Fast vergessen, fast verkümmert und doch ... Sie erwiderte sein Lächeln, doch als er die Hand nach ihr ausstreckte, zog sie ihre rasch zurück.

Aber ihr Lächeln blieb „Ist zwar noch zwei Tage bis Weihnachten – aber wie sieht es denn aus mit Deinen Fortschritten in der Fortbewegung.“

Er warf einen Blick auf den Wachmann „Ich kann mich leider jetzt nicht so einfach erheben und umherspazieren...“

Doch Lisa lachte ihn nur an und sprach den Wachhabenden direkt an „Dürfte Herr von Bramberg mir eben seine Fortschritte beim Gehen demonstrieren? Bitte...“

Das Gesicht des Mannes wurde leicht rosig „Ok Bramberg. Aber nur, weil die hübsche Lady es möchte.“

´Hübsche Lady? Meint der mich?`, fragte sich Lisa.

Doch Richard hatte sich schon erhoben und umrundete zügig und ohne zu humpeln das kleine Zimmer. Man sah – nichts – gar nichts mehr!

„Whow – das nenne ich mal einen Fortschritt!“

Richard setzte sich wieder und der Wärter meinte „Jetzt weiß ich auch, wofür oder besser für wen der so hart geübt hast... Hätte ich auch – wenn so Jemand auf mich wartet!“

Lisa war noch verwirrter. Schon die zweite Anspielung auf ihr Aussehen...

Richard sah in ihr Gesicht „Er hat Recht Lisa. In beider Hinsicht. Ich habe hart trainiert, um Dir das heute beweisen zu können und – Du bist sehr hübsch geworden.“

„Hübsch – ich?“

„Ja – die Brille ist weg und Du bist schlank, ohne mager zu sein. Wirkst richtiggehend durchtrainiert..“

„Ach – das macht die viele Arbeit auf dem Hof und im Garten und ich gehe viel mit Matty spazieren...“

„Aber das, was bei Dir am meisten verändert ist“ fuhr Richard unbeirrt fort „ist der Ausdruck in Deinem Gesicht. Du wirkst unendlich sanft und... ich mag es kaum sagen... zufrieden.“

Lisa blickte auf die Tischplatte „Wenn Du glaubst, ich habe die Vergangenheit komplett verarbeitet, so ist die Antwort nein.“ Sie blickte hoch „aber die Vergangenheit hat mir auch ein sehr großes Geschenk gemacht. Matty. Er ist das Beste in meinem Leben.“

Richard schluckte und der Ausdruck in seinem Gesicht war fast weich zu nennen. „Ich bin so froh, dass Du das Kind lieben kannst, obwohl....“

Er ließ den Satz unvollendet und Lisa wollte die Spannung lösen „Ok – Dein Bein ist ganz wunderbar. Und was ist mit Deinem linken Arm? Was meinst Du – bis nächsten Weihnachten schlägst Du mich – oder besser noch Friedrich oder David oder einen der Wachmänner im Armdrücken...“

Richard sah erst verblüfft aus, dann grinste er und nickte „Herausforderung angenommen!“

 

 

 
 
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