Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Kapitel 035
 

KAPITEL 35 – Genesung in mancherlei Hinsicht

 

Nathan erläuterte Lisa noch genau, was sie zu tun hätte, dann fuhr er wieder davon. Lisa hatte gerade die Küche wieder auf Vordermann gebracht und Matty spielte am Küchentisch mit Knetmasse, als Richard in die Küche schlurfte.

Lisa sah ihn erstaunt an und lüftete fragend die Brauen.

Er lehnte sich gegen den Türrahmen und grinste sie auf eine Art an, die wieder dieses hohe, flatternde Gefühl in ihr auslöste.

„Ich kann nicht mehr schlafen, mein Rücken tut vom vielen Liegen weh und so wirklich krank bin ich gar nicht! Ich denke, ich werde Aufstehen.“

Lisa konnte nicht anders, sie begann zu kichern

Nun war er es, der fragend dreinsah.

Sie japste „Doch ein typischer Vertreter des männlichen Geschlechts – wie unendlich beruhigend.“

„Mama – was heißt das?“

„Das heißt, dass Papa ziemlich unartig ist. Er soll im Bett bleiben und tut das nicht.“

Mattias sah von Lisa zu Richard. Letzterer sagte leise „Schäm Dich, das Kind da mit reinzuziehen.“

Eine Hand stahl sich in die Richards „Soll ich Dich wieder zu Bett bringen?“

Richard sah hinunter auf seinen Sohn, sah in seine grünen Augen, die ihn so offen ansahen und kapitulierte „Ja Knirps – bring mich wieder zu Bett.“

Lisa folgte den beiden zurück und sah zu, wie Mattias eifrig bemüht war, seinen Vater zuzudecken. Richard schnappte sich schließlich seinen Sohn und stopfte ihn mit unter die Bettdecke. Matty quiekte auf und Vater und Sohn begannen zu rangeln.

„Mama?“ Mattias zerstrubbelter Kopf tauchte wieder auf – „Ich glaube nicht, dass Papa soooo krank ist!“

Lisa grinste „Sieht so aus... wie wäre es, wenn Du ihm Dein neues Spiel holst, dann kannst Du es ihm zeigen?“

Das ließ sich Mattias nicht zweimal sagen, tauchte unter Richards Arm hindurch, lief an Lisa vorbei und polterte die Treppe hoch.

Lisa ging zu Richard und setzte sich auf die Bettkante. Er strich sich das zerraufte Haar wieder einigermaßen glatt und begegnete ihrem Blick „Wenigstens Heute und Morgen – meinst Du, Du könntest Dich dazu durchringen so lange im Bett zu bleiben? Nathan sagt, Du könntest sonst noch länger was damit zu tun haben...“

„Ok – ich werde es versuchen.“

„Wenn Matty Dich zu sehr stört...“

„Lass den Knirps bloß da!“ Er lächelte sie schon wieder an „Hab ich Dir schon gesagt, dass er ein toller Junge ist? Du hast ihn wunderbarer erzogen.“

„Ach was – ich bin viel zu weich mit ihm. Auf Dich hört er ja fast schon besser.“

„Das Vorrecht des weiblichen Geschlechts.“

Lisa schüttelte den Kopf „Frechheit! Ist eher Lisa-like. Ich liebe ihn so sehr.“

Matty kam zurückgerannt inklusive mehreren Spielen, die er nun alle wie einen bunten Strauß auf dem Bett ausbreitete. Lisa ließ die beiden alleine und hörte noch, wie Richard meinte „Das ist ja ein Kartenspiel – das kannst Du doch noch gar nicht!“

„Kann ich wohl!“

„Das musst Du mir beweisen!“

 

Lisa ging nach draußen, sah nach den Tieren – aber Niklas hatte bereits alles erledigt. Schließlich machte sie Mittagsessen und störte Vater und Sohn bei Mattys heißgeliebtem Angelspiel.

„Mittag ist fertig.“ Sie sah Richard an „Wie wäre es – zum Mittag aufstehen – gegen danach Mittagsschlaf?“

„Ein durchaus akzeptabler Vorschlag.“

„Mittagsschlaf?“ Matty rümpfte die Nase „den muss ich schon lange nicht mehr machen!“

„Ja – weil Du einfach nicht schläfst, Du Nase. Wir gehen nach dem Mittag raus. Niklas kommt – wir wollen zwei der Fjordis einspannen.“

Richard seufzte „Ein besseres Programm, als hier zu liegen und Schäfchen zu zählen.“

Zwei Augenpaare sahen sie fragend und bittend an, doch Lisa blieb hart. „Nun kommt schon. Gegen vier kommt Herr Kollmann wegen Gestern.“

Das Mittagessen war recht kurzweilig und Mattias berichtete seiner Mutter stolz, dass er mit seinen Piratenkarten zweimal gewonnen hatte.

„Ja, aber nur, weil Du die auswendig kennst!“ Richard fuhr seinem Sohn durch die Haare.

Während sich Vater und Sohn über die Fairness des Spiels kabbelten, sah Lisa nachdenklich auf Richard. Sie war es gewohnt für Matty zu sorgen und natürlich sagte sie ihm, was er zu tun und zu lassen hatte. Aber Matty war ein Kind. Richard definitiv nicht. Und doch akzeptierte er, was sie sagte. Lisa konnte sich kaum daran erinnern, wann dies einmal Jemand getan hatte.

Bei Kerima hatte David meist dafür gesorgt, dass ihre Vorschläge umgesetzt wurden, bei ihren Eltern hatte sie eh nichts zu melden gehabt und auch bei ihren Freundinnen, wie zum Beispiel bei Yvonne war sie meist die gewesen, die mitzog, aber nicht machte.

Nathan und Conny waren ziemlich respekteinflößend... Jürgen und Mariella – ja die akzeptierten sie so, wie sie war – aber auch bei ihnen war sich Lisa bislang immer vorgekommen, wie die Kleine... Richard gab ihr seltsamerweise das Gefühl, dass sie erwachsen war, das ihre Meinung zählte, dass sie fähig war, anderen Maßregelungen zu erteilen. Ausgerechnet Richard, der früher so über sie hergezogen war. Aber wenn sie es genau bedachte – so eklig er Damals gewesen war – ernst hatte er sie auch schon zu der Zeit genommen.

„Lisa?“ Seine Stimme war fast sanft „Du träumst...“

„Oh“, Lisa sah, dass beide aufgegessen hatten und erhob sich. „Matty – Schatz – holst Du Deine Jacke?“

Richard erhob sich ebenfalls, warf ihr noch einen mitleidheischenden Blick so und trollte sich in sein Zimmer. Lisa konnte der Versuchung nicht widerstehen, ging ihm hinterher und zog die Vorhänge zu, die das schöne Septemberwetter ausschlossen.

Im Halbdunkel ging sie ans Bett, sah, dass er bereits lag und sagte leise „Schlaf schön.“

„Was – kein Gutenacht-Kuss...“ Er stockte „Himmel Lisa – das ist mir nur so rausgerutscht – vergiss es!“

Ob es gehen würde? Ihr war sehr zittrig zumute, als sie die Hände ausstreckte und die Decke etwas höher über ihn zog. Die Finger fest im Stoff, beugte sie sich hinunter und ihre Lippen streiften ganz sanft und sehr flüchtig seine Stirn. Er sog scharf die Luft ein. „Lisa...“

Sie flüsterte „Und jetzt Augen zu.“ Sie erhob sich wieder – in ihr war Erleichterung und etwas, dass sie kaum definieren konnte. Sie ging leise aus dem Zimmer und schloss die Tür.

 

Am Nachmittag kam Franz Kollmann und fragte Richard eingehend nach dem Tathergang aus. Ordentlich schrieb er alles auf und kratzte sich mehrmals nachdenklich hinter dem Ohr.

„Wir werden die Streife noch öfter hier vorbeischicken. Und sie sollten alle schön aufpassen. Ich werd´ mich auch mal mit der Berliner Polizei kurzschließen...“

Fakt war jedoch, dass weder Fingerabdrücke noch andere brauchbare Hinweise gefunden worden waren. Sie tappten weiterhin im Dunkeln.

 

Nachdem alle Abendbrot gegessen hatten und Matty bereits zu Bett gebracht worden war, ging Lisa erneut in Richards Zimmer.

Lisa lächelte etwas verlegen „Nathan meint, Du sollst vor dem Schlafengehen noch mal warm baden. Dann hab ich eine Creme von ihm bekommen, die einmassiert werden soll und zum Schluss gibt es einen netten Cocktail, der für die Muskeln ist...“

Er betrachtete ihr etwas gerötetes Gesicht „Ist nicht nötig Lisa – mir geht es wieder gut... ich...“

„Ich lasse Wasser ein.“ Gesagt getan. Sie kam wieder aus dem Bad „Nicht länger als zwanzig Minuten. Sag mir Bescheid, wenn Du wieder im Bett liegst.“ Sie ging hinaus.

Himmel – war sie nervös! Doch andererseits war sie fest entschlossen, Nathans Anweisungen Folge zu leisten.

Sie löste die Tabletten in Wasser auf und als Richard sie rief, nahm sie das Glas und den Cremetiegel und ging zu ihm zurück.

Die Beine oder die Arme zuerst? Sie entschloss sich für ersteres, stellte das Glas auf den Nachttisch und schlug die Bettdecke nach oben. Dann ließ sie sich auf dem Bettrand nieder, schraubte den Cremetopf auf und tauchte ihre Hand hinein. Seine Haut war warm und weich durch das Wasser. Ihre Hände verteilten die Creme und  massierten diese dann gründlich ein. Eine eigenartig befriedigende Tätigkeit. Richard gab zunächst keinen Mucks von sich, doch als sie die seine Wade rieb, entfuhr ihm ein Stöhnen. Sie zuckte zurück „Hab ich Dir wehgetan?“

„Nein – nicht wirklich. Es ist, als wenn Du auf ziemlichem Muskelkater reibst...“

Danach war sie noch vorsichtiger. Erst als das ganze Bein eingesalbt und sehr warm geworden war, wechselte Lisa die Seite und verfuhr mit dem anderen Bein genauso.

Sie schlug die Decke wieder zurück und rückte auf dem Bettrand etwa höher. Richard lag völlig unbeweglich da und hielt die Augen geschlossen, während sie nun seinen Arm eincremte und massierte. Erst den einen, dann den anderen, einschließlich seiner Hände. Auch seine Finger überließ er ihr völlig, nicht die leiseste Eigenständigkeit erlaubte er sich.

Als sie aufhörte und den Cremetiegel schloss, öffnete er die Augen, seine Stimme klang belegt „ich bin so stolz auf Dich Lisa.“

Spontan schossen ihr die Tränen in die Augen und sie senkte den Blick. Lisa zog die Decke wieder über ihn und hielt ihm das Glas an die Lippen. Er trank die milchige Flüssigkeit in einem Zug und fixierte sie erneut.

Diesmal erwiderte sie seinen Blick. „War ich sehr ungeschickt?“

„Soll das ein Witz sein? Ich wünschte, ich könnte sagen, seit meiner Mutter hat mich keiner mehr so umsorgt – aber das wäre gelogen – eine Sophie von Bramberg hat kümmern lassen, sobald sie genug Geld dazu hatte....“ Er zwinkerte ihr zu „Niemand hätte es besser machen können.“

Sie senkte den Blick und wieder überzog eine leise Röte ihre Wangen.

Sie wünschte ihm gute Nacht, ging hinaus, schloss die Tür und drehte den Schlüssel um.

Nachdenklich ging sie in die Küche, machte sich einen Tee und setzte sich. Sie betrachtete ihre Hände mit leisem Stolz. Sie hatte es getan. Warum ihr jetzt die Tränen kamen, wusste sie nicht, aber sie kamen.

Es war noch nicht so spät am Abend, so dass es nicht ungewöhnlich war, dass das Telefon klingelte. Lisa stand rasch auf und ging ins Wohnzimmer, sich dabei energisch die Tränen von den Wangen wischend. „Lisa Plenske.“

„Hi Süße – Mariella. Ich bin etwas in Sorge – Du hast Dich heute gar nicht gemeldet und Gestern, als ich Dir gratulierte, warst Du so komisch...“

Lisa atmete tief durch und erklärte Mariella dann so ruhig wie möglich, was passiert war.

Nach dem ersten Schock, kam Mariella schnell zu einem Punkt, der ihr aufgefallen war „Und warum weinst Du dann jetzt?“

„Tue ich doch gar nicht...“

„Lisa – man soll schwangere gelähmte Frauen im Krankenhaus nicht anlügen!“

„Was ist das denn für eine Regel?“

„Nun – machen wir es anders – ich verrat Dir meine Neuigkeit, wenn Du mir verrätst, warum Du geweint hast.“

„Du zuerst.“

Mariella seufzte „Na gut – die Ärzte haben mir heute gesagt, dass mein Mädchen bereits jetzt höchstwahrscheinlich lebensfähig ist. Zwar ist jeder Tag, den ich länger durchhalte ein guter Tag – aber so wie es aussieht, werden David und ich doch noch über kurz oder lang Eltern.“

„Oh – Mariella – das ist ganz wundervoll.“

„Du glaubst gar nicht, wie mir das Kraft gibt. Ich weiß, dass die nächste Zeit furchtbar für mich wird. Aber ich habe David und ich werde ein kleines Mädchen haben.“

„Und Du hast mich...“

„Ich weiß Liebes. Und ich will leben – auch als Behinderte. Ich hoffe nur, die Polizei bekommt bald mal raus, wer hinter all dem Übel steckt. Ich habe Angst, dass David oder Matty, Richard, Mama oder Du die Nächsten sind.“

„Alle tippen auf einen Insider...“

„Eine grausige Vorstellung – Jemand, den wir häufig sehen und dem wir vertrauen...“ Mariella brach ab. „Aber nun Lisa – warum hast Du geweint?“

Lisa atmete tief durch „Mariella – ich kann wieder berühren. Ich musste Richard doch letzte Nacht helfen – und es ging. Und eben...“ Lisa fühlte wieder Tränen in sich aufsteigen.

„Was war eben?“ Mariellas Stimme war ganz sanft und leise.

„Eigentlich etwas ganz Alltägliches. Ich habe Richard Arme und Beine eingecremt...“

Mariella jappste nach Luft. „Lisa – das ging?“

„Ja – es ging. Und ich bin sicher – es wird auch Morgen Abend wieder gehen...“

„Lisa – das ist ein großer Schritt.“

„Ich weiß...“

„Lisa - Du und mein Bruder...“

„Bitte nicht. Jeder fragt mich danach und ich kann doch keine Antwort geben. Ich denke, er wird erst mal hier bleiben. Bestimmt so lange, bis Derjenige gefasst ist, der all das Schreckliche anstellt. Alles Weitere wird sich zeigen. Ich mag mir nicht mehr das Hirn zermatern, ob das richtig oder falsch ist – oder ob Richard und ich je ein Paar sein können. Zumindest haben wir ein Kind – und Richard ist ein viel besserer Vater, als ich das je von ihm gedacht hätte. Ihn zusammen mit Matty zu sehen, ist so wunderschön...“

„Richard und Matty kommen gut miteinander aus?“

„Unglaublich gut sogar.“

„Richard verblüfft auch mich immer wieder... Gut Lisa – ich frag nicht weiter. Seh erst mal zu, dass Du Richie wieder auf die Beine stellst. Wir hören voneinander, ja?“ 

    

 

 
 
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