Kapitel 9
Verträumt stand Lisa auf dem Minibalkon und sah die Straße entlang. Noch immer konnte sie es nicht glauben, dass sie tatsächlich in London gelandet war. Sie streckte sich ein wenig und zog den hauseigenen Bademantel enger. Es war noch recht kühl, aber dieser Blick entschädigte für vieles. Das Hotel lag ziemlich zentral und auch wenn es keine Aussicht auf einen Park oder ähnliches bot, so war die Umgebung faszinierend. Gerade wieder hielt ein echtes englisches Taxi vor dem Eingang des Hotels und Lisa beobachtete mit einem Lächeln die beiden japanischen Geschäftsleute, die mit müden Bewegungen dem Eingang zustrebten.
Der Flug nach London hatte sich durch Schlechtwetter verzögert und so waren sie erst am späteren Abend müde aber durchwegs vergnügt im Hotel gelandet. Die Wartezeit in Berlin hatten sie sich mit Kaffee und Kuchen und den Unterlagen vertrieben, die ihnen Friedrich Seidel überreicht hatte. Richard hatte sie über ihre Vorliebe zu Musicals ausgefragt und auch zugegeben, dass er diese absolut nicht mochte. Erschrocken hatte Lisa nach einer Lösung gesucht, bis Richard ihr verschmitzt einen Zettel gereicht hatte. Sie hatte ein wenig gebraucht um zu verstehen, was er meinte, dann hatte ihr helles Lachen den Blick der Menschen in ihrer Umgebung auf sich gezogen. „Der Spruch ist gut, hängt der bei Ihnen als Sinnspruch zu Hause?“ hatte sie ihn geneckt und nur ein mürrisches Kopfschütteln geerntet. Dass ihm sein Vater diese Weisheit noch auf den Weg mitgegeben hatte, amüsierte Lisa bis jetzt und zeigte wiederum, dass Richard durchaus fähig war, über sich selbst zu lachen.
Der Flug selbst war ein Erlebnis, auch wenn sie sich zu Beginn gefürchtet hatte. Alleine die Umgebung der First-Class war beruhigend und Richards Ablenkung war perfekt gewesen. Sie unterhielten sich über englische Eigenheiten und Traditionen und Lisa war erstaunt gewesen, wie gut Richard informiert war. Ihre unausgesprochene Frage hatte er nur mit einem lässigen Schulterzucken beantwortet. „Drei Jahre in London prägen. Da lernt man so einiges“, hatte er erklärt und es dabei bewenden lassen. Lisas Nachfragen war er geschickt ausgewichen und sie hatte verstanden, dass er nichts weiter erzählen würde.
Die Fahrt vom Flughafen nach London hatte Lisa trotz der späten Stunde sehr genossen, vor allem da Richard sich anscheinend entschlossen hatte, den perfekten Reisebegleiter zu geben. Er wies den Taxifahrer trotz der späten Stunde an, einen Umweg zu machen und so konnte Lisa einige der von ihr so sehnsüchtig erwarteten Sehenswürdigkeiten bei Nacht bestaunen. Trotzdem war Lisa froh gewesen, als sie endlich im Hotel und in ihrem Zimmer war. Obwohl, Zimmer war hier die Untertreibung des Tages. Friedrich Seidel hatte für sie beide eine Suite gebucht. Mit einem gemütlichen Wohnzimmer und zwei getrennten Schlafzimmern mit eigenem Bad. Alles wirkte feudal, aber gemütlich und Lisa hatte ein wenig gebraucht um sich an den Luxus zu gewöhnen. Auch Richard hatte sich verwundert umgesehen und war ihr bei der Besichtigung erstaunt gefolgt. „Ich hätte nie gedacht, dass Vater so etwas teures bucht“, hatte er gemurmelt und sich müde auf die Couch geworfen. Lisa hatte es ihm gleich getan und es sich vis-a-vis gemütlich gemacht. Das Angebot, noch einen Drink zu nehmen hatte sie abgelehnt und sich ausgiebig gestreckt. Nach einigen Minuten hatten sie dann beschlossen noch auszupacken und sich um 8 Uhr 30 zum Frühstück zu treffen. Mit einem kurzen ‚Schlafen sie gut’ war Richard in seinem Schlafzimmer verschwunden und auch Lisa war in ihr Zimmer gegangen um ihren Koffer auszupacken.
Sie hatte tief und fest geschlafen, aber – so wie in Berlin – hatte ihre innere Uhr sie um 6 Uhr aus dem Bett getrieben. Verwirrt hatte sie sich umgesehen und erst langsam realisiert, wo sie war. In London war es erst 5 Uhr, trotzdem war sie aus dem Bett gesprungen, hatte sich geduscht und war dann auf den Balkon gehuscht, den man nur vom Wohnzimmer aus betreten konnte.
Sie fuhr herum, als sie ein leises ‚Guten Morgen’ hinter sich hörte und erstarrte, als sie Richard, ebenfalls nur bekleidet mit einem Morgenmantel registrierte. Seine Augen waren noch ein wenig verschlafen und das verstrubbelte Haar machte ihn wesentlich jünger und sein Gesicht viel weicher.
‚Guten Morgen’, flüsterte sie und lächelte verlegen. „Hat sich London entschlossen, sich von der netten Seite zu zeigen?“ brummte er und blinzelte in die Helligkeit. Der zum Teil heftige Regen der vergangenen Nacht hatte aufgehört und ein Hauch Frühling lag in der Luft. „Was machen Sie denn schon um diese Zeit auf?“ fragte er verschlafen und sah auf die Uhr. „Es ist erst knapp nach 6.“ Lisa zog die Schultern hoch und strahlte über das ganze Gesicht. „Die innere Uhr lässt sich nicht so leicht abstellen. Schließlich ist erst Freitag“, nuschelte sie und versuchte krampfhaft, Richard nicht zu auffällig zu mustern. „Und Sie? Schon ausgeschlafen?“ Richard nickte und ging ins Wohnzimmer zurück. „Ja, geht so. Wie wäre es mit Frühstück. Wenn wir schon beide auf sind. Oder wollen Sie noch mal zurück ins Bett?“ Lisa überlegte kurz. „Frühstück gibt es erst ab 7 Uhr 30“, meinte sie leise und zog den Gürtel des Bademantels enger. „Zimmerservice aber 24 Stunden lang. Bestellen Sie uns etwas? Ich geh’ dann mal duschen“, meinte Richard und wandte sich abrupt ab. Lisa nur so leicht bekleidet zu sehen brachte ihn ein wenig aus dem Konzept und er war froh, als er die Türe zu seinem Schlafzimmer schloss. ‚Wow, das war aber ein netter Anblick um diese Uhrzeit’, grinste er in sich hinein und schlenderte ins Bad.
Lisa sah ihm verlegen nach und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Richards verwuschelten Haare luden geradezu dazu ein, sie noch mehr durcheinander zu bringen und nur mit letzter Kraft hatte sie es geschafft, ihre Hände ruhig zu halten. Er war ein attraktiver Mann und sie wunderte sich, dass er in der Firma immer so kalt und gefühllos rüberkam. ‚Das würde mir wohl niemand glauben’, überlegte sie und machte es sich auf der Couch bequem. Da sie nicht wusste, was Richard mochte, entschied sie sich für ein großes Frühstück für 2 Personen und beeilte sich mit dem Anziehen. So leger wie eben fühlte sie sich in seiner Nähe dann doch nicht wohl und sie wollte alles vermeiden, was ihre Laune hätte dämpfen können.
Knapp 20 Minuten später saßen Lisa und Richard bei einem gemütlichen Frühstück. Beide trugen Jeans und Pullover, wobei Richard auch hier seinem eher konservativen Kleidungsstil treu blieb. Schwarze Jeans, schwarzer Pullover, aber – zu Lisas großer Verwunderung – noch immer verwuschelte Haare. Lisa hatte sich ebenfalls für die schwarze Jeans entschieden, trug dazu aber einen blauen Pullover, der die Farbe ihrer Augen noch mehr strahlen ließ. Entspannt und gut gelaunt las Richard immer wieder Passagen aus dem Klatschteil der diversen Morgenzeitungen vor und brachte Lisa damit zum Lachen. Ihr kam es absolut absurd vor, dass Lady X mit Lady Y und Lord Z eine Charity-Party für die Erhaltung seltener Vögel der Schottischen Highlands gaben und sich wie wahnsinnig darüber freuten, dass Prinz Edward ihnen dazu gratulierte.
Richard war nicht gerade ein Morgenmuffel, aber ihn um diese Uhrzeit herzlich lachen zu sehen war mehr als ungewohnt für Lisa. So wie die ganze Situation. Sie hatte in den letzten Jahren so gut wie nie gefrühstückt, da ihr die neugierigen Fragen ihrer Eltern auf die Nerven gingen. So hatte sich der schnelle Becher Kaffee bei Jürgen eingebürgert und in ihrer neuen Wohnung war sie noch lange nicht soweit, sich am Wochenende ein gemütliches Frühstück machen zu können. Im Moment musste sich Lisa heftig dazu zwingen, ruhig sitzen zu bleiben. Dies lag vor allem an ihrer Vorfreude, die immer stärker wurde. Mit einem spöttischen Blick musterte Richard sie, dann seufzte er tief und stand auf. „Jetzt holen sie schon ihre Tasche, sonst platzen Sie mir hier noch“, grummelte er sie an und verschwand im Schlafzimmer um ebenfalls seine Sachen zu holen.
Nach einem prüfenden Blick auf ihre Schuhe hielt er ihr die Türe auf und verbeugte sich ein wenig. „Na denn. Ich hoffe, Sie sind gut zu Fuß, das wird ein anstrengender Tag“, stellte er fest und sah auf die Uhr. „Nicht mal 8 und ich spiele den Fremdenführer. Vielleicht sollte ich mich gleich selbst in die Klapse einweisen lassen“, grummelte er gerade noch so laut, dass Lisa ihn hörte. Im Lift lehnte sie sich an die Wand und sah ihm schmunzelnd an. „Ist es eigentlich anstrengend die ganze Zeit das Ekel zu geben?“ fragte sie ernsthaft und sah ihn fest an. Völlig verblüfft starrte Richard sie an, dann lachte er leise auf. „Nein, das funktioniert eigentlich ganz gut. Aber seit kurzem gibt es da eine kleine freche Blonde, die nervt mich so mit ihren Frechheiten, dass ich keine Zeit habe, das Ekel zu spielen.“ Lisas Augen wurde ein wenig größer, dann errötet sie. Diese Wortgefechte hatten sie schon bei Kerima geführt, aber hier in London, ganz alleine mit Richard war das etwas anderes.
„So schweigsam Lisa?“ Ganz nahe stand er jetzt vor ihr und hob ihr Kinn an. „Wir sollten einen Pakt für das Wochenende schließen. Nachdem wir es wirklich gemeinsam verbringen werden ist es mir definitiv zu mühsam immer darüber nachzudenken, wie ich wirke. Es gibt eben zwei Seiten an mir und sie haben beide schon kennen gelernt. Alles was hier passiert geht nur uns etwas an. Keine Infos an andere, wie der andere war, sich verhalten hat etc. Was sagen Sie dazu?“ Lisa nickte verlegen und trat nach ihm in die Lobby. „Es tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten“, meinte sie schüchtern und starrte auf ihre Schuhspitzen. „Sind Sie nicht. Aber es stimmt, dass ich hier lockerer bin als in Berlin. Hier will niemand was von mir. Keiner beobachtet und beurteilt mich und ich bin nur einer von Millionen. In Berlin ist das nicht immer so einfach. Kaum reagiere ich etwas schärfer, weil mir ein Fotograf auf die Nerven geht, habe ich schon eine Pressenotiz am Hals. Sobald ich mehrmals mit einer Frau ausgehe, lese ich was von einer geplanten Hochzeit in einem der einschlägigen Modejournale. Das nervt, das nervt gewaltig.“
Richards Ausbruch verging rasch wieder, dann lächelte er sie an und sah sich um. „Sie sind doch gut zu Fuß – oder?“ Lisa nickte und sah ihn fragend an. „Wir machen jetzt einmal einen ausgedehnten Spaziergang zum London Eye, dann sehen wir weiter“, verkündete er und marschierte los. Richard hatte sich überlegt, dass er Lisa auf dem Weg zur Westminster Bridge einige Sehenswürdigkeiten zeigen konnte und sie auch einen ersten Eindruck von dieser Stadt bekam. Der Weg vom Hotel kreuzte die Oxford Street, die um diese Zeit noch absolut ruhig war. Dann ging es weiter zum Trafalgar Square und schließlich über The Mall zum Buckingham Palace. Lisas Staunen war für Richard eine erholsame Abwechslung zu der Selbstverständlichkeit, mit der seine weiblichen Begleitungen die Welt normaler Weise wahrnahmen. Sie konnte sich für so viele kleine Dinge begeistern und schon nach kurzer Zeit waren sie in ihrer ganz eigenen Welt gefangen. Bewusst setzte Richard den Spaziergang durch den St. James Park fort, immer dem Wasser entlang um schließlich durch Seitengassen zur Westminster Abbey zu gelangen.
„Das ist einfach wunderschön“, staunte Lisa und betrachtete den Bau, den sie schon auf so vielen Fotos gesehen hatte. „Ist es ... ist es o.k., wenn wir reingehen?“ fragte sie leise und sah Richard so bittend an, dass dieser verwundert den Kopf schüttelte. „Natürlich. Früher war ab 9h30 geöffnet. Ich war schon Ewigkeiten nicht mehr drinnen“, stellte er fest, dann hielt er Lisa zurück. „Lisa, wenn Sie was sehen wollen, dann müssen sie mir das sagen. Ich hab’ diese Spaziergänge früher oft gemacht. Mir fällt vielleicht vieles gar nicht so auf. Also nicht so schüchtern. Ich beiße nicht – versprochen.“ Sein Lächeln war in der Tat entwaffnen und Lisa errötete ein wenig. „Sorry, aber das ist nicht so einfach. Vor zwei Wochen war das alles noch undenkbar und jetzt ist es einfach toll.“ Er nickte und fasst nach ihrer Hand. „Genau und weil jetzt, jetzt ist, werden wir uns mal drinnen umsehen. Kommen Sie schon, es gibt noch so vieles was wir heute unternehmen werden.“
Richard hatte nicht zu viel versprochen, das nächste Highlight auf der Liste war definitiv Houses of Parliaments und der Big Ben. Auch hier stand Lisa völlig begeistert und kaufte einige Ansichtskarten, da sie absolut keine Lust hatte, die Gebäude stümperhaft auf eine Foto bannen zu wollen. Richard deutete auf die Westminster Bridge. „Komm, wir müssen sowieso rüber. Von drüben sieht man die Ausmaße des Gebäudes viel besser. Und außerdem steht da drüben schon die nächste Herausforderung.“ Lisa hatte schon viel über das „London Eye“ gelesen, aber in Natura war es dann doch ziemlich gewaltig. Plaudernd überquerten sie die Brücke und blieben am anderen Ende stehen um sich den Komplex des Houses of Parliament anzusehen. Lisa lächelte Richard nur an und hätte ihn am liebsten umarmt. Sie war jetzt schon müde, aber der Spaziergang war eine tolle Idee gewesen. Richard deutete nur auf das riesige Rad und hielt Lisa die Hand hin. Ein wenig verblüfft ergriff Lisa sie und ließ sich von Richard zum Eingang ziehen. Dank Friedrich mussten sie sich nicht um Tickets anstellen und so dauerte es nicht allzu lange, bis sie das Rad betreten konnte. Der Ausblick war sagenhaft und nach einer kurzen Orientierungsphase war Richard völlig in seinem Element. Er erklärte ihr, wo welche Sehenswürdigkeiten lagen bzw. auch wie sich die Dinge seit seiner ersten Zeit in London geändert hatten. Viele Glasbauten waren dazu gekommen und auch ihn erstaunte, wie sehr sich London in den letzten Jahren geändert hatte.
Nach der Rundfahrt bummelten sie zurück zur Westminster Bridge und Lisa sah sich suchend um. „Eine Pause wäre jetzt schon toll“, murmelte sie und streckte sich durch. Es war erstaunlich warm geworden und das zeitige Aufstehen machte sich bemerkbar. Auch Richard sah sich suchend um, dann lächelte er und fasst Lisa am Ellbogen. „Wir könnten uns ausruhen und trotzdem einiges sehen“, meinte er verschmitzt. Behutsam dirigierte er Lisa durch eine japanische Reisegruppe und blieb bei einem Busstopp stehen. „Wir fahren den Rest mit dem Bus?“ „Jein. Mit einem Hopp on – Hopp off-Bus. Der dreht ganz brav seine Runden und man kann ein- und aussteigen wie man will. Das bietet sich für uns an. Als nächstes würde ich gerne zum Tower, aber das ist ein wenig zu weit, aber wir könnten zuerst die ganze Runde mit dem Bus machen und dann beim Tower aussteigen. Schont die Füße und macht ziemlichen Spaß.“ Begeistert nahm Lisa den Vorschlag an und schon nach wenigen Minuten hatten sie einen schönen Platz am oberen Deck eines Busses ergattert. Fasziniert lehnte sich Lisa zurück und schloss kurz die Augen. „Hey, so sieht man nicht wirklich viel“, meinte Richard leise, konnte sich aber vorstellen, dass Lisa müde war. „Wenn Sie wollen, können Sie mich als Kissen benutzen. Ich wecke Sie dann bei den wirklich wichtigen Stellen“, neckte er sie und legte den Arm auf ihre Rückenlehne. Lisa verbiss sich ein Lachen und drehte sich mit halbwegs ernster Miene zu ihm um. „Gute Idee, wenn ich zu tief schlafe, dann machen sie einfach ein Foto. Ich schau’ es mir dann am Abend im Hotel an.“ Richard verdrehte die Augen und versetzte ihr einen leichten Schlag auf die Schulter. „Ja, klar. Und ich muss die ganze Zeit munter bleiben? Nix da, kein Mitleid. Schauen Sie sich gefälligst selbst die Gegend an.“ Sein Lächeln hatte sich vertieft und Lisa nahm erstaunt war, dass seine Augen tatsächlich vor Vergnügen blitzten.
Zur gleichen Zeit nervte ein äußerst schlecht gelaunter David seine Belegschaft und ließ den einen oder andern Mitarbeiter das Wochenende herbeisehnen. Seit er ziemlich früh ins Büro gekommen war nervte er mit – wie viele fanden – unnötigen Aufträgen und Besprechungen. Am späten Vormittag reichte es Max und er schlenderte betont lässig in Davids Büro. „Hey Alter, was ist denn los mit Dir? Jedes Mal wenn die Mitarbeiter Deine Durchwahl sehen, überlegen sie, ob sie nicht flüchten sollen.“ David schüttelte nur verständnislos den Kopf. „Keine Ahnung, was Du mir damit sagen willst. Aber dieser unfähige Haufen kann mir nicht mal die trivialsten Fragen beantworten“, giftete er Max an, der es sich ungerührt in einem der Besuchersessel bequem machte. „Hat Dich letzte Nacht eine Frau abblitzen lassen – oder warum bist Du so schlecht drauf?“ fragte er direkt, bekam jedoch keine Antwort von David.
Dieser funkelte seinen Freund nur böse an und verdrehte die Augen. „Danke, der Sex war gut, aber jetzt ist Arbeit und die nervt.“ „Ah ja, klar. Die nervt erst seit heute, deshalb gibst Du Dir auch so große Mühe, die Leute noch vor dem Wochenende so richtig zu demotivieren. David, wenn Dir eine Laus über die Leber gelaufen ist, dann lass es nicht an uns aus.“ Max Stimme war etwas schärfer geworden und riss David ein wenig aus seinem Zornanfall. „Hast Du heute Abend schon was vor?“ wollte Max nun wissen und hob erwartungsvoll die Augenbrauen. „Ich hab gestern zwei extrem süße Mädels kennen gelernt. Zwillinge. Hast Du Lust?“ Zu Max Erstaunen überlegte David kurz, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, sei nicht böse. Aber heute mal nicht. Ich muss morgen auf diese Charity-Gala und Sonntag hat mich Mariella zu einem Treffen mit Lars und einigen anderen Freunden eingeladen. Ich geh heute einfach nach Hause, leg die Beine hoch und werde Musik hören oder so.“ Erstaunt sah Max David an. „Du willst nach Hause? Allein?“ erkundigte er sich und schüttelte den Kopf. „Aber sonst geht es Dir gut? Muss ich mir Sorgen machen?“
Erbost schüttelte David den Kopf. „Mensch, ich bin doch kein Roboter“, fuhr David seinen besten Freund an. „Ich brauch auch mal eine Pause.“ „Ist ja gut“, lenkte Max ein und betrachtete David genauer. Er sah tatsächlich müde aus, aber Max schob das auf eine angenehme und wohl sehr aktive Nacht. Er zwinkerte David zu und verließ ohne ein weiteres Wort das Büro.
Aufseufzend warf David den Stift auf den Schreibtisch und schloss die Augen. Er hatte sehr wohl eine kurze Nacht hinter sich, aber das lag nicht daran, dass ihn eine Frau wachgehalten hatte – also schon eine Frau, aber eine, die weit weg war und deren enttäuschte Stimme noch immer in seinem Ohr klang. Er fragte sich, was Lisa wohl gerade machte und griff nach dem Handy. Wie bereits am frühen Vormittag landete er wieder auf der Mailbox und musste sich sehr beherrschen, um das Handy nicht auf die Tischplatte zu knallen. Er hoffte sehr, dass Richard sich gut um Lisa kümmerte, andererseits war ihm dieser Gedanke ein wenig unangenehm. Lisa war so unerfahren was Männer anging und David hatte sehr wohl den wohlwollenden und interessierten Blick in Richards Augen gesehen, als Lisa nach ihrer Verwandlung ins Büro kam.
Erschrocken sah er auf sein Handy, das sich lautstark zu Wort meldete. Eine Nachricht war eingegangen und das Foto war nicht gerade dazu geeignet Davids Nerven zu beruhigen. Das Foto war mit Richards Handy aufgenommen worden und zeigte Lisa & Richard, die lachend vor dem Tower standen.