Kapitel 15
Ein wenig verlegen kam Lisa einige Zeit später frisch geduscht und geschminkt aus dem Bad. Bei ihrem schwungvollen Abgang hatte sie vergessen das Kleid mitzunehmen und so stand sie in Unterwäsche in ein großes Badetuch gewickelt in der Türe. Das Zimmer war nur schwach beleuchtete und erstaunt nahm sie Richard wahr, der bereits fertig angezogen beim Fenster stand und hinaussah. Es hatte begonnen zu regnen und sein Gesicht spiegelte sich ganz leicht in der Fensterscheibe. „Ich hole mir nur schnell mein Kleid“, stotterte sie und runzelte die Stirn, als Richard nicht reagierte. Langsam ging sie auf ihn zu und legte ihre Hand auf seinen Rücken. Richard musste mit seinen Gedanken weit weg gewesen ein, da er heftig zusammen zuckte. „Schon fertig?“ fragte er leise und drehte sich um. „Na das ist ja mal eine Alternative zu den üblichen Ballkleidern ... wir sollten ein Foto machen und es Hugo mitbringen“, meinte er schelmisch und musterte Lisa, die die Augen verdrehte. „Bin gleich fertig, ich muss nur noch ins Kleid finden.“ Richard stieß sich vom Fenster ab und musterte sie. „Soll ich Dir irgendwie helfen?“ bot er an und freute sich, dass Lisa errötete. ‚Na geht doch. Die alte Lisa ist wieder da’, grinste er in sich hinein und sah sie auffordernd an.
„Nein“, kam es schnell von Lisa. „Nein, ich ... also das geht schon“, ergänzte sie verlegen, ärgerte sich jedoch im gleichen Moment über sich selbst. ‚Mein Gott, warum reagierst Du denn gleich so heftig’, schimpfte sie mit sich selbst und griff nach dem Kleid. Der Weg ins Badezimmer erschien ihr relativ weit, außerdem war es dort ziemlich feucht und sie fürchtete, Wasserflecken auf den Stoff zu bekommen. ‚Was soll’s. Er weiß wie Frauen aussehen’, war Lisas letzter klarer Gedanken, bevor sie sich ein wenig wegdrehte und das Badetuch lockerte. Es war eine kleine akrobatische Einlage, aber sie schaffte es das Kleid anzuziehen, ohne zu viel von ihrem fast nackten Körper zu zeigen. Als sie das Badetuch fallen ließ, atmete sie erleichtert auf. Mit einem Lächeln ging sie zu Richard, der ihr fasziniert zugesehen und sich keineswegs – wie es sich für eine Gentleman gehört hätte – weggedreht hatte. „Hattest Du Spaß?“ fragte Lisa und erntete ein leises Lächeln. „Ja ... sicher, aber ich konnte nicht wegsehen, ich musste doch aufpassen, dass Du mir nicht umfällst“, brummte er und bedeutete Lisa, sich umzudrehen. Geschickt schloss er den Reißverschluss und richtete den Neckholder. „Der BH hat eine klasse Farbe. Passt perfekt zum Kleid“, lobte er und betrachtet Lisas Nacken. Wie von selbst senkten sich seine Lippen auf ihre Schultern und er hauchte einige leichte Küsse darauf. „Du siehst einfach süß aus. Da kann Mann nicht wiederstehen“, raunte er ihr ins Ohr und umschloss sie mit seinen Armen.
Lisa lehnte sich mit ihrem Rücken an seine Brust und atmete tief durch. Die Hochsteckfrisur war ihr ganz gut gelungen und sie war zufrieden mit ihrem Aussehen. „Vertraust Du mir?“ hörte sie Richards leise Stimme an ihrem Ohr und nickte verlegen. „Dann mach die Augen zu“, bat er. Langsam lösten sich seine Arme und sie spürte, wie er ihren Arm ergriff. Ein kaltes Band legte sich um ihr Handgelenk und erstaunt öffnete sie die Augen. Er hatte ihr ein wunderschönes, breites Silberarmband umgelegt. „Mein Gott ist das schön“, murmelte sie und sah Richard erstaunt an. „Ist nur Tand, aber es sieht toll aus. Hier sind die passenden Ohrclips dazu. Die legst Du aber besser selbst an“, murmelte er und trat einen Schritt zurück. Lisa war völlig geplättet von dem Schmuck und beeilte sich, auch die Clips anzulegen. Sie vervollständigten das Outfit und sahen extrem vornehm aus. „Perfekt“, lobte Richard und bot Lisa den Arm. Sie hakte sich unter, blieb jedoch lachend in der Türe stehen. „Mit Schuhen wäre es besser“, kicherte sie und lief schnell zurück um in die neuen zum Kleid passenden Schuhe zu schlüpfen. Richard beobachtete sie mit einem breiten Lächeln und streckte ihr die Hand hin. „Noch was vergessen oder können wir jetzt?“ wollte er wissen und lachte laut auf, als Lisa ihn strafend ansah. „Jetzt hab Dich nicht so, zumindest ist es mir noch hier eingefallen und nicht erst unten, wenn mir der erste Tänzer auf die Zehen steigt“, kicherte Lisa und zwinkerte ihm zu. „Auch wieder wahr“, stimmte Richard zu und führte sie langsam zu dem für den Frühlingsball dekorierten Saal mit anschließendem Wintergarten. Einige Gäste waren bereits versammelt und sahen Lisa und Richard entgegen, die schwungvoll eintraten. Fasziniert blieb Lisa stehen und betrachtete die Blütenpracht. „Mein Gott ist das vornehm“, quetsche sie hervor und verstärkte den Druck auf Richards Arm. Dieser nickte nur und nahm Kurs auf Tante Meredith, die in ihrer dunkelgrünen Robe eine extrem gute Figur machte. „Hoffentlich hat sie sich beruhigt, sonst bekomme ich gleich einen Anfall“, raunte Richard Lisa zu, setzte aber ein charmantes Lächeln auf, um nicht gleich wieder anzuecken.
„Kindchen, sie sehen bezaubernd aus. Da müssen die Damen heute aber extrem auf ihre Männer aufpassen. Die werden sich sicher um ihre Gesellschaft reißen“, wurde sie liebevoll von Meredith begrüßt, die ihr einen leichten Kuss auf die Wange hauchte. „Es tut mir leid, sollte ich sie vorhin in Verlegenheit gebracht haben, aber sie müssen das einem alten Dinosaurier wie mir nachsehen. Richard hat Recht, manchmal habe ich den Charme einer Dampfwalze“, meinte sie und drückte Lisa leicht an sich. Ihr Blick suchte Richard, der sich im Hintergrund gehalten hatte. „Jetzt schau nicht so skeptisch, ich würde Dich nie im Leben in Verlegenheit bringen, nicht absichtlich und das Helen heute hier ist ... das ist eher ein unglücklicher Zufall. Aber sie ist meine älteste Freundin, ich konnte ihr schlecht das Haus verbieten.“
Mit einem Kopfnicken nahm Richard dies zur Kenntnis und entspannte sich ein wenig. Lisa war klar, dass Meredith Richard gerade etwas wichtiges mitgeteilt hatte, war sich jedoch absolut nicht darüber im Klaren, was es war. Gespannt ließ sich Lisa von Richard zu einer Gruppen von noch recht jungen Leuten ziehen, die Richard freundschaftlich begrüßten. Die meisten kannte er noch aus seiner Studienzeit und es war ihm anzusehen, dass er sich tatsächlich über das Treffen freute. Lisa wurde herzlich begrüßt, jedoch entspann sich recht schnell ein Gespräch, an dem sie nicht teilnehmen konnte. Einige Zeit hörte sie interessiert zu, dann jedoch entschuldigte sie sich leise und schlenderte durch den Saal. Ihr Blick wurde magisch vom Wintergarten angezogen. Immer wieder wurde sie von den Gästen angesprochen und in kurze Gespräche verwickelt. Sie fühlte sich extrem wohl und genoss es sich mit den meist schon älteren Gästen über ihre Herkunft oder auch ihre Geschichte in England zu unterhalten.
‚Wie in alten Filmen’, dachte sie bei sich und sah erstaunt auf, als sich ein Glas Champagner in ihr Gesichtsfeld schob. „Trinken Sie mit mir auf den schönen Abend?“ hörte sie eine extrem dunkle Stimme mit leicht englischen Akzent. Die meisten Gäste waren in Deutschland, der Schweiz oder Österreich geboren oder hatten deutschsprachige Vorfahren. Meredith liebte es, wenn auf ihrem Frühlingsball Deutsch gesprochen wurde und so bemühten sich auch jene, die nicht so sattelfest waren, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Lisa hob den Kopf und sah direkt in die rauchgraue Augen. „Hallo! Mein Name ist Geoffrey und sie sind sicher Lisa“, stellte er fest und drückte ihr das Champagnerglas in die Hand. Das erste Glas hatte Lisa im Kreise der Freunde von Richard geleert, so prostete sie dem Fremden höflich zu und nippte an dem Getränkt. „Hallo, schön Sie kennen zu lernen“, antwortete sie und musterte ihr Gegenüber. Er war ziemlich groß, sicher über 1,90 und sehr schlank. Sein fröhliches Gesicht strahlte sie an und Lisa konnte gar nicht anders, als ihm zuzulächeln.
„Sie sehen ein wenig verloren aus. Wir wäre es mit einem Tanz?“ wollte Geoffrey wissen und verbeugte sich leicht. Lisa sah sich rasch um, doch Richard war nach wie vor mit seinen ehemaligen Kumpanen beschäftigt, so nickte sie zustimmend und ließ sich auf die Tanzfläche führen. Er tanzte gut und Lisa überwand nach einigen Takten ihre Zurückhaltung. Irgendwie wollte keine richtige Unterhaltung in Gang kommen und so begnügte sich Lisa damit, sich über Geoffreys unterhaltsame Geschichten aus der Londoner High-Society zu amüsieren. Sie fühlte sich wohl und leerte in einer kurzen Tanzpause ihr Glas mit einem einzigen Zug. Die Musik wurde langsamer und sie hatte nichts dagegen, wieder auf die Tanzfläche gezogen zu werden. Diesmal war es aber etwas anders, Geoffrey hielt sie fester und Lisas Bemühungen, ein wenig Luft zwischen sich und den Mann zu bringen waren vergeblich. Sein Griff wurde immer härter und sie spürte, wie er das Kinn an ihren Kopf legte. Er ignorierte ihre Bitte um Abstand und lachte leise auf, als sich Lisa heftiger wehrte.
„Derwood, könntest Du bitte meine Freundin loslassen?“ hörte Lisa erleichtert Richards wütende Stimme und wich sofort zurück, als sich Geoffreys Griff lockerte. Dankbar sah sie Richard an, der sichtlich wütend vor ihnen stand. „Entschuldige Richard, mir war nicht bewusste, dass sie mehr ist als Deine Begleitung. Meredith erwähnte, dass sie eine kleine Sekretärin aus eurer Firma sei, die das große Los gezogen hat, mal ein wenig von der großen weiten Welt kennen zu lernen.“ Richard zog Lisa an sich und verzog spöttisch den Mund. „Damit wäre sie ja genau Deine Kragenweite, wie ich annehme. Weiß Deine Frau eigentlich, dass Du noch immer eine Schwäche für schöne blonde Frauen hast?“ überlegte Richard weiter, dann schüttelte er den Kopf. „Na ja, wahrscheinlich hat sie es mittlerweile aufgegeben, sich darüber aufzuregen. Elizabeth war immer schon zu nachsichtig mit Dir.“ Kühl nickte er dem großen Mann zu und zog Lisa mit sich zum Wintergarten. „Kann man Dich nicht 5 Minuten alleine lassen“, pfauchte er sie an und schüttelte sichtbar genervt den Kopf. „Den größten Schleimer von allen sucht sie sich aus. Mensch, Lisa. Da gibt es so nette Männer auf diesem Ball und nein, sie lässt sich von diesem Ekel anbaggern.“ Dankend nahm er zwei Gläser Champagner von einem der vielen Bediensteten entgegen und drückte Lisa eines davon in die Hand. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, sah er sie forschen an. „Wieder alles o.k.? Er hat Dich verdammt fest gehalten.“ Nur langsam fand Lisa ihre Sprache wieder. Zuerst dieser Widerling, dann Richards Vorhalte setzten ihr ganz schön zu. „Alles in Ordnung“, murmelte sie, leerte ihr Glas und griff nach einem weiteren. Müde ließ sie sich auf eine der Rattanbänke nieder und lehnte sich an Richard, der sich zu ihr setzte. „Du hast Dich ziemlich über das Treffen mit Deinen Freunden gefreut. Also ist es ja hier doch nicht so schlimm, wie Du es erwartet hast“, lenkte sie Richard von dem Tanzfiasko ab und lächelte, als er heftig nickte.
„Wir haben schon noch Kontakt miteinander, meistens per E-Mail, aber sie mal in dieser geballten Ladung zu sehen ist toll. Auch wenn einige wenige aus der Clique fehlen, aber man kann nicht alles haben.“ Er winkte einem Paar zu, das langsam den Saal verließ. Zu Lisas Erstaunen war es schon weit nach Mitternacht und die ersten Gäste verabschiedeten sich bereits. „Um diese Jahreszeit gibt es wahnsinnig viele Events. Die älteren Herren und Damen müssen mit ihren Kräften haushalten und Jacob bring Iris nach Hause. Sie ist im 4 Monat schwanger und er ist ein bisschen besorgt, dass sie sich zu viel zumutet.“ Das kleine Orchester spielte noch immer langsame Stücke und Richard verbeugte sich vor Lisa. „Darf ich um diesen Tanz bitten?“ Sie harmonierten gut und Lisa genoss es, mit Richard zu tanzen. Er hielt sie fest in seinen Armen und Lisa stellte fest, dass er ein ausgesprochen guter Tänzer war. Beim zweiten Lied legte sie den Kopf an seine Halsbeuge und seufzte leise. „Was denn?“ wollte Richard wissen und streichelte ihren Nacken. „Nichts ist einfach nur schön“, murmelte Lisa, dann hob sie den Kopf. „Sag mal, Richard. Dieser Geoffrey ... hat der auch zu Eurer Clique gehört?“ Sein langes Schweigen verriet, dass er sich die Antwort genau überlegte, dann nickte er.
„Ja, eine Zeit lang zumindest. Er ist Helens ganzer Stolz, aber Mutterliebe ist anscheinend was ganz besonderes“, sinnierte er weiter. „Sie sind vor einigen Jahren noch einem zu sehr viel Geld gekommen und haben so versucht ihren Besitz zu retten, aber der alte Derwood hat alles verspielt und sich dann umgebracht. Sie mussten viel von ihrem Besitz verkaufen und das hat Geoffrey den Rest gegeben. Die höhere Gesellschaft in England ist relativ gnadenlos. Man verliert schnell an Achtung, wenn es Probleme gibt. Jonathan hat erzählt, dass Geoffrey jetzt für eine Bank tätig ist, im mittleren Management und vor allem mit seinem Namen auf Kundenfang geht. Na ja, irgendwie ist das späte Gerechtigkeit.“ Als Lisa ihn erstaunt ansah, zuckte er die Schultern und küsste sie sanft auf die Stirn. „Eine sehr alte Geschichte, irgendwann erzähle ich sie Dir vielleicht“, meint er leise und zog sie nun enger an sich. Sie tanzten noch eine ganze Weile, doch als die Musik wieder schneller wurde, verweigerte Lisa und zog Richard mit sich in den Wintergarten. „Hast Du früher viel Zeit hier verbracht?“ wollt sie wissen und sah in den Garten, der mit Fackeln beleuchtet war. „Als Jugendlicher ja, später ... also während des Studiums eher nicht. David war immer Merediths Liebling und ich war ja damals nur der Sohn des Geschäftspartners.“ Seine Stimme klang bitter und veranlasste Lisa, ihn kurz über die Wange zu streichen.
„Komm mit, ich muss Dir was zeigen“, raunte Richard ihr zu und zog Lisa in den Garten hinaus. Galant legte er ihr sein Jackett um die Schultern und griff nach ihrer Hand. Im hinteren Teil des Gartens befand sich ein kleiner japanischer Garten, der zu Lisas Freude ebenfalls erleuchtet war. „Das war Torstens ganzer Stolz. Er liebte dieses Fleckchen Erde“, erzählte Richard und deutete auf eine kleine Holzbrücke, die zu einem winzigen Teehaus führte. „Als Kinder durften wir da drinnen spielen. War echt geil“, erzählte er und strahlte bei der Erinnerung. Vorsichtig gingen sie über die Brücke und sahen sich in dem extrem engen Teehaus um. „War nie dafür gedacht, hier wirklich Tee-Zeremonien abzuhalten, aber Torsten war ein ziemlicher Romantiker.“ Lisa lachte und sah sich um. „Also mir gefällt es. Es ist wunderbar ... so freundlich und es strahlt eine wahnsinnige Ruhe aus.“ Sie schubste Richard, der die Augen verdrehte und sie spöttisch ansah. „Ja o.k., ich bin manchmal ein wenig romantisch ... das ist ja nicht strafbar“, nuschelte sie.
Der ganze Champagner machte ihr im Moment schwer zu schaffen und so war sie froh, als Richard sie an sich zog. „Das hab ich schon mitbekommen, Kleines“, neckte er sie und strich ihr eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du hast verdammt viele Seiten, das ist faszinierend“, raunte er ihr zu und fuhr mit dem Zeigefinger langsam die Konturen ihrer Wangen nach. Sanft küsste er ihre Lippen und stupste leicht mit der Zunge dagegen. Wie schon am Nachmittag vertiefte sich der Kuss schnell und wurde leidenschaftlich und fordernd. Lisa spürte, wie Richards Hände sanft über ihren Rücken glitten und sie dazu brachten, leise aufzustöhnen. „Willst Du hier schlafen oder fahren wir ins Hotel zurück?“ Sanft küsste er Lisas Hals und streichelte ihre Taille. Lisa errötete hielt aber seinem Blick stand. „Wir sollten ins Hotel zurückfahren. Wir haben morgen noch einiges vor und müssen ja noch packen“, antwortete sie ausweichend. „Das hab ich jetzt nicht meint“, murmelte er an ihrem Mund, bevor er diesen mit einem fordernden Kuss verschloss. ‚Ich auch nicht’, wurde ihr siedend heiß bewusst. Sie schluckte hart, doch dann lächelte sie ihn zärtlich an und schickte ihre Hände nun ebenfalls auf Wanderschaft um Richards Oberkörper erforschten.
Auch in Berlin neigte sich der Charity-Abend langsam dem Ende zu. Mariella hatte David zu einem Abschlusstrunk überredet, den er gemeinsam mit ihr und Lars nehmen sollte. Lächelnd war sie zur Bar entschwunden und hatte die beiden Männer alleine gelassen. Wie so oft an diesem Abend prüfte David, ob Nachrichten gekommen waren, doch diesmal warf er das Handy genervt auf den Tisch. Lars schaffte es gerade noch es aufzufangen bevor es auf den Boden schlitterte. „Hey, was hat Dir denn das Handy getan. Hat sich Deine neue Flamme nicht gemeldet oder was?“ grinste er David an, verstummte aber, als er Davids genervten Gesichtsausdruck sah. „David? Was ist denn?“ Dieser schüttelte nur den Kopf, dann sah er Lars nachdenklich an. „Ich hab Lisa gebeten mich anzurufen, es sieht ihr überhaupt nicht ähnlich, sich nicht zu melden. Hoffentlich ist nichts passiert“, sprudelte es aus ihm heraus. Nachdenklich nahm er Lars das Handy aus der Hand und drehte es nervös zwischen den Fingern.
„Lisa? Was ist mit Lisa?“ wollte Mariella wissen, die soeben an den Tisch kam. Sie reichte David und Lars ihre Gläser und hob ihr Champagnerglas, um ihnen zuzuprosten. „Lisa wollte anrufen, und es sieht ihr nicht ähnlich, dass sie es nicht getan hat“, meinte David genervt, hob sein Glas und leerte den Whiskey mit einem Zug. Mariella zuckte zurück und sah ihren Ex-Verlobten forschend an. Ganz langsam kam der Funke der Erkenntnis und ihr wurde heiß. Konnte es wirklich sein, dass da mehr zwischen den beiden war als nur ein Arbeitsverhältnis? Gut, Lisa und David waren ein tolles Arbeitsgespann und Mariella hatte mehr als einmal mitbekommen, wie gut sich die beiden auch in anderen Dingen verstanden. Und ganz tief in ihrem Inneren war sie sogar manchmal auf die kleine graue Maus eifersüchtig gewesen, der David so viele Dinge so selbstverständlich anvertraute, die er ihr selbst nie erzählte. Sie schluckte heftig. „Ähm ja, also Lisa hat angerufen. Aber das ist schon mehrere Stunden her“, begann sie leise und zuckte zurück, als David aufsprang.
„Sie hat angerufen? Wann? Wieso sagst Du denn nichts?“ Nur mit Mühe konnte er sich beherrschen. Ihm war es egal, dass es wohl komisch aussah, dass er wegen des Anrufs seiner Assistentin so einen Aufstand machte, aber auf einmal hatte er ein ganz ungutes Gefühl im Bauch. „Na Du warst beschäftigt und da hab ich kurz mit Lisa geplaudert. Sie hat gemeint, dass es absolut nicht wichtig wäre und sie sich morgen wieder bei Dir meldet. Ich wollte Dir das erzählen, aber Lars hat mit zum Tanzen aufgefordert. Da hab ich es vergessen.“ Den Zusatz, dass sie es auch nicht als so wichtig erachtete sparte sie sich angesichts des wütenden Gesichts ihres Ex. „Wann hat sie angerufen?“ erkundigte sich David obwohl er die Antwort bereits wusste. „Wie Du mit Marcella getanzt hast, dann wollte ich Dir das Handy doch bringen, aber Du warst gerade mit ihr Richtung Ausgang unterwegs. Lisa hat gemeint, dass ich mir keine Mühe machen soll.“ Mariellas Stimme war immer leiser geworden, als ihr dämmerte, wie die Situation für Lisa ausgesehen haben musste. „David, es tut mir leid. Ich hab mir nichts dabei gedacht.“ Bittend sah sie ihn an und griff nach seiner Hand.
„Sie wird mir nie wieder etwas glauben“, flüsterte David und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. „Sie muss doch glauben, dass ich nur mit ihren Gefühlen spiele“, fuhr er gequält fort und sah Mariella missmutig an. „Sollte es ein Schicksal geben, dann hat es sich anscheinend vorgenommen, mich von Lisa fern zu halten. Aber eines sag ich Dir, das lass ich nicht zu. Da hab ich auch noch ein Wörtchen mitzureden.“ Er starrte eine Weile vor sich hin, dann hob er den Blick und sah in Mariellas dunkle Augen, die besorgt auf ihm ruhten. „Wir sollten jetzt heim fahren. Kommst Du heute Nachmittag zum Kaffee? Dann könnten wir ihn Ruhe reden“, schlug sie vor und sah ihn bittend an. „Ja sicher, ich komme gerne .... muss dann aber so gegen 18 Uhr weg.“ Völlig in Gedanken stand er auf, winke Mariella und Lars zu und verließ den Ballsaal mit großen Schritten. Lars sah ihm verwirrt nach. „Hab ich was nicht mitbekommen?“ erkundigte er sich und sah Mariella mit großen Augen an. „Kann sein mein Schatz, aber genau das werden wir heute Nachmittag ergründen.“