Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Kapitel 14
 

Kapitel 14

 

Richard klopfte kurz, dann öffnete er die Türe und ließ Lisa eintreten. Er stand dicht hinter ihr und fasste sie instinktiv um die Taille. Tante Meredith saß in einem der riesigen Ohrensessel und schaute erwartungsvoll zur Türe, während eine zweite Frau beim Fenster stand und ununterbrochen redete. „Endlich! Was habt ihr denn bitte da oben so lange getrieben? Bekommt wohl nie genug?“ begrüßte Meredith die beiden und erhob sich elegant aus dem Sessel. Lisa warf Richard einen erstaunten Seitenblick zu und errötete heftig, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Frau widmete, die ihnen entgegenkam.

 

Meredith Seidel war eine ausgesprochen elegante Erscheinung. Etwa so groß wie Lisa, schlank und äußerst attraktiv. Lisa schätzte sie auf maximal 60, aber Meredith musste den Erzählungen nach deutlich älter sein. Ihr Haar war eindeutig gefärbt, aber es passte zu ihr. Erst als sie ganz nahe vor Lisa stand, konnte man die Fältchen entdecken, die ihr Gesicht überzogen. „Hallo meine Liebe. Sie müssen Lisa sein. Schön, dass Sie hier sind.“ Liebevoll küsste sie Lisa auf die Wangen und hielt ihre Hände. Dann drehte sie sich zu Richard um und musterte ihn. „Schön, dass Du Nichtsnutz es mal wieder der Mühe wert findest, hier zu erscheinen. Siehst gut aus, wirklich gut. Ein Bild von einem Mann – nicht wahr?“ wandte sie sich an Lisa, die Meredith völlig perplex ansah. „Ähm ja, schon“, stotterte sie und atmete tief durch, als sie Richards funkelnde Augen sah. Richard hatte sich von Lisa gelöst und seine Tante umarmt. „Du sieht für Deine Verhältnisse aber auch toll aus und was wir da oben getrieben haben geht Dich überhaupt nichts an“, entgegnete er und blinzelte Meredith zu. Diese kniff kurz die Augen zusammen, dann lachte sie schallend. „Dein Charme ist nach wie vor umwerfend, mein Junge“, konterte sie und bat die beiden endgültig in den Salon.

 

„Lisa, darf ich Ihnen Helen vorstellen. Eine uralte Freundin, die vorübergehend hier wohnt. Richard ihr beiden kennt Euch ja.“ Richards Gesicht verschloss sich zunehmend, als er Helen zunickte. Lisa begrüßte sie freundlich, zuckte jedoch zurück, als sie den kalten Blick sah, mit dem diese Frau Richard musterte. „Sherry? Whiskey? Kirschlikör? Was wollt ihr trinken?” kam es nun von Tante Meredith, die sich der Bar zuwandte. Lisa lehnte dankend ab und bat um ein Mineralwasser, während Richard sich für Whiskey entschied.

 

Lisa entschuldigte sich und holte das mitgebrachte Gastgeschenk, das sie im Eingangsbereich hatte liegen lassen. „Ich ... also wir wollten uns für Ihre Gastfreundschaft bedanken“, meinte sie leise und überreichte der sichtlich überraschten Tante die Schmuckschatulle. „Das ist äußerst reizend“, bedankte sich Meredith und öffnete das Kästchen. „Süß, da passen ja sicher einige meiner Klunker ganz gut rein. Danke mein Kind. Ich nehme an, dass das ihre Idee war. Meine Neffen sind da weniger sensibel“, meinte sie und deutete auf Richard, der der Szene nur mit erhobener Augenbraue folgte. „Nun ja, wir haben sie gemeinsam ausgesucht“, erklärte Lisa und sah Hilfe suchend zu Richard, der weiterhin in der Nähe der Türe stand. „Ich hoffe, dass wir Ihnen mit heute Abend nicht zu viel Mühe bereiten, aber Herr Seidel hat so darauf gedrängt. Das ist mir ... also so viel Aufwand nur für uns“, stotterte Lisa und errötete ein wenig, als Meredith die Augenbraue hochzog. „Bilden Sie sich nichts ein mein Liebe, ich habe um diese Zeit immer Gäste, aber auf Friedrichs Bitte hin, habe ich den ‚Frühlings-Ball’ halt auf dieses Wochenende gelegt“, erklärte Meredith und sah zur Türe, die gerade geöffnet wurde. „Das Dinner ist angerichtet“, kam es laut und vernehmlich von James, der sich kurz verbeugte.

 

Alleine diese Szene reizte Lisa zum Lachen, aber sie beherrschte sich eisern um nicht noch einen Fettnapf zu finden. Meredith hakte Lisa unter und zog sie mit sich ins Esszimmer. „Und mein Kind, was haben Sie sich denn alles angesehen in den letzten Tagen? Ich hoffe, Sie hatten zumindest ein wenig Zeit sich umzusehen?“ Lisa war sich nicht ganz sicher, wie sie diese Frage interpretieren sollte, entschloss sich jedoch, einen kurzen ‚Reisebericht’ abzuliefern. Es war ein typisches englische Abendessen mit Lamm und Gemüse und schon bald war Lisa pappsatt. Richard mischte sich nur selten ins Gespräch ein und hörte – so wie Helen – amüsiert zu. Meredith schien zufrieden mit Lisas Bericht, dann wendete sie sich Richard zu. „Sie hat sich einen guten Fremdenführer ausgesucht, hast ja lange genug die Stadt erkundet“, meinte sie und prostete ihm zu. Richard nickte nur und suchte Lisas Blick, ihr Lächeln ließ ihn zwinkern und er war sichtlich für einige Sekunden abgelenkt. „Weißt Du, da ist was, dass ich überhaupt nicht verstehe“, meinte Meredith ein wenig verwirrt und ließ – wie schon einige Male zuvor – den Blick über Lisa schweifen. „David hat Lisa schon einige Male Lisa bei unseren Telefonaten bzw. bei seinem letzten Besuch erwähnt. Ich hatte gehofft sie kennen zu lernen, da er ja große Stücke auf sie zu halten scheint, aber er hat mir nur erklärt, dass sie eine Büromaus ist und nicht geeignet für das große schillernde Modeparkett .... aber sie sind doch Lisa, Davids Assistentin?“ fragte Meredith nun direkt und sah von Lisa zu Richard. Lisa schluckte und schlug errötend die Augen nieder.

 

Diesmal war es Richard, der antwortete und Lisa aus ihrer Verlegenheit befreite. „Lisa hat sich bis vor kurzem ein wenig unvorteilhaft gekleidet und es geschafft und glauben zu lassen, dass sie eine graue Maus ist. Aber Vater hat das mit Kennerblick wohl gemerkt und eine kleine Typkorrektur angeregt.“ Völlig baff sah Lisa Richard an und musste diese sehr liebevolle Umschreibung erst verdauen. „Ach so, und ich dachte schon, David braucht einen Blindenhund“, stellte Meredith fest. Dann sah sie Lisa an, deren Wangen noch immer glühten. Es entstand eine kurze Pause und Lisa wurde zunehmend unruhig. Meredith rutschte ein wenig an sie heran und zwinkerte ihr zu. „Was ich noch wissen wollte – David schwärmt ziemlich von ihnen und Richard sieht sie ziemlich liebevoll an ... haben Sie sich schon von einen der beiden entschieden?“ Lisas Röte vertiefte sich und sie schluckte hart. „Frau Seidel, ich kann ihnen nicht ganz folgen“, stotterte Lisa und sah fast panisch zu Richard. „Meredith, das genügt“, fuhr Richard seine Tante an, erntete jedoch nur ein leises Lachen. „Also Kindchen, ich bin vielleicht schon alt, aber nicht senil. Sie werden mir doch nicht erzählen, dass sie den da von der Bettkante stoßen würden.“ „Meredith, hör auf. Lisa und ich sind nur Freunde“, presste Richard hervor und sein Gesichtsausdruck machte klar, dass er das Thema für beendet hielt. Lisas Röte war noch intensiver geworden und sie schüttelte unwillig den Kopf.

 

„Mein Gott, jetzt habt Euch nicht so, ist doch ganz natürlich, dass zwei Menschen miteinander Spaß haben“, kam es ein wenig verständnislos von Meredith, die sich wieder ganz Lisa zugewandt hatte. „Wen auch immer sie sich aussuchen, achten sie darauf, dass er Kondome verwendet ... also bei dem Lebenswandel meiner Neffen ... ein bisschen Spaß muss ja nicht mit der einen oder anderen Krankheit belohnt werden“, dozierte sie weiter und drückte liebevoll Lisas Hand. „Meredith ... es reicht”, donnerte Richard los und Lisa hob erschrocken den Kopf. Sein Gesicht war nun ebenfalls gerötet und sein verschlossener Gesichtsausdruck machte klar, dass er gleicht explodieren würde. Lisa schluckte hart, legte aber ihre Hand beruhigend auf seine. „Wie kommst Du dazu Lisa so in Verlegenheit zu bringen? Und selbst wenn ... wir sind erwachsene Menschen, wir wissen schon, was wir tun“, fuhr Richard fort und verdrehte die Augen.

 

Lisa zuckte zusammen, als sie Helens gehässiges Lachen hörte. Diese war der Unterhaltung bisher schweigend gefolgt, schüttelte jetzt aber den Kopf. „Ein guter Rat Herzchen, Männer wie Richard sind es nicht Wert, dass man sich das Leben ruiniert“, meinte sie leise und sorgte dafür, dass es mit einem Schlag absolut still wurde. Langsam drehte Richard sich zu Helen um und Lisa spürte, wie sich seine Hand um ihre verkrampfte. „Halt Dich ja raus, noch einmal mach ich das nicht mit“, fuhr er Helen an und zog Lisa aus dem Sessel. „Ich nehme an, dass es reicht, wenn wir um 21 Uhr wieder erscheinen?“ stellte er fest und zog Lisa eng an sich. „Wir gehen jetzt nach oben und erholen uns ein wenig von Euch Giftspritzen ... und ich hoffe sehr für Euch beide, dass ihr uns dann solche Gespräche erspart. Wir können nichts dafür, dass Eure Leben – so wie es aussieht – nicht zufriedenstellend verlaufen und wir werden uns ganz sicher nicht die gute Laune davon verderben lassen, dass zwei alte ... ähm ... Ladys nichts mehr besseres zu tun haben, als das Leben der anderen mitzuleben und es höchst unqualifiziert zu beurteilen.“

 

Lisa folgte ihm die Treppen hinauf und fürchtete, dass er völlig ausrasten würde. So wütend hatte sie Richard noch nie gesehen und wusste im ersten Moment nicht, was sie tun sollte. Instinktiv umarmte sie ihn und bettete ihren Kopf in seine Halsbeuge. „Wow, die beiden alten Damen haben aber Haare auf den Zähnen“, nuschelte sie und versuchte ein Lachen. „Hm, ja und der Rasierschaum dürfte alle sein ... Lisa entschuldige. Ich weiß ja, dass sie heftig sein kann, aber in Kombination mit Helen ist sie mehr als ungut.“ Er hob ihr Kinn ein wenig an und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. „Ich muss mich wohl für diesen Teil der Familie entschuldigen. Friedrich wird ihr die Hölle heiß machen, wenn er erfährt, wie sehr sie Dich in Verlegenheit gebracht hat“ Lisa sah ihn forschend an, dann schüttelte sie den Kopf. „Also eigentlich haben sich die beiden Ladys auf Dich eingeschossen ... und das ziemlich heftig“, stellte Lisa fest und streichelte seine Wange. „Willst Du noch zu dem Happening, oder gehen wir?“ fragte Lisa leise und spürte, dass Richards Hände langsam über ihren Rücken strichen. „Kneifen? Niemals ... diesen Gefallen werden wir Ihnen nicht tun.“

 

Ihre Blicke trafen sich und Lisa schluckte hart, als sie das Glitzern in seinen Augen sah. „Ich hab wahnsinnige Lust Dich zu küssen“, murmelte er plötzlich und senkte ganz langsam seinen Mund auf ihre Lippen um Lisa die Gelegenheit zu geben auszuweichen. Sie kam ihm jedoch entgegen und genoss das Gefühl, das sich in ihr breit machte. Entgegen seinem bitterbösen Gesichtsausdruck war der Kuss sanft und zärtlich und es dauerte lange, bis Richards Zunge zögernd um Einlass in ihren Mund bat. Der Kuss vertiefte sich und sie genossen das Spiel ihrer Zungen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich lösten und diesmal war es Richard, der sich verlegen räusperte. „Tut mir leid, ich wollte Dich nicht überrumpeln, aber ... es fühlt sich einfach gut an ... also, na ja ... ich gehe dann mal unter die Dusche. Wir haben noch ein bisschen Zeit, aber nicht mehr allzu viel“, murmelte er und verschwand ohne ein weiteres Wort im Badezimmer.

 

Lisa setzte sich auf das große Bett und schüttelte benommen den Kopf. ‚Wo zum Teufel bin ich denn hier gelandet?’ fragte sie sich zum wiederholten Male und ließ sich einfach zurückfallen. Sie versuchte, aus dem Gespräch während des Dinners schlau zu werden, aber ihr wurde schnell klar, dass der Anlass dafür wohl in Richards Vergangenheit zu suchen war. Helen war eindeutig ein rotes Tuch für ihn, so wie er für sie. Sie schüttelte die Gedanken ab und holte ihr Handy. David würde wohl schon auf dem Charity-Event sein, aber er hatte ja gesagt, dass sie ihn jederzeit anrufen konnte. Plötzlich hatte sie enorme Sehnsucht nach ihm und fuhr sich über die leicht geschwollenen Lippen. ‚Lisa Plenske, was zum Teufel tust Du da? Du sehnst Dich nach dem einen und küsst den anderen – das sieht Dir überhaupt nicht ähnlich’, schimpfte sie mit sich selbst und wählte Davids Nummer.

 

 

Der Charity-Event war bereits im vollen Gange und Mariella sah sich zufrieden um. David versprühte nach anfänglicher Zurückhaltung wieder gute Laune und schäkerte mit ziemlich jeder Frau zwischen 18 und 88. Am Weg zur Gala hatte er nur nachdenklich aus dem Fenster gestarrt und nur mit Verzögerung auf ihre Fragen reagiert. Liebevoll hatte sie ihn geneckt, wo er denn bitte mit seinen Gedanken sei, aber nur eine sehr schräge Antwort bekommen. „So ca. 900 km weit weg, warum?“ hatte er gemeint und sich mit einem leichten Lächeln zu ihr gedreht. Ihren erstaunen Blick hatte er ignoriert und nur den Kopf geschüttelt. „Mach Dir keine Sorgen, mir ist heute nur etwas klar geworden und ich versuche gerade, damit klar zu kommen“, hatte er noch hinzugefügt und sie leicht auf die Wange geküsst.

 

Dieser verträumte Zustand hatte noch eine ganze Weile angehalten, aber je länger die Gala dauerte, desto mehr taute David auf. Schließlich war er als Vertreter von Kerima hier und nahm seine Aufgabe ernster als sonst. Mariella seufzte auf, als sie sah, wer sich David nun mit einem besitzergreifenden Lächeln näherte. „Nö, das muss jetzt aber nicht sein“, murmelte sie vor sich hin und sah erschrocken auf, als Lars mit den Fingern vor ihren Augen schnippte. „Kannst Du mir bitte sagen, wovon Du redest?“ wollte er wissen uns folgte ihrem Blick. David umarmte gerade eine wunderschöne Frau und anscheinend schien das Mariella zu stören. „Muss ich das verstehen?“ fragt er nach und sah seine Freundin verwundert an. „Das ist Marcella, eine von Davids öfters wiederkehrenden Bettgefährtinnen. Sie ist ziemlich unverschämt und ... na ja, was soll’s. Jetzt darf er ja“, gab sie ein wenig unwirsch zur Antwort. „Er hatte was mir ihr, während ihr zusammen ward?“ Mariella nickte nur und seufzte leicht. „Sie ist so eine .... ich weiß nicht, ich kann sie einfach nicht ausstehen“, zischte sie und griff automatisch nach Davids Handy, das er am Tisch liegen gelassen hatte. Sie strahlte auf und hob ab. „Hey Lisa! Schön, dass Du anrufst. Geht es Dir ... also Euch gut? Was treibst Du denn gerade?“

 

Erstaunt lauschte Lisa Mariellas Stimme und lachte leise auf. „Hallo Mariella, bei Euch geht es ja schon ganz schön ab. Uns geht es ganz gut. Dein Bruder ist halbwegs erträglich und die erste Begegnung mit Tante Meredith hab ich überlebt“, berichtete Lisa und machte es sich am Bett bequem. Eine Weile plauderten die beiden Frauen, bis Lisa zum eigentlichen Grund ihres Anrufs kam. „Du Mariella, ich muss mich dann fertig machen für den Ball. David hat mir eine Nachricht hinterlassen und gebeten, dass ich mich melde. Auch wenn die Gala schon laufen sollte ... und voila, hier bin ich“, scherzte sie. Mariella sah sich suchend um und entdeckte David in engster Umarmung mit Marcella. Ihre Hände waren eindeutig unter Davids Jacke gewandert und es sah so aus, als wären sie miteinander verschmolzen.

 

„Ähm Lisa, das ist jetzt ein bisschen ungünstig. David ist beschäftigt und es sieht nicht so aus, als ob ich ihn stören sollte. Außer es ist wirklich wichtig, dann trenne ich ihn gerne von seiner Tanzpartnerin.“ Lisa schluckte hart und schüttelte den Kopf. „Es ... nein, passt schon. Er amüsiert sich wohl gut?“ fragte sie leise und kniff die Augen zusammen. ‚Sag bitte, dass er nur seine Pflicht tut’, betete sie leise vor sich hin, wurde jedoch bitter enttäuscht. „Na ja, Marcella und er sind gerade dabei den Saal zu verlassen. Soll ich ihn zurückholen?“ „Nein, lass nur. So wichtig wird es wohl nicht sein, lass nur ... ich .... also ich melde mich dann morgen wieder. Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend“, stotterte Lisa und legte auf.

 

Mit leerem Blick starrte sie an die Decke und wischte sich einige Tränen von der Wange. ‚Was hast Du dumme Kuh denn gedacht, was er von Dir will?’ schimpfte sie mit sich selbst und schüttelte genervt den Kopf. ‚Marcella, wenn ich den Namen bloß höre. Diese eingebildete, arrogante Pute’, giftete Lisa weiter und atmete tief durch. Ihr Blick wurde immer trauriger, dann stand sie entschlossen auf und holte ihre kleine Tasche mit den notwendigen Utensilien. Schnell trocknete sie ihre Tränen und sah auf, als Richard aus dem Bad kam. Ein großes Badetuch um die Hüften geschlungen sah er verdammt sexy aus. Er hatte sich wohl abgetrocknet, aber kleine Wasserspuren liefen von seinen nassen Haare über seine Schultern. „Du bist dran. Tut echt gut, so eine heiße Dusche“, grinste er Lisa an und hielt kurz inne. „Was ist denn mit Dir los? Hast Du geweint?“ erkundigte er sich erschrocken und hob Lisa Kinn an. „Bin nur eine sentimentale Kuh“, versicherte Lisa und musterte ungeniert seinen Körper. „Wow, Du kannst Dich echt sehen lassen“, schnurrte sie und zog mit dem Finger eine der Wasserlinien auf Richard Oberkörper nach. „Hey, stopp! Wo ist Lisa bzw. wann kommt sie wieder?” fragte er verwirrt, während er ihre Hand umschloss.

 

Lisa sah ihn mit einem undefinierbaren Blick an. „Du meinst die schüchterne und zurückhaltende Büromaus, die schon bei einem intensiven Blick rot wird und am liebsten in ihr riesiges Mäuseloch abdampft?“ fragte sie kokett und verunsicherte Richard damit noch mehr. „Ja ... also Lisa, die Lisa, mit der ich bisher in London war“, stellte Richard richtig und trat einen Schritt zurück, um sie genauer zu mustern. „Die gibt es nicht mehr, sie hat begriffen, dass sie das reale Leben bisher verweigert hat und sich nur in ihrer ‚Heilen-Welt-Fantasie’ gelebt hat. Das wird jetzt anders, ganz anders“, meinte Lisa fest und zog ihre Hand aus der seinen. „Ich geh jetzt mal duschen, bis gleich“, lächelte sie ihn an und zuckte erschrocken zusammen, als Richard sie an der Schulter festhielt. „Mach Dir nichts vor Kleines, so etwas kann man nicht von einer Sekunde zur nächsten ändern, das dauert eine Weile.“ Ernst sah sie ihn an, dann nickte sie. „Ich weiß Richard, aber irgendwann muss frau damit anfangen und jetzt ist dafür ein sehr guter Zeitpunkt.“ Mit diesen Worten verschwand sie im Badezimmer und ließ einen äußerst verwirrten Richard zurück.

 

‚Was zum Teufel ist denn jetzt los?’ überlegte er geschockt und ließ sich auf das Bett nieder. Er legte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Dieser Abend bei Meredith entwickelte sich um einiges schlimmer, als er es befürchtet hatte. Nicht nur, das die erste Person, die ihm über den Weg gelaufen war Lady Helen Derwood war, eine Frau die er nie wieder hatte sehen wollen, war ihm beim Duschen bewusst geworden, dass der Abend noch viel schlimmer werden konnte, viel viel schlimmer. ‚Warum zum Teufel hab ich nicht einfach auf mein Gefühl gehört und das ganze rechtzeitig abgesagt’, grummelte er in sich hinein und presste die Lippen aufeinander.

 

 

„Man ist diese Frau anstrengend.“ Genervt ließ sich David neben Lars nieder und schenkte sich ein Glas Champagner ein. „Wer? Diese rassige Schönheit, die Dich auf der Tanzfläche flach legen wollte?“ Lars sah ihn interessiert an und achtete darauf, dass Mariella ihn nicht hörte, die zwei Tische weiter mit einigen Bekannten plauderte. „Rassig und wunderschön, aber sie versteht das Wort ‚Nein’ nicht. Ist ein bisschen schwierig zu erklären, aber zumindest hat sie es ganz zum Schluss doch noch geschnallt.“ David war froh, Marcella klar gemacht zu haben, dass er heute nicht interessiert war und grinste stolz vor sich hin. „Und warum willst Du sie nicht?“ fragte Lars interessiert nach. Er war wohl bis über beide Ohren in Mariella verliebt, aber dies trübte seinen Blick für schöne Frauen nicht im mindesten.

 

Verlegen spielte David mit dem Handy und schüttelte nur den Kopf. „Einfach keine Lust, ich brauche mal eine Pause“, grinste er Lars an und hob die Augenbrauen. „Hast Dir wohl in letzter Zeit zu viel zugemutete“, grinste dieser zurück und sah zu Mariella, die langsam auf ihn zukam. David checkte schnell, ob er eine Nachricht bekommen hatte. Enttäuscht legte er das Handy weg und wandte sich Mariella zu, die ihn erstaunt ansah. Noch bevor sie etwas sagen konnte stand Lars auf und verbeugte sich formvollendet. „Komm schon, meine Schöne. Zeit um zu tanzen“, flüsterte er ihr zu und zog sie auf die Tanzfläche. Ein wenig neidisch sah David den beiden Verliebten nach, dann ließ er den Blick über die anwesenden Gäste schweifen. Er entdeckte einen alten Studienkollegen mit seiner Frau im Gewühl. ‚Sie ruft sicher noch an’, beruhigte er sich, schnappte das Handy und machte sich auf den Weg, um wieder mal über alte Zeiten zu quatschen.

 
 
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