Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Kapitel 054
 

KAPITEL 54  Zwei Omas braucht das Kind

 

Es war kurz vor halb acht, als Lisa bei Laura und Friedrich ankam. Das war ein langer Tag gewesen, aber er hatte sich definitiv gelohnt. Ihre Gedanken waren bei Mariella und David – würde es gut gehen? – sie hoffte es so für die beiden.

Lisa stieg die Stufen zur Haustür empor und streckte die Hand nach der Türklingel aus. Die Sehnsucht nach Richard überfiel sie aus dem Nichts. Der Tag war so vollgestopft gewesen, dass sie kaum Zeit zum Luftholen gehabt hatte. Sie zog ihre Hand zurück, kehrte zum Auto um und zog ihr Handy heraus.

„Hey“, kam seine Stimme ihr zärtlich aus der Leitung entgegen „hab schon gehofft, dass Du Dich meldest.“

Lisa ließ sich mit dem Rücken gegen ihr Auto sinken „Selber Hey – ich vermiss Dich so.“

Es war einen Augenblick still, dann sagte er leise „soll ich kommen? Ich fahr sofort los!“

„Untersteh Dich!“ Lisa grinste „bin Dir schon wieder auf den Leim gegangen oder?“

„Nein Liebes – ein Wort von Dir und ich setz mich ins Auto.“

„Ich fahre Morgen wieder heim – versprochen. Spätestens zum Abend bin ich wieder da.“

Er räusperte sich „Und - mit Majella alles in Ordnung?“

„Ich denke schon – ich hoffe, sie ruft mich Morgen an... Richie – die sind alle so dämlich mit ihr umgegangen! Haben sie in Watte gepackt, sie fast für unmündig erklärt... Unglaublich!“

„Und Du hast ihr den Rücken gestärkt?“

„Ich denke... Jetzt ist grad David bei ihr...“

Er lachte „Muss ich Mitleid mit Brüderchen haben?“

Sie stimmte in sein Lachen ein „Ein bisschen...“ Lisa sah, dass Licht im Flur des Hauses gemacht wurde „Ich glaube, Laura fragt sich so langsam, was ich hier draußen, in der Kälte treibe..“

„Dann geh rein – grüß die beiden schön – und den Zwerg. Lisa?“

„Ja?“

„Ich vermisse Dich auch. Bis Morgen Liebes.“

„Bis Morgen.“ Sie legte auf und bemerkte Laura, die in der Tür lehnte und ihr entgegenlächelte.

Lisa lief ihr entgegen – doch Laura sagte nur „Langsam Lisa – lass Dir Zeit!“

Sie umarmten sich „Hab nur eben mit Richard gesprochen...“

„Du vermisst ihn?“

„Ja – und dabei bin ich erst seit heute Morgen weg!“

Laura legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie ins Haus. „Ich bin froh, dass es zwischen Euch beiden immer besser läuft. Ich glaube, ich habe Richard in vielem Unrecht getan...“

Lisa sah sie etwas erstaunt an und Laura drückte sie leicht „Mattias ist so voll von Geschichten über seinen Papa. Wenn ich nicht genau wüsste, dass er von Richard spricht, würde ich es nicht glauben.“

„Ja – die beiden kommen ganz wunderbar miteinander aus.“

Sie gelangten im Wohnzimmer an – es war leer. „Friedrich ist noch bei einem Geschäftsessen – kommt also später und Mattias ist schon im Bett und schläft – hoffe ich...“ – erklärte Laura ungefragt.

Sie nahmen Platz und Lisa nahm dankbar eine Glas Mineralwasser entgegen.

„Weißt Du Lisa – ich glaube, ich habe Richard nie wirklich gekannt... Er scheint viel menschlicher zu sein, als es bislang den Anschein hatte – während andere...“ Sie brach unvermittelt ab – unzweifelhaft in Gedanken bei Kim.

Lisa brachte das Gespräch wieder zurück „Ich glaube Richard hat zum ersten Mal das Gefühl wirklich eine Familie zu haben – aber glaub mir – er ist definitiv immer noch Richard!“

Die beiden Frauen prosteten sich zu.

Lisa versuchte das Gespräch auf neutraleren Boden zu bekommen „Mit Matty alles klar gegangen? Schläft er wirklich?“

„Oh ja – tief und fest!“ Laura reichte Lisa einen Stapel Karten „Hier – Freikarten für den Zoo. Das Zoopersonal war so begeistert von Deinem Sohn, dass sie ihm die geschenkt haben!“

„Was hat er getan?“ Lisa schwante nichts Gutes...

Laura lachte „Mit Deinem Jungen in den Zoo zu gehen, ist wirklich ein Erlebnis! Es ging bei den Elefanten los. Der Wärter rief – wer will sich mal von einem Elefanten hochnehmen lassen – und im nächsten Moment fliegt Mattias durch die Luft – mir blieb fast das Herz stehen! Und bleibt noch gleich eine halbe Stunde dort und lässt sich alles über Elefanten erklären.“

Lisa stöhnte auf „Oh nein! Das überlasse ich Richard, ihm zu erklären, wieso er keinen Dickhäuter haben darf!“

„Keine Sorge – es war fast bei jedem Gehege so. Bei den Rehen hat er mit den Pflegern so gefachsimpelt, dass die vollkommen verblüfft waren. Ja und dann das Kaninchengehege.... Flipper hier und Flipper da... Es war ... nicht mehr nachvollziehbar. Übrigens von den Pflegern sind auch die Freikarten! Er ist ein toller Junge! Er hat überall sofort Anschluss gefunden. Und Lisa? Ich hatte zum ersten Mal wieder etwas Spaß...“ In Lauras Augen glänzten Tränen.

Schon wieder dachte sie garantiert an ihre unselige Tochter – ablenken Lisa – sag was! Irgendwas...

 „Der Hosenanzug, den Du anhast, ist todschick!  Ich wünschte, ich würde ein bisschen so aussehen, wie Du...“

Laura ließ sich bereitwillig ablenken „Aber Lisa – ich wusste gar nicht, dass Du Dir Gedanken um Dein Aussehen machst.“

„Ach weißt Du – ich weiß immer nicht, was ich anziehen, was ich aussuchen soll. Zu gewagteren Sachen habe ich keinen Mut – altbackene Sachen mag ich nicht mehr...“

Laura stand plötzlich auf und reichte ihr die Hand „Komm mal mit!“

Zu Lisas Überraschung gingen sie in Lauras Schlafzimmer. Ein riesiger Kleiderschrank nahm eine komplette Seite des Raumes ein. Laura begann mit Schwung diverse Kleidungsstücke aus dem Schrank zu räumen und auf das Bett zu werfen „Alles Sachen, die mir eigentlich etwas zu eng sind – oder etwas zu jugendlich für mich... Dir müssten sie perfekt stehen!“

Und ehe Lisa es sich versah wurde sie von Laura in ein Kleid nach dem anderen gesteckt und war einige Zeit später stolze Besitzerin von einem guten Dutzend edelster Kleider, Hosen und Blusen.

„Komm – und jetzt zeig ich Dir noch, wie Du Dich dezent schminken kannst, ohne dass es Dich zu sehr verändert! Und Morgen gehen wir zusammen Einkaufen!“

Laura war so voller Elan, dass Lisa ihr diesen Wunsch unmöglich abschlagen konnte. Zumal Friedrich, der gegen zehn ankam und seine Frau liebevoll betrachtete, Lisa beiseite zog „Danke – Laura ist zum ersten Mal wieder etwas fröhlicher.“ Und lauter fügte er hinzu „Das ist wunderbar, dass ihr einkaufen geht – dann kann ich Mattias Morgen mit auf die Automesse nehmen – wenn  ich darf...“

Lisa kapitulierte lachend „Ok – Matty wird es freuen und ich lass mich gerne ein bisschen stylen... – aber zum Abend will ich wieder zuhause sein!“

Friedrich drängte ihr noch ein Glas Wein auf und Lisa hatte den Verdacht, dass beide ungemein froh waren, dass Jemand da war, mit dem sie reden konnten und sie so davon abhielt, zuviel über Kim zu grübeln.

 

Der nächste Tag wurde sogar recht vergnüglich. Friedrich zog mit einem sehr aufgeregten Mattias ab und Laura und Lisa rüsteten sich zum Einkaufen.

Kurz bevor sie loswollten, klingelte Lisas Handy „Lisa! Mariella hier!“

„Nun red schon – wie war es?“

„Es war... etwas ganz Besonderes... Zum einen weiß ich nun, dass ich David immer noch Befriedigung verschaffen kann – und zum anderen – auch für mich war es schön. Nicht zu vergleichen mit früher – aber besser als erwartet. Und es kann besser werden – ich bin da ganz optimistisch! Und David ...“ Ein kleiner Juchzer kam aus ihrer Kehle „er war... er ist ...“

„...einfach wunderbar...“ vervollständigte Lisa den Satz.

„Ja – ist er – und wie umgewandelt. So wie heute Morgen war er schon lange nicht mehr.... Lisa – Danke. Ganz doll danke für den symbolischen Tritt in meinen Hintern. Ich glaube, wir haben eine gute Basis geschaffen, auf der wir weitermachen können...“

Als Lisa auflegte, was ihr viel leichter ums Herz. Mit neuer Begeisterung stürzte sie sich mit Laura ins Verkaufsgetümmel der Boutiquen und Warenhäusern der gehobenen Klasse.

Lauras Geschmack war unfehlbar – aber sie ermutigte Lisa auch den ihren zu entwickeln. Und so füllte sich Tüte um Tüte, bis Laura sich stöhnend streckte. „Lisa – bitte – ich bin keine zwanzig mehr – könnten wir irgendwo was zu Mittag essen?“

Lisa bat etwas verlegen um Entschuldigung und sie aßen gut bürgerlich zu Mittag. Zwischendrin meldete sich Friedrich, um zu fragen, wo sie steckten. Er und Mattias gesellten sich nach ein paar Minuten  zu ihnen. „Hast Du Hunger Spatz?“ fragte Laura den Jungen.

Der nickte und kam zutraulich näher „Meinst Du, die haben hier den Kapitäns-Teller?“

„Den was?“

Lisa erklärte rasch „Fischstäbchen und Kartoffelecken.“

„Oh – da bin ich mir sicher.“ Sie winkte dem Ober.

Mattias zupfte inzwischen energisch an Lisas Ärmel – und als sie nicht gleich reagierte, wurde er energischer.

„Matty – was soll denn das?“ Ein Blick in das glühende Gesicht ihres Sohnes sagte ihr alles „Was ist passiert Schatz?“

Mattias blickte kurz zu Friedrich und dann zu Lisa „Onkel Friedrich hat gesagt, er wäre Papas Papa... aber ... aber dann ist er doch mein Opa oder?“

Oh je – wir kommen wir da wieder raus? Lisa sah zu Friedrich und dieser sagte ganz leise „Ich würde gerne sein Opa sein...“ Lisa musste es fast von seinen Lippen ablesen. Sie nickte.

Mattias wirbelte zu Friedrich herum „Du BIST mein Opa?“

„Ja – junger Mann – das bin ich.“

Mattias lachte, strahlend vor Begeisterung und rannte um den Tisch herum zu Laura „Bist Du dann meine Oma?“

Laura zog den Jungen an sich und suchte nun ihrerseits Lisas Blick. Kinderlogik – sie konnten ihm ja nun kaum erklären, dass Laura nicht mit ihm verwandt war... Lisa nickte erneut.

„Ja Schätzchen – ich bin Deine Oma – magst Du mich auch so nennen?“

Mattias drückte Laura kräftig „Jetzt hab ich auch zwei Omas – wie die anderen Kinder. Und einen Opa und einen Papa!“ Er legte den Kopf schief und lächelte Laura auf eine Art an, die Lisa sehr an ein anderes Lächeln erinnerte. „Kommst Du mich dann auch mal besuchen? Und darf ich Dich und Opa dann mal besuchen?“

„Da müssen wir Deine Eltern fragen, ob es ihnen recht ist.“

Laura zögerte kurz, dann zog sie Mattias zu sich auf den Schoß. Lisa befürchtete schon, dass er sich wehren würde – in der Öffentlichkeit allzu große Liebesbeweise fand er nicht so toll – aber er war zu gefangen in der Vorstellung nun noch mehr Verwandtschaft bekommen zu haben.

Lisa sah, dass Laura mit den Tränen kämpfte und musste selber schlucken.

Eine Stimme hinter Lisa unterbrach ihre Gedanken „Frau Plenske ... äh ich meine Lisa – Entschuldigung, Macht der Gewohnheit – kleiner Ausflug vom Landleben?“

Sophie... auch das noch. Doch ehe Lisa reagieren konnte, hopste Mattias von Lauras Schoß, lief zu Sophie und umklammerte ihr Bein. Sophie sah etwas entsetzt runter und begegnete einem vor Aufregung leuchtendem Kindergesicht. Zu ihrem weiteren Entsetzen, hob er ihr beide Arme entgegen.

Lisa wollte Sophie gerade vor der Aufdringlichkeit ihres Sohnes retten, als diese zu aller Überraschung – wohl einschließlich ihrer selbst – sich bückte und Mattias hochhob und ihn sich auf die Hüfte setzte.

„Nun junger Mann – auch in der Großstadt – ist Dein Vater auch mit?“

Matty schüttelte den Kopf „Der ist zuhause und Mama hat gesagt, er muss artig sein.“

Lisa merkte, dass ihr einmal mehr das Blut zu Kopfe stieg – Kindermund...

Sophie lachte „Und hat Richard das versprochen?“

„Ja hat er. Er hat gesagt, er weiß, wie die Mama es meint und er verspricht es.“

Lisa barg den Kopf in ihren Händen und wünschte sich ein Erdloch.

Doch Sophie lachte „Wenn Richard etwas verspricht, dann hält er es auch!“ Sie wandte sich – den Jungen noch auf dem Arm – den anderen zu „ich wollte nicht stören, nur Hallo sagen.“

Friedrich räusperte sich „Du störst nicht Sophie – willst Du Dich zu uns setzen?“

„Nein Danke...“

Mattias unterbrach aufgeregt „Er ist mein Opa – weißt Du – und sie“ er deutete auf Laura „ist meine Oma – und Du“ er schlang einen Arm um Sophies Hals „bist auch meine Oma! Ich hab jetzt zwei Omas!“ – er klang hochzufrieden.

„Na ja“, Sophie grinste ein bisschen „zwei Omas braucht das Kind!“ Sie setzte Mattias wieder ab, jedoch nicht ohne ihn noch einmal zu drücken. Drei Augenpaare registrierten dies ziemlich entgeistert.

Sie erhob sich und Mattias erklomm wieder den Sitz an Lisas Seite.

„Ihr ward Einkaufen?“ fragte Sophie mit einem Blick auf die vielen Tüten.

Lisa antwortete „Ja - Laura hat versucht mich ein bisschen zu beraten – und sie war so lieb, ihren Kleiderschrank für mich zu plündern. Vielleicht wird aus der Landpomeranze ja doch noch etwas.“

„Ach was – seitdem Sie... Du… Zahnspange und Kassengestell abgelegt hast, ist das Ergebnis schon ganz passabel.“

Sie nickte allen noch einmal zu und verabschiedete sich dann.

Laura klappte langsam ihren Mund langsam wieder zu „Wer war das?“

„Aber Oma -  das war Oma Sophie – die kennst Du doch!“

„Ja – natürlich Schätzchen...“ – doch Laura starrte ihr immer noch nach, dann sah sie Lisa an „das ist auch dein Verdienst, was Lisa? Du scheinst aus jedem Menschen das Beste heraus zu holen...“

Lisa wehrte mit einer Handbewegung ab.

„Doch, doch. Lisa – wenn es Richard und Dir Recht ist, würde ich gerne – und ich denke Friedrich auch – Kontakt mit Euch halten... und mit Matty.“

Lisa kämpfte schon wieder mit ihrer Rührung und nickte Laura und Friedrich nur umso beredter zu. 

Eine weitere Überraschung erwartete Lisa, als sie mit Laura und Friedrich noch einmal zu deren Haus fuhr, um ihre Sachen zu packen. Ein Sonderkurier wartete vor dem Haus und ließ sich den Empfang eines großen Paketes bestätigen. Ein Brief lag dabei „Nichts Großartiges – aber jeder Kleiderschrank verlangt mitunter eine Entrümpelung. Vielleicht gefällt Dir ja das eine oder andere Stück. Sophie.“

Und Lisa sah fassungslos auf wunderschöne Designerkleider, die sorgsam in Schutzhüllen verpackt die Kiste füllten. Diese von Brambergs – hatten doch mitunter eine seltsame Art ihre Zuneigung zu zeigen... Doch für Lisa war es, als hätte Sophie die Arme für sie geöffnet und sie in der Familie willkommen geheißen. Ihre kleine Familie wuchs und gedieh. Sie bedeutete dem Kurier zu warten und lieh sich einen Stift. „Ganz lieben Dank für die wunderschönen Sachen. Magst Du eventuell am zweiten  Weihnachtstag zum Mittag gegen eins kommen? Richard und ich würden uns freuen. Liebe Grüße – Lisa.“

Sie erweiterte die Einladung auch auf alle Seidels, packte ihre Sachen und ihr Kind in ihren Benz, verabschiedete sich lange und liebevoll von den beiden, packte ihr Kind wieder aus und einige seiner Sachen und kurbelte das Fenster noch einmal herunter „Matty – bist Du sicher, dass Du über Nacht hier bleiben möchtest?“ Er nickte energisch und Friedrich sagte „Wenn er zu sehr Heimweh hat, fahre ich ihn zu Dir – so weit ist das ja nicht.“ Er lächelte Lisa beruhigend zu und sie fuhr winkend davon.

 

 
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