Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Kapitel 025
 

KAPITEL 25 -  Die Wolken kommen näher

 

Der Brief kam am selben Tag mit der morgendlichen Post. Lisa stutzte schon, als sie den weißen Umschlag ohne Absender sah. Diesmal zog sie sich vorher Handschuhe an, setzte sich an den Küchentisch und öffnete dann erst das Blatt Papier.

 

Du hast den Teufel auch noch ins Haus gelassen –

Ist denn das noch zu fassen?

Es wird ein Nachspiel haben, Du wirst sehen,

unschöne Dinge werden gescheh´n!

Kerima ist nicht das Maß aller Dinge –

Und doch wird gewetzt die Klinge!

Dies ist eine Warnung – von mir an Dich

Weine nachher nicht bitterlich!

 

Lisa zitterte wie Espenlaub. Das war keine nette, besorgte Warnung – das war eine Drohung! Und seltsamer Weise fand Lisa, dass dadurch Richard eher entlastet, als belastet wurde. Er war es auch, der sie kurz darauf fand – immer noch fassungslos auf das widerliche Blatt Papier starrend.

„Lisa? Was hast Du denn? Lisa?“

Sie schob ihm das Blatt Papier zu „Aber mach bitte keine Fingerabdrücke drauf…“

Sie zog ihr Handy aus der Hosentasche und wählte. Es war nur das Band.

„Hey Jürgen. Lisa hier. Kannst Du am Wochenende bitte einmal kommen? Und bringst Du bitte den grässlichen Brief mit, den ich Dir im Krankenhaus Damals gegeben habe? Danke. Hab Dich lieb.“

Richard hatte sich auf einen Stuhl neben ihr gesetzt.

„Noch ein Brief? Es gab schon einen vorher?“

 Lisa nickte „Aber nicht in einem so bedrohlichen Ton!“

„Ich packe sofort meine Sachen!“

„NEIN!“ Lisa hatte es laut und heftig gesagt. Schnell versuchte sie sich wieder zu fassen „Verstehst Du nicht? Da will Jemand, dass Du wieder gehst. Du bist da Jemandem bei seinen Plänen im Weg.“

„Kann sein – oder aber Jemand will nicht, dass wir Kontakt haben. Und wird dagegen vorgehen...“

Lisa seufzte „Bitte bleib doch – nur ein paar Tage. So langsam glaube ich, dass ich es hier mit einem ziemlich gestörten Menschen zu tun habe…“

Richard musterte das Blatt Papier „Vielleicht habe ich ja…“

„Du? Du sollst einen solchen schwülstigen Mist zusammengereimt haben?  Ne Richard – DAS glaub ich nun wieder nicht!“

„Und nun – willst Du die Polizei einschalten?“

Lisa sah lange auf das anonyme Schreiben. „Ich hab versucht nach Sabrinas Tod mit denen zu sprechen, ohne Erfolg. Deine Mutter hat mit denen reden wollen… Ich glaube, jetzt lasse ich erst mal Jürgen ran!“

Richard rieb sich geistesabwesend den Arm „Weißt Du – ich glaube, das ist Jemand, der Dich gut kennt. Und mich. Und wieso weiß derjenige, dass ich hier bin?“

Lisa zuckte mit den Achseln „Keine Ahnung. Wenn Jürgen kommt, spielen wir mal Sherlock Holmes.“

Er erhob sich und meinte etwas zögerlich „Ok – ich bleibe noch ein paar Tage – aber Du schließt mich Nachts wieder ein! Und ich überprüfe jetzt als erstes, ob alle Türen und Fenster in diesem Haus sicher sind!“

Sprachs und ward den ganzen Tag kaum noch gesehen. Richard war gründlich – das musste man ihm lassen. Er testete die Alarmanlage (sehr zum Unwillen von Tiger!), überprüfte alle Gitter und fuhr sogar in den Ort und tauschte die wichtigsten Schlösser aus.

„Du glaubst nicht, wie ich im Laden angestarrt wurde! Kennt hier jeder jeden?“

„Und ob!“ Lisa grinste „Hat Dich Niemand gefragt, wer Du bist, wo Du wohnst, was Du tust?“

Er rollte mit den Augen „Die wussten schon, wo ich wohne – ich soll Dich vom Pfarrer und dem Gemischtwarenhändler schön grüßen…“

Lisa stöhnte und setzte ihren Weg Richtung Stall fort. Richard schloss sich ihr zu ihrer Überraschung an und half den Stall zu machen und die Tiere reinzuholen.

Zu Lisa´s größter Verblüffung etablierte sich Richard unglaublich schnell auf dem Hof. Er reparierte Zäune, nahm sich tropfender Wasserhähne ebenso an, wie dem blöden losen Dielenbrett, das Lisa schon lange störte. Spät am Nachmittag des dritten Tages brachte Lisa ihm etwas zu trinken nach draußen und beobachtete fasziniert seine Versuche den alten Brunnen wieder in Gang zu bringen.

„Woher kannst Du das alles?“ Lisa setzte sich auf Mattys Schaukel und Richard pausierte, indem er sich auf die Brunneneinfassung setzte.

„Meinst Du, ich bin mit dem goldenen Löffel im Hintern auf die Welt gekommen?“

„Ich weiß nicht“ erwiderte sie offen „hab mir darüber nie Gedanken gemacht. Aber Du wirktest in Schlips und Kragen immer so, als ob Du Dich darin sehr heimisch fühlen würdest! Und jetzt machst Du hier alles heil, fasst Tiere an, arbeitest körperlich…“

Er prostete ihr zu „Ich mag Schlips und Kragen. Wäre hier aber ziemlich hinderlich… Morgen früh treffe ich mich mit Niklas. Wir wollen mit dem Entkniggen anfangen.“

„Mit dem was?“

„Die Kniggs bereinigen.“ Er sah ihr großes Fragezeichen im Gesicht „Die Sträucher und Baumbestände zwischen den Weiden. Die Büsche sind zu groß geworden. Morgen Abend hast Du ´ne Menge mehr an Feuerholz!“

Lisa schüttelte den Kopf und nahm ihm das Glas aus der Hand, das er ihr reichte.

Er erhob sich „Und jetzt pass mal auf!“

Er fing an die Pumpe zu bewegen. Eine ganze Weile und Lisa wollte schon anfangen zu unken, da kam der erste dünne, bräunliche Wasserstrahl. Nach einigen weiteren Pumpenschwengeln kam tatsächlich Wasser. Lisa lachte und hielt ihre Hände unter das Wasser. „Ihhh – ist das kalt!“

„Na – das kommt ja auch von weit unten!“

 

Und noch Jemand war sehr einverstanden mit Richards Anwesenheit: Mattias. Der Lütte folgte Richard auf Schritt und Tritt, löcherte ihn mit Fragen und wollte bei allem helfen, was sein Vater gerade machte.

Lisa sah das Ganze zuerst mit recht viel Unbehagen. Wie würde Richard auf eine so geballte Ladung Kind reagieren? Doch zu ihrer Verblüffung kam Richard gut damit zurande. Er konnte geduldig mit Matty sein und er zeigte ihm viel, andererseits war er aber wesentlich konsequenter und rigoroser als Lisa. Wenn nein war, dann war auch nein. Und wenn Richard fand, dass ein kleiner Junge bei einer Arbeit nichts zu suchen hatte, schickte er ihn gnadenlos fort – und Mattias trollte sich dann tatsächlich.

Beim Abendbrot fixierte Matty seinen Vater in seiner durchdringenden Art.

Richard legte Messer und Gabel beiseite „Was ist Knirps?“

„Darf ich Dich Papi nennen?“

Lisa verschluckte sich an ihrem Tee.

„Papi?“ echote Richard „was für eine grässliche Bezeichnung!“

Er sah in Mattias Gesicht, das ihn nach wie vor in Beschlag nahm „Du kannst Vater oder von mir aus Papa oder auch Richard sagen – aber bitte weder Papi noch Vati!“

Matty dachte gründlich darüber nach, man konnte es in seinem Gesicht arbeiten sehen „Mama nennt Dich schon Richard.“ Er zeigte mit der Gabel auf Richard „Dann nenne ich Dich Papa.“

„Aber nur, wenn Du die Gabel aus meinem Gesicht nimmst!“

Matty schenkte ihm sein Engelslächeln und begann sich wieder seinem Essen zu widmen.

Lisa war zunächst amüsiert durch diesen Wortwechsel. Nun aber kam ihr ein anderer Gedanke – was, wenn Richard wieder weggehen würde? Was würde Mattias dann sagen? Würde er es verstehen?

Nachdem Lisa Matty ins Bett gebracht hatte und Richard noch mal nach den Tieren gesehen und alles abgeschlossen hatte, setzte sich Lisa wieder an den Küchentisch und goss sich noch einen Tee ein.

Richard tat es ihr gleich und betrachtete sie nachdenklich.

„Was bedrückt Dich? Wieder ein ekliges Schreiben gekommen?“

Lisa schüttelte den Kopf „Richard – wirst Du Kontakt mit Matty halten?“

Er lehnte sich zurück und betrachtete ihr gesenktes Gesicht „Wenn ich darf, gerne.“

Lisa betrachtete den kleinen Strudel, den ihr Löffel im Tee bewirkte, als sie mal langsam und mal schneller darin herumrührte. „Er gewöhnt sich an Dich, weißt Du. Er hat sich so gewünscht auch einen Vater zu haben, wie die anderen Kinder… Und nun bist Du da. Es wird schwer für ihn, wenn Du dann wieder für immer aus seinem Leben verschwinden würdest.“

„Lisa“ er streckte die Hand nach ihrem Kinn aus, besann sich dann aber noch schnell und zog die Hand wieder zurück „Du kannst mir viel vorwerfen, aber nicht, dass ich nicht zu meinem Wort stehen würde. Ich werde den Kontakt zu Matty halten… und wenn Du möchtest auch zu Dir…“

Diese Worte ließen Lisa aufsehen. Er erwiderte offen ihren Blick – aber es war wie immer, sie konnte keine Reaktion aus seiner Mimik ablesen.

„Ja bitte – lass uns Kontakt halten. Ich weiß immer noch nicht wirklich, was das ist, dass uns verbindet, aber ich akzeptiere es inzwischen.“ Sie sah auf seine Hand, die eben noch versucht hatte sie zu berühren „Wir sind schon ein seltsames Paar was? Ex Knacki und Fräulein-rühr-mich-nicht-an…“

„Es tut mir leid.“

„Conny meint – es läge an mir – ich müsse wieder bewusst zulassen, dass mich Jemand anfasst. Ich würde mich innerlich noch weigern, wieder am normalen Leben teilzuhaben…“

„Ach Hühnermist! Was tust Du denn hier den ganzen Tag – ist das denn kein Leben? Du bist Mutter – eine gute, wie ich sehe. Du hast hier Kontakte geschlossen, Dir ein Leben aufgebaut!“

Sie lächelte ihn an, doch in ihren Augen glitzerte es verdächtig.

„Sieh mich nicht so an!“ sagte er rau „vergiss nicht, wer und was ich bin!“

„Das ist es ja – ich weiß nicht wer oder was Du bist!“

  

 

 
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