Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Kapitel 050
 

KAPITEL 50  – Nacht der Hochzeit

 

Nach und nach verschwanden alle Gäste, nur Nathan und Conny, die über das Wochenende bleiben wollten, saßen noch länger mit Lisa zusammen und sie plauderten ganz entspannt miteinander. Lisa hatte zwischendurch nach ihren schlafenden Männern gesehen – aber beide waren weit weg im Reich der Träume. Zu Lisas Verwunderung brannte in Mattias Zimmer kein Schlaflicht – aber sie wollte nun auch nicht hineingehen und es anmachen.

Lisa lächelte ihre beiden Gäste an, als sie wieder ins Wohnzimmer kam „Alles ok da oben – beide schlafen.“

Nathan streckte sein langen Beine von „Lisa – eine Frage hätte ich da doch: Warum musstet ihr plötzlich so schnell heiraten? Zwei Wochen später und Richie wäre viel besser zuwege...“

Lisa setzte sich langsam zu Conny auf das Sofa und sah Nathan verblüfft an “Ähem -  keine Ahnung! Ganz ehrlich – Richard und ich haben nicht darüber gesprochen. Es war nur klar – ich habe den Antrag angenommen und dann haben wir losgelegt...“ Sie kicherte „aber hier sitzt ja die Expertin... Nun Conny – kannst Du unser Verhalten erklären?“

Conny die ihre Schuhe abgestreift hatte und ihre Beine unter sich auf die Couch gezogen hatte und ihre Waden mit einer Hand massierte, grinste sie müde an „Richard und Dich zu analysieren ist nie einfach! Wenn ich auf die Schnelle einen Versuch wagen soll: Ich denke, ihr habt das Gefühl, schnell das besiegeln zu müssen, was ihr eh schon seit längerem fühlt.“

Lisa runzelte die Stirn „Na ja – Richard hat gesagt, er liebt mich schon lange – aber bei mir ist das alles etwas neuer...“ Lisa hob die Hand, um Tiger zu streicheln, der es sich auf der Sofalehne gemütlich gemacht hatte.

Conny lachte „Lisa – ne – das glaube ich Dir nicht...“ sie schüttelte leicht den Kopf „denk doch mal nach – warum hat es Dich so entsetzt, dass es gerade Richard war, der Dir das angetan hat? Warum wolltest Du unbedingt das Warum herausfinden? Wieso zog es Dich über all die Jahre immer wieder zu ihm? Warum hast Du ihm Kontakt zu Matty gewährt? Ihn hier so rasch und endgültig aufgenommen? Ihn liebevoll gepflegt, wenn er krank war...“

Lisa ließ das sacken und dann stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen „Du hast das die ganze Zeit geahnt oder? Und deshalb versucht, mir über Richard – hmh sozusagen die Augen zu öffnen...“

Conny zwinkerte ihr zu „Hat nur nicht geklappt. Ich hatte Angst um Dich Lisa. Ich hab befürchtet Richard ist nicht gut für Dich.“

„Und jetzt, was denkst Du jetzt?“

Conny überlegte eine Weile „Den Richard von früher mochte ich sehr gerne. Der, der letzten Jahre,  machte mir Angst. Aber den, den ich heute Abend gesehen habe...“ jetzt lachte sie wirklich „der war einfach zum Anbeißen!“

Sie warf einen Blick auf ihren Mann und lachte noch mehr „Armer Nate – Frauengespräche am Abend lassen ihn immer besonders gut schlafen!“

Nathan´s Kopf war nach hinten weggesackt, der Mund hatte sich geöffnet und er war selig eingenickt.

Conny erhob sich „Ich glaube, wir sollten ins Bett gehen.“

Lisa stand ebenfalls auf und Conny nahm sie am Arm „Lisa ... lass uns wirklich öfter was zu viert unternehmen. Ich kann zwar nicht versprechen, dass ich Richie gleich unbefangen gegenübertreten kann – aber ich versuche es.“

Ein großer und großmütiger Schritt für eine Frau wie Conny – Lisa umarmte sie rasch „Danke – oh ich danke Dir!“

Conny erwiderte die Umarmung „Jeder verdient eine Chance – auch Richard.“

Lisa löste sich wieder von ihr „Und wie bekommen wir jetzt Deinen Göttergatten wach?“

„Ganz einfach...“ Conny sah ihren Mann an und sagte – nicht einmal besonders laut „Dr. Rittinghaus in die Chirurgie, Dr. Rittinghaus bitte!“

Nathan war mit einem Satz auf den Beinen und sah sich verwirrt um. Beide Frauen lachten.

„Das kommt noch aus seiner Zeit als Krankenhausarzt!“

Lisa schenkte ihm ein Lächeln „Das war etwas gemein...“

Nathan strich sich müde über das Haar „sie macht das immer wieder – ein gemeines Weib, das ich da geheiratet habe!“

Aber er ging zu Conny und legte den Arm um sie „Fertig mit Weibertratsch? Können wir ins Bett?“

 

Es war mitten in der Nacht – oder eher am sehr frühen Morgen – als Lisa wach wurde. War Matty wieder gekommen? Nein. Sie drehte sich zu Richard um „Was machst Du da?“ fragte sie leise.

„Ich versuche aufzustehen – aber das erweist sich als schwierig.“

Lisa schlug ihre Bettdecke zurück, machte die kleine Lampe auf ihrem Nachttisch an und umrundete das Bett. „Auf den Gedanken mich zu wecken, damit ich Dir helfe, bist Du nicht gekommen?“

Sein Lächeln hätte ganze Eisberge zum Schmelzen gebracht „Wollte Dich nicht wecken...“

Lisa half ihm hochzukommen, wie Nathan es ihr gezeigt hatte. Sie blieben so stehen, einander gegenseitig im Arm haltend. Diesmal jedoch trug er noch den schwarzen Schlafanzug vom Nachmittag und sie ihr Sleepshirt.

Sie sah zu ihm auf „Das nächste Mal weckst Du mich...“

„Ja – Frau von Bramberg.“

„Dann ist es ja gut, Herr von Bramberg.“

Er ging Richtung WC. Lisa nutzte die Gelegenheit das Bett kurz aufzuschütteln, als sie ihn hörte, dass er sich hinter ihr leise räusperte „Das ... ist jetzt sehr peinlich – könntest Du mir mal helfen?“

In Lisas Kopf malten sich die schlimmsten ´Hilfeleistungen` ab, doch als sie sich umdrehte, musste sie lachen. Seine Schlafanzughose war um seine Knöchel gewickelt.

„Ich komm nicht an. Das ist wirklich lächerlich ...und entwürdigend!“

Lisa bückte sich und zog die Hose wieder hoch.

Richard seufzte „Eigentlich ist das unsere Hochzeitsnacht – und wenn überhaupt, sollte diese Hose in die andere Richtung gehen.“

Lisa erstarrte bei diesen Worten. Hochzeitsnacht. Nah beieinander – er in ihr. Die Gedanken kamen ganz plötzlich. Ließen sich nicht steuern. Nicht aufhalten. Ihr wurde eiskalt. Sie wandte sich ab, doch er fasste rasch zu und zog sie wieder an sich. Sie hätte es nicht zulassen müssen – seinen Bewegungen wohnte keinerlei Kraft inne, doch sie ließ es zu, dass er sie wieder umarmte. Doch das Aufkommen dieses eisigen Gefühls hatte sie verunsichert – einmal mehr verunsichert...

„Lisa – was ist denn?“

Sie barg den Kopf an seiner Brust und schüttelte nur den Kopf.

Richard streichelte sie ganz leicht „Hey – ich habe versprochen zu warten – vergiss meinen blöden Spruch von eben! – und ich halte mein Wort. Es wird nichts geschehen, was Du nicht willst.“

„Wollen schon – können nicht. Im Prinzip bin ich auf andere Art ebenso behindert wie Deine Schwester.“

„Unfug – wir kriegen das hin – ich bin mir ganz sicher.“ Er küsste sie auf´s Haar  „Könnten wir wieder ins Bett Liebes? Ich kann kaum noch stehen...“

„Oh“ – sie sah verwundert zu ihm hoch – so etwas gab er zu? Sie half ihm wieder ins Bett, legte sich  auf ihre Seite und löschte das Licht.

„Lisa – komm her Liebes.“

Sie wandte sich um und legte sich wieder nahe an ihn heran – doch sie war dabei nicht so unverkrampft wie die letzten Tage. Es dauerte nicht mehr lange und er wäre wieder im Besitz eines gut Teils seiner Kräfte. Sie fühlte sich so unzulänglich, so unnütz, so ... frigide.

Seine Hand streichelte ihren Rücken und sein Mund glitt über ihre Wange. Das Salz auf seinen Lippen ließ ihn innehalten. „Es wird alles gut - ich weiß es. Bitte vertrau mir.“

Ihre Hand glitt über seine Brust „Das ist keine Frage des Vertrauens. Das Problem ist in mir.“

„Lisa – ich sag es noch mal – Du bestimmst das Tempo – bitte Lisa, versuch Dich wieder zu entspannen. Die letzten Wochen hast Du so viel vorgelegt – schalten wir wieder etwas zurück.“ Er streichelte sachte ihren Arm „Und nun erzähl mir, was da unten noch los war, nachdem ich nach oben verbannt worden bin.“

Lisa ging auf seinen Smalltalk-Versuch ein und erstaunlicherweise entspannte sie sich wirklich dabei. Vor allem berichtete sie über den neuesten Hausbewohner.

„Flipper – ein toller Name für ein Karnickel!“

„Sag mal Richie – wo hast Du den Mümmelmann eigentlich her? Der ist so zahm und lieb...“

„Der ist aus dem Zirkus... Hab Eric im Internet stöbern lassen. Ich dachte mir, wenn schon einen Nager – dann einen, mit dem Matty auch was anfangen kann.“

„Und die haben den gleich verkauft?“

Richard druckste etwas herum „Nun ja – nicht so ganz gleich... Hab Eric ein bisschen Geld mitgegeben...“

„Ich frag lieber nicht wie viel!“

„Eine weise Entscheidung. Aber wenn ich das so höre, hat sich jeder Cent an dem Ding gelohnt.“

Eine Weile waren beide still und jeder hing seinen Gedanken nach.

„Lisa? – wegen vorhin...“ Er konnte spüren, wie sie den Atem anhielt und er fuhr rasch fort. „Eine neue Abmachung – wir bleiben bei schmusen und ein bisschen Küssen – solange, bis Du etwas anderes willst.“

Sie schluckte „Richard – vielleicht sollten wir einfach versuchen..“

„Nein.“ Er drückte sie leicht „Wir warten solange, bis Du mehr willst – auch wenn es sehr lange dauert.“

„Aber Richard – ich war Jungfrau, bevor Du  - na ja – Du weißt schon! Ich weiß nicht, ob ich je weiß, was ich will, wann ich es will..“

„Wir probieren es so aus Lisa.“ Richards Stimme klang fest. Es war nicht wirklich das, was er wollte – aber er sah derzeit keinen anderen Weg. Er hatte ihre Angst, ihr Zurückweichen so deutlich gespürt... Sie musste ihre Gelassenheit im Umgang mit ihm wiederbekommen – und erst daraus konnte sich dann mehr entwickeln. Sein Instinkt sagte ihm ganz klar – wenn er sie jetzt zu sehr bedrängen würde, hätte er Angst sie zu verlieren.

Das Schweigen zwischen ihnen wuchs und Richard versuchte auf andere Art, sie wieder an seine Seite zu bekommen.

„Ok – ab Morgen stehe ich wieder auf. Hab lange genug gelegen. Denke, es wird mir gut tun – zu langes Liegen ist doch für die Muskulatur auch gar nicht gut!“

Und Lisa biss an, wie er sich das erhofft hatte...

„Bist Du wahnsinnig? Nathan hat doch deutlich gesagt, dass das heute eine Ausnahme war! Nur kurz ins WC, mehr nicht! Himmel – Du könntest Dich ja nicht mal abstützen, wenn Du stolperst!“

Im Dunkeln konnte Lisa sein Grinsen nicht sehen – er gab seiner Stimme einen maulenden Tonfall „Komm schon Lisa – das ging doch heute schon ganz gut oder? Wirst sehen – in drei, vier Tagen kann ich wieder loslegen!“ Gut, dass Nasen nicht wirklich länger werden, wenn man lügt...

Lisa hob ihren Kopf von ihm und holte geräuschvoll Luft „Nathan hat gesagt – noch mindestens zwei Wochen absolute Schonung! Wenn Du zu früh loslegst, riskierst Du, dass weder Arm noch Rippen richtig heilen!“

„Zwei Wochen? Also das ist doch...“

Lisa tippte mit ihrem Finger auf seine Brust „das ist genau das, was Du tun wirst! Du treibst mich wirklich noch dazu, dass ich zu Deiner Aufpasserin mutiere!“

Richard fand, dass es an der Zeit war einzulenken „Ich mag es gern, wenn Du auf mich aufpasst...“

Lisa stutzte kurz – hatte er eben eine kleine Show angezogen? Richard doch nicht! Sie ließ ihren Kopf wieder auf ihn sinken. „Ich werde Matty sagen, dass Du nicht aus dem Zimmer darfst – dann bin ich ziemlich sicher, dass Du bleibst, wo Du bist...“

Er lachte „Seit wann greifst Du zu unlauteren Mitteln?“

„Seit Dein Gehirn auf Urlaub ist!“

Er beschloss die Waffen zu strecken „Ok – ich versuche weiter hier rumzuliegen, zu schlafen und wieder rumzuliegen... Ich kann Dir aber nicht versprechen, wie lange ich das durchhalte.“

„Du hältst durch – glaub mir!“ Und instinktiv zog sie ihren Arm etwas fester um ihn.

Seinen Rippen gefiel das zwar gar nicht – aber dennoch breitete sich auf seinem Gesicht ein Grinsen aus. Er schloss die Augen und ließ sich in den Schlaf rübertreiben. In ihm war Zuversicht. Sie war so besorgt um ihn, da war so viel Gefühl – der Rest würde auch noch kommen – wann war nicht so wichtig – in dem Fall hatte er die Wahrheit gesagt – er konnte warten.

Lisas Gedanken waren sehr viel unstrukturierter als die seinen. Auch nachdem er bereits wieder eingeschlafen war, lag sie noch da und an Schlaf war nicht zu denken.

Sie war verheiratet. Sie hielt ihren Mann im Arm und schlief an seiner Seite.

Erst hatte er sie heute erschreckt, dann wütend gemacht und jetzt nachdenklich.

In einem war sie sich sicher – er würde warten – wie er gesagt hatte.

Doch wollte sie das auch? Das Problem war, dass sie derzeit keinen Weg sah, über das Bisherige hinwegzugehen. Vielleicht hatte er Recht – erst Mal den Status Quo beibehalten. Außerdem würde sie die nächsten Wochen genug damit zu tun haben, ihn bei Laune und im Bett zu halten... So unvernünftig war er plötzlich gewesen! Na ja – er war aber auch in letzter Zeit gebeutelt: Hundebiss, Verkühlung und jetzt dies...

Lisas Hand lag auf seinem Brustkorb. Durch den Stoff hindurch spürte sie seine Wärme und das Heben und Senken der Rippen durch die Atmung. Vertrautheit – das war es, was sie jetzt spürte – den Drang ihn zu beschützen – auch gegen sich selbst. Vorerst musste das genügen.

Sie erlaubt sich endlich die Augen wieder zuzumachen und schlief bald darauf ein.

 

 

 
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