Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Eine Woche auf Sylt - KFF
 
Richard von Brahmberg sah auf seine Armbanduhr. Der Flug ging erst in 2 Stunden. Er hatte also noch Zeit, in Ruhe einen Kaffee zu trinken. „Hey, aufgepasst, junger Mann!“ polterte er, als ein etwa 10 jähriger Junge in ihn hinein lief. Dieser sah ihn aufgrund der strengen Stimme erschrocken an. „Entschuldigen sie bitte…“ Richard konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dem Kleinen schien das Ganze wirklich unangenehm zu sein. „Schon gut, Sportsfreund.“

„Louis! Kommst du! Mir müssen einchecken, der Flug geht gleich!“ Beim Klang der weiblichen Stimme erstarrte Richard förmlich. „Ja, Mama, sofort!“ rief der Kleine zurück und lief los. Langsam drehte Richard sich um und sah dem Jungen nach. Er lief zu einer blonden, hübschen Frau, die etwa Mitte 30 war.

Ihre Blicken trafen sich. Wie paralysiert starrte Richard die Frau an, die gut und gerne 10 Meter von ihm entfernt stand. Der Kleine lief auf sie zu und umarmte seine Mutter, die mechanisch ihre Arme um den Jungen legte, ohne Richard aus den Augen zu lassen.

„Lisa…“ Sie konnte ihn ob des Flughafenlärms nicht hören, las es jedoch von seinen Lippen ab. Er erkannte den Schmerz in ihrer Mimik, dann wandte sie den Blick ab und nahm Louis an die Hand. Noch einmal sah sie kurz zu ihm hinüber, dann schickte sie sich an, zu gehen. Louis plapperte ununterbrochen und bemerkte nicht, was in seiner Mutter vorging.

„Lisa!“ rief Richard etwas lauter, doch inzwischen war sie zu weit entfernt, um ihn zu hören. Verzweifelt sah er ihr nach, folgte ihr einige Schritte, stoppte aber, als er seinen Halbbruder sah, der vor dem Check Inn stand. David wuchtete die Koffer auf das Fließband, nahm ihre Bordkarten entgegen und einige Sekunden später waren alle drei aus Richards Blickfeld verschwunden.

Verstört fuhr Richard sich durch die Haare. 10 oder 11 Jahre hatte er Lisa nicht mehr gesehen, nichts von ihr gehört. Und der Junge….seine Augen….sie waren grün….wie seine eigenen…

Kurz war Richard versucht, Lisa, Louis und David zu folgen, doch das war unmöglich. Sie waren jetzt in der Wartehalle für ihren Flug und in die kam er ohne Ticket nicht hinein.

Fassungslos setzte Richard seinen ursprünglichen Weg fort, ohne, dass er wirklich mitbekam, was um ihn herum vorging. Später hätte er nicht mehr sagen können, wie er zu dem kleinen Flughafen-Café gelangt war, konnte sich auch nicht mehr daran erinnern, bestellt zu haben. Irgendwie fand er sich jedoch an einem der kleinen Tische wieder und hatte eine Tasse Kaffee vor sich.

Seine Gedanken überschlugen sich. Dann hatte sie sich also offensichtlich für David entschieden…

Richards Gedanken wanderten 11 Jahre zurück, als Lisa Seidel, wie sie jetzt wohl hieß, noch Lisa Plenske gewesen war. Es war das Jahr gewesen, in dem Richard sich endgültig von seiner Familie verstoßen fühlte und schließlich das Land, den Kontinent, verließ, um in den USA neu anzufangen. Doch zuvor hatte er eine Woche mit Lisa auf Sylt verbracht…



11 Jahre zuvor:

Mit einem Seufzer stellte Lisa Plenske ihren Koffer vor dem Haus ab. Sie war nach Sylt gefahren, um Ruhe zu finden, ihre Gedanken zu ordnen und sich über einiges klar zu werden. In den letzten Wochen hatten sich die Ereignisse geradezu überschlagen und sie war völlig verwirrt.

Davids Mutter hatte dann den Vorschlag gemacht, dass sie in das Haus nach Sylt gehen sollte, das den Familien Seidel und von Brahmberg zu gleichen Teilen gehörte. Wenn sie erst allein wäre, ohne den stetigen Einfluss von David und Rokko, die beide um sie buhlten, würde sie ihr schon klar werden, was oder besser wen sie wirklich wollte. Lisa hielt das für eine vernünftige Idee, die sie sofort umgesetzt hatte.

Weder David noch Rokko waren davon besonders angetan gewesen, doch Lisa hatte sie eindringlich gebeten, weder anzurufen, zu smsen, zu e-mailen, Blumen zu schicken oder ihr gar nachzufahren. Schließlich hatten beide bedröppelt ihr Versprechen abgegeben.

Das Wetter auf Sylt war schlecht, wie nicht wirklich anders zu erwarten, doch das störte Lisa nicht. Sie kramte in ihrer Jackentasche nach dem Schlüssel, den Laura ihr gegeben hatte und schloß auf. Interessiert sah sie sich um. Das Haus war in einem ähnlichen Stil eingerichtet wie die Villa Seidel, doch auch einige Fotos von Sophie aus ihrer Zeit als Model standen hier und dort.

Lisa musste schmunzeln. Typisch Sophie…sicherlich konnte sie sich denken, dass Laura darüber alles andere als begeistert war. Aber so war Sophie eben….immer ein wenig sticheln, dann fühlte sie sich erst wohl. Und den Kampf um Friedrich würde sie wohl nie aufgeben, egal, wie lange er und Laura verheiratet waren.

Lisa erkundete neugierig das Haus, das zwei Etagen hatte. Unten befanden sich die Küche, das Wohnzimmer und ein kleines Gäste-WC. Oben waren zwei Schlafzimmer und ein großes Bad. Klein, aber sehr gemütlich. Lisa freute sich schon auf die Tage, die vor ihr lagen. Das Haus lag quasi direkt am Meer und selbst bei geschlossenen Fenstern konnte sie das Rauschen der Wellen hören. Doch bevor sie einen Strandspaziergang machen konnte, musste sie erstmal dafür sorgen, dass etwas Essbares in den Kühlschrank kam.

Und so machte Lisa sich als erstes auf, um Lebensmittel einzukaufen. Nachdem sie diese verstaut hatte, machte sie einen ausgedehnten Strandspaziergang. Der Wind ging stetig und war kalt, aber er blies Lisa auch all die trüben Gedanken fort, die sie in Berlin ständig verfolgt hatten. Gut gelaunt kehrte Lisa in der Dämmerung zurück und freute sich auf eine warme Dusche.

Bevor sie unter die Dusche gestiegen war, hatte Lisa die Heizung auf 5 gedreht, so dass sie nicht fror, als sie aus der Kabine stieg. Schnell trocknete sie sich ab und schlüpfte in ihren Bademantel. Sie drückte gerade mit einem Handtuch das Wasser aus ihren Haaren, als sie meinte, unten eine Tür klappen zu hören. Kurz hielt Lisa inne, doch nun war es ruhig. ‚Sicher nur der Wind…’ beruhigte sie sich selbst.

Sie musste sich auch erst daran gewöhnen, zum ersten Mal in ihrem Leben ganz allein in einem Haus zu wohnen, da hörte man schon mal Geräusche, die gar nicht da waren. Doch als Lisa sich die nassen Haare kämmte, hörte sie erneut etwas. Ein Rumpeln, dann wieder das Klappen einer Tür. Angespannt ließ Lisa die Bürste sinken und lauschte. Jetzt war sie sich sicher, etwas gehört zu haben. War etwa ein Einbrecher im Haus….?

Lisa biss sich auf die Unterlippe und sah sich nach etwas um, das sie als Waffe benutzen konnte, doch die Auswahl war im Bad eher gering. Schließlich griff Lisa nach einem Stielkamm und einer Dose Haarspray, die sie im Alibert gefunden hatte und öffnete leise die Badtür.

Jetzt hörte sie deutlich Geräusche von unten - jemand schien in der Küche zu sein. Lautlos schlich Lisa auf nackten Füßen weiter, den Flur entlang und dann die Treppe hinunter. Tatsächlich brannte in der Küche Licht. Lisa wusste genau, dass sie dieses ausgeschaltet hatte, bevor sie hochgegangen war. Leise ging sie weiter. Ein Mann war in der Küche….verdammt. Gerade durchwühlte er die Schubladen. ‚Bestimmt sucht er ein Messer, mit dem er mich abstechen kann.’ dachte Lisa panisch.

Doch noch bevor sie sich Gedanken darum machen konnte, wo sie schnell noch etwas Besseres zur Verteidigung herbekam als Haarspray und einen Kamm, drehte der Fremde sich um. Nur, dass er kein Fremder war. „HA!“ erschrocken schrie Lisa auf und hielt ihre „Waffen“ hoch. Richard sah sie erst erstaunt, dann belustigt an. „Bitte. Töten sie mich nicht.“ Er grinste sarkastisch.

„Was…was machen sie denn hier!“ stotterte Lisa und starrte ihn aus riesigen, angstvollen Augen an. „Sollten sie nicht im Gefängnis sein?“ Richards Grinsen verschwand. „Ich wurde heute Morgen aus der Untersuchungshaft entlassen. Weil man den wahren Täter gefasst hat.“ erklärte er in einem eisigen Tonfall.

„Andere Frage – was machen sie hier….?“ Sein Blick unter den zusammengezogenen Augenbrauen war stechend. Lisa konnte nicht verleumden, dass sie Angst hatte. Richard von Brahmberg hatte ihr von je her Angst eingeflöst, doch nach der Geschichte mit Davids Entführung hatte sich das sehr gesteigert. Und ihm jetzt hier zu begegnen, in diesem doch recht abgelegenen Haus, fast schon nachts, ganz allein…Lisa schluckte.

„Laura war so nett….ich darf hier ein paar Tage wohnen, um Abstand zu bekommen.“ stotterte sie. Richard zog eine Augenbraue hoch. „Das kann ich sehr gut verstehen. Tja.“ seufzte er. „Da hatten wir wohl beide die gleiche Idee.“

Nervös knetete Lisa ihre Hände. „Ich…ich kann auch in ein Hotel gehen, dann können sie hier bleiben…ich meine, es ist immerhin das Haus ihrer Familie..“ bot sie an. Richard, der an der Arbeitsplatte der Küchenzeile gelehnt hatte, stieß sich nunmehr ab. „Gegenvorschlag. Wie ich sehe, haben sie eingekauft. Wie wär’s, wenn wir zusammen essen und dann überlegen, wer wo nächtigt?“

Als er Lisas misstrauischen Blick sah, lachte er. „Keine Sorge, ich werde einen Sicherheitsabstand einhalten, wenn sie das möchten. Und sie können ihr Haarspray und den Kamm jederzeit griffbereit neben ihren Teller legen…nur so für alle Fälle.“ Scheinbar amüsierte er sich köstlich über sie. Sauer sah Lisa ihn an. „Glauben sie ja nicht, ich hätte Angst vor ihnen!“ Abwehrend hob Richard beide Hände. „Aber niemals…“ Sein Grinsen strafte seine Worte Lügen.
Anfangs noch misstrauisch und öfter mit einem Seitenblick auf Richard hatte Lisa schließlich doch begonnen, ein Abendessen zu kochen. Nichts Besonderes, lediglich Spaghetti Bolognese, aber ok.

Als sie dann zusammen in der kleinen Küche am Tisch gesessen und gegessen hatten, während es mittlerweile draußen stockdunkel war und es zu regnen begonnen hatte, kam Lisa sich sehr merkwürdig vor. Richard saß ihr mit einer Selbstverständlichkeit gegenüber, die man aufgrund der jüngsten Ereignisse und ihres früheren Verhältnisses zueinander nie vermutet hätte.

Lisa fiel es schwer, zu warten, bis Richard fertig war – eine Frage brannte ihr unter den Nägeln: Er hatte gesagt, er sei frei, weil man den wahren Täter gefasst hatte. Wieso wusste sie davon nichts? Und wer war der wahre Täter..?

Richard beantwortete ihr all ihre Fragen. Bis spät in die Nacht saßen sie zusammen in der Küche, während der Regen von außen an die Fenster klatschte. Olaf Kern, der mit David und Richard zusammen auf dem Internat gewesen war, hatte sich gezielt als Sophies Assistent beworben, um all die Insider- Informationen zu bekommen, die er brauchte.

Er war seit Jahren frustriert darüber gewesen, dass David und Richard eine erfolgreiche Firma leiteten, während sein Vater ihn enterbt hatte und es ihm nie gelungen war, aus eigener Kraft etwas auf die Beine zu stellen. Geschickt hatte er dafür gesorgt, dass alle Zeichen dafür sprachen, dass Richard David entführt habe.

Ungläubig hörte Lisa ihm zu, doch je mehr Richard erzählte, desto mehr glaubte sie ihm. Erst war es unvorstellbar für sie, dass Richard nicht der Entführer gewesen sein sollte – schließlich waren alle, einschließlich der Polizei, von seiner Schuld überzeugt gewesen und nun sollte alles ganz anders sein…? Doch was Richard erzählte, klang alles logisch. Die ganze Zeit über sah er ihr offen in die Augen und plötzlich stellte Lisa verwundert fest, dass sie keinerlei Angst mehr vor ihm hatte, nicht mal ein leises Unbehagen war übrig geblieben.

Je später die Stunde wurde, desto vertrauter wurde ihr Gespräch und als Lisa am frühen Morgen endlich ins Bett kroch, konnte sie selbst kaum fassen, dass sie mit Richard von Brahmberg ein solches Gespräch geführt hatte.

Doch sie verstand ihn jetzt…sie verstand ihn wirklich. Richard hatte von seiner Kindheit erzählt und Lisa wunderte es nicht, dass Richard so geworden war, wie er war. Gleichzeitig war ihr aber auch klar geworden, dass Richard aufgrund dessen eine Fassade aufrechterhielt, um sich zu schützen.

Im Gegenzug hatte sie ihm davon erzählt, wie entnervt sie von Davids und Rokkos Verhalten war. David hatte nach seiner Befreiung zunächst mit ihr Schluß gemacht, um sein Interesse an ihr genau in dem Moment wieder zu entdecken, als Rokko ihr einen Heiratsantrag machte – an dieser Stelle hatte Richard nur wissend gegrinst.

Wohlig kuschelte Lisa sich in ihr Kissen und schloß die Augen. Sie hatten sich darauf geeinigt, sich das Haus zu teilen. Keiner von beiden wusste, wie lange er auf Sylt bleiben würde, aber sie waren sich darüber einig, dass sie es schon unter einem Dach miteinander aushalten würden. Zufrieden schlief Lisa in ihrer ersten Nacht auf Sylt ein…
Die nächsten Tage bekam Lisa recht wenig von Richard mit. Hin und wieder begegneten sie sich, meistens, wenn einer kam und einer ging. Seit ihrem ersten gemeinsamen Abend hatten sie keine 3 zusammenhängenden Minuten mehr miteinander verbracht.

Ab und zu fand Lisa einen Zettel von ihm wie etwa „Komme heute Nacht nicht nach Hause – schließ die Haustür ab. R.“ oder „Habe eingekauft. Bedien dich… R.“

Lisa verbrachte ruhige Tage auf der Insel, die sie hauptsächlich mit Strandspaziergängen und lesen füllte. Sie wurde sich über ihre Gefühle immer klarer, wurde sich der Vorzüge von David und Rokko, aber auch deren Schwächen mehr und mehr bewusst. Trotzdem wusste sie immer noch nicht, wie sie sich entscheiden sollte. Eine Woche war sie nun schon auf Sylt und eigentlich immer noch keinen Schritt weiter.

Als sie an diesem Morgen aufstand, schien Richard noch zu schlafen. Jedenfalls war die Tür zu dem Schlafzimmer, das er bezogen hatte, geschlossen. Bevor Lisa zum Strand ging, schrieb sie ihm einen Zettel, den sie auf dem Küchentisch platzierte: „Lust auf ein gemeinsames Abendessen? Lisa.“

Als sie Zwei Stunden später vom Strand zurückkehrte, fand sie das Haus leer vor. Richard hatte ihr jedoch eine Antwort hinterlassen. „Gerne. Bin gegen 18 h zu Hause.“ Lisa lächelte. Zu Hause…wie sich das anhörte…als seien sie ein Paar, das einen gemütlichen gemeinsamen Abend plane. Lisa grinste ob ihrer eigenen Gedanken. Sie und Richard…das war so was von absurd….


Pünktlich um sechs war Richard nach Hause gekommen, hatte Lisa, die schon in der Küche stand, kurz begrüßt und war dann hoch zum Duschen gegangen. Als er wieder runterkam, trug er lediglich Jeans und einen schwarzen Sweater. Lisa, die am Tisch saß und Gemüse putze, lächelte überrascht. Wenn man ihn nur in Anzug und Krawatte, mit streng zurückgekämmten Haaren kannte, konnte man sich kaum vorstellen, dass er auch so aussehen konnte.

Richard klaute sich ein Stückchen Möhre und Lisa schlug nach seiner Hand. „Finger weg!“ Sie versuchte, drohend zu klingen, musste jedoch grinsen. Richard schnaubte amüsiert. „Zückst du sonst wieder den Kamm?“ In gespielter Empörung sah Lisa ihn an. „Dieses Mal habe ich sogar ein Messer!“ erwiderte sie und hielt das kleine Messerchen wie zum Beweis hoch.

Richard hob beide Hände und ging einen Schritt zurück. „Na, wenn das so ist…Ich muß eh noch eine E-Mail schreiben….dann helfe ich dir, ok?“ Lisa schüttelte den Kopf. „Mußt du nicht.“ Richard hatte nichts erwidert sondern war ins Wohnzimmer gegangen, wo sein Laptop stand.

Etwa eine halbe Stunde darauf kehrte er in die Küche zurück. Das Essen köchelte bereits auf dem Herd. Lisa stellte eine Platte noch eine Stufe höher und rieb sich ihren schmerzenden Nacken.

„Kopfschmerzen?“ fragte Richard leise. Erschrocken drehte Lisa sich zu ihm um. Da er immer noch barfuß herumlief, hatte sie ihn nicht kommen hören. „Mein Nacken ist total verspannt.“ antwortete sie nach einer Schrecksekunde.

Richard nickte in Richtung des Küchentischs. „Setz dich.“ Lisa kam dem ohne eine Gegenfrage nach und Richard stellte sich hinter sie. Vorsichtig strich er ihre Haare zur Seite über ihre rechte Schulter, um beide Hände auf ihren Schultergürtel legen zu können. „Hier?“ fragte er nach, als er begann, sie zu massieren. Lisa stöhnte unwillkürlich auf. „Ja. Genau.“

Gezielt, aber ohne ihr wehzutun, löste Richard ihre Verspannungen. Lisa genoß seine Massage. Die meisten Leute fügten einem Schmerzen zu, wenn sie einen massierten, nicht so Richard. Sie hätte noch stundenlang so dasitzen können und sich von ihm massieren lassen können. Ihre Kopf- und Nackenschmerzen waren wie weggepustet.

„So, jetzt nimmst du noch eine schöne warme Dusche und ich schaue auf’s Essen in der Zeit.“ schlug Richard schließlich vor. Entspannt öffnete Lisa ihre Augen und atmete tief durch. Erstaunt stellte sie fest, dass fast 20 Minuten vergangen waren. Sie lächelte Richard an. „Das hat wirklich gut getan, danke.“ Dieser zuckte nur mit den Achseln. „Da nich’ für…“


Als Lisa nach dem Duschen wieder herunterkam, hatte Richard bereits den Tisch gedeckt. Von irgendwoher hatte er sogar 2 Flaschen Rotwein gezaubert, von denen er eine gerade entkorkte. Lächelnd betrat Lisa die Küche. „Das würde uns zu Hause in Berlin keiner ungesehen glauben, dass wir hier so eine gute Wohngemeinschaft sind.“

Richard schenkte ihr lächelnd ein, während Lisa sich an den Tisch setzte. „Wen interessiert das schon, was diese Deppen denken.“ meinte er leichtfertig und reichte ihr ihre Glas, bevor er sich selbst einschenkte. „Auf unsere WG!“ sagte er dann und hielt ihr sein Glas zum Anstoßen hin. Lisa grinste. „Auf unsere WG!“ wiederholte sie und stieß mit ihm an.

Nicht nur aufgrund des Weines wurde der Abend ziemlich lustig. Wäre Lisa nüchtern gewesen, hätte sie sich ziemlich gewundert, wie entspannt und amüsant Richard sein konnte, doch so wunderte sie sich über gar nichts mehr. Die erste Flasche Wein wurde geleert, ebenso die Zweite und Richard, der um einiges trinkfester war als Lisa, stellte belustigt fest, dass diese ziemlich locker wurde, wenn sie getrunken hatte.

Auf dem Weg nach oben musste Lisa sich bei Richard einhaken. Kichernd stolperte sie die Treppe hoch und ließ sich von ihm bis zu ihrem Zimmer bringen. Lisa öffnete die Tür, löste sich von Richard und sprang mit Anlauf in ihr Bett, das mit einem hässlichen Krachen unter ihr nachgab. „Oh!“ erschrocken schlug Lisa eine Hand vor den Mund, musste dann aber lachen.

Kopfschüttelnd kam Richard in ihr Zimmer und Lisa stieg vom Bett. „Geh mal zur Seite und versuch bitte, nicht gleich das ganze Haus abzureißen.“ forderte er sie trocken auf, was einen weiteren Lachanfall bei Lisa auslöste. Ohne weiter auf sie zu achten hob Richard die Matratze an und stellte fest, dass Lisas Sprung zwei Latten aus dem Lattenrost gerissen hatte. Erfolglos versuchte er, die Latten wieder in ihre Ursprungsposition zu bringen. „Hm, das geht so nicht…“ murmelte er mehr mit sich selbst.

Unerwartet traf Lisas Kopfkissen ihren Kopf. Verblüfft fing sie es auf und starrte Richard an, der seinerseits laut lachte. „Ich wollte sagen: Halt mal bitte!“ spottete er, bevor er die Matratze samt Bettdecke auf den Boden verfrachtete, um besser an den Lattenrost zu kommen.

„Mistkerl..“ murmelte Lisa, tappte zu ihrer Matratze und ließ sich darauf fallen. Träge beobachtete sie Richard, der sich mit ihrem Lattenrost abmühte und so tat, als hätte er ihre Beleidigung nicht gehört. Schließlich stand er mit in die Hüften gesteckten Händen vor ihr. „Aufstehen!“

Lisa grinste. „Nö, ich lieg gerade so gut.“ Richard zuckte mit den Achseln. „Dann schlaf doch auf dem Boden….Gute Nacht!“ Ungerührt drehte er sich um. Lisa lachte empört, sprang auf und warf sich auf seinen Rücken. „Du kannst mich doch nicht einfach hier liegen lassen!“ rief sie. Ob des unvermuteten Angriffs strauchelte Richard und ließ sich kontrolliert mit ihr auf die Matratze fallen.

Amüsiert hob er eine Augenbraue. „Kann ich nicht..?“ „Nein!“ lachte Lisa und drehte sich so, dass sie auf ihm lag. „Ich bin doch völlig hilflos!“ scherzte sie. Richard legte beide Hände an ihre Hüften und schluckte, während er ihr in die Augen sah. Lisas Augen funkelten vor Übermut, sie schien seinen Stimmungsumschwung überhaupt nicht zu bemerken.

„Und außerdem, Herr von Brahmberg, ja, schulden sie mir noch etwas!“ Richard bemühte sich, seine Contenance wiederzuerlangen. „Das da wäre?“ fragte er ernst. „Sie haben einfach so angefangen, mich zu duzen – ohne, dass ich einen Brüderschaftskuss bekommen hätte!“ Unbekümmert grinste Lisa ihn an, während Richards Magen sich zusammenzog.

Ein, zwei Sekunden sah er ihr in die Augen, dann umfasste er sie fest und drehte sich mit ihr um, so dass sie halb unter ihm lag. „Sie haben recht…das geht natürlich überhaupt nicht.“ sagte er mit heiserer Stimme und sah ihr tief in die Augen. Urplötzlich wurde Lisa befangen. Mit klopfendem Herzen sah sie Richard in die Augen, der sich ihr langsam näherte.



Als sie seine Lippen auf ihren spürte, schloß sie die Augen. Ein nie gekanntes Gefühl trug sie davon. Der an sich harmlose Brüderschaftskuss wurde schnell leidenschaftlicher. Hinterher hätte keiner von beiden mehr sagen können, von wem die Initiative ausgegangen war.

Lisas Lippen schmeckten nach Rotwein und Richard fühlte sich wie berauscht. Er begehrte diese Frau, wollte mehr, wollte sie schmecken, spüren, berühren. Wie von selbst gingen seine Hände auf Wanderschaft, schlüpften unter ihr Top, streichelten ihren Bauch.

Lisas Hände krallten sich sanft in die Haare in seinem Nacken, während sie ihn hingebungsvoll küsste. Langsam streichelten Richards Hände sich höher, berührten anfangs zaghaft, dann, als kein Protest kam, verlangend ihre Brüste, befreiten sie von den Cups, indem diese einfach zur Seite geschoben wurden.

Schließlich setzte Richard sich halb auf und zog Lisa mit sich. Mit einer Bewegung zog er ihr das Top über den Kopf und ließ sie nicht aus den Augen, als er mit einer Hand geschickt ihren BH öffnete. Lisa erwiderte seinen Blick mit einer Selbstsicherheit, die Richard ihr in einer Situation wie dieser nie zugetraut hätte. Schon spürte er ihre Hände, die sich unter seinen Sweater schoben und zärtlich seine Brust streichelten.

Heiße und kalte Schauer überliefen seinen Rücken und er konnte nicht anders, als Lisa erneut zu küssen. Ungehindert konnten seine Hände nun ihren Oberkörper streicheln, fuhren sanft über ihre Brüste, neckten ihre steifen Brustwarzen. Als er seinen Händen seinen Mund folgen ließ, stöhnte Lisa leise auf.

Ungeduldig zerrte sie an seinem Sweater und Richard ließ kurz von ihr ab, um sich von demselben zu befreien. Langsam küsste er sich ihren Bauch hinab, bis er an ihrem Hosenbund angelangt war. Lisa lächelte, als er den Knopf öffnete und hob bereitwillig das Becken, als er ihr die Hosen auszog. Nur noch mit einem Höschen bekleidet lag Lisa vor ihm und Richard schluckte. Sie war schöner, als er je hätte ahnen können.

„Was ist los, Richard von Brahmberg…?“ neckte Lisa ihn leise, setzte sich auf und kniete sich vor ihn. Ernst schüttelte Richard den Kopf. „Nichts.“ versicherte er, legte beide Hände an ihre Hüften und ließ diese zu Lisas Po wandern, während er sie küsste. Er zog sie eng an sich und zum ersten Mal spürte Lisa, was sie bei Richard auslöste.

Dieser brachte sie mit sanftem Druck dazu, sich wieder hinzulegen und sah ihr in die Augen, während seine Hand langsam in ihrem Höschen verschwand. Lisa hielt unbewusst den Atem an, als er ihre Perle berührte. Etwas Derartiges hatte sie noch nie zuvor gespürt und unwillkürlich drängte sie sich Richards streichelnden Händen entgegen.

Richard beugte sich zu ihr hinab und küsste sich ihren Hals hinauf bis zu der zarten Haut hinter ihrem Ohrläppchen, während seine Finger tiefer in ihrer Feuchte verschwanden. Lisa glaubte, gleich ohnmächtig werden zu müssen. „Ich möchte mit dir schlafen…“ flüsterte Richard ihr ins Ohr und Lisa hörte ihn wie aus weiter Ferne. Unfähig, etwas zu sagen, nickte sie bloß. Ja. Sie wollte es. Hier und jetzt.

Entrückt sah sie zu, wie Richard sich von Jeans und Boxers befreite. Sanft strich er über ihre Beine, um diese dann vorsichtig zu öffnen. Lisas Herz überholte sich fast selbst, als Richard zu ihr kam und sein Gewicht mit seinen Armen abfing, die er neben ihr abstütze. Lächelnd legte sie eine Hand in seinen Nacken und vergrub ihre Finger in seinen Haaren. Dann schloß sie die Augen, als sie spürte, dass Richard langsam in sie eindrang.

Sie war völlig entspannt und nahm ihn mühelos auf. Was sie spürte, zog Lisa völlig in ihren Bann. Sie zog Richard zu sich herab und schlang beide Arme um seinen Nacken, als er langsam begann, sich in ihr zu bewegen. Die Gefühle, die er bei ihr auslöste, waren unbeschreiblich. Lisa hatte das Gefühl, als schwebe sie, sie konnte nicht genug davon bekommen.

Erregt stöhnte sie auf, als Richard nach einer ganzen Weile den Rhythmus steigerte. Sein Atem wurde schwerer und streifte ihr Ohr. „Richard….“ flüsterte Lisa selbstvergessen. Dieser küsste sie leidenschaftlich auf den Mund, während er sich tief in ihr bewegte. Als er ihre Lippen wieder freigab, stöhnte Lisa auf. Unwillkürlich schlang sie ihre Beine um Richards Hüften. Dieser spürte, dass er nicht mehr lange durchhalten würde.

Einen Moment später schrie Lisa leise auf. „Richard!“ entfuhr es ihr überrascht, dann spürte er, wie sie ihn rhythmisch umschloß und ließ sich gehen. Aufstöhnend erreichte er seinen Höhepunkt, ergoss sich tief in ihr und ließ sich dann schwer atmend auf sie sinken…



Richard fuhr sich in dem kleinen Flughafen-Café über die Augen. Am nächsten Morgen, als er wieder klar gewesen war, war er lange vor Lisa wach geworden. Es war ein Schock für ihn gewesen, als er anhand der Spuren im Bett feststellte, dass Lisa noch Jungfrau gewesen war. Vor allem war er wütend auf sich selbst gewesen, dass er diess nicht bemerkt hatte und schob es auf den verfluchten Wein, der ihm den Verstand vernebelt hatte. Nie und nimmer hätte er es so weit kommen lassen, wenn er gewusst hätte, dass dies Lisas erstes Mal gewesen war.

Leise hatte er ihr Zimmer verlassen, hatte seine Sachen gepackt und war verschwunden, ohne ihr eine Nachricht zu hinterlassen. Damals hatte er es für das Beste gehalten. Er wusste, welche Gefühle Lisa für seinen Bruder hegte und natürlich wusste er, dass auch Rokko Kowalski Lisa liebend gerne zu seiner Frau gemacht hätte. Richard wollte Lisa nicht in ein noch tieferes Gefühlschaos stürzen, indem er blieb. Lieber sollte sie glauben, dass Ganze sei für ihn nur ein One-Night-Stand gewesen und sich von einem der beiden anderen Männer trösten lassen.

Draußen vor dem Haus hatte Richard noch lange zu ihrem Fenster hinaufgeschaut, bevor er schließlich gegangen war. Zuerst hatte er es auf sein schlechtes Gewissen geschoben, dass er die Nacht mit Lisa nicht vergessen konnte, doch die Wochen vergingen und auch nachdem Richard sich längst in den USA ein neues Leben aufgebaut hatte, konnte er Lisa nicht vergessen.

Diese Nacht, diese Woche mit ihr, hatte seine Gefühle für Lisa verändert. Vor allem ihr erster und ihr letzter Abend….die Gespräche, die sie geführt hatten…sie hatte ihm geglaubt, dass er nichts mit Davids Entführung zu tun hatte – ganz im Gegensatz zu seiner und Davids Familie. Sie hatte ihn verstanden, hatte in nur wenigen Stunden erkannt, wer er wirklich war. Das konnte Richard von keinem anderen Menschen auf der Welt behaupten.

Und in all den Jahren, in denen er nur ab und zu etwas im Wirtschaftsteil über Kerima Moda Berlin gelesen hatte, sonst aber nichts von Lisa hörte, konnte er diese Nacht mit ihr nicht vergessen.

Sie nun hier auf diesem Flughafen in Berlin so unvermutet wiederzusehen hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. Sie hatte sich kaum verändert, war noch immer so schön wie früher. Ein Blick in ihre Augen hatte ihm genügt, um zu erkennen, dass sie sich vor allem innerlich nicht verändert hatte. Sie war noch immer diese eine besondere Frau, die bis auf den Grund seiner Seele blicken konnte und sah, wer er wirklich war.

Louis…Richard lief ein Schauer über den Rücken, als er an den Jungen dachte. Diese Augen…

Sie hatten nicht verhütet in dieser Nacht. Konnte es sein…? Aber warum um Himmels willen hatte Lisa sich nie gemeldet…? ‚Weil sie nicht die geringste Ahnung hatte, wohin du verschwunden warst…’ erinnerte ihn seine innere Stimme. Verzweifelt stützte Richard den Kopf in seine Hände. ‚Du bist so ein Idiot, Richard von Brahmberg…’

„Die Passagiere für den Flug 023 nach L. A, begeben sich bitte zu Gate 8.“ schallte es aus den Lautsprechern. Sein Flug. Er musste los.

Wie betäubt stand Richard auf, zahlte und ging zu Gate 8, um einzuchecken. Tief in Gedanken versunken gab er sein Gepäck auf, nahm seine Bordkarte entgegen und stieg schließlich in das Flugzeug, das ihn zurück in die USA bringen würde, wo er seit 11 Jahren lebte. Er hatte den Kontakt zu seiner Familie und allen Kerimas abgebrochen, die lieber an einen Justizirrtum als seine Unschuld glaubten. Sie alle konnten ihm gestohlen bleiben, bis auf Eine…

Richard bekam nicht bewusst mit, wie das Flugzeug startete. Er holte seinen Blackberry aus seinem Handgepäck und surfte die Homepage von Kerima an. Schnell hatte er gefunden, was er suchte: Die E-Mail-Adressen der einzelnen Mitarbeiter. Sekundenlang starrte er auf den Schriftzug: lisa.seidel@kerima-moda.de

Richard atmete tief durch und ließ sich in den Sitz fallen. Sein Blick fiel aus dem Flugzeugfenster. Ein 11-Stunden-Flug lag vor ihm. Viel Zeit, sich zu überlegen, was er Lisa mailen wollte. Er musste Gewissheit haben, ob Louis sein Sohn war. Und vor allem musste er ihr endlich sagen, was er für sie empfand.

Richard schloß gequält die Augen, als er sich nach all den Jahren endlich eingestand, was er seit jener Nacht verleugnete. Er liebte Lisa. Immer noch. Nach all der Zeit. Er konnte nicht mehr schweigen. Er brauchte Gewissheit, so schnell wie möglich. Entschlossen griff Richard erneut nach seinem Blackberry und öffnete das E-Mail.Programm…

(vorerst) Open End...
 
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