Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Der letzte Kuss - OS
 

Fürsorglich breitete Richard sein Jackett über Lisas Oberkörper aus und kniete sich dann hinter sie, um ihren Kopf vorsichtig auf seine Oberschenkel zu betten. Ihr war kein Idiot. Sie war bereits entkräftet, ihr Puls war unregelmäßig und schwach…es sah nicht gut aus. Doch das durfte er sie jetzt nicht spüren lassen.

Sie waren mutterseelenallein auf dieser Landstraße. Kein Auto war bisher an ihnen vorbei gekommen, niemand, den er hätte um Hilfe bitten können. Nicht mal eine Straßenlaterne spendete ihnen etwas Licht, weshalb er die Scheinwerfer des Autos angelassen hatte. Aus ihrer Position konnte Lisa das Reh, dem sie versucht hatte auszuweichen und das nunmehr tot auf der Straße lag, nicht sehen. Wie er Lisa kannte, hätte sie sich selbst in dieser Situation noch Vorwürfe deswegen gemacht.

„Ganz ruhig, Lisa….der Rettungswagen kommt gleich.“ sagte er leise zu ihr und streichelte ihr Gesicht. Sie weinte vor Schmerzen und ihre Lippen zitterten, als ihr Blick den seinen suchte. Richard lächelte sie an, doch er fürchtete, dass es ziemlich unecht aussah. „Halt noch ein bisschen durch.“ flüsterte er ihr gerade zu, als sein Handy klingelte. Mit einer Hand angelte er es aus seiner Hosentasche. David.

„Wo bleibt ihr denn? Das Essen steht schon auf dem Tisch!“ fragte sein Bruder sofort nachdem er sich gemeldet hatte. „Und wieso geht Lisa nicht ans Telefon?!“ „David!“ versuchte Richard den Wutanfall seines Bruders zu unterbrechen. „David, wir hatten einen Unfall!“

Stille. Dann: „Was? Wo seid ihr? Ist euch was passiert?“ Richard schloß kurz die Augen. „Wir sind auf der Landstraße raus nach Göberitz. Mit geht es gut, aber wir warten gerade auf den Notarzt….Lisa…“ Richard brach ab. Er konnte seinem Bruder nicht sagen, was er befürchtete: Dass seine Frau die Nacht nicht überstehen würde. Und vor allem konnte er das nicht vor Lisa sagen. Er musste ihr doch das Gefühl geben, dass alles wieder gut würde!

„Was ist mit Lisa!“ David klang nun ziemlich hysterisch. Richard sah auf seine Schwägerin hinab und ergriff ihre Hand, um sie sanft zu drücken. „Sie ist etwas verletzt. Wie gesagt, wir müssen auf den Arzt warten.“ beschönigte er die Sache und streichelte Lisas Hand.

„Wo seid ihr? Ich komme zu euch!“ Richard sah die Straße hoch und runter, doch er konnte David keinen Anhaltspunkt nennen. „Fahr einfach die Landstraße entlang, ich hab keine Ahnung.“ „Ja, bis gleich.“ sagte David noch schnell und legte auf.

Richard legte das Handy achtlos neben sich und suchte Lisas Blick. „David kommt auch gleich.“ sagte er leise zu Lisa, doch diese schien das gar nicht richtig wahrzunehmen. „Richard…“ Gott, wie tonlos und dünn ihre Stimme klang. Richard schluckte, als sein Herz sich schmerzhaft zusammenzog. „Ja?“ Besorgt sah er in ihre Augen. Wie sehr er sie doch liebte…

„Kannst….kannst du mich in den Arm nehmen?“ bat sie mit erstickter Stimme. Zweifelnd sah Richard sie an. „Ich weiß nicht, ob das so gut ist, wenn wir dich soviel bewegen.“ Lisa lächelte. „Egal…“ hauchte sie. Richard zögerte noch kurz, dann nahm er ihren Kopf vorsichtig in seine Hände, um neben sich neben sie knien zu können. Langsam schob er seinen Arm unter ihrem Kopf durch und beugte sich über sie, um sie vorsichtig an sich zu drücken. Lisa schluchzte in seinen Armen auf.

„Hey, nicht weinen….alles wird wieder gut.“ versuchte er sie zu trösten und strich ihr die Tränen von den Wangen. Lisa schüttelte fast unmerklich den Kopf. „Lüg mich nicht an.“ flüsterte sie und Richard musste schlucken. Ihre kleine Hand zitterte, als sie sie nach seinem Gesicht ausstreckte. Richard ergriff sie und schmiegte sie an seine Wange. „Red nicht so einen Unsinn.“ Er versuchte, stark zu klingen, doch ihr Lächeln zeigte ihm, dass sie ihm das nicht abnahm.

„Komm etwas näher, bitte.“ Ihre Stimme war kaum noch hörbar. Richard beugte sich tief über sie, in dem Glauben, sie wolle ihm etwas sagen. Stattdessen küsste sie ihn zart auf den Mund. Erstaunt sah Richard sie an. Erneut lächelte Lisa schwach. „Das wollte ich schon immer mal machen…“ wisperte sie. Richards Herz machte einen Sprung. „Lisa….“ flüsterte er konsterniert.

In der Ferne hörte er endlich das Martinshorn des Krankenwagens. „Da kommen sie, hörst du!“ sagte er aufgeregt und nahm ihre Hand in seine beiden. Lisa, die die Augen geschlossen hatte, nickte nur. Ein ungutes Gefühl ergriff Richard. „Lisa? Lisa!?“ Doch sie öffnete nicht die Augen. Panisch sah Richard sie an und beugte sich tief über sie, um zu hören, ob sie noch atmete. Nichts. Geschockt richtete Richard sich wieder auf und starrte sie an. „Lisa…“ Tonlos kam es über seine Lippen.

Wie aus weiter Ferne bekam er mit, dass der Rettungswagen neben ihnen hielt und ein Arzt sowie zwei Rettungsassistenten zu ihnen eilten. Man nahm ihm Lisa aus den Armen. Er bekam es gar nicht richtig mit. Wie in Trance sah er zu, wie der Arzt Lisa untersuchte. Ein schwarzer BMW hielt am Straßenrand und sein Bruder stürzte aus dem Auto zu seiner Frau, während Richard immer weiter rückwärts ging, den Blick starr auf Lisa geheftet.

Er war unfähig, etwas zu sagen oder irgendwie zu reagieren, als David den Arzt fragend ansah und dieser bedauernd den Kopf schüttelte. Langsam ging Richard weg, in die dunkle Nacht, immer weiter…er spürte nichts mehr, nichts. Sie war weg. Es war alles egal….

 
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