Fortsetzungs-FF! Bitte zuerst ViB4, Broken, Hopeless und Falling lesen!!
On the Edge
Kapitel 1
Müde und erschöpft landeten Lisa und David nach ihrem Urlaub wieder auf deutschem Boden. Der Flug von den Malediven war anstrengend gewesen und war David trotz Einnahme der leichten Beruhigungsmittel nicht so gut bekommen wie der Hinflug. Nun sehnten sich die beiden nur noch nach einem Bett und mindestens 24 Stunden schlaf am Stück. Trotzdem glitt Lisas Blick immer wieder zu ihrer Linken Hand, immer wieder hatte sie sich gefragt wie David es geschafft hatte auf dieser einsamen Insel diesen wunderschönen Ring aufzutreiben. Doch er schwieg beharrlich, lächelte sie immer nur an. So auch jetzt und selbst dieses müde lächeln brachte die Schmetterlinge in Lisas Bauch zum Walzer Tanzen. Endlich begann sich das Gepäckband in Bewegung zu setzten, die ersten Koffer fuhren langsam an ihnen vorbei. Zu langsam für ihren Geschmack und wie immer in solch einer Situation kamen ihre Koffer mit als letztes an ihnen vorbei. Schwerfällig zog David sie vom Band, stellte sie kurz auf den Boden ab und hievte sie dann schnaufen auf den Wagen. Besorgt sah Lisa zu ihm hinüber, nahm ihm dann sanft, aber bestimmt den Wagen ab, ließ ihn sich bei ihr unterhaken und machte sich auf den Weg in Richtung Ausgang. Lautlos glitten die Schiebetüren vor ihnen auseinander und sofort wurden sie von einem Gewirr aus Wortfetzen und anderen Geräuschen empfangen. Suchend ließen sie ihren Blick durch die Ankunftshalle schweifen auf der Suche nach den Seidel, Richard oder Sydney, doch sie waren nicht da. Verwundert tauschten sie einen Blick aus, seufzten dann gleichzeitig auf und gingen langsam zur nächsten Bank hinüber, um sich darauf nieder zu lassen. Hatte man sie etwa vergessen? Oder hatten sie das falsche Datum aufgeschrieben? Tausende Fragen und Möglichkeiten schossen ihnen gleichzeitig durch den Kopf, doch sie bekamen keine wirklich zu fassen, waren nicht in der Lage sie wirklich in betracht zu ziehen.
Langsam ließ David seinen Kopf gegen ihre Schulter sinken, sein angeschlagener Körper forderte nach Ruhe und so schloss er die Augen. Registrierte noch wie Lisa vorsichtig über seinen Arm strich bevor er sich der erholsamen Dunkelheit eines traumlosen Schlafs hingab.
Lisa unterdessen seufzte noch einmal auf dann fischte sie ihr Handy aus ihrer Handtasche und wählte die Nummer der Villa. Sie bekam ein Freizeichen, es klingelte, einmal, zweimal, dreimal doch niemand hob ab. Sie sah auf ihre Uhr, 21:30 Uhr zeigte sie ihr an. Wo waren ihre Schwiegereltern in Spe? Schon unterwegs? Sie versuchte es auf Friedrichs Handy, doch dort ging nur die Mailbox ran, das gleiche bei Laura. Ein weiteres Seufzen entwich ihrer Kehle bevor sie Richards Nummer anwählte.
`Der gewünschte Gesprächspartner ist zur Zeit nicht erreichbar. Bitte versuchen sie es später noch einmal.´ tönte die blecherne Frauenstimme in ihr Ohr. Das durfte doch nicht wahr sein, stöhnte sie innerlich auf. Blieb nur noch Syd, doch auch dort erhielt sie dieselbe Antwort. Eine weile lauschte sie Davids tiefen, meist gleichmäßigen Atemzügen und überlegte dabei fieberhaft welche Möglichkeiten ihr noch blieben, wenn sie die Nacht nicht auf dem Flughafen verbringen wollte. Ihre Eltern schieden aus, sie befanden sich immer noch auf Kreuzfahrt, bei Max und Yvonne wollte sie so spät nicht mehr stören und dabei Gefahr laufen Emma zu wecken. Der Einzige, der ihr noch einfiel war Jürgen, doch auch da stand sie vor dem selben Problem. Die Gefahr den kleinen Gabriel aus seinen Träumen zu reißen war zu groß. Blieb nur noch zwei Möglichkeiten, sie mussten sich ein Taxi nehmen oder im Flughafenhotel übernachten. Vorsichtig strich sie David über das Gesicht, flüsterte seinen Namen. Verschlafen öffnete er die Augen.
„Sind sie da?“ nuschelte er an ihre Schulter.
„Nein und ich erreiche auch niemanden, anscheinend hat man uns vergessen oder wir haben ihnen durch die Zeitverschiebung das falsche Datum genannt.“
„Und warum weckst du mich dann?“
„Hier können wir nicht bleiben, das ist viel zu unbequem. Bleiben noch zwei Möglichkeiten, Taxi oder Hotel?“
„Taxi,“ seufzte er auf. Er wollte nur noch nach Hause und schlafen ohne nochmals seinen Koffer öffnen zu müssen.
„OK, dann komm. Hak dich bei mir unter.“ War sie schon aufgestanden und hielt ihm ihre Hand hin.
40 Minuten später kamen sie an der Villa Seidel an, sie lag komplett im dunkeln. Verwundert schauten sie sich an, zuckten dann gleichzeitig mit den Schultern, ließen ihre Koffer im Flur stehen und machten sich auf den Weg nach oben, wo sie sich nun vollends erschöpft aufs Bett fallen ließen.
Mit sorgenvoller Miene saß Laura an Richards Bett, sein Zustand hatte sich nicht mehr verändert, was auf der einen Seite ein gutes auf der anderen für sie aber auch ein schlechtes Zeichen war. Jeden Tag hatte sie sich morgens von Friedrich ins Krankenhaus bringen lassen, leistete Sydney Gesellschaft, versuchte ihn auf andere Gedanken zu bringen, besuchte mit ihm täglich für eine Stunde Richard und begab sich abends nachdem er eingeschlafen war ganz zu ihm, bis Friedrich sie irgendwann zwischen 22 und 23 Uhr wieder abholte. Zwar war die offizielle Besuchszeit dann schon lange um, doch die Ärzte und Schwestern drückten auf Anweisung von Dr. Lorenz beide Augen zu. Vor ein paar Tagen hatte sie gedacht er würde aufwachen, sie hatte sich eingebildet ein leichtes Lächeln in seinem Gesicht zu sehen. Doch dies war unmöglich, Richard wurde immer noch beatmet. Allerdings hatte sie heute festgestellt das Richard immer ruhiger wurde und dies wurde ihr diesmal auch von Dr. Lorenz bestätigt. Er sah dies als gutes Zeichen, konnte ihr jedoch immer noch nicht sagen ob Richard je wieder aus dem Koma erwachen würde. Sie hörte wie die Türe zum Zimmer leise geöffnet wurde, Schritte, die sich auf das Bett zu bewegten, dann trat ihr Mann in ihr Blickfeld. Wie jeden Abend nahm er Richards Hand in seine, berichtete ihm von seinem Tag bei Kerima, strich ihm dabei immer wieder väterlich durchs Haar, bis er am Ende seine Hand leicht drückte in der Hoffnung die Geste würde erwidert werden.
Sie nickte ihm zu, stand auf und zog sich ihren Mantel über, schweigend gingen sie zum Wagen, erst als sie losfuhren erkundigte Friedrich sich nach Sydney.
„Es geht ihm ganz gut. Allerdings macht er sich immer noch Vorwürfe das er Richard damals aus den Augen verloren hat.“
Friedrich seufzte auf, „Er trägt keine Schuld an dem was passiert ist. Warum will er das nicht wahrhaben?“
„Ich glaube Richard und Syd haben eine ganz besondere Geschwisterliche Bindung, auch wenn sie eigentlich nur Stiefgeschwister sind.“
Friedrich nickte daraufhin nur, konzentrierte sich weiter auf die Straße, „Bleibt es dabei, das er Übermorgen entlassen wird?“
„Ja,“ bestätigte Laura, „Seine Blutwerte sind in Ordnung, die Naht der OP verheilt bestens und die ersten Reha Stunden hat er auch schon murrend hinter sich gebracht.“
„Dann sollten wir das Gästezimmer für ihn herrichten lassen. Alleine in seiner Wohnung wäre er wohl ziemlich aufgeschmissen.“
„Ja das sollten wir, ich sage Gabriele gleich morgen früh bescheid.“ Antwortete Laura als sie in die Einfahrt der Villa einbogen. Friedrich hielt vor der Türe an, zog den Schlüssel aus der Zündung und hielt seiner Frau die Türe auf.
„ Wann kommen eigentlich David und Lisa zurück?“
„Morgen oder Übermorgen, da muss ich noch mal auf dem Kalender nachschauen.“
„Gut, dann können wir mit Sydney zusammen überlegen was wir ihnen sagen. Ich weiß nicht ob wir David mit der ganzen Wahrheit konfrontieren soll....ten“ blieb ihm das letzte Wort fast im Hals stecken als er die beiden Koffer im Flur stehen sah.
[B] Kapitel 2[/B]
Leise schlich Laura die Treppe in das obere Stockwerk der Villa hoch. Vor Davids alter Wohnung blieb sie stehen, lauschte kurz auf irgendwelche Geräusche bevor sie in das dunkle Wohnzimmer trat. Ihr Weg führte sie weiter in das angrenzende Schlafzimmer, sie bemerkte, das die Vorhänge nicht zugezogen waren und der Vollmond das Zimmer in ein gedämmtes Licht tauchte.
Lisa und David lagen angezogen auf dem Bett und schienen sie nicht gehört zu haben, selbst die Schuhe hatten sie noch an. Vorsichtig trat sie näher streifte erst ihrem Sohn und dann Lisa die Schuhe ab, ging hinüber zu dem großen Schrank und holte zwei weitere Decken hinaus, welche sie über die beiden ausbreitete. Dabei ließ sie ihren Blick auf den Gesichtern, der Kinder verweilen. Sie sahen erholt und zufrieden aus, auch wenn ein leichter hauch von Erschöpfung und Reisestress noch zu sehen war. Laura konnte sich nicht mehr zurückhalten, sanft strich sie David durch das Haar, sein Atem war zwar tief und ruhig, dennoch machte sich Sorge um seinen Gesundheitlichen Zustand in ihr breit.
„Was machst du hier?“ hörte sie die Stimme ihres Mannes flüstern, der unbemerkt das Zimmer betreten hatte.
„Ich musste einfach mal nach den beiden sehen, immerhin haben wir sie vergessen Friedrich.“ Stand sie auf und ging auf ihn zu.
„Wer sagt denn das wir sie vergessen haben, sie haben uns das falsche Datum genannt.“
Bevor Laura antwortete zog sie ihn aus der kleinen Einliegerwohnung, die Treppe hinunter und griff in ihre Handtasche. Schnell blätterte sie in ihrem Kalender nach.
„Wir haben sie vergessen. Schau hier.“ Reichte sie ihm den Kalender, in dem beim heutigen Tage groß drin stand das sie Lisa und David um halb Zehn abholen sollten. Sie hatte es sich sogar noch rot umrandet und trotzdem hatten sie es vergessen.
Friedrich schluckte, dann sah er seine Frau wieder an, „Und wie erklären wir ihnen das morgen?“ fragte er und senkte seinen Blick gegen Boden.
Laura seufzte auf, „Ich weiß es nicht Friedrich, aber lange können wir ihnen die Situation eh nicht verheimlichen wenn Syd übermorgen aus dem Krankenhaus kommt.“ Ließ sie sich auf das Sofa fallen. Friedrich nickte nur, nahm sich den Wirtschaftsteil und verzog sich in sein Arbeitszimmer.
[I] Hektisch glitt er mit seiner Hand durch den dichten Nebel. Immer noch trat dieser auf wann er wollte und all seine versuche dies zu kontrollieren waren bis jetzt gescheitert. Knurrend gab er irgendwann auf, Zeitgefühl hatte er eh keins mehr. Er spürte eine Wand in seinem Rücken und war wieder einmal aufs neue Erstaunt darüber, das diese wie aus dem Nichts in diesem unendlich scheinenden Raum plötzlich auftauchten. War es richtig gewesen hier zu bleiben? Fühlte er sich hier wirklich wohl, war er bereit den Rest der Ewigkeit hier in diesem Sterilen weiß alleine zu verbringen. Auf seine Familie, seine Freunde zu warten? Und was wenn sie gar nicht hier her kamen? Was wenn sie einen anderen Weg gingen? Wütend ließ er sich an der Wand hinunter gleiten, all diese Fragen machten keinen Sinn, er würde keine Antwort darauf finden. Seine Hand fuhr über den Boden, der Nebel lichtete sich ein wenig und er sah sich selber, in diesem sterilen Bett, angeschlossen an Maschinen, die ihn hier gefangen hielten.
Niemand hält dich gefangen, redete er sich selber ein, es war deine Entscheidung. Du hast deine Schuldigkeit getan, es ist an der Zeit weiter zu gehen. Nur war das einfacher gesagt als getan. Die ganze Zeit, seit dem Gespräch mit David und Sydney hatte er versucht den Ausgang zu finden, die Türe, die ihm endlich erlaubte mit allem abzuschließen. Doch sie war nicht da. In manchen Momenten hätte er sich auch über die Türe in die Hölle gefreut, doch auch das wurde ihm verwehrt. Oder war das hier schon die Hölle? Nein, schüttelte er den Kopf. Auch wenn er sich mit der Zeit wohl zu Tode langweilen würde, aber die Hölle war dieser Ort hier bestimmt nicht. Dafür war es zu hell, zu weiß, zu steril und vor allem zu ruhig. Noch nicht mal seine eigenen Schritte konnte er hören. Es war als wäre der Boden mit einer dicken Schicht aus Teppich und Watte ausgelegt, die jedes Geräusch gnadenlos verschluckten. Das konnte nicht die Hölle sein, in der Hölle herrschte das Feuer, es war unerträglich heiß und man hörte die quälenden Schreie, der geschundenen Seelen. Genau so war es dort. Er war sich nicht sicher warum er genau dieses Bild von der Hölle in seinem Kopf hatte, wahrscheinlich weil es ihm immer so beigebracht worden war. Weil man es ihm als Kind so erzählt hatte. Doch woher wollten die Leute wissen wie es in der Hölle war wenn sie noch nie da gewesen waren? Diese Frage ließ ihn nicht mehr los, er lehnte den Kopf zurück und gab sich ihr ganz hin. Versuchte die Antwort zu ergründen, ihre Schwachstelle zu finden, um sie dann gnadenlos auseinander zu nehmen.[/I]
Sydney versuchte sich zum wiederholten male von einer Seite auf die andere zu drehen, doch immer wieder war ihm sein Arm und die Gipsschiene im Weg. Entnervt seufzte er auf, eben konnte er doch auch so schlafen, warum ging das plötzlich nicht mehr? Er war froh wenn er am Morgen entlassen wurde, in seiner Wohnung konnte er wenigstens tun und lassen was er wollte. Zum Glück hatte er Dr. Lorenz bei der Visite überreden können ihn einen Tag früher zu entlassen als geplant. Zwar musste er noch einmal zur Reha, aber dann konnte er aus diesem Bunker raus. Ein seufzen entfuhr seiner Kehle, als er sich auf die linke Seite drehte um auf den Wecker zu schauen, den Friedrich und Laura ihm vorbeigebracht hatten. 1:25 Uhr prangte ihm in roten Digitalziffern entgegen. Sein Blick glitt an dem Wecker vorbei ans Fenster, doch hinaussehen konnte er nicht. Die Nachtschwester hatte die Jalousien hinunter gelassen, innerlich verfluchte er sie dafür, doch sie machte auch nur ihren Job und nett war sie ja eigentlich auch. Trotzdem, so langsam ging ihm der ganze Krankenhausalltag auf die nerven, vor allem das er nur eine Stunde am Tag zu Richard durfte. Wussten sie denn nicht, das Kontakt und vertraute Menschen das beste für ihn waren. Er erinnerte sich an seinen Traum, war es überhaupt ein Traum gewesen? Doch es musste ein Traum gewesen sein, David war ja auch da. David! So schnell er konnte setzte er sich kerzengerade im Bett auf. Das war kein Traum gewesen, Richard hatte sie gerufen. Hektisch schwang er die Beine aus dem Bett, versuchte so gut es ging in den Bademantel zu schlüpfen und schlich sich aus dem Zimmer.
[I] Ein unerwartetes Geräusch ließ ihn zusammenzucken. Was war das gewesen? Es hatte sich wie eine zuschlagende Türe angehört. Doch wie war das möglich? In der ganzen Zeit in der er nun hier war hatte er nie ein Geräusch gehört, außer ab und an einen Seufzer oder ein Knurren, das seiner Kehle entwichen war. Er sah auf, der Nebel war noch dichter geworden, schnell rappelte er sich wieder hoch. Jemand war hier, irgendwer hatte sich Zugang zu diesem unendlichen Raum verschafft, wo immer dieser auch war. Sobald er versuchte er durch eine Handbewegung den Nebel zu lichten. Nichts veränderte sich, stattdessen löste sich die Wand hinter ihm auf.
„Verdammt noch mal, was ist hier los?“ knurrte er zu sich selbst und ging einige Schritte in den Nebel hinein, seine Augen verengten sich zu schlitzen. War das wirklich Dunkelheit, die er am Horizont erkannte?
„Ich dachte ich helfe dir ein bisschen nach endlich loszulassen.“ Hörte er eine bekannte Stimme hinter sich.[/I]
[B] Kapitel 3 [/B]
Als Sydney Richards Zimmer betrat lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Es war ungewöhnlich kühl in diesem Raum, zu kühl für seinen Geschmack. Außerdem hatte er ihn wärmer in Erinnerung. Langsam trat er an das Bett heran, das in der Mitte des Raumes, mit dem Kopf an der Wand stand. Ließ seinen Blick über die regungslose Gestalt wandern, irgendetwas war anders und er war sich sicher das es nicht nur die Temperatur war. Vorsichtig ergriff er die schlaffe Hand seines Bruders. Erneut fröstelte es ihn, das Richards Hand nicht wirklich warm war wusste er, aber nun war sie eiskalt. Panisch suchten seine Augen die Überwachungsmonitore ab. Das kontinuierliche Piepsen war leise, aber klar in regelmäßigen abständen hörbar. Erleichtert ließ er die angehaltene Luft entweichen, für einen Moment dachte er wirklich Richard hätte aufgegeben.
Vorsichtig legte er Richards hand wieder auf der Bettdecke ab, ging ein paar Schritte in Richtung Fenster und blieb vor der Heizung stehen.
„Ganz schön kühl hast du es hier Richi,“ sprach er und griff nach dem Regel, nur um verdutzt festzustellen, das sie schon auf höchster Stufe stand. „ Komisch,“ murmelte er vor sich hin, drehte sich um und betrachtete sich seinen Bruder noch einmal genauer. Die Konturen verschwammen, das Zimmer schien sich zu drehen. Er versuchte sich noch an der Wand abzustützen, hatte das Gefühl als ob er fallen würde, dann stoppte alles genauso plötzlich wie es begonnen hatte und er befand sich in einem weißen Nebel.
[I] Richard kannte diese Stimme nur zu gut und eigentlich hatte er gedacht sie nie wieder zu hören. Genervt drehte er sich um, teilte den mit einer Hand, so das er verschwand und sah sofort in das hämisch grinsende Gesicht von Rokko Kowalski.
„Du bist auch lästiger als ein Sack Flöhe Kowalski kann das sein?“ erwiderte er kopfschüttelnd.
„Und du bist immer noch so charmant wie eh und je.“ Grinste dieser weiter, während er langsam auf ihn zu schritt.
„Genug der Höflichkeiten,“ klatschte Richard in die Hände, „ Was auch immer du hier willst, dies ist meine Zwischenwelt und da empfange ich eigentlich nur geladene Gäste.“
„Du scheinst die Spielregeln hier oben noch nicht zu kennen von Brahmberg. Hier gibt es kein dein oder mein und hier gibt es auch keinen unbegrenzten Sonderurlaub. Du befindest dich sozusagen auf dem Durchreisebahnhof, aber keine Sorge es wird nicht mehr von langer Dauer sein.“
„Ach und du willst mir die richtige Richtung zeigen oder was? Entschuldige aber ich brauche kein Second Hand Navigationssystem. Ich finde meinen Weg auch alleine.“
„Das sieht seit Wochen aber schon anders aus.“ Blitze es in Rokkos Augen auf, gerade wollte er die letzte Distanz zwischen ihnen überwinden, da prallte er gegen eine unsichtbare Wand und fiel unsanft auf den Boden. „Verdammt noch mal, wie hast du das gemacht.“ Zischte er und seine Augen funkelten vor Hass.
Richard war im ersten Moment genauso erstaunt wie Rokko, ließ es sich jedoch nicht anmerken. Deswegen zuckte er nur mit den Schultern bevor er ihm antwortete. „Denkst du wirklich das würde ich dir verraten?“ grinste er nun und war erleichtert über die Pause, die man ihm so verschafft hatte.
„Ach, hast du dir Verstärkung gerufen?“ triefte Rokkos Stimme vor Sarkasmus als er sich suchend umsah und Sydney in der Ferne erkannte.
Ungläubig sah Sydney sich um, alles um ihn herum war weiß und in leichten Nebel getaucht. Er erkannte den Ort sofort wieder, träumte er etwa? Nein das konnte nicht sein, er war doch zu Richard gegangen. Richard! Suchend ließ er den Blick umherschweifen und machte in der Ferne zwei Personen aus. Hatte Richard sie etwa wieder zu sich gerufen? Vorsichtig, so als ob er dem Boden unter sich nicht trauen würde begann er auf sie zu zu gehen, doch es schien als würde er nicht wirklich vorwärts kommen. Er sah wie die beiden Personen gleichzeitig die Köpfe in seine Richtung wandten und nun erkannte er sie. Seine Schritte beschleunigten sich, was tat er hier? Wie kam er hier her und was wollte er von Richard. Immer noch blieb der Abstand gleich und Syd spürte wie ihm langsam aber sicher die Luft ausging. Seine Atmung beschleunigte sich, Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Warum zum Teufel kam er ihnen nicht näher?
„Herr London?“ vernahm er eine fragende Stimme hinter sich, „Herr London? Ist alles in Ordnung mit ihnen?“
Er konnte die Stimme im ersten Moment nicht einordnen, er sah nur wie er endlich den Abstand zwischen sich Richard und Rokko verringert hatte, als plötzlich alles Schwarz um ihn herum wurde. [/I]
„Herr London!“ sagte Dr. Lorenz nun eindringlicher als er sah wie Sydney leicht schwankte und packte ihn unter den Armen.
Sydney kniff die Augen zusammen, das dämmrige Licht im Zimmer blendete ihn im ersten Moment und schützend hob er die linke Hand zu seinen Augen.
„Alles in Ordnung.“ Versuchte er den Arzt zu beruhigen und sammelte sich wieder.
„Was machen sie überhaupt hier? Sie gehören ins Bett, sie stehen unter Schmerzmitteln. So wird das nichts damit das sie morgen entlassen werden.“
„Ich...ich wollte nur nach ihm sehen.“ Flüsterte Syd nun und warf einen Blick auf Richard, so ganz konnte er das gerade gesehene immer noch nicht einordnen, „Ich hatte so ein komisches Gefühl.“
„Ihrem Bruder geht es gut, seine Werte sind seit 20 Stunden konstant stabil. Das ist ein gutes Zeichen.“ Führte er ihn aus dem Zimmer und zurück in sein Bett.
Sydney fühlte sich benommen, in seinem Kopf fuhren die Gedanken Achterbahn und es schien als würden sie mit jeder weiteren Runde immer mehr in Watte gepackt. Ohne wiederstand ließ er sich ins Bett packen und drehte den Kopf zur Seite. Was machte Rokko Kowalski bei Richard? War es wirklich ein gutes Zeichen das seine Werte so lange stabil waren?
„Wird er wieder aufwachen?“ fragte er als Dr. Lorenz sich zum gehen wandte.
„Das kann ich ihnen nicht sagen, es kann sein das er in den nächsten Stunden aufwacht oder in den nächsten Tagen, aber genauso gut kann es noch Monate dauern, vielleicht auch Jahre.“ Trat er zurück an das Bett seines Patienten.
„Oder nie wieder.“ Flüsterte Syd während er schon wieder die Augen schloss. Er war plötzlich unheimlich müde.
Dr. Lorenz presste die Lippen aufeinander und nickte leicht. Er wusste es war eine Feststellung und keine Frage gewesen, aber er wusste auch das Richard, Sydney und David ein sehr enges brüderliches Verhältnis hatten. Es würde schwer für sie sein zu akzeptieren das ihr Bruder eventuell nie wieder aus dem Koma erwachen würde und das es nicht in der Macht von ihm oder seinen Kollegen lag, um dies zu ändern.
Am nächsten Morgen wies Laura Gabriele an, das Gästezimmer für Sydney herzurichten, ebenso unterrichtete sie, sie das Lisa und David schon wieder zurück waren und sie ihnen doch bitte Frühstück zurück stellen sollte. Die Wohnung bräuchte sie nicht herzurichten, da die beiden bestimmt noch eine Weile schlafen würden.
„Was soll ich den Herrschaften sagen wo sie, sie erreichen können?“ fragte Gabriele nach als Laura sich zum gehen wandte.
„Sagen sie ihnen das Friedrich bei Kerima ist und ich in der Stadt. Sie wissen noch nicht was passiert ist und wir sollten es ihnen schonend beibringen.“ Erwiderte Laura und ein Schatten legte sich bei dem Gedanken daran wie sie ihrem jüngsten erklären musste das sein ältester Bruder eine schwere Stichverletzung hatte und sein mittlerer Bruder im Krankenhaus im Koma lag.
„Sehr wohl Frau Seidel.“ Nickte Gabriele und machte sich auf den Weg das Gästezimmer herzurichten. Seufzend machte Laura sich auf den Weg nach draußen, wo Friedrich schon im Wagen auf sie wartete. Gerne wäre sie zu Hause geblieben, hätte gewartet bis David und Lisa runter kamen und mit ihnen zusammen gefrühstückt, doch sie wusste auch das Sydney und Richard sie nun brauchten. Mariella und Max hatten bei Kerima so viel zu tun, das sie es selten ins Krankenhaus schafften. Yvonne war ein paar mal mit der kleinen Emma vorbeigekommen um Sydney zu besuchen und auch Jürgen und Sabrina waren mit Gabriel da gewesen um Syd ein wenig aufzumuntern. Sabrina war dann auch bei Richard gewesen, eine Geste, die Laura ihr hoch anrechnete nachdem wie Richard nach der geplatzten Hochzeit reagiert hatte. So in ihre Gedanken versunken bemerkte sie nicht, wie Friedrich schon vor dem Krankenhaus hielt. Erst als er sie sachte am Arm berührte schreckte sie hoch, verabschiedete sich mit einem Kuss von ihm und stieg seufzend aus dem Auto. Hoffentlich hatte Sydney eine Idee wie sie das ganze David und Lisa erklären konnten.
[B] Kapitel 4 [/B]
Als Lisa erwachte bahnte sich die hoch am Himmel stehende Sonne ihren Weg durch die schweren Vorhänge. Verschlafen blinzelte sie ein paar mal um einigermaßen klar sehen zu können, dann griff sie nach ihrer Brille. Verwundert stellte sie fest, das sie immer noch ihre Sachen anhatte, was sie veranlasste sich genauer in dem Raum umzusehen. Im ersten Moment war sie ein wenig orientierungslos, musste das gesehene erst wieder neu einordnen, dann erinnerte sie sich das sie sich nicht mehr auf den Malediven befand, sondern in Davids altem Zimmer. Mit einem Seufzer ließ sie sich zurück in die Kissen fallen und sah zu ihrem Verlobten hinüber. Verlobter, wie sich das anhörte. Wie einer ihrer Träume, sie kniff sich kurz in den Arm und unterdrückte einen Aufschrei. Dies war garantiert kein Traum, sie waren wieder zurück und als sie ihren Blick weiter über sein entspanntes Gesicht gleiten ließ kam die Erinnerung schlagartig zurück. Sie drehte sich zu ihm um, strich ihm vorsichtig eine Strähne aus der Stirn und beobachtete ihn einfach. Nichts war für sie schöner als ihn beim schlafen zu beobachten, nach allem was sie bis jetzt durchgemacht hatten. Tagsüber trübten sich seine Augen ab und an wenn er in Gedanken an die Vergangenheit versunken war. Sie hatten es sich beide nicht einfach gemacht und Lisa musste sich eingestehen, das sie an dem harten Weg, den David hinter sich hatte nicht unschuldig war. Sie erinnerte sich an den Tag von Emmas Taufe, wie sie und Sydney sich nach hier oben in sein ehemaliges Wohnzimmer zurück gezogen hatten um sich ihrer Leidenschaft hinzugeben, wie er sie erwischt hatte, wie sie ihn angeschrieen hatte und wie er dann einfach abgehauen war. An seinen Absturz, an den Tag an dem er sie von den Gleisen zog obwohl sein Leben durch sie zur Hölle geworden war. Ab da hätte es eigentlich nur noch Bergauf gehen müssen, doch wieder einmal hatte das Schicksal anderes mit ihnen vor, stellte sie auf weitere Proben und in jeder von ihnen war es David, der Leiden musste. Körperlich und Seelisch. Lisa hatte eingesehen das, das Leben nicht fair war, aber sie verstand immer noch nicht wie es sich so gegen einen Menschen verschwören konnte. Sie wusste einen weiteren Schicksalsschlag würde er nicht mehr verkraften. Er würde daran zu Grunde gehen und sie war fest entschlossen dies mit allem was in ihrer Macht stand zu verhindern. Er hatte ein Recht darauf endlich glücklich zu sein.
David spürte die Finger seiner Verlobten, die immer wieder sanft über seine Schläfe glitten. Langsam öffnete er die Augen, sah in ihr Gesicht, welches ihn verträumt musterte. Anscheinend war sie wieder in einem ihrer Tagträume gefangen. Eine Eigenschaft, die er von Tag zu Tag mehr an ihr liebte. Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken wollte er sie auf sich aufmerksam machen, wollte gerade mit seiner Hand sanft über ihren Arm streichen als er innehielt. Der Ausdruck in ihren Augen hatte sich verändert, er war nicht mehr selig verträumt. Sie waren trüb geworden, ein Hauch Melancholie spiegelte sich in ihnen wieder und er glaubte eine unsagbar tiefe Schuld in ihnen zu entdecken. Mit einem mal wusste er genau worüber sie nachdachte und er würde nicht zulassen, das sie sich die alleinige Schuld an Dingen gab, die in der Vergangenheit lagen.
„Hey,“ flüsterte er leise und berührte sie am Arm.
Erschrocken zuckte Lisa zurück, als sie eine Berührung an ihrem Arm und kurz darauf eine sanfte Stimme vernahm. Von jetzt auf gleich wurde sie aus ihren Gedanken zurück in die Realität gerissen. Verwirrt blickte sie zu David, schüttelte dann kurz den Kopf, um die letzten traurigen Gedanken abzuschütteln und lächelte ihn an.
„Guten Morgen,“ flüsterte sie zurück.
„Ich hoffe du warst mit deinen Gedanken bei meinem romantischen Antrag.“ Grinste er sie an und hoffte sie so von ihren Gedanken abzulenken.
„Öhm nun ja also ich....“ stotterte sie und senkte verlegen den Blick.
„Wie jetzt? Warst du nicht?“ fragte er gespielt beleidigt.
„Äh nein ich war in der Vergangenheit, habe mir alles noch mal durch den Kopf gehen lassen. Betrachtete sie weiterhin die geblümte Bettdecke.
„Schatz,“ rückte David näher an sie heran und zog sie in seine Arme, „Was passiert ist können wir nicht mehr ändern, aber wir können jetzt alles besser machen. Wir müssen in die Zukunft sehen und nicht zurück.“
„Aber...aber ich...“
„Kein aber, ich weiß was du denkst. Du bist nicht Schuld, wir alle haben Fehler gemacht, ich genauso wie du und Syd und Richi.“
Als David Sydney erwähnte musste Lisa kurz aufschluchzen, auch ihm gegenüber hatte sie sich mehr als unmöglich benommen.
„Schsch, nicht weinen.“ Strich David ihr beruhigend über den Rücken.
„Entschuldige,“ befreite sie sich aus seiner Umarmung und kuschelte sich so an ihn, „Ich weiß auch nicht was heute mit mir los ist. Irgendwie bin ich noch nicht ganz wieder hier.“
„Sollen wir dann aufstehen, damit du ganz wieder im hier und jetzt ankommst?“
„Wenn du mich so fragst dann möchte ich lieber noch liegen bleiben und eine Weile unseren Urlaub genießen.“
„Gut, ich kann dir zwar keinen Traumstrand herzaubern und einen Pool werden wir auch vergeblich suchen, aber ich habe eine große Wanne im Angebot.“ Zog er die Augenbrauen hoch und sah sie mit einem schelmischen glitzern im Blick an.
„Wie du kannst keinen Strand herzaubern?“ fragte sie gespielt entrüstet, „Dann muss ich mir das aber noch mal überlegen.“
„Gib mir eine Stunde und das Badezimmer ist dein ganz persönlicher Traumstrand.“ Drehte er sich um und griff nach dem Telefon, welches auf dem Nachttisch stand.
„Was hast du denn jetzt vor?“
„Na Sand bestellen.“
„Spinner, lass uns lieber das Bad fluten.“ Schlug sie spielerisch nach ihm und schwang die Beine aus dem Bett.
Seit dem frühen Morgen saß Laura nun schon an Richards Bett, da Sydney bei der Reha war. Immer wieder strich sie ihm Mütterlich über die Wange, nahm seine Hand in ihre und sprach ihm gut zu. Sie erzählte ihm das Friedrich sich immer noch um Kerima kümmerte, das es Syd schon viel besser ging und er bald nach Hause durfte.
„Und was ist mit dir? Willst du nicht auch nach Hause kommen Richard? Du musst keine Angst haben, es war doch Notwehr. Wir alle wissen das, auch die Polizei weiß das inzwischen. Man wird dich nicht anklagen, es wird alles wieder gut.“ Strich sie ihm durchs Haar, „ Wir warten doch nur noch auf dich, die anderen fragen auch immer nach dir. Willst du nicht zurückkommen? Oder kannst du nicht? Du wirst nicht alleine sein, bis du wieder vollkommen gesund bist kannst du bei uns wohnen. Wir haben doch genügend Platz und dann ist das haus auch nicht mehr so leer. Syd wird auch da sein, bis er seinen Arm wieder einsetzten kann und David und Lisa sind auch wieder zurück.“ Sie stutzte, war das Einbildung oder zuckten Richards Augen unter den geschlossenen Lidern? Sie war sich nicht sicher, aber wenn es so war dann hatte er auf den Namen David reagiert, so beschloss sie weiter zu erzählen. „ Gestern Abend sind sie gelandet und...und wir haben sie vergessen,“ senkte sie den Blick auf seine Hand, „ Friedrich und ich waren der festen Überzeugung sie kämen erst Übermorgen zurück, aber als wir gestern Nacht nach Hause kamen standen ihre Koffer im Flur. Sie waren wohl so erschöpft, das sie sich einfach nur aufs Bett gelegt haben und sofort eingeschlafen sind.“ Sie machte eine Pause nahm wieder Richards Hand und drückte sie bevor sie mit zittriger Stimme weiter sprach, „Ich weiß auch gar nicht wie wir ihnen das alles hier beibringen sollen, vor allem David. Er sah so erholt aus gestern Nacht.“ Sie brach ab, wusste nicht mehr weiter und eine der mühsam zurückgehaltenen Tränen rann über ihre Wange und tropfte schließlich auf Richards Hand. Sie schlug die Hände vor das Gesicht und ließ ihnen nun freien lauf, sie hoffte so sehr das Richard endlich aufwachen würde, das sie David nicht mit der harten Wahrheit konfrontieren mussten das sein Bruder im Koma lag.
Sie wusste nicht wie lange sie nun so da saß, sie spürte nur plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter. Langsam nahm sie die Hände vom Gesicht, starrte Richard an und schalt sich im gleichen Moment selber dafür gedacht zu haben es könnte seine Hand gewesen sein. Sie drehte sich rum und sah in das Gesicht ihres ältesten.
„Syd,“ versuchte sie das Schluchzen zu unterdrücken und nahm ihn in den Arm.
„Schsch... Laura es wird alles wieder gut.“
„Ich weiß nicht, er hätte doch schon längst aufwachen müssen,“ sie drehte sich wieder zu Richard um, „Der Arzt meinte wir können nur noch hoffen, das er irgendwann wieder aufwacht und der alte ist.“
„Wir dürfen die Hoffnung aber auch nicht aufgeben,“ drehte er sie wieder zu sich und sah ihr in die Augen, „Richi ist stark, er hat immer gekämpft und er tut es auch jetzt.“ Legte er ihr seinen gesunden Arm um die Schulter und drehte sich mit ihr in Richtung Türe, „Komm du kannst einen Kaffee gebrauchen.“
„Was ist denn das für eine Tasche da?“ fragte sie überrascht, als sie die gepackte Reisetasche in einer Ecke des Zimmers sah, „Und was hast du überhaupt für Sachen an?“ besah sie ihn genauer. Er trug Jeans, statt Jogginghose und einen alten Kapuzenpulli, dessen rechter Arm aufgeschnitten und nun nur mit Sicherheitsnadeln über dem Gips zusammengehalten wurde.
„Ich darf endlich aus diesem Bunker raus,“ zog er seine Entlassungspapiere aus der Gesäßtasche der Jeans und hielt sie Laura unter die Nase.
„Du, du darfst was....aber...aber....“ ließ sie sich zurück auf den Stuhl sinken, „Wie erklären wir das ganze denn David und Lisa?“
[B] Kapitel 5 [/B]
Behutsam hatte Syd seine Mutter wieder von dem Stuhl hochgezogen, sie in den Arm genommen und war mit ihr in die Cafeteria gegangen. Hier konnten sie in Ruhe überlegen wie sie das ganze David erklären wollten. Er bestellte 2 Tassen Kaffee und wandte sich dann wieder Laura zu.
„Wir können ihm die Wahrheit nicht lange verschweigen,“ begann er, „Aber wir können die Umstände abändern. Es als Unfall darstellen, da müssten wir nur mit Dr. Lorenz vorher sprechen. Wann kommen die beiden denn zurück?“
„Sie sind schon wieder da,“ flüsterte Laura.
„Wie? Ich dachte...aber ihr habt doch gesagt sie kommen erst Übermorgen wieder.“ Sah Syd sie geschockt an.
„Wir haben sie vergessen, das Datum vertauscht. Als wir gestern Nacht nach Hause kamen standen ihre Koffer im Flur.“
„Und...und was habt ihr ihnen gesagt?“
„Noch gar nichts. Sie schliefen schon und als wir heute früh los sind waren sie noch nicht wach. Ich habe Gabriele bescheid gegeben ihnen zu sagen Friedrich wäre bei Kerima und ich wäre unterwegs.“
„Dann fällt meine Idee wohl eher aus.“ Senkte er den Blick auf den Tisch und dachte nach.
„Wir sollten ihnen die Wahrheit sagen Sydney,“ griff Laura über den Tisch nach seine Hand. „ Irgendwann würde David sie so oder so rauskriegen und dann ist es besser wenn er nicht überrascht wird.“
„Haben wir ihn nicht schon überrascht?“ sah er sie wieder an, „Ich meine, wir haben sie am Flughafen vergessen, ich komme mit diesem Monsterding am Arm nach Hause und er wird bestimmt schon versucht haben Richard zu erreichen.“
„Wahrscheinlich,“ seufzte Laura und schenkte der Kellnerin ein müdes lächeln, als sie eine dampfende Tasse Kaffee vor ihr absetzte, „ Aber am Flughafen vergessen haben Friedrich und ich sie, nicht du.“
„Doch ich auch, ich habe doch gar nicht mehr daran gedacht wann sie genau wiederkommen, habe es immer von mir geschoben um mir darüber keine Gedanken machen zu müssen.“ Nahm er einen Schluck von seinem Kaffee und runzelte die Stirn, „Ich habe nur an Richard und mich gedacht, wollte David ausblenden, habe es vor mich her geschoben mich damit auseinander zu setzten wie wir ihm das alles erklären können.“
„Das haben wir doch auch getan, Friedrich, Max, Yvonne, Jürgen, Sabrina, Mariella und ich. Wir alle wussten das sie bald zurückkommen, aber wir hatten Angst uns damit auseinander zu setzten. Wenn dann sind wir alle Schuld.“
„Du hast ja recht, aber das bringt uns jetzt immer noch nicht weiter, außer das wir ihm die Wahrheit sagen müssen.“
„Vielleicht sollten wir auch erst mal schauen wie er drauf ist. Und Lisa ist ja auch noch da, vielleicht sollte ich erst einmal mit ihr reden bevor wir David mit der Wahrheit konfrontieren.“
„Du meinst das du mal nachforschst wie es ihm so geht? Keine Schlechte Idee, allerdings wird er sofort fragen was ich mit meinem Arm angestellt habe.“
„Nun ja ein paar Minuten kannst du ihn doch sicher hinhalten oder?“
„OK was hast du vor?“ fragte Syd nun neugierig durch Lauras Frage.
„Ich könnte Gabriele anrufen und ihr für den Rest des Tages frei geben und wenn wir dann nach Hause kommen könnten wir ja mit den beiden zusammen Kaffee trinken. Dann bete ich Lisa nur mit mir in die Küche, um mir beim tragen zu helfen und könnte dann mal nachfragen wie es David so geht.“
„Hmmm ja das ist gar keine so schlechte Idee, dann könntest du sie schon mal ein wenig vorbereiten, damit sie eventuell schon auf Davids Reaktion reagieren kann.“
Laura nickte nur, sie war froh das Syd diesen Vorschlag akzeptierte. Sie wusste nicht wie sie David später gegenübertreten sollte ohne das er ihr sofort ansah das irgendetwas nicht stimmte. Sie entschuldigte sich bei Syd und ging hinaus um Gabrielle anzurufen und ihr den restlichen Tag freizugeben.
[I] Richard hatte alle Mühe sich Rokko vom Hals zu halten. Kurz nachdem Sydney wieder verschwunden war, war auch die unsichtbare Barriere wieder in sich zusammen gefallen und Rokko war sofort auf ihn losgegangen. So langsam aber sicher ging ihm dieser Pausenclown gewaltig auf die Nerven, denn er konnte ihm nicht wirklich etwas entgegen setzten. Allerdings wurde Richard immer wieder abgelenkt, wodurch Rokko wieder die Oberhand gewann. Als letztes hatte er Lauras Stimme gehört, wie sie ihm zusprach wieder aufzuwachen, zurück zu kommen und im Moment würde er nichts lieber tun um diese Nervensäge loszuwerden. Doch so einfach wie er sich das gedacht hatte war es nicht.
„Kowalski, du nervst.“ stieß er schwer atmend hervor nachdem er ihn mit dem Rücken auf den Boden gedrückt hatte, „ Verschwinde doch einfach wieder in das Loch aus dem du herausgekrochen bist.“
„Hindere ich dich etwa daran zu dem Junkie zurück zu kehren? Das tut mir aber leid, weißt du alleine ist es in der Hölle viel zu langweilig und immer nur Dialoge mit dem Teufel zu führen ist keine Sache für die Ewigkeit.“
„Das hättest du dir überlegen sollen bevor du dich mit uns angelegt hast.“ Knurrte Richard, holte aus und verpasste Rokko einen Kinnhaken.
„Weißt du von Brahmberg, du kannst doch eh nicht mehr zurück. Jeden Tag, den du länger hier bleibst treibt dich mehr von der normalen Welt fort. Du warst doch einfach nur zu feige dich deiner Verantwortung zu stellen und nun musst du mit den Konsequenzen leben. Einer Ewigkeit mit mir.“
„So weit wird es nicht kommen, ich weiß das ich zurück kann.“ Stieß er ihn von sich, drehte sich um und wollte ihn einfach stehen lassen [/I]
Gedankenverloren strich David Lisa über den Bauch, seit 2 Stunden lagen sie nun schon in der Wanne. Gerade ließ sie wieder einmal heißes Wasser nachlaufen, doch David bemerkte dies gar nicht. Immer wieder fühlte es sich an wie das erste Mal wenn er sich seiner Liebe zu ihr hingab. Immer wieder schaffte sie es sie beide in ungeahnte Höhen zu katapultieren. Noch nie hatte er bei einer Frau solche Gefühle gehabt, noch nie hatte eine Frau es geschafft, das er jeden Tag, jede Nacht, jede Stunde, jede Minute, ja sogar jede Sekunde an sie dachte, sich nach ihr sehnte, sie begehrte. Er wusste er war zu Hause angekommen, zu Hause bei ihr und zudem hatte sie ihm einen weiteren Bruder geschenkt, indem sie Sydney mit sein Leben brachte. Wie konnte er dieser Frau nur je zeigen wie sehr er sie liebte, das er sein Leben ohne sie vollkommen bedeutungslos war. Er spürte wie sie sich wieder an ihn lehnte, den Kopf gegen seine Schulter lehnte und ihn fragend an sah.
„An was denkst du?“ fragte sie dann.
Doch er konnte nicht antworten, für das was er ihr sagen wollte gab es keine Worte. Seine Lippen suchten die ihren wie von selbst und seine Hände wanderten in dem nun wieder heißen Wasser ihren Bauch hinab, bis sie an ihrem Ziel angekommen kurz verharrten.
Ein Lächeln schlich sich auf Lisas Gesicht, sie erwiderte den Kuss zärtlich und drehte sich dann zu ihm um.
„Herr Seidel, Herr Seidel, sie sollen sich doch nicht überanstrengen.“ Grinste sie ihn an, während ihre Hand über seine Seite hinunter zu seinen Lenden wanderte.
„Wer sagt denn das ich hier Sport betreibe?“ grinste er sie nun ebenfalls an.
„Kein Sport?“
„Kein Sport,“ verschloss er ihre Lippen wieder mit seinen, „dazu bist du mir viel zu wichtig als das ich es als Sport bezeichnen würde.“ Flüsterte er.
„Dann kann ich ja beruhigt sein,“ begann sie zarte Küsse auf seine Brust zu hauchen, während sie immer tiefer wanderte. Ein stöhnen entfuhr seiner Kehle und seine Hände gingen nun ebenfalls auf Wanderschaft. Seine Gedanken begannen Achterbahn zu fahren, bis sie schließlich im Dunst der Leidenschaft völlig verflogen.
Als Laura wieder zu Syd stieß nickte sie ihm nur zu. Er stand auf, trat schweigend zu ihr und zusammen machten sie sich auf den Weg zurück zu Richard.
„Gabrielle hat gesagt, das Lisa und David noch nicht unten gewesen wären.“ Flüsterte sie nachdem sie das Zimmer betreten hatten.
„Sie werden wohl erst einmal richtig ausschlafen. Der Flug war bestimmt anstrengend und dann noch der Jetlag.“ Versuchte Syd sie zu beruhigen trat an Richards Bett und drückte kurz dessen Hand. „So großer, mich wollen sie nicht länger in diesem Bunker hier haben. Rausgeworfen haben sie mich, dabei war ich immer ganz brav.“ Huschte ein Grinsen über sein Gesicht und aus den Augenwinkeln sah er wie Laura empört den Kopf schüttelte. „Ich weiß nicht ob meine Mutter mich in den nächsten beiden Tagen überhaupt aus dem Haus lässt,“ setzte er dann noch einen drauf und als er zu ihr hinüber sah blitzte es in seinen Augen auf, „Aber der Kleine ist ja auch wieder da, dann werde ich mich erst mal um ihn kümmern. Also mach mir hier keine Dummheiten,“ klopfte er ihm brüderlich auf die Schulter, „ohne dich weiß ich nicht wie es weitergehen soll.“ Flüsterte er dann und wandte sich von Richard ab um sich zusammen mit Laura auf den Weg in die Villa Seidel zu machen.
„Sollten wir so langsam nicht mal runter gehen?“ sah Lisa David fragend an, nachdem sie wieder zu atem gekommen war.
„Hmm ist doch gerade so schön hier.“ Murmelte er während er an ihrem Ohrläppchen knabberte.
„Schon, aber sie fragen sich doch bestimmt schon wo wir bleiben.“
„Das denke ich nicht, immerhin haben sie uns gestern vergessen.“
„Vielleicht haben wir ihnen auch das falsche Datum genannt.“
„Als ob du ihnen ein falsches Datum genannt hast Misses 200%“
„Du bekommst aber schon Schwimmhäute und ich möchte keinen Erpel zum Mann haben.“ Versuchte sie eine andere Taktik ihn aus dem Wasser zu locken.
„Erpel? Du hälst mich für einen Erpel?!“ fragte er geschockt und ließ beleidigt von ihr ab.
„Noch nicht mein Schatz, aber bald bist du einer wenn du weiter in der Badewanne schwimmst.“ Nutzte sie die Gelegenheit und stieg aus der Wanne. Sofort wickelte sie sich in das große Badetuch und sah grinsend auf ihn hinab.
„Nun gut, du hast gewonnen, aber nur weil das Wasser wieder kalt wird und keiner mehr da ist, der es wieder warm zaubert.“ Stieg nun auch er hinaus, trocknete sich ab und schlang sich das Handtuch um die Hüften.
„Weißt du da gibt es so einen Knopf an dem kann man drehen und da kommt dann warmes Wasser raus.“ Grinste sie und ging in Deckung bevor er sie spielerisch mit dem Handtuch schlug.
Etwa eine halbe Stunde später hatten es die beiden dann geschafft nicht nur aus der Wanne zu steigen, sondern auch ihre nasse Körper abzutrocknen und sich etwas bequemes über zu ziehen. Gerade wollte Lisa sich aus Rache für das Handtuch ein Kissen vom Bett schnappen, als sich ihr Magen lautstark zu Wort meldete. Grinsend hatte David ihr das Kissen aus der Hand genommen und einen Waffenstillstand bis nach dem doch reichlich späten Frühstück vereinbart. Hand in Hand gingen sie die Treppe hinunter und blieben verwundert stehen als schon wieder niemand sich in der Villa aufzuhalten schien. Kopfschüttelnd sah David Lisa an wollte sich mit ihr in Richtung Küche in Bewegung setzten als er Stimmen aus dem Flur hörte.
„Geh doch schon mal ins Wohnzimmer Syd,“ vernahm er die Stimme seiner Mutter und wunderte sich was Sydney um diese Uhrzeit wohl bei ihnen wollte. Normalerweise verließ er Kerima doch nie vor 18 Uhr. Er fing einen ebenso fragenden Blick von Lisa auf, als sich die Türe öffnete und Sydney eintrat. Geschockt blieb er stehen als er David und Lisa erkannte. Dann setzte er ein schiefes grinsen auf und versuchte seinen verletzten Arm so gut es ging zu verbergen.
[B] Kapitel 6 [/B]
Bei Kerima ging es derweil ziemlich hektisch zu, auch wenn Friedrich sich gut in die Belange beider Firmen eingearbeitet hatte, so fehlte ihm gerade bei L.Ex das Insiderwissen. Zwar könnte er Sydney fragen, doch bis jetzt hatte er es immer auch irgendwie ohne ihn geschafft. Dank der Tatkräftigen Hilfe von Max und Jürgen kümmerte er sich fast ausschließlich nur um Kerima. Gerade brütete er über den neuesten Zahlen, ein Gebiet, was auch ihm nicht mehr wirklich lag. Zu lange war er raus aus dem Metier gewesen, zu lange hatte er sich nicht mehr damit beschäftigt. Er war froh wenn Lisa wieder da war und die Finanzen wieder übernehmen würde. Genervt legte er die Kalkulation beiseite, sein Kopf war zu und er benötigte dringend eine Pause, am Catering traf er dann auf Mariella.
Diese hatte im Moment ein wenig Luft, die Presse verhielt sich ruhig und so versuchte auch sie den anderen etwas an Arbeit abzunehmen.
„Alles in Ordnung?“ fragte sie dann sofort, als er sich schwerfällig auf einen der Hocker niederließ.
„Es geht schon,“ antwortete Friedrich, „ Ist halt nur ein wenig stressig im Moment.“
„Wenn du willst dann kann ich dir etwas an arbeit abnehmen. PR Technisch gesehen ist es im Moment ziemlich ruhig.“
„Danke Mariella, aber ich schaff das schon. Herr Petersen und vor allem Herr Decker greifen mir schon tatkräftig unter die Arme. Du hattest in letzter Zeit auch genug Stress, genieß die ruhige Zeit. Nimm dir doch den Nachmittag frei, du hast es dir verdient.“
„Das wäre wirklich kein Problem für mich, denk an dein Herz Friedrich.“
„Das tue ich. Mach dir keine Sorgen. Es ist wirklich in Ordnung wenn du mal einen Nachmittag ausspannst.“
Mariella verdrehte nur die Augen, sie wusste mit Friedrich ließ sich nicht wirklich diskutieren. Sicher könnte sie zu Max gehen und ihn beten etwas Arbeit von Friedrich für sie zu holen, aber auf der anderen Seite war so ein freier Nachmittag wirklich verlockend. Außerdem hatte sie in der letzten Zeit wirklich wenig Zeit gehabt Richard zu besuchen. Sie lächelte Friedrich wieder an und legte ihre Hand auf seine.
„Nun gut wenn du mich so zu einem freien Tag drängst dann werde ich bei Richard vorbeischauen, aber nur unter einer Bedingung.“
„Und die wäre?“ zog Friedrich eine Augenbraue hoch.
„Morgen nimmst du dir einen freien Tag. Seit 2 Wochen verbringst du fast Tag und Nacht hier. So geht das auch nicht.“
„Das geht nicht Mariella, ich kann euch hier nicht alleine lassen.“
„Und ob du das kannst. Ich werde das mit Max und Jürgen regeln, also keine Wiederrede.“
Friedrich antwortete nicht, grummelte nur in seinen Nicht vorhandenen Bart hineine. Er wusste, er hatte gegen Mariella keine Chance. Sie würde bestimmt gleich Laura bescheid geben und diese würde ihn morgen in der Villa anketten wenn es denn sein müsste. Er seufzte kurz auf und nickte ihr dann zu.
„Einverstanden,“ grummelte er.
„Gut dann bis übermorgen und ruh dich an deinem freien Tag aus.“ Gab sie ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand in Richtung Fahrstuhl.
Als Laura das Wohnzimmer betrat standen Lisa, David und Syd immer noch wie erstarrt voreinander. Sie sah wie David auf den verletzten Arm seines Bruders starrte, so war das nicht geplant gewesen. Schnell setzte sie ein Lächeln auf und ging auf die Beiden zu.
„David! Lisa! Da seid ihr ja.“ Umarmte sie zuerst ihren Sohn und dann Lisa, „Es tut mir so Leid das wir euch gestern nicht abgeholt haben, aber ich war der festen Überzeugung das ihr erst Morgen ankommt.“
„So etwas kann doch mal passieren Laura,“ antwortete Lisa lächelnd, während David wieder Syd musterte.
„Nein so etwas darf nicht passieren. Habt ihr denn schon was gegessen?“
„Wir sind gerade erst runter gekommen.“ Schüttelte Lisa den Kopf.
„Dann komm doch eben mit mir in die Küche, Gabrielle hat ihren freien Nachmittag, dann mach ich euch was.“ Ging sie in die Küche vor. Lisa warf noch einen Blick auf David, doch dieser reagierte nicht. Schulterzuckend ging sie hinter ihrer Schwiegermutter in Spe her. Irgendetwas war hier eindeutig im Busch. Sydneys eingegipster Arm und Lauras Bitte sie zu begleiten hatten nun auch sie stutzig werden lassen.
Gequält lächelnd sah Syd seiner Mutter hinterher, so war das ganze nicht geplant gewesen. Wie sollte er sich jetzt verhalten? Er spürte, wie Davids Blick immer noch auf seinem Arm ruhte und entschloss sich in die offensive zu gehen.
„Hey Kleiner,“ strahlte er ihn nun an und ging einen Schritt auf ihn zu um David umständlich in den Arm zu nehmen. „Und wie war der Urlaub?“
David erwiderte die Umarmung, löste sich dann von seinem Bruder und schaute ihn weiterhin skeptisch an bevor er sich auf das Sofa setzte.
„Schön, aber was ist mit deinem Arm passiert?“ fragte er dann sofort. Bruchteile eines Traumes huschten vor seinem Auge vorbei, Syd mit dem eingegipsten Arm, Richard mit einer Blutgetränkten Hose, weißer Nebel und immer wieder die gleiche Frage. Warum?
„Ach das, das ist nur halb so schlimm wie es aussieht. Die Ärzte haben mich halt nur gut verpackt, damit ich keinen Unsinn anstelle.“
„Wo ist Richard?“ fragte David scharf, er war sich sicher das Syd ihm etwas verschwieg.
„Äh ich weiß nicht, hab ihn heute noch nicht gesehen.“ Druckste Sydney rum. Und das ist auch nur halb gelogen, denn wirklich lange war ich ja nicht bei ihm, dachte er sich und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, das Laura sich beeilen sollte.
In der Küche füllte Laura gerade den frisch gebrühten Kaffee in die Thermoskanne um, während Lisa die Brötchen in den dafür vorgesehenen Korb sortierte. Nachdem sie damit fertig war drehte sie sich zu Laura um und musterte sie. Sie sah abgekämpft aus, ein leichter Schatten zeichnete sich unter ihrem Make Up ab, mit dem sie versucht hatte die Augenringe zu überschminken. Dazu hatte sie in den 2 Wochen anscheinend abgenommen, denn ihre Bluse fiel nun fast flatternd um ihre schmale Silhouette.
„OK Laura, raus mit der Sprache. Was ist los?“ hielt Lisa die Stille nicht mehr aus.
Laura seufzte kurz auf, drehte sich mit der Kanne in der Hand zu ihr um und wies sie an am Küchentisch Platz zu nehmen.
„ Ich weiß nicht wo ich anfangen soll, es ist viel passiert in den 2 Wochen wo ihr weg wart. Du erinnerst dich daran das Richard sich eine dicke Erkältung eingefangen hatte?“
„Ja, nach der geplatzten Hochzeit,“ nickte Lisa, dann weiteten sich ihre Augen, „Hat er sie etwas verschleppt und liegt jetzt ganz flach?“
„So in etwa,“ knetete Laura ihre Hände, dann sah sie wieder auf, „Er ist Nachts los und hat versucht auf eigene Faust Rokko Kowalski dranzukriegen. Syd hatte ein ungutes Gefühl an dem Tag und ist ihm dann gefolgt. Zwischenzeitlich hat er ihn allerdings aus den Augen verloren, nur durch Zufall fand er einen Zettel, der ihn darauf hinwies wo Richard hin war. Es kam zu einer Auseinandersetzung zwischen den dreien. Kowalski hat Richard in seinem Zustand überrumpelt und ihn mit einem Messer angegriffen, woraufhin Richard ihn aus Notwehr angeschossen hat. In diesem Moment stieß Syd zu den beiden. Er ist sofort zu Richard, Kowalski hat ihn an der Schlagader im Bein erwischt, jedenfalls muss er sich dann nochmals aufgerappelt haben und ist auf Sydney los. Dabei hat er ihm den Arm verletzt, die Sehen war verletzt und es wird dauern bis er den Arm wieder vollständig bewegen kann. Bis heute Morgen lag er im Krankenhaus, da während der OP und auch einige Zeit danach sein Kreislauf immer wieder absackte.“ Sie machte eine Pause, sah wieder auf den Boden, das schlimmste hatte sie noch vor sich.
„Was...was ist mit Richard? Und...und Herrn Kowalski, haben sie ihn endlich verhaftet?“
„Kowalski ist tot und Richard....er....er liegt im Koma. Durch die Verletzung hatte er viel Blut verloren, dazu die Lungenentzündung. Sie wissen nicht ob er je wieder aufwacht.“ Flüsterte Laura und wischte sich die Tränen aus den Augen.
„Oh mein Gott!“ schlug Lisa die Hände vor den Mund, dann ging sie einen Schritt auf Laura zu und nahm sie in den Arm.
„Ich weiß nicht wie wir das David beibringen sollen.“ Zitterte ihre Stimme verdächtig, „Er...er soll sich doch noch nicht aufregen.“
„Sollte ich deshalb mit in die Küche kommen? Damit ich schon vorbereitet bin wenn ihr es David sagt?“
Laura nickte nur, „Ich weiß nicht wie er darauf reagiert und du warst die letzten 2 Wochen mit ihm zusammen, du weißt wie viel er verträgt, wie er reagieren könnte.“
„Wir können ihm die Wahrheit nicht vorenthalten. Er wird es rausbekommen und dann wird alles nur noch schlimmer.“ Antwortete Lisa bestimmt, „Und lange wird Syd ihn auch nicht mehr vertrösten können. Ich wette er quetscht ihn schon wegen seinem Arm aus.“ Nahm sie die Brötchen und den Teller mit dem Aufschnitt. Sie wartete bis Laura das Tablett mit dem Geschirr und dem Kaffee nahm und folgte ihr dann zurück ins Wohnzimmer
Als sie das Wohnzimmer wieder betraten war dieses in eisiges Schweigen gehüllt. Die beiden Brüder musterten sich gegenseitig kritisch . Vorsichtig stellten sie die Sachen auf dem Tisch ab, dann setzte sich Lisa neben David und griff nach seiner Hand.
„Also was ist jetzt genau mit deinem Arm?“ fragte David erneut und seine Stimme war gefährlich leise.
Sydney sah zu seiner Mutter und diese nickte ihm zu, dann holte er tief Luft und begann von der Nacht zu erzählen, in der er Richard gefolgt war. Mit jedem weiteren Wort wurde David immer blasser, er wusste das Richard kurz vor ihrer Abreise eigentlich mit einer dicken Erkältung im Bett lag. Seine Augen weiteten sich als Sydney zu der Stelle kam, an der er damals den Zettel gefunden hatte. David wusste sofort worauf das alles hinauslief, wieder brannte sich sein Traum ins Gedächtnis und unbewusst drückte er Lisas Hand immer stärker.
„Er...er liegt jetzt im Koma und die Ärzte wissen nicht wann und ob er wieder aufwacht.“ Endete Syd, die Tatsache, das Richard einmal kurz wach gewesen war und das die Polizei ihn ans Bett fixiert hatte verschwieg er ebenso wie den kurz darauf eingetretenen Herzstillstand. Auch er hatte bemerkt wie David immer bleicher geworden war, wie er mühsam versuchte ruhig zu bleiben, seine Atmung zu kontrollieren. Er konnte ihm dies nicht auch noch sagen. Es war schon so Aufregung genug.
„Und das erzählt ihr erst jetzt?!“ sprang David auf nachdem Syd geendet hatte, „Er kämpft seit 2 Wochen um sein leben und bei den Telefonaten die wir geführt haben habt ihr mir immer geschworen es sei alles in bester Ordnung?! Warum? Warum habt ihr das getan?“
„Ihr hatte euch dieses Auszeit mehr als verdient, ihr habt Zeit für euch benötigt. Wenn wir dir gesagt hätten was passiert ist dann wärst du doch ins nächste Flugzeug gestiegen. Aber was hätte das gebracht David? Du hättest genauso wie jetzt nichts tun können.“ Antwortete Sydney an Lauras Stelle nun auch etwas lauter. „ Du hättest dich nur unnötig aufgeregt anstatt dich zu erholen und dann? Hättest du dich zu ihm legen können, damit hättest du ihm auch nicht geholfen.“
„Trotzdem, wie konntet ihr uns das nur verschweigen? Wir...Wir wollten heiraten!“ schrie er nun, sprang auf schnappte sich seine Jacke von der Garderobe und verschwand. Sie hörten wie der Motor des Porsche ansprang und dann wie er mit quietschenden Reifen davonfuhr.
Lisa saß wie erstarrt auf dem Sofa und starrte auf die Zwischentüre zum Flur. Wollten heiraten, hallte es in ihren Ohren nach. Warum sprach er in der Vergangenheit? Wollte er sie jetzt etwa nicht mehr heiraten? Hätte er ihr nie diesen wunderschönen Antrag gemacht wenn er gewusst hätte das Richard im Koma lag? Aber warum? Konnte er sie nur lieben wenn sie alleine waren? Ihr Blick glitt zu dem Ring an ihrer linken Hand, sollte er wirklich nichts mehr Wert sein?
[B] Kapitel 7 [/B]
Syd und Laura sahen Lisa an, die nun auf einen Ring an ihrer Hand starrte. Hatten sie richtig gehört, die beiden wollten heiraten? Sie wechselten einen erstaunten Blick, dann schlich sich ein Lächeln auf ihre Gesichter. So langsam wurde es auch Zeit das David bei Lisa Nägel mit Köpfen machte. Das Schicksal hatte sie schon zu oft auf harte Proben gestellt und sie hatten sich ihr Glück mehr als nur verdient. Und trotzdem versetzte es Sydney einen kleinen Stich ins Herz, er konnte sich nicht erklären wieso seine Gefühle plötzlich mit aller Macht zurückgekehrt waren, deswegen hatte er sich ja auch so dafür eingesetzt das David und Lisa auf die Malediven konnten. Abstand war in so einer Situation das beste und den hatte er durch Richards Aktion ja auch gehabt und trotzdem, kaum saß sie wieder vor ihm da kamen sie wieder hoch und selbst die Verkündung das sie seinen kleinen Bruder heiraten würde konnte dies nicht ändern. Unfähig sich zu bewegen saß er nun da und starrte auf den Ring an ihrer Hand während Laura aufstand und zu ihr hinüberging.
„Ich freu mich ja so für euch,“ umarmte Laura sie, „Wann wollt ihr denn heiraten? Jetzt im Sommer?“
„Ich weiß nicht.“ Flüsterte Lisa zurück, „Vielleicht auch gar nicht mehr.“ Konnte sie die Tränen nun nicht mehr aufhalten, lautlos liefen sie über ihre Wangen bis sie schließlich auf ihre Hände tropften.
„Aber warum denn nicht mehr? Nur weil er in der Vergangenheit geredet hat? Das hat doch nichts zu bedeuten.“ Strich sie ihr über den Rücken, „Du kennst doch David, vielleicht war die ganze Wahrheit doch etwas zu viel für ihn. Komm,“ hielt sie ihr ihre Hand hin, „Wir sollten ihm hinterher.“
„Nein,“ schüttelte Lisa den Kopf, „Er wird zu Richard sein und wenn nicht dann finden wir ihn eh nicht.“ Sie sah auf und direkt in die warmen Augen Lauras, wieder stiegen die Tränen hoch, hatten sie nicht schon genug durchgemacht? Musste das Schicksal nun wieder dazwischen funken? Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen und schluchzte auf.
Nun stand auch Syd auf und setzte sich neben sie, er legte seinen linken Arm um ihre Schulter und streichelte ihr beruhigend über den Arm.
„Schsch Kleines, es wird alles wieder gut werden. David wird sich wieder beruhigen und dann wird er gar nicht mehr wissen das er in der Vergangenheit gesprochen hat.“ Begann er auf sie einzureden, doch die Schluchzer wollten nicht verstummen. Er sah wie seine Mutter aufstand und sich ihren Mantel anzog, fragend Blickte er sie an. `David´ formte sie lautlos und verließ das Haus. Jetzt war er also mit Lisa alleine, er zwang sich ruhig zu atmen, sich nicht anmerken zu lassen das seine eigenen Gefühle Achterbahn fuhren.
„Sieh mich an bitte,“ forderte er sie auf, „Bitte Lisa sieh mich an.“ Löste er den Arm von ihrer Schulter und versuchte mit einer Hand ihre Hände vom Gesicht zu lösen.
„Wieso Syd?“ fragte sie ihn nach einiger Zeit aus geröteten Augen, „Wieso dürfen wir nicht einmal Glücklich sein? Wieso muss das Schicksal uns immer wieder dazwischen funken? Wieso? Das ist nicht fair, das ist einfach nicht fair.“ Schrie sie zum Ende hin und lehnte sich erschöpft an ihn.
„Ich weiß es nicht Kleines, aber du darfst nicht aufgeben. David und du ihr seid füreinander bestimmt, das ist Schicksal und wenn man euch noch so viele Steine in den Weg legt, ihr habt es bis jetzt immer geschafft und ihr werdet es weiterhin schaffen. Eure Liebe ist größer, sie stärker als das Schicksal.“
„Nein,“ schüttelte sie den Kopf, „Irgendwann wird sie daran zugrunde gehen.“
„Aber nicht jetzt!“ sprach er auf sie ein, „ Hörst du? Das Richard im Koma liegt ist schwer zu akzeptieren, vor allem für David, aber er wird sich damit arrangieren, er wird dich nicht verlassen, nicht deswegen.“
„Bist du dir da sicher?“
„Ganz sicher Kleines, er ist im Moment nur geschockt. Du wirst sehen wenn er wieder kommt dann hat er sich gefangen.“
„Ich hoffe es,“ vergrub sie ihren Kopf an seiner Schulter, „Er...er hängt doch so an Richard und...und...“ begann sie erneut zu Schluchzen, „Und ich weiß nicht wie er reagiert wenn er wirklich.....“ sie musste den Satz ins leere laufen lassen, konnte es nicht aussprechen. Sie schlang ihre Arme um Syds Hals und ließ ihren verwirrten Gefühlen freien lauf. Sie brauchte im Moment einfach jemanden an den sie sich lehnen konnte. Sie war in letzter Zeit immer stark gewesen, für David, doch nun konnte sie nicht mehr. Ihre Kraft war aufgebraucht, sie bemerkte wie ihr Kopf immer schwerer, die Tränen immer weniger wurden und kurz darauf war sie an seiner Schulter eingeschlafen.
Sydney schluckte kurz als er ihre tiefen gleichmäßigen Atemzüge vernahm, so hatte er das nicht geplant. Er wollte sie trösten ja, aber nicht so, das war eindeutig zu viel des Guten. Sie so nah an sich zu spüren raubte ihm den Verstand. Vorsichtig beugte er sich zu ihrem Gesicht hinunter, sein Blick glitt über die nun Entspannten Gesichtszüge, auf denen die letzten Tränen langsam trockneten, blieb schließlich an ihrem Mund hängen. Wie magisch zog dieser ihn an, er würde alles dafür geben sie endlich wieder berühren zu dürfen. Langsam näherten sich seine Lippen den ihrigen, doch kurz bevor er sie erreichte zuckte er zurück. Was tat er hier? Sie war die Verlobte seines kleinen Bruders, David war ohne Lisa nichts und Lisa war ohne David nichts. Die zwei brauchten sich wie die Luft zum atmen. Vorsichtig legte er sie auf die Couch, löste so die Umarmung und zog sich ins Gästezimmer zurück. Er musste jetzt alleine sein, nachdenken und versuchen seinen Körper und seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bringen.
Je näher David dem Krankenhaus kam, desto langsamer wurde er. Ihn verließ der Mut zu seinem Bruder zu fahren, sich selber davon zu überzeugen wie es ihm wirklich ging. Was wenn Sydney nicht gelogen hatte? Was wenn es wirklich so schlimm war oder gar noch schlimmer? Er wusste nicht wie er damit umgehen sollte, Richard war immer für ihn da gewesen, selbst nach seiner eigenen geplatzten Hochzeit hatte er nicht an sich, sondern an ihn gedacht. Oder war die geplatzte Hochzeit mit Sabrina Schuld an Richards durst nach Rache an Rokko Kowalski? Er wusste das er auf diese Fragen keine Antwort erhalten würde wenn er nicht endlich auf den Parkplatz fuhr und hineinging. Er kniff die Augen zusammen und zwang sich danach regelrecht erneut Gas zu geben und den Wagen auf den großen Parkplatz zu lenken, wo er dann erst einmal mehrere Runden fuhr bevor er sich endlich für eine der vielen freien Parklücken entschied. Zitternd stieg er aus dem Wagen, schloss die Türe und brauchte fast 5 Minuten bis der den Wagen, trotz ferngesteuerter Zentralverriegelung, abgeschlossen hatte. Langsam begann er einen Fuß vor den anderen zu setzten bis er schließlich den Haupteingang erreicht hatte. Suchend glitten seine Augen durch die große Halle mit den Hinweisschildern zu den einzelnen Stationen. Ein allzu bekannter Geruch von Desinfektionsmitteln stieg ihm in die Nase und am liebsten wäre er Rückwärts wieder hinausgestolpert, doch er riss sich zusammen, steuerte zielstrebig die Information an.
„Guten Tag, wie kann ich ihnen helfen?“ fragte ihn eine Frau mittleren Alters dahinter.
„Ich...ich würde gerne wissen wo Richard von Brahmberg liegt.“ Antwortete er.
„Einen Moment bitte,“ sie wandte sich ihrem Computer zu und schien den ihr genannten Namen einzugeben. Ihr Gesicht verriet keine Regung und als sie sich wieder zu ihm umdrehte lag wieder dieses freundliche Lächeln auf ihrem Gesicht. „Melden sie sich bitte am Eingang zur Intensivstation, dort wird man ihnen weiterhelfen.“ Sagte sie immer noch freundlich lächelnd, doch David sah in ihren Augen, das es ihr nicht leicht fiel Leuten diese Auskunft zu geben.
„Danke,“ flüsterte er und wandte sich ab, den Weg dorthin kannte er nur zu gut, hatte er vor noch nicht allzu langer Zeit ebenfalls dort einige Wochen verbracht. Obwohl sich immer noch alles in ihm dagegen sträubte beschleunigte er seine Schritte, ging Zielsicher durch den Irrgarten aus verwinkelten Korridoren, bis er schließlich vor großen gläsernen Türe mit der Aufschrift `Intensivstation´ stehen blieb. Krampfhaft starrte er auf seine Hand, versuchte sie so dazu zu bewegen auf den Klingelknopf zu drücken. Langsam hob er sie, sein Finger berührte den kleinen schwarzen Knopf, der ihm den Zugang zum vollen Ausmaß der Geschichte geben würde. Er hörte Schritte hinter der Türe, dann ein summen und klacken. Die Türe öffnete sich und ein bekanntes Gesicht sah ihm entgegen.
„Herr Seidel,“ grüßte ihn Schwester Clara, eine Frau älteren Jahrgangs und Stationsleitung, „Wie geht es ihnen? Sie wollen bestimmt zu ihrem Bruder.“
David rang sich ein Lächeln ab, dann nickte er. „ Mir geht es gut, danke der Nachfrage,“ antwortete er höflich. Schwester Clara hielt ihm schon einen der blauen Überzugskittel hin und half ihm dann ihn überzuziehen.
„Kommen sie,“ forderte sie ihn auf, „ Seine Schwester ist auch gerade bei ihm.“ Ging sie voran, durch eine weitere Türe hinaus auf einen weiten Flur. Vor einem Raum blieb sie stehen. David wollte einen Blick durch das Fenster werfen, doch die Jalousien waren herunter gelassen. Vorsichtig drückte er die Klinke hinunter.
„Gehen sie nur,“ spürte er die Hand von Schwester Clara im Rücken, „ Er wird merken das sie da sind.“
Erstaunt drehte ließ er die Klinke wieder los und drehte sich zu fragend zu ihr um.
„ Herr von Brahmberg scheint zu spüren wenn Menschen bei ihm sind. Seine Werte sind in dieser Zeit äußerst stabil. Sie wissen, das es möglich ist, das Komapatienten fühlen können wenn jemand bei ihnen ist. Das ist ein gutes Zeichen.“
„Danke,“ flüsterte er, drehte sich wider um und ging entschlossen in das Zimmer.
Mariella hörte das klicken der Türe hinter sich, sie drehte sich rum und sah in das Gesicht ihres Ex-Freundes. Sofort sprang sie von ihrem Stuhl auf und ging auf ihn zu.
„David!“ sagte sie und strahlte ihn an, „Ihr seid schon wieder zurück.“ Nahm sie ihn in den Arm und drückte ihn an sich.
„Ja, seit gestern Abend,“ antwortete er ihr und sein Blick ging über ihre Schulter zu Richard, der Regungslos in dem Bett lag. Vorsichtig löste er sich von ihr, trat näher zu ihm heran und griff nach der kühlen Hand. Mariella hielt sich im Hintergrund und beobachtete die Szene nur, bereit für David da zu sein wenn er sie brauchte.
„Hi,“ flüsterte David, „Ich...ich hab gehört was passiert ist...und....und warum? Ich....also...verdammt noch mal Richi warum? Warum kommst du nicht zurück? Ich...ich brauche dich doch...weißt du Lisa und ich...also ich habe ihr einen Antrag gemacht und sie hat ja gesagt...aber...aber ohne dich....ich kann sie nicht heiraten wenn du nicht dabei bist. Du gehörst doch dazu....als...als Trauzeuge.“ Sein Blick glitt hoch zu den Monitoren in der Hoffnung es würde sich irgendwas verändern, in der Hoffnung er würde die Augen aufmachen und ihn anlächeln. Mit Tränen in den Augen ließ er sich auf den Besucherstuhl nieder, vergrub sein Gesicht in seinen Händen und schüttelte immer wieder mit dem Kopf.
Mariella beobachtete dies einige Zeit lang, dann ging sie zu ihm stellte sich hinter ihn und legte ihm ihre Hände auf die Schultern. Sofort sah er zu ihr auf, es tat ihr weh ihn so verletzlich zu sehen und doch wusste sie das er es sich selber wieder einmal schwerer machte als es wirklich war.
„Ihr wollt heiraten?“ flüsterte sie und erntete ein nicken als Antwort, „Weiß Lisa denn das du Richard als Trauzeugen haben möchtest?“ Diesmal reagierte er mit einem Kopfschütteln. „Dann sag es ihr, erklär es ihr bevor es zu Missverständnissen kommt. Ihr habt es verdient endlich Glücklich zu sein.“
„A...aber ich kann doch nicht schon wieder gehen.“
„Doch du kannst David, ich bleibe hier. Ich habe den Nachmittag frei. Was nützt es Richard oder euch wenn ihr aneinander vorbei redet und es dadurch alles wieder komplizierter wird. Du kennst Lisa, sie ist eine starke Frau, doch irgendwann hat auch sie ihre Grenzen erreicht und dein letzter Aufenthalt hier hat sie ganz nah an diese gebracht. Nur zusammen meistert ihr auch dieses Schicksal, wir müssen geschlossen für Richard da sein.“ Lächelte sie ihn nun an und trat neben ihn. Ergriff nun seine Hand, die immer noch auf Richards lag und sah zu dem Überwachungsmonitor hoch. David folgte ihrem Blick und stellte fest, das Richards Werte wirklich ruhiger wurden, so als würde er nur tief schlafen. Entschlossen wusch er sich mit der anderen Hand die Tränen aus dem Gesicht.
„Du hast ja recht Mariella,“ stand er auf und nahm sie in den Arm, „Danke das du immer noch hier bist.“
„Da nicht für David. Ich konnte deine Eltern und Max schließlich nicht alleine lassen. Außerdem hat Lars noch einen großen Auftrag in New York, wir hätten uns also auch in Boston nicht wirklich gesehen, danach will er dann erst einmal nach hier kommen. Und jetzt sieh zu das du mit deiner Verlobten redest bevor irgendwelche Missverständnisse entstehen“
David nickte nur sah noch einmal zu Richard, drückte noch einmal seine Hand und machte sich wieder auf den Weg in die Villa Seidel.
[B] Kapitel 8 [/B]
Die ganze fahrt über dachte David über Mariellas Worte nach. Sie hatte Recht, durch unbedachte Äußerungen konnte es viel zu schnell zu Missverständnissen kommen und er wusste doch das Lisa am Ende ihrer Kräfte angekommen war. Noch am Morgen hatte er sich geschworen, das er nicht zulassen würde, das sie sich die Schuld an den Dingen gab, die nun mal passiert waren. Das sie endlich wieder an das Gute glaubte und sie zusammen Glücklich waren. Wütend schlug er mit der Hand gegen das Lenkrad, `und ich Idiot habe nichts besseres zu tun als sofort wieder laut zu werden und abzuhauen` schalt er sich selbst. Er versuchte sich an seine Worte zu erinnern, er hatte nicht wirklich nachgedacht, als er so ausgerastet war. Sein einziger Gedanke war Richard gewesen und das er zu ihm musste, koste es was es wolle.
`Wir wollten Heiraten!´ hallten seine eigenen Worte in seinem Kopf nach, erschrocken riss er die Augen auf, trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und fluchte vor sich hin.
„Verdammt, wie konnte ich nur. Sie wird das falsch verstanden haben, sie wird denken ich liebe sie nicht mehr.“ Schrie er die Windschutzscheibe an und war froh als er endlich die Auffahrt der Villa erreicht hatte. Diesmal machte er sich nicht die Mühe den Wagen abzuschließen, sondern stürmte sofort hinein ins Wohnzimmer, wo er außer Atem stehen blieb. Sofort fiel sein Blick auf die schlafende Lisa, leise ging er zu ihr, hockte sich hin und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Er sah das sie geweint hatte und sein Herz zog sich zusammen. `Und das alles nur, weil du Idiot wieder einmal erst geredet und viel zu spät nachgedacht hast!´ schalt ihn seine innere Stimme, was ihn dazu brachte kurz aufzuseufzen und dann die Augen zu verdrehen. Als wüsste er das nicht selber. Kurz sah er sich um, doch von seiner Mutter und Syd fehlte jede Spur, er zuckte mit den Schultern und begann dann Lisa sanft über die Wange zu streichen.
„Schatz?“ flüsterte er dabei und in seiner Stimme lag ein hauch von Sorge, „Komm schon aufwachen Süße, ich bin wieder da.“ Doch sie zeigte keine Regung, Panik ergriff ihn, seine Gedanken kehrten zurück an den Tag als er aus der Villa gerannt und sie schließlich auf den Gleisen der S-Bahn Station gefunden hatte. Schon damals hätte er sehen müssen, das sie nicht so stark war wie sie gerne tat. Das alles sie mehr mitnahm als sie zu zeigen bereit war und das man einer Lisa Plenske nicht immer glauben konnte wenn sie felsenfest behauptete es ginge ihr gut.
„Lisa!“ seine Stimme war schrill und hoch, „Lisa bitte.“ Flehte er nun und begann hektisch nach ihrem Puls zu suchen.
Lisa spürte wie jemand an ihrem Handgelenk herumdrückte, sie wollte es wegziehen, doch der Griff verstärkte sich. Sie hörte eine bekannte Stimme ihren Namen sagen, war das Panik, was sie da heraushörte? Nur langsam konnte sie die letzten Reste der Müdigkeit abwimmeln und öffnete die Augen. David schoss es ihr durch den Kopf als sie ihn völlig aufgelöst vor sich hocken sah.
„Was ist denn los?“ fragte sie noch leicht verschlafen setzte sich auf und da er immer noch ihre Hand hielt zog sie ihn hoch und er setzte sich neben sie.
„Gott sei dank,“ seine Stimme klang erleichtert und sofort nahm er sie in den Arm, „Ich...ich dachte schon du...also wo du nicht wach wurdest....“
Stirnrunzelnd sah sie ihn an, was wollte er ihr sagen? Was dachte er? Das sie sich etwas angetan hätte? Ihre Augen weiteten sich und sie starrte ihn mit offenem Mund an.
„Wie...wie kommst du denn da drauf David?“
„Ich...also weil ich einfach so abgehauen bin und...und...“
Lisa lächelte ihn an, legte ihm einen Finger auf den Mund und brachte ihn so zum schweigen. „Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut. Ich war nur müde und bin eingeschlafen.“
David schluckte, warum log sie ihn an? Die Tränen auf ihrer Wange waren immer noch nicht ganz getrocknet. Er atmete einmal tief durch dann stand er auf und hielt ihr seine Hand hin.
„Lass uns hoch gehen,“ seine Stimme war leise, aber bestimmt, „ Wir müssen reden.“
Kurz entglitten ihr bei seinem letzten Satz die Gesichtszüge, doch dann fing sie sich wieder. `Lass dir bloß nichts anmerken.´ schalt sie sich selber, rappelte sich vom Sofa hoch und folgte ihm mit einigem Abstand die Treppe hinauf. `Und wenn er die Hochzeit jetzt doch absagen will? Wenn er die Verlobung lösen will? Was mache ich dann? Ich liebe ihn doch, das kann nicht alles gewesen sein. Das ist einfach nicht fair, warum mussten wir so viel leiden um dann am Ende doch als Verlierer da zu stehen?´ Sie bemerkte gar nicht das sie schon mitten in ihrem Wohnzimmer standen und er schon in dem kleinen Sessel platz genommen hatte, erst seine Worte holten sie ins hier und jetzt zurück.
„Setz dich doch, Schatz.“ Seine stimme war immer noch ruhig und doch glaubte Lisa eine gewisse Wärme darin zu hören.
`Oder bilde ich mir das wieder nur ein, weil ich das so hören will?´ ließ sie sich langsam auf das Sofa nieder. `Warum sitzt er so abseits im Sessel? Hat das etwas zu bedeuten? Bitte David verlass mich nicht.´
Sein Blick ruhte auf ihr, er sah das sie nervös die Kissen in ihrem Rücken kramte und er fragte sich was in ihrem Kopf vorging. Der erschrockene Gesichtsausdruck war ihm nicht entgangen. Er rutschte auf die Kante der Sitzfläche, legte die Hände ineinander und räusperte sich.
„Es geht um die Hochzeit,“ sprach er dann sofort das direkte Thema an, was sollte er lange um den heißen Brei herumreden, dadurch würden nur Missverständnisse entstehen. Er sah wie sie erschrocken den Kopf anhob.
`Ich wusste es, ich wusste es, er will mich nicht mehr.´ schoss es ihr durch den Kopf.
„Wir...also wir sollten die ganze Sache aufschieben....“
„Aufschieben?!“ unterbrach sie ihn, in ihr stürzten die verschiedenen Gedankengänge nur so auf sie ein, „Warum David?“ wurde sie lauter, „Damit du mit mir das gleiche Spiel spielen kannst wie damals mit Mariella?“
Ihre Worte trafen ihn hart, wie konnte sie nur so etwas von ihm denken. Verletzt sah er sie an, versuchte ruhig zu bleiben. „Nein, es ist wegen Richard.....“
„Wegen Richard?! Du willst mich nicht mehr heiraten wegen Richard?! Was ziehst du hier für eine Show ab David?!“
„Ich ziehe gar keine Show ab!“ wurde nun auch er laut, was warf sie ihm da eigentlich vor?
„Richard ist ein wichtiger Mensch in meinem Leben und ich werde nicht ohne ihn Heiraten!“
„Heißt das jetzt du löst die Verlobung auf bis Richard irgendwann wieder wach wird?!“ schrie sie ihn an, „ Ist dir Richard also wichtiger als ich?“
„Habe ich das gesagt? Nein! Ich möchte nur nicht ohne ihn heiraten, genauso wenig wie er ohne mich nicht heiraten wollte! Ist das so schwer zu verstehen?“
„Ja! Was machst du denn wenn er nie wieder aufwacht? Dann heiraten wir nie, also kannst du die Verlobung auch sofort lösen!“ rannen ihr nun Tränen der Wut über die Wange.
„Er wird wieder aufwachen!“ funkelte er sie nun wütend an, wie konnte sie nur so über Richard sprechen? Wünschte sie sich etwa das er nie mehr aufwachen würde? „ Wie kannst du nur so von ihm sprechen? Er ist mein Bruder verdammt noch mal!“
„Blende die Wahrheit nicht aus David! Niemand weiß ob er je wieder wach wird, finde dich endlich damit ab, das er sterben kann!“
Geschockt wusste er im ersten Moment nicht was er antworten sollte, dann stand er auf und sah sie kalt an. „Du weißt doch gerade gar nicht was du von dir gibst!“ zischte er bevor er sich die Lederjacke vom Sessel schnappte, „ Das hört sich ja fast so an als wärst du Eifersüchtig auf ihn!“ verließ er laut die Türe knallen das kleine Wohnzimmer und stürmte die Treppe hinunter. `Das ist ja ganz toll gelaufen Seidel.´ fluchte er innerlich, er wusste das weglaufen nicht die beste Alternative war, aber im Moment würde jedes weitere Wort nur noch mehr Verletzungen hervorrufen. `Vielleicht kann Mariella ja mal mit ihr reden.´ setzte er sich wieder in den Wagen und machte sich zum zweiten Mal an diesem Tag auf den Weg ins Krankenhaus.
Sydney hatte den Streit der beiden bis nach unten gehört. Schon seit einiger zeit haderte er mit sich ob er nicht hochgehen und nach dem rechten schauen sollte. Doch als er nun die Türe knallen hörte hielt er es nicht mehr länger aus, was auch immer zwischen den beiden war er würde versuchen es zu klären. Er trat aus dem Gästezimmer und sah gerade noch wie David durch die Haustüre verschwand. Beunruhigt stieg er die Treppe hinauf, die Türe zu Davids Wohnzimmer war wieder aufgesprungen und durch den Spalt konnte er Lisa auf dem Sofa sitzen sehen, sie hatte den Kopf in den Händen vergraben und Schluchzet hemmungslos. Es brach ihm das Herz, sie so traurig zu sehen. Vorsichtig ging er hinein, setzte sich zu ihr und legte ihr seinen Arm um die Schulter.
[B] Kapitel 9 [/B]
Lisa spürte den Arm um ihre Schulter, es war eine vertraute Geste und sie wusste das sie nicht von David stammte. Ohne aufzusehen schmiegte sie sich noch enger an ihn, genoss den Trost, der von dieser kleinen Geste ausging und versuchte das was soeben geschehen war zu realisieren. Hatte er sie wirklich wegen Richard verlassen?
`Du bist doch eine dumme Kuh Lisa Plenske!´ hörte sie ihre innere Stimme, `hast du wirklich gedacht er heiratet dich wenn sein Bruder um sein Leben kämpft?´ erneut schluchzte sie auf. War sie es am Ende gewesen, die den Fehler begangen hatte?
`Nein!´ schrie sie der Stimme in ihrem Kopf entgegen, `Habe ich nicht! Ich habe nur die Wahrheit ausgesprochen´ Sie wusste, das für David die Wahrheit schwer zu akzeptieren war, aber sie deswegen gleich wieder fallen zu lassen, war auch nicht richtig. Sie kam sich vor als würden sie von einen Alptraum in den nächsten schliddern sobald sie in Berlin war. Die Zeit auf den Malediven war so schön gewesen, sie hatten wirklich abschalten können und nun? Wäre sie damals nur nicht wieder zurück gekommen, sie hätte sich eine Menge Leid ersparen können. Wenn sie bei L.Ex in Düsseldorf geblieben wäre, wäre sie jetzt noch Glücklich. Syd hätte die Filiale in Berlin aufgebaut und dann wäre er zurückgekommen und sie wäre endlich Glücklich gewesen. Ohne wenn und aber, weit weg von Berlin, der Stadt in dem ihr das Schicksal anscheinend nicht wohl gesonnen war und am wichtigsten weit weg von David. Ihre Beziehung war zum scheitern verurteilt, von Anfang an, wie konnte sie nur so naiv sein und glauben gegen das Schicksal anzukommen?
Langsam versiegten ihre Tränen, die Schluchzer wurden weniger und sie traute sich aufzusehen, in Syd´s klare blaue Augen, die sie besorgt musterten.
Sydney wusste das Worte in diesem Moment erst einmal Fehl am Platz waren, sie musste sich erst einmal beruhigen, dann konnte er sie immer noch fragen was genau denn vorgefallen war. Unten hatte er nur ein paar Wortfetzen verstanden, anscheinend war es um Richard gegangen. Er hatte sich schon gedacht, das der Kleine im ersten Moment mit der Situation nicht zurecht kommen würde, aber so wie es sich angehört hatte schien auch Lisa so ihre Probleme mit der Situation zu haben. Er merkte wie sie sich an ihn schmiegte, spürte die warmen Tränen, die sich langsam einen Weg durch seine Sweatshirt bahnten, bis sie fast vollkommen aufgesaugt sanft streichelnd seine Haut berührten. Ein wohliger Schauer lief ihm über den Rücken, er wusste nicht ob er in diesem Moment der Richtige war um sie zu trösten, doch sie hier oben alleine mit ihren verwirrten Gefühlen zu lassen konnte und wollte er sie auch nicht. Sie hatte es doch verdient endlich Glücklich zu sein und auch wenn sie ihr Glück nicht bei ihm finden würde, so würde er alles dafür tun damit sie es endlich zu packen bekam und festhielt. Immer wieder strich er ihr beruhigend über den Arm, in der Hoffnung das die Tränen versiegen, die Schluchzer aufhören würden und er sie endlich fragen konnte was geschehen war. Ihm war bewusst das er ihre Nähe nicht lange aushalten würde, das hatte er gegen Mittag schon gesehen wo er sie sich unten auf dem Sofa in den Schlaf geweint hatte.
`Bitte nicht jetzt auch wieder´ flehte er innerlich, als er spürte wie sie ruhiger wurde, nur mit äußerster Willenskraft hatte er den Kuss vor ein paar Stunden verhindern können und er wusste nicht ob er es noch einmal schaffen würde.
Plötzlich spürte er ihre Arme um seinen Hals, ihren warmen Atem an seinem Ohr. Er hielt die Luft an, versuchte so seinen Körper davon abzuhalten darauf zu reagieren.
„Danke,“ hauchte sie ihm ins Ohr, „Danke das du für mich da bist, das du immer da warst.“
Er hoffte das sie sich nun wieder von ihm lösen würde, doch diesen Gefallen tat sie ihm nicht, im Gegenteil, sie schmiegte ihren Kopf in seine Halsbeuge und strich mit ihren Fingern seicht über seinen Rücken.
„ Da....da nicht für....Lisa!“ konnte er ein leises stöhnen nicht mehr unterdrücken, was machte diese Frau nur mit ihm? Wie konnte sie es schaffen ihn durch diese kleine Berührung so aus der Bahn zu werfen? Mit schrecken bemerkte er wie sie sich aufrichtete und auf seinen Schoß krabbelte, sie sah ihm tief in die Augen und ihre Hände begannen nun auf Wanderschaft zu gehen.
„Lisa...wir...“ begann er, brach dann jedoch ab, ihre Hände machten ihn verrückt und er musste seine ganze Willenskraft aufbringen um ihr rechte Hand mit seiner Linken festzuhalten. Doch sie hörte nicht auf, glitt mit ihrer Linken unter sein Sweatshirt und begann sanft mit seinen Brusthaaren zu spielen.
„Ich brauche dich Syd,“ hauchte sie ihm erneut ins Ohr.
„Lisa bitte...wir...wir dürfen....“ versuchte er es erneut, doch diesmal unterbrach sie ihn indem sie ihre Lippen sanft auf seine legte.
[I] „Meine Güte Kowalski hast du es immer noch nicht verstanden,“ presste Richard hervor als Rokko ihn erneut von hinten ansprang und zu boden drückte.
„Es sieht mir eher so aus als hättest du nicht verstanden,“ zischte dieser, holte aus und senkte seine Faust in Richards Gesicht. Dieser jedoch verzog keine Miene, auch wenn er die Wucht des Schlages spüren konnte so blieben die Schmerzen aus. Er fragte sich nicht warum, das würde ihn nur unnötig Zeit kosten und ablenken. Überhaupt war er nicht mehr gewillt länger hier oben oder war es doch unten, seine Zeit mit diesem Psychopathen zu verbringen. Auch wenn er vor noch nicht allzu langer Zeit beschlossen hatte nicht zurück zu gehen, so sah dies nun ganz anders aus. Auf eine Ewigkeit mit Kowalski konnte er gut verzichten, dann würde er lieber wieder zurück ins Leben gehen und sich für seine Tat ins Gefängnis setzten, auch Lebenslänglich wenn es sein musste, aber keine Sekunde länger wie nötig wollte sich mit diesem Möchtegern, ja was war er denn eigentlich? Pausenclown? PR-Komet oder doch eher Teufelssklave verbringen.
Er versuchte erneut die Oberhand in ihrem Kampf zu gewinnen, sah er doch das helle Licht am Horizont und spürte das er nur hineingehen brauchte um endlich wieder Frieden zu finden.
`Ich lass euch beide dann mal alleine´ hörte er schwach die Stimme seiner Schwester.
Na ganz toll Mariella, sicher geh nur und lass mich mit dieser Nervtötenden Schmalzfliege alleine, schoss es ihm durch den Kopf. Er hatte die ganze Zeit über gespürt das sie da war und immer wenn sie ihm zugeredet hatte, spürte er wie immer mehr Kraft und Lebenswille in ihn zurückkehrten. Das waren die Momente in denen er die Oberhand gewann, in denen er Rokko zu Boden drückte und hoffte das er diesmal nicht wieder aufstehen würde.
Aber dieser Mistkerl ist ja schon tot, der wird immer wieder aufstehen, brummte er in Gedanken und merkte wie seine Kraft wieder etwas nachließ. Verdammt noch mal Mariella! Fluchte er und war kurzzeitig abgelenkt, was Rokko sofort wieder zu seinem Vorteil ausnutzte.
`Ich weiß nicht ob du mich hören kannst....ich....ich hoff es einfach mal...´ erklang jedoch kurz darauf die nächste Stimme und Richard erkannte sie sofort, er war doch eben schon einmal kurz da gewesen. Hatte Mariella ihm nicht gesagt er solle mit Lisa reden bevor es Missverständnisse gab? Ja doch, genau so war es gewesen, weil David doch wollte das er sein Trauzeuge wurde. Diese Nachricht hatte Rokko doch aus dem Konzept gebracht. Was machte er denn schon wieder hier? War er gar nicht bei Lisa gewesen? Oder hatten die beiden wieder einmal aneinander vorbeigeredet?
`Sie...sie versteht mich nicht....ich...weißt du....ich...sie...scheiße Richi komm einfach wieder zurück! Bitte! Komm wieder zurück...´ vernahm er Davids Stimme als heiseres flehen. Doch die Kraft kehrte noch nicht zurück, aber er konnte plötzlich wieder fühlen. Rokkos Schlag gegen die Rippen nahm ihm kurzzeitig die Luft zum atmen. Doch er fühlte nicht nur wieder körperlichen Schmerz, er konnte auch seine Brüder wieder deutlich wahrnehmen und was er spürte als er an Sydney dachte gefiel ihm gar nicht.[/I]
[B] Kapitel 10[/B]
Durch Lisas Küsse löste sich auch der letzte Wiederstand in Sydney auf, er konnte ihr nicht wiederstehen, so sehr er das auch wollte. Er wusste es war falsch was er tat als nun auch seine Hand auf Wanderschaft ging, aber irgendwie wollte sein Gehirn diesen Impuls nicht weiterleiten, es hatte keine Kontrolle mehr über seinen Körper und er wusste er war Lisa hilflos ausgeliefert. Hungrig erwiderte er ihre Küsse, während eine immer leiser werdende Stimme in seinem Kopf ihn davor warnte das David jeden Moment wieder das Zimmer betreten konnte.
Auch Lisas Gedanken überschlugen sich, während sie ihn weiter fordernd küsste. Immer wieder wanderten sie zu David ab, dann öffnete sie die Augen und doch sah sie nichts falsches indem was sie tat. Sie hatte auch Syd geliebt, mehr als alle anderen dachten und es war ihr schwer gefallen ihn zu verlassen, aber David hatte nun mal den größeren Teil in ihrem Herzen reserviert. Nur ob er ihn je wirklich verdient hatte? Ihre Zweifel waren in den paar Minuten immer größer geworden und wer wusste denn schon wie David nun handeln würde?
`Er sitzt jetzt bei Richard und heult sich die Augen aus´ zischte eine Stimme in ihrem Kopf, `Du warst ja auch so einfühlsam Lisa, dabei hat er nur von Verschieben und nicht von Auflösung gesprochen´
Einen Moment war sie gewillt der Stimme nachzugeben, aufzuhören, bevor sie den Fehler ihres Lebens beging und doch konnte sie nicht. Da war etwas zwischen ihnen beiden, eine alte, bekannte Leidenschaft. Doch David war doch auch Leidenschaftlich gewesen, er hatte ihr noch am Morgen im Bad gezeigt wie sehr er sie liebte und doch siegte in Lisa gerade die Lust am Verbotenen, der Reiz etwas zu tun was sie nicht tun durfte und da Sydney sich nicht wehrte gab er ihr keinen Grund aufzuhören. Sie wollte einfach nicht mehr nachdenken, wollte nur noch fühlen, geliebt werden.
`David liebt dich!´ schaltete sich die Stimme wieder ein.
Sie ignorierend fuhr sie unter Syds Sweatshirt, strich ihm über die Brust und entlockte ihm ein weiteres stöhnen. David liebt nur das was er gerade gebrauchen kann und mich kann er anscheinend nicht mehr gebrauchen wenn er Richards Schulter an seiner Seite nicht hat, blendete sie die Stimme nun vollends aus und ließ sich von den alten Gefühlen treiben.
[I] Richard verfolgte das Gefühl mit Argwohn, sein Bruder würde doch wohl nicht wieder etwas mit Lisa anfangen. Aus Davids abgehackten Erzählungen hörte er heraus, das dieser sich wohl mit ihr gestritten hatte. Er spürte einen neuen Schlag von Rokko in seinem Rücken, konnte sich nicht mehr wirklich auf den Kampf konzentrieren . Er musste handeln, bevor es zu spät war. Rokko packte ihn am Kragen und zog ihn immer weiter in Richtung der sich neu aufbauenden Dunkelheit, er hatte keine Chance sich zu wehren, kämpfte mit seinen Gefühlen und der seiner Brüder. Alles begann sich zu drehen, er hörte wie David immer wieder seinen Namen rief, scheinbar erstreckte sich seine Gemütslage bis zu seinem Körper, der da unten in dem Bett lag. Richard kniff die Augen zusammen, spürte die Hitze, die von der Dunkelheit ausging und startete einen Versuch sich mit Sydney in Verbindung zu setzten. Wenn das nicht klappen würde hätte er verloren.[/I]
Erschrocken sprang David auf als die Monitore kurz Alram schlugen und sich Richards Herzschlag unnatürlich beschleunigte, mehrere Geräte begannen nun ebenfalls zu piepen.
„Richi? Richard! Nein tu mir das nicht an. Bitte Richard!“ flehte er als die Türe aufging und Dr. Lorenz mit einer Schwester eintrat. Er nickte ihm nur kurz zu und wandte sich dann gleich Richard zu, mit versteinerten Miene untersuchte er ihn stellte den Piepton ab und spritze ihm dann etwas in den Zugang, der in seiner Hand lag. Kurz darauf normalisierten sich die Anzeigen wieder und Dr. Lorenz wandte sich David zu, sah wie dieser ebenfalls schwer atmete.
„Herr Seidel,“ sprach er ihn dann an und berührte ihn sachte am Arm, „Kommen sie Herr Seidel, sie möchte ich mir auch noch einmal genauer ansehen.“ Beförderte er ihn aus dem Zimmer, den Gang hinunter und in ein freies Zimmer, wo er David auf das frisch bezogenen Bett setzte und ihn dann fragend ansah.
„Wie war der Urlaub Herr Seidel?“
Erst jetzt wo eine räumliche Distanz zwischen Richard und ihm war löste David sich aus seiner Starre und sah den Arzt an.
„Was haben sie gesagt Dr. Lorenz?“
„Ich habe sie gefragt wie ihr Urlaub war?“ wiederholte dieser seine Frage.
„Der Urlaub? Ja ähm schön, doch erholsam.“
„Und wie fühlen sie sich? Haben sie die Atembeschwerden noch öfters?“
„Nein, also nur noch ab und an.“
„Hmm,“ nickte Lorenz und bat David dann den Oberkörper frei zu machen, damit er ihn noch einmal abhören konnte. „ Wirklich gefallen tut mir das immer noch nicht Herr Seidel,“ legte er dann das Stethoskop wieder weg, „Der Urlaub scheint ihnen zwar wirklich gut getan zu haben, aber ich würde sie trotzdem gerne noch in Kur schicken.“
„Was? Nein das geht nicht. Nicht solange Richard....“
„Herr Seidel, sie können nichts für ihren Bruder tun. Wir alle können nicht mehr tun als abwarten. Herr von Brahmberg hat sehr viel Blut verloren und es wird seine Zeit dauern bis er wieder ganz der alte wird. Es ist ein reiner Selbstschutz des Körpers, im Moment fährt er sozusagen auf Sparflamme, aber ich bin guter Hoffnung. Er reagiert auf Besuch, er spürt das seine Familie für ihn da ist, das ist wichtig und ein sehr gutes Zeichen. Sollte das Koma physische Ursachen haben, so wird er bald aufwachen. Die Wunde ist sehr gut verheilt und auch der Blutverlust dürfte ihm nicht mehr allzu lange zu schaffen machen.“
„Wie meinen sie das wenn das, das Koma physische Ursachen hat? Kann es denn auch andere Ursachen haben?“ fragte David nach und fürchtete sich insgeheim vor der Antwort.
„Kommissar Mehlkopf wollte ihn zu Anfang wegen Mordverdachts ins Gefängniskrankenhaus überstellen lassen,“ begann Lorenz und achtete genau auf Davids Reaktion, „ Er hat ihn ans Bett fixieren lassen, Herr von Brahmberg erlangte dann kurz nach der OP das Bewusstsein wieder. Ihr Vater war dabei, er wurde panisch und danach hatte er einen Herzstillstand. Seitdem ist er nicht wieder aufgewacht. Das ganze kann also auch psychische Ursachen haben.“ Er legte eine Hand auf Davids Arm und beobachtete ihn genau, er wusste das jegliche Art von Aufregung Gift für seinen Patienten war und doch musste er ihm die Wahrheit sagen. Hier konnte er ihm sofort helfen, im Gegensatz zu seinen Verwandten wenn sie es ihm zu Hause sagen sollten.
Fassungslos sah David ihn an, wie hatten Syd und seine Mutter ihm das nur verschweigen können? Er spürte wie ihm das Atmen immer schwerer fiel und seine Lungen krampfhaft versuchten Sauerstoff zu bekommen. Registrierte wie Dr. Lorenz nach der Sauerstoffmaske griff und sie ihm aufsetzte während er ihn sanft auf das Bett drückte bis er lag.
„Legen sie sich hin Herr Seidel,“ sagte er.
„Nein,“ presste er hervor, „Nein ich muss zu ihm.“
„Gar nichts müssen sie. Legen sie sich hin, ich geben ihnen etwas zur Beruhigung und dann schlafen sei erst einmal was.“
„Nein das geht nicht.”
„Herr Seidel!” verschärfte Lorenz nun seinen Ton. „ Eigentlich muss ich sie wieder hier behalten, aber ich weiß das sie zu Hause eher mitarbeiten als hier. Jetzt legen sie sich hin und ruhen sie sich aus. Sie können später wieder zu ihm.“ Zog er eine Spritze auf und gab David das Beruhigungsmittel, „Sie helfen ihrem Bruder nicht wenn sie jetzt nicht auch auf sich achten.“
Grummelnd nahm David die Worte hin spürte diese bleierne Müdigkeit, die plötzlich besitz von ihm ergriff und dämmerte langsam weg.
[I] Erleichtert spürte Richard plötzlich eine Wand hinter sich, Rokkos harter Griff war nicht mehr da, er drehte sich um und sah wie dieser wieder wütend gegen die unsichtbare Barriere schlug.
„Was?!“ hörte er dann eine bekannte Stimme hinter sich und drehte sich wieder in Richtung des Lichts. Sydney stand dort und sah sich ungläubig um bis er ihn entdeckte und langsam auf ihn zukam. Der Boden wurde unter seinen Schritten immer durchsichtiger, bis er schließlich den Blick auf Davids Wohnzimmer freigab.
„Hat sich dein Verstand jetzt also doch komplett von deinem Körper verabschiedet!“ zischte Richard und deutete nach unten.
Verlegen senkte Syd den Blick, riss ihn dann jedoch sofort wieder nach oben und biss sich auf die Lippe.
„Bist du von allen guten Geistern verlassen?! Wie kannst du David das antun? Sie sind verlobt!“
„Ich...ich Richard das will ich doch gar nicht.“
„Das sehe ich wie du das nicht willst!“ schrie er nun und zwang Syd nach unten zu sehen. Lisa schien gerade zu ihrem Höhepunkt zu kommen, dann ließ sie sich kraftlos auf ihn sinken. „Verdammt Syd warum tust du ihm das an?“
Sydney wollte etwas erwidern, wollte es Richard erklären, doch er konnte nicht. Was sollte er dazu sagen? Er hatte mit der Verlobten seines kleinen Bruders geschlafen und auch wenn es eigentlich von ihr ausgegangen war, so war er, sein Verstand zu schwach gewesen ihr zu wiederstehen. Es gab keine Entschuldigung dafür, das wusste er.
„War das von Anfang an dein Plan? Wolltest du sie wieder zurück?“ durchdrang Richards schneidende Stimme seine Gedanken. Lisa schien sich gerade zu wundern warum Syd nicht wirklich reagierte, küsste ihn noch einmal zärtlich und schmiegte sich dann an ihn.
„Nein!“ sah Syd ihn entsetzt an, „Natürlich nicht!“
„ Aber wenn es sich ergeben würde wärst du nicht abgeneigt oder wie?“
Sydney spürte einen stechenden Schmerz in seiner Brust, es waren nicht Richards harte Worte, die ihn so trafen. Es war die Tatsache das er im Grunde Recht hatte mit seiner Aussage. Er hatte das Vertrauen seiner Brüder missbraucht, sich ihnen nicht anvertraut, sie hintergangen und nun musste er dafür bezahlen.
„Beeil dich mit dem da,“ flüsterte Syd und wies auf Rokko der immer noch versuchte die Barriere irgendwie zu durchbrechen, „David braucht dich.“ Dann drehte er sich um und verschwand im Nebel.
„Sydney!“ rief Richard ihm nach, „Darüber sprechen wir noch!“ doch dieser hörte ihn schon nicht mehr. Seufzend drehte er sich wieder um, er musste sich jetzt abreagieren und da kam ihm Kowalski ganz gelegen. [/I]
[B] Kapitel 11 [/B]
Mühsam öffnete Syd die Augen, musste sich im ersten Moment wieder orientieren. Dann erkannte er Davids Wohnzimmer in der Villa und Lisa neben sich. Es war kein Traum gewesen, er hatte es wirklich getan. Wieder stach es in seinem Herzen, ja er liebte dieses Frau, aber er liebte auch seine Brüder und er hatte nicht nur David betrogen indem er mit ihr geschlafen hatte, sondern auch Richard. Tief atmete er ein, der Schmerz ebbte ab und er wandte sein Gesicht nun ganz Lisa zu und sah in leicht verhangene blaue Augen.
Bitte nicht schon wieder weinen, flehte er innerlich, doch kaum hatte er diesen Gedanken erfasst kullerte die erste auch schon über ihre Wange.
„Lisa,“ sagte er leise.
„Nicht!“ schrie sie ihn an, „Nicht fass mich nicht an, es...ich....Syd oh Gott was haben wir nur getan?“
„Lisa bitte beruhige dich, es...es war...“
„Beruhigen? Wie soll ich mich beruhigen, ich habe David betrogen, das wird er mir nie verzeihen.“ Wurden ihre Schluchzer immer lauter.
„Wir hätten das nicht tun dürfen Lisa , du weißt das, ich weiß das und doch ist es passiert. Wir...wir können das nicht mehr ändern, selbst wenn wir wollten.“
„Das fällt dir ja früh ein, wie soll ich das nur David beibringen?“
„Wie wäre es mit der Wahrheit?“
„Das...das war ein Ausrutscher Syd. Ich weiß nicht was in mich gefahren ist, der Streit und überhaupt alles seit wir wieder hier sind.“ Sah sie ihn aus verweinten Augen an, „Du musst das vergessen, ich...ich liebe dich nicht....ich....ich....“
Kurz schloss er die Augen wieder, ihre Worte schmerzten ihn und doch konnte er ihr nicht böse sein. Er wusste doch das seine Gefühle nicht erwidert wurden, das sie nur noch einseitig waren. Er wollte das doch auch nicht, er wollte sie nicht mehr lieben, doch er konnte nichts dagegen tun.
„Ich weiß,“ flüsterte er dann und versuchte sich so gut es mit einem Arm ging wieder anzuziehen, dann stand er auf und sah sie noch einmal an. „Rede mit David wenn er wiederkommt. Er hat ein Recht auf die Wahrheit, es...es war ein Ausrutscher, etwas das nie wieder vorkommen wird.“
„Es tut mir Leid Syd, ich..ich weiß nicht was mit mir los ist, meine Gefühle scheinen vollkommen verrückt zu spielen. Das....das eben, das war doch gar nicht ich irgendwie und auch das ich dich jetzt so angeschrieen habe. Entschuldige bitte.“
„Kein Problem, ich...es gehören ja immer zwei dazu.“ Presste er hervor, dann wandte er sich von ihr ab und verließ leise das Zimmer.
Lisa sah ihm hinterher, sie fühlte sich so schäbig. Was war denn nur in sie gefahren, das sie mit Syd schlief? Oder hatte sie sich etwa gewünscht er wäre David und nur deswegen...., ließ sie ihre Gedanken ins leere laufen. Das könnte es gewesen sein. Sie sammelte ihre Sachen vom Boden auf, ging hinüber ins Schlafzimmer, suchte sich frische Sachen aus dem Schrank und steuerte dann zielstrebig das Badezimmer an. Sie hatte das dringende Verlangen nach einer Dusche.
Genauso leise wie er die Wohnung von David und Lisa verlassen hatte, ging Syd nach unten in Richtung Gästezimmer, schloss die Tür hinter sich. Drehte den Schlüssel und glitt dann Kraftlos an ihr hinunter. Er wollte heute niemandem mehr über den Weg laufen, nur noch alleine sein. Fühlte sich benutzt und schämte sich dafür, dass er ihr nicht hatte wiederstehen können. Ihre Worte hallten immer wieder in seinen Ohren nach, der Raum schien sich zu drehen und genügend Sauerstoff schien er auch nicht mehr bereit zu halten. Nach Luft schnappend stürzte er zum Fenster um dieses zu öffnen, doch als er gerade den Griff in der Hand hatte sah er wie Laura und Friedrich vorfuhren. Er hoffte das sie ihn nicht sehen würden, doch diese Hoffnung wurde zerstört als Laura zu ihm herüberwinkte. Langsam öffnete er das Fenster und winkte seiner Mutter zurück, die daraufhin hinüberkam. Je näher sie ihm kam desto mehr legte sich ein besorgter Ausdruck auf ihr Gesicht.
„Ist alles in Ordnung Sydney?“ fragte sie dann auch sofort als sie das offene Fenster erreichte.
„Ja,“ stieß er hervor, „Das Schmerzmittel wirkt nur noch nicht richtig.“
Laura musterte ihn jedoch weiter kritisch, „Du siehst aus als ob du Fieber hättest.“ Wollte sie nach seiner Stirn greifen. Er schüttelte jedoch nur den Kopf und wich einen Schritt zurück.
„Es sind wirklich nur die Schmerzen im Arm, das Mittel wirkt zwar langsam, aber trotzdem ist es nicht gerade angenehm. Ich...ich glaube ich lege mich etwas hin, bin müde.“
„Mach das Junge, sollen wir dich zum Essen wecken?“
„Nein, im Moment habe ich keinen Hunger und bin einfach nur froh wenn ich etwas schlafen kann.“
„Gut, dann schlaf gut und erhol dich.“ Legte sie eine Hand auf seine, strich vorsichtig darüber während sie sich vorbeugte und ihm einen mütterlichen Kuss auf die Wange gab.
Er versuchte sich an einem Lächeln, gab sich wirklich mühe, doch gelingen wollte es ihm nicht so ganz. Dann entzog er sich ihrer Berührung und machte sich daran das Fenster wieder zu schließen und die Vorhänge zu zuziehen. Zwar konnte er das Tageslicht nicht ganz verbannen, aber die Dämmerstimmung die nun im Zimmer herrschte war besser als das grelle Tageslicht. Es passte einfach besser zu seiner Momentanen Stimmung. Anstatt sich hinzulegen, ließ er sich kraftlos auf dem Boden sinken, die Arme so gut es ging um den Körper geschlungen ließ er die Kälte des Holzfußbodens in sich steigen, bis sie sein Herz berührte und der Schmerz einer Leere wich. Blendete alles um sich herum aus, konnte nur noch einen klaren Gedanken fassen. Alles drehte sich nur noch um diese eine Idee um diesen einzigen Ausweg. Er zog sich zurück, kappte jede Verbindung zur Außenwelt und wartete auf die Dunkelheit. Eine Melodie schlich sich in seinen Kopf, er kannte das Lied, konnte den Text jedoch nicht mehr wirklich zuordnen.
[I] [B] And I will follow day
sure as the sun and moon
rember I will always be with you.
For another word to stay
And I understand you
When you see a darkness coming through
Remember to keep one take shelter from the storm
The night will not last for much more……[/B][/I]
Summte er leise vor sich hin, bis er den Text nicht mehr konnte. Er ging darin über, das er nur noch die Melodie summte. Irgendwie beruhigte ihn dieses Lied etwas. Wenn er es doch nur zuordnen könnte? Eine Träne, die er immer noch krampfhaft versuchte zurück zu halten schlich sich aus seinem Auge, über seine Wange und als sie auf dem Holz des Bodens aufkam fiel ihm der Titel wieder ein.
[I] [/B] ….A cold wind will blow through your door [/B][/I]
Und irgendwie passte der Titel gerade auf ihn. Es schien ihm als würde sich ein kalter Wind den Weg durch die geschlossene Türe suchen, ihn ergreifen, ihn erzittern lassen und ihn schließlich vollkommen einhüllen. Er konnte sich nicht davor schützen, durfte sich nicht davor schützen. Er war einem Schutz nicht mehr würdig.
Nach 2 Stunden erwachte David wieder, er setzte sich auf und sah sich um. Kurz fuhr ihm ein kalter Schauer über den Rücken, er hasste Krankenhäuser, dann stand er auf und wollte gerade das Zimmer verlassen, als Dr. Lorenz mit Mariella eintrat.
„Ach sie sind schon wieder wach. Sehr gut dann müssen wir sie nicht wecken.“ Sprach Lorenz.
„Ja grade wach geworden.“ Bestätigte David und sah Mariella fragend an.
„Ich wollte dich mit nach Hause nehmen,“ begann diese nun und sah sofort an seinem Blick das er protestieren wollte, „ Es ist schon spät David und Richard braucht auch seine Ruhe. Du kannst noch einmal kurz zu ihm, aber dann sollten wir wirklich fahren.“
Schweigend sah er zwischen Mariella und Dr.Lorenz hin und her, dann gab er sich geschlagen. Gegen diese beiden hatte er eh keine Chance und bevor sie ihn nachher doch noch hier behielten lenkte er lieber ein. „OK.“ Sagte er gedehnt und Mariella hielt ihm die Türe auf.
„Da ich annehme das sie Morgen wieder hier sind,“ hielt Dr.Lorenz sie noch auf, „würde ich sie bitten am Nachmittag in mein Büro zu kommen, damit wir das weitere vorgehen ihrer Therapie besprechen können.“
„Ist in Ordnung Doktor,“ erwiderte David, dann trat er aus dem Zimmer und ging zu Richard, Mariella folgte ihm.
Zum dritten Mal an diesem Tag trat er nun an das Bett heran, zum dritten Mal nahm er die kalte Hand in seine und zum dritten Mal bat er Richard doch bitte wieder zurück zu kommen. Er verabschiedete sich von ihm, versprach am nächsten Tag wieder zu kommen und das so lange bis er wieder wach war. Vorsichtig löste er seine Hand und blickte verwundert auf als er einen leichten Druck an ihr verspürte. Fast unmerklich bewegte Richard seine Finger. Ungläubig sah er Mariella an, hoffte das sie es auch gesehen hatte, das er es sich nicht nur eingebildet hatte, sein Gehirn ihm keinen Streich spielte. Auch in ihren Augen sah er erstaunen, sie machte auf dem Absatz kehrt und holte Dr. Lorenz. Dieser betrat kurz darauf das Zimmer kontrollierte einige Werte und lächelte David dann an.
„Das war ein sehr gutes Zeichen Herr Seidel, er ist auf dem Weg der Besserung.“
„Wird...wird er jetzt wieder aufwachen?“
„Das weiß ich nicht, er kann jetzt aufwachen, diese Nacht, Morgen , Übermorgen, in einer Woche, in einem Monat. Das kann man nicht sagen, aber das er die Hand bewegt hat ist ein Fortschritt in die richtige Richtung.“
David wusste nicht was er darauf sagen sollte, er war einfach nur glücklich über diese eine kurze Bewegung. Er spürte Mariellas Hand in seinem Rücken und drehte sich zu ihr um.
„Komm David, lass uns die gute Nachricht den anderen überbringen.“ Lächelte sie ihn an und so folgte er ihr zum Wagen.
In der Villa stellte Laura gerade das Abendessen auf den Tisch im Esszimmer als sie ankamen. Sofort Berichteten sie ihr von den guten Neuigkeiten und auch Laura strahlte das erste mal seit 2 Wochen wieder. Sie holte Friedrich aus seinem Arbeitszimmer während David sich auf den Weg zu Lisa machte und Mariella nach Syd schauen wollte. Laura hatte zwar gesagt das er schlafen würde und sie ihn schlafen lassen wollte, doch wenn dem nicht so war, dann würde er sich auch über diese mehr als Guten Neuigkeiten freuen.
Sie klopfte kurz an die Türe zum Gästezimmer, „Syd?“ fragte sie, doch sie erhielt keine Antwort. „Sydney? Bist du wach?“ Immer noch blieb es still im Zimmer. Sie zuckte mit den Schultern, dann würde er wohl noch schlafen und wecken wollte sie ihn auch nicht. Laura hatte erwähnt, das er nicht gut ausgesehen habe.
David eilte die Treppe hoch in seine Wohnung, voller Freude öffnete er die Türe und stockte. Das Wohnzimmer war leer. Vielleicht hat sie sich ja noch etwas hingelegt, mutmaßte er und schlich leise ins Schlafzimmer, welches er ebenfalls leer vorfand, doch aus dem Bad hörte er die Dusche laufen. Vorsichtig öffnete er die Türe und ein Schwall warmer Wasserdampf kam ihm entgegen.
„Lisa?“ fragte er und stutzte als er keine Antwort bekam, „Lisa ist alles in Ordnung? Das Essen ist fertig und ich habe gute Neuigkeiten.“ Er hörte ein unterdrücktes Schluchzen und war sofort alarmiert. Er öffnete die Duschkabine und sah Lisa weinend auf dem Boden selbiger hocken. Das Wasser prasselte auf sie nieder und ihre Haut war schon ganz rot. Vorsichtig zog er sie hoch und dann hinaus, wickelte sie in das bereitgelegte Badetuch und stellte die Dusche ab. „Lisa was ist denn los? Was hast du?“ fragte er und konnte die Sorge in seiner Stimme nicht unterdrücken. „Ist es wegen unserem Streit? Ich...du es tut mir leid, ich hätte das alles anders angehen müssen.“
„Nein!“ stieß sie hervor und kauerte sich dann auf dem Toilettendeckel zusammen, „Nein ich...ich...es ist ich...“ sie konnte es ihm nicht sagen, nicht so, nicht jetzt, nicht hier im Badezimmer. „Ich bin irgendwie durcheinander,“ brachte sie schließlich hervor.
„Es tut mir leid Schatz, der Jetlag, die Zeitumstellung und dann auch noch die Sache mit Richard und Sydney. Das war alles etwas viel für uns beide. Aber Richard geht es besser,“ begannen seine Augen zu strahlen, „ Er hat seine Hand bewegt.“
„Ehrlich?!“ fragte Lisa hoffnungsvoll.
„Ja, als Mariella und ich eben bei ihm waren. Er hat meine Hand gedrückt. Dr. Lorenz meint das wäre ein sehr gutes Zeichen das er wieder aufwacht.“
„Er...er wird nicht sterben?“ fragte Lisa und hätte sich im gleichen Moment schon wieder auf die Zunge beißen können.
„Nein, er schafft das.“ Drückte David sie an sich, „Das Essen ist übrigens fertig, lass uns runter gehen.“ Half er ihr beim anziehen.
„Ich...ich hab irgendwie gar keinen großen Hunger.“ Brachte Lisa hervor, der Gedanke unten Syd zu begegnen ließ sie innerlich zusammenzucken.
„Du musst nichts essen wenn du nicht willst,“ strich David ihr liebevoll über den Rücken und führte sie dann die Treppe hinunter. Zu Lisas Erleichterung war von Syd noch nichts zu sehen. David sah verwundert zwischen Mariella und Laura hin und her.
„Sydney schläft, wir essen ohne ihn. Es ging ihm eben nicht so gut. Die Schmerzmittel haben wohl nicht so gewirkt wie sie sollten.“ Klärte Laura die beiden auf.
Lisa setzte sich schweigend neben David, ihre Gedanken kreisten um Sydney. Schlief er wirklich oder gab er das nur als Vorwand um ihr nicht über den Weg zu laufen? Ihr war bewusst das sie ihn wohl in eine mehr als missliche Lage gebracht hatte, aber ihr ging es da auch nicht besser. Sie ahnte ja nicht das Syd nicht wegen ihr fehlte, sondern weil er inzwischen ganz andere Pläne hatte.
Er hörte wie die Familie zusammensaß und sich unterhielt, er hörte die Nachricht das Richard seien Hand bewegt hatte und doch prallte das alles an ihm ab, drang nicht wirklich zu ihm durch. Er hatte nur noch einen Gedanken, raus hier, weg von hier, damit er niemanden mehr verletzten konnte.
[B] Kapitel 12 [/B]
Der Dämmerzustand in dem Zimmer wich mehr und mehr vollkommener Dunkelheit und Sydneys Atem beruhigte sich wieder etwas. Draußen konnte er immer noch die Stimmen der anderen Wahrnehmen, wie sie immer wieder darauf anstießen, das Richard seine Hand bewegt hatte. Lisas Stimme hörte er nur selten heraus und kurz kam ihm der Gedanke, das sie sich mehr als unwohl fühlen musste, sofort verbat er ihn sich. Und wenn schon, wie er sich selber fühlte war ja schließlich auch egal. Mühsam rappelte er sich so leise es ihm möglich war hoch und als er gegen das Bett stieß hielt er kurz die Luft an, hatten die anderen das Geräusch gehört? Scheinbar nicht, die Konversation wurde weiter geführt, vorsichtig knipste er die Nachttischlampe an, kramte nach Papier und Stift und als er es endlich gefundne hatte stellte er fest, das er damit gar nichts anfangen konnte. Trotzdem versuchte er den Stift mit links zu halten und leserliche Worte auf das Papier zu bringen vergeblich. Wütend schmiss er die Sachen von sich, sie landeten mit einem lauten Knall auf dem Boden und er hörte wie die Konversation draußen verstummte. Jetzt hatten sie ihn gehört, mühsam stand er auf. Es brachte alles nichts, er musste sich ihnen stellen. Leise drehte er den Schlüssel im Schloss und öffnete die Türe dann ging er mit schlurfenden Schritten in Richtung Salon.
Laura sprang sofort auf als sie ihn sah und auch David drehte sich zu ihm um, an dem Blick seines Bruders sah er das er keinen blassen Schimmer hatte was geschehen war. Er atmete tief durch, Sterne begannen vor seinen Augen zu tanzen und er musste sich am Sofa abstützen. Bevor er sich wieder fangen konnte waren Friedrich und David bei ihm, halfen ihm auf das Sofa und sahen ihn dann Sorgenvoll an.
„Was machst du denn für Sachen Syd?“ fragte David und setzte sich zu ihm.
Er konnte ihm nicht antworten, konnte ihm nicht in die Augen sehen. David würde in ihnen lesen, wie in einem offenen Buch. Er schloss sie, versuchte das Schwindelgefühl und die Enge in seiner Brust zu verscheuchen. Wieder überkam ihn das Gefühl schnellstens hier raus zu müssen, er richtete sich wieder auf, wurde aber sofort von einer Hand sanft aber bestimmt wieder zurück gedrückt.
„Bleib liegen, hast du Schmerzen?“
Schmerzen? Ja er hatte Schmerzen, aber die hatten nichts mit seinem Arm zu tun, seine Seele brannte wie Feuer.
„Geht....schon.“ presste er hervor und spürte Davids Hand an seiner Stirn, „Ich hab kein Fieber,“ wollte er sie wegschlagen doch er konnte nicht, tief in ihm wollte er nicht das David den Kontakt nun unterbrach. Wie ein Schwamm sog er diese kleine Berührung in sich auf, würde er ihm doch nie wieder so nahe kommen wüsste er erst einmal die Wahrheit. Vorsichtig öffnete er die Augen, hatte Angst David könnte sofort bescheid wissen wenn er ihn sah und erkannte Laura die sich nun mit dem Thermometer in der Hand zu ihnen hockte. Es war ein Fehler gewesen das Zimmer zu verlassen, das piepen riss ihn aus seinen Gedanken.
„Kein Fieber,“ hörte er Laura sagen.
„Sag ich doch.“ Murrte er.
„Wann hast du die letzte Tablette genommen?“ fragte seine Mutter nun.
„Vor 4 Stunden, es...es geht aber schon wieder, hab mir nur den Arm gestoßen.“ Log er und richtete sich wieder auf. Ein Blick hinüber zum Esstisch sagte ihm das auch Mariella und Lisa ihn musterten. „Ich wollte mir nur eine Flasche Wasser holen.“
Laura stand sofort auf, verschwand in Richtung Küche und kam mit einer Flasche Wasser wieder. Dankbar lächelte er sie an klemmte sich die Flasche unter den Gesunden arm und stand vorsichtig auf. David war sofort an seiner Seite, nahm ihm die Flasche ab und begleitete ihn zu seinem Zimmer.
„Danke Kleiner,“ flüsterte Syd und ließ sich diesmal auf dem Bett nieder, er wies David an die Flasche auf den Nachttisch zu stellen und drehte sich dann auf die linke Seite, weg von seinem Bruder.
„Sydney? Was ist wirklich los?”
„Nichts, ich bin nur müde. Hab nicht viel geschlafen in letzter Zeit.“
„Sicher? Ich habe das Gefühl das du mir absichtlich aus dem Weg gehst.“
„Wie kommst du denn da darauf?“
„Ich bin nicht blind Syd. Warum sagst du mir nicht was dich bedrückt?“
Wieder spürte Syd diese Enge in seiner Brust und unwillkürlich schnappte er nach Luft. David hatte ein Recht auf die Wahrheit und doch konnte er sie ihm nicht sagen.
„Ich kann nicht.“ Flüsterte er.
„Warum nicht?“
„Es geht einfach nicht Kleiner, ich...bitte ich es ist einfach alles wieder da...ich...ich dachte ich...würde...aber es ist einfach alles wieder da.“
„Was ist wieder da? Die Auseinandersetzung mit Kowalski?“
„Nein, schlimmer. David bitte lass mich alleine.“
„Ich kann dich doch jetzt nicht alleine lassen.“
„Doch kannst du. Lisa braucht dich jetzt auch.“
„Lisa?“ wurde David hellhörig, „Was ist mit Lisa?“
„Euer Streit war nicht zu überhören, heute Mittag. Klär das David, sonst wird alles nur noch komplizierter.“
David antwortete nicht darauf, versuchte weiterhin in Syd´s Augen sehen zu können, doch dieser wich ihm immer wieder aus. Ein unglaublicher Verdacht beschlich ihn und mit offenem Mund starrte er seinen Bruder an. „Du...du hast doch nicht....“
„Doch, ich...hatte meine Gefühle nicht unter Kontrolle und...sie war so traurig und...so wie damals...ich...es war nicht ihre Schuld.“
„Nicht ihre Schuld? Sydney wie...wie konntest du nur? Wir sind verlobt, wie konntest du uns nein wie konntest du ihr das Antun!“ schoss ihm das Bild von Lisa unter der Dusche durch den Kopf, ihre vom heißen Wasser gerötete Haut und die Tränen. Er sprang von dem Bett auf, stieß dabei gegen Syds Arm, doch Mitgefühl konnte er keines mehr für seinen Bruder mehr aufbringen. Wie musste Lisa sich nun fühlen? So von Sydney überrumpelt zu werden, David war sich immer sicher gewesen das Lisa noch Gefühle für Sydney hatte, das konnte sie nicht abstellen und das verlangte er auch gar nicht von ihr. Er wusste das sie nur ihn wirklich liebte, aber das Sydney das so ausnutzen würde, das hätte er nie von seinem Bruder gedacht.
Er wandte sich nun ganz von ihm ab, ging zur Türe und öffnete sie, dann drehte er sich noch einmal um.
„Verschwinde aus meinem Leben, verschwinde endlich aus unserem Leben!“ zischte er noch dann ließ er die Türe hinter sich ins Schloss fallen.
[B] Kapitel 13 [/B]
Lisa zuckte zusammen als sie hörte wie David Syds Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Hatte er ihm etwa alles gesagt? Vorsichtig blickte sie zu ihm auf, er stand nun direkt vor ihr und in seinen Augen sah sie nichts als Wut. Er streckte ihr die Hand hin und zog sie hoch.
„Lass uns hochgehen,“ seine Stimme klang ruhig, zu ruhig für Lisas Geschmack, doch sie nickte nur, „Gute Nacht.“ Sprach er noch in die restliche Runde, dann zog er sie die Treppe hoch.
Schüchtern blieb sie im Wohnzimmer stehen als er die Türe hinter ihnen schloss, sein Verhalten machte ihr Angst. Langsam kam er auf sie zu, nahm sie fest in den Arm und strich ihr über den Rücken.
„Warum hast du denn nichts gesagt?“ seine Stimme klang besorgt, „Du musst da doch nicht alleine durch. Ich....ich werde nicht zulassen das er sich wieder an dir vergreift hörst du? Ich lass dich nicht mehr alleine.“
`Wie das er sich an mir vergreift? Aber wie kommt er denn auf so was? Ich habe doch eher Syd....´ ihre Augen weiteten sich als ihr bewusst wurde was Sydney ihm wohl gesagt haben musste. Das konnte sie so nicht stehen lassen. Es war zum größten Teil ihr Fehler gewesen, sie hatte ihn doch verführt, auch wenn sie selber nicht mehr wusste warum. Sie löste sich aus Davids Umarmung, sah ihm in die Augen und senkte den Blick dann zu Boden.
„ David so stimmt das nicht....“ begann sie wurde aber von ihm unterbrochen.
„Lisa bitte, nimm ihn doch nicht in Schutz. Für das was er dir angetan hat gibt es keine Entschuldigung.“ Wurde sein Ton ein wenig lauter.
„Nein David du verstehst das falsch, ich...ich habe doch...also....“ suchte sie nach den Richtigen Worten, doch er unterbrach sie wieder.
„ Du bist hier das Opfer Lisa, nicht er. Ich habe dich doch unter der Dusche gefunden, ich habe doch gesehen wie es dir geht. Ich...kann noch nicht einmal erahnen wie du dich jetzt fühlen musst, aber bitte lass dir von mir helfen. Er wird dir nichts mehr tun das verspreche ich dir.“
„Er hat mir nichts getan David, ich war es doch die....“ stiegen ihr die Tränen in die Augen, sie konnte nicht fassen was Sydney getan hatte um ihre Beziehung zu David nicht zu Gefährden. Doch sie konnte das so nicht stehen lassen, sie wusste wie nah sich die drei Brüder standen, David würde Syd von sich stoßen, wenn er das nicht schon getan hatte, und wenn Richard wirklich aufwachen würde dann würde er wohl auch zu David stehen. Erneut versuchte sie ihm die Wahrheit zu sagen, doch ausser ein paar Schluchzern brachte sie nichts heraus. Sie spürte wieder Davids Arme um ihren Körper, wie er sie hochhob und zum Bett trug. Sie wollte sich wehren, wollte ihm die Wahrheit an den Kopf schreien, doch selbst wenn ihre Stimme ihr gehorchen würde, er würde es ihr nicht glauben, nicht nachdem was Sydney ihm erzählt hatte. Sie beschloss abzuwarten bis er schlief und dann zu Syd zu gehen, sie mussten dringen reden. Er konnte nicht ihre Fehler auf sich nehmen, das hatte er nicht verdient.
Syd lauschte auf die Geräusche, die sich nun immer mehr seiner Türe näherten, er hörte die Stimmen von Laura und Mariella, ein leises klopfen, dann wurde sie geöffnet. Schnell vergrub er den Kopf im Kissen tat so als würde er schlafen, er wollte keine Gesellschaft, wollte nur noch alleine sein. Er spürte die Hand seiner Mutter auf seiner Wange, wie sie ihm anschließend sacht durchs Haar fuhr, dann gingen sie wieder, schlossen die Türe leise hinter sich, während ihre Schritte sich wieder entfernten.
` Verschwinde aus meinem Leben, verschwinde endlich aus unserem Leben! ´ hörte er immer wieder Davids Worte, er drehte sich auf den Rücken und starrte gegen die dunkle Decke. `Keine Sorge Bruder, das werde ich.´ eine erste Träne fand ihren Weg über seine Wange, dann eine zweite bis er schließlich leise schluchzend einschlief.
Lisa wusste nicht wie lange sie nun schon in Davids Armen lag, alles in ihr schrie danach runter zu gehen, Sydney zur rede zu stellen und das ganze zu klären. Immer wieder schummelte sich eine Träne aus ihrem Auge, immer wieder zog David sie noch enger zu sich, streichelte ihr über den Rücken und sagte ihr das sie das zusammen schon packen würden.
`Wenn er doch nur wüsste, ich war es doch die Sydney verführt hat. Er hat mir doch gar nichts getan, er konnte sich doch nicht wehren. Ich wusste doch das da tief in ihm immer noch Gefühle sein müssen. Wie konnte ich nur so handeln? Warum? Warum hatte ich meinen Verstand ausgeschaltet? Was ist denn da bitte in mich gefahren heute? Überhaupt schon der Streit mit David, das...das war doch vollkommen unnötig. Er hat doch nur gesagt das er mit Richard heiraten will, das er ihn gerne dabei hätte und was mache ich? Stelle sofort alles in frage, ganz toll Lisa Plenske, da hast du mal wieder volles Vertrauen bewiesen und danach schnappst du dir gleich seinen Bruder und brichst beiden das Herz. Es ist kein Wunder das Richard dir nie wieder vollkommen vertraut hat seit der Taufe von Emma, du hast es ja immer wieder missbraucht. Wann habe ich mich denn so verändert? Es lief doch alles so gut zwischen uns, wir waren glücklich, warum musste ich das tun? Ich liebe Sydney doch gar nicht mehr, sicher er ist nett, er sieht gut aus, er ist charmant, aber das alles habe ich doch schon. Ich habe doch David, den Mann meiner Träume, wir waren zusammen auf einer Trauminsel und er hat mir einen Traumantrag gemacht. Wie kann ich das alles denn so einfach wegwerfen?´ quälte sie sich mit ihren Gedanken, wobei immer neue Tränen über ihre Wange liefen bis sie schließlich auf Davids Shirt tropften. Immer wenn sie aufsah, sah sie in seine Augen, braune Augen voller wärme und liebe. Schnell senkte sie jedes Mal wieder ihren Blick, was er missinterpretierte, versuchte ihr zu sagen das es nicht ihre Schuld war. Sie spürte wie ihre Lider immer schwerer wurden bis sie schließlich entgegen ihres Vorsatzes einschlief.
` Verschwinde aus meinem Leben, verschwinde endlich aus unserem Leben!´
Schweißgebadet schreckte Sydney hoch, den stechenden Schmerz in seinem Arm ignorierend, saß er schwer atmend da und es dauerte lange bis er sich wieder halbwegs beruhigt hatte. Sein Brustkorb schmerzte und jeder Atmenzug kam ihm wie eine Qual vor, er wollte nach der Wasserflasche greifen, nahm gedankenverloren den rechten Arm dazu und unterdrückte einen Aufschrei als er die Flasche auf sein Bett stieß und brennender Schmerz von seinem Arm durch seine Brust jagte.
Wütend stand er auf, kramte aus seiner Tasche den Pullover und eine frische Jeans raus und begann sich umzuziehen.
` Verschwinde aus meinem Leben, verschwinde endlich aus unserem Leben! ´
„Bin ja schon dabei,“ murmelte er vor sich hin und versuchte mit einer Hand die Jeans zu schließen. Er wusste nicht wie viel Zeit vergangen war bis er es endlich geschafft hatte, dann schlich er sich in die Küche nahm eins der großen Messer und begann die Schiene um seinen Arm zu lösen, das Ding behinderte ihn doch nur anstatt das es was nützen würde. Schmerzen hatte er auch so. Fast wäre ihm die Schiene nach dem lösen auf den Boden gefallen, Geistesgegenwärtig hatte er mit beiden Händen danach gegriffen und sie mit der linken schließlich kurz vor dem Boden zu halten bekommen. Nach Luft ringend richtete er sich wieder auf und wiederum bedacht kein Geräusch von sich zu geben ging er zurück ins Gästezimmer, legte sie auf das Bett und nahm dann seine Tasche. Ein letztes Mal ließ er den Blick durch den Salon gleiten, ein letztes Mal die Treppe hinauf, bevor er sich umdrehte und mit gesenktem Kopf die Villa verließ.
[B] Kapitel 14 [/B]
Eine Woche später war die Stimmung in der Villa Seidel auf einem erneuten Negativpunkt angekommen. Laura hatte damals Sydneys Schiene auf seinem Bett gefunden und sofort Friedrich alarmiert. David und Lisa waren zu diesem Zeitpunkt schon zu Richard aufgebrochen und Laura war froh darüber, so musste sie ihnen nicht erklären das Sydney weg war, dachte sie doch noch das sie ihn bis zur Rückkehr der beiden wieder gefunden hätten. Doch dem war nicht so gewesen, sein Handy lag auf dem Nachttisch und auch in seiner Wohnung hatten sie ihn nicht angetroffen. Er war wie vom Erdboden verschluckt, niemand hatte ihn gesehen, Mariella nicht, Max nicht, bei Jürgen hatte er sich auch nicht gemeldet und auch das Krankenhauspersonal verneinte auf ihre Anfrage ihn einen nächtlichen Besuch bei Richard.
Diesem ging es zwar von Tag zu Tag besser, seine Werte blieben stabil und Dr. Lorenz war zuversichtlich, das er bald aus dem Koma erwachen würde.
Davids Reaktion hingegen hatte Laura und die anderen geschockt, es schien ihn nicht in Besorgnis zu versetzten das sein großer Bruder einfach so verschwunden war. Im Gegenteil schien er das sogar gut zu finden. Ebenso fiel auf das Lisa außergewöhnlich schweigsam war und Davids Nähe aus dem Weg ging. Immer noch hatte sie keinen Zugang zu ihm gefunden um ihm die Wahrheit zu sagen, immer wieder fiel er ihr ins Wort, ließ sie nicht ausreden und selbst als sie es einmal geschafft hatte gegen ihn anzukommen hatte er nur abgewunken und ihr wieder einmal gesagt das sie ihn nicht in Schutz nehmen sollte. Sie wäre das Opfer in dieser Sache und nicht Sydney., er würde wissen wovon er sprach. Als Kowalski ihn damals entführt habe, da hätte er auch erst die schuld bei sich gesucht.
Lisa war verzweifelt, Dr. Lorenz war mehr als aufgebracht als er erfuhr das Syd die Schiene abgenommen habe und wie vom Erdboden verschluckt sei. Noch einmal hatte er ihnen in aller Deutlichkeit klar gemacht das Sydney ohne Reha seinen Arm nie wieder richtig bewegen würde können. Zudem war ihr seit einigen Tagen morgens immer Übel und auch ihr Kreislauf war nicht wirklich auf der Höhe, dazu fragte sie sich langsam ob sie nicht auf den Malediven zu einem Sexmonster mutiert war. Wenn es nach ihr ginge brauchten David und sie vor spätem Nachmittag das Bett gar nicht zu verlassen, doch sie riss sich zusammen, fühlte sich immer noch schuldig und in ihr reifte ein Verdacht für ihre Launen heran. Heute würde sie endlich Gewissheit haben, unter dem Vorwand das die Jährliche Kontrolluntersuchung wieder anstand hatte sie sich einen Termin bei ihrer Gynäkologin geben lassen. Doch wirkliche Gewissheit würde auch sie ihr nicht geben können, nur die ob sie wirklich schwanger war oder nicht, wer dann im Fall der Fälle der Vater des Babys war stand dann immer noch nicht fest. Sie hatte weder mit David noch mit Sydney verhütet.
Sie hatte mit David abgemacht das er zuerst zu Richard fuhr und wenn sie später kam wollte er kurz zu Kerima und sich einen Überblick verschaffen, während sie bei Richard wartete. Zwar wollte er zuerst das sie mit kam, doch ihr kam die Gelegenheit recht einmal mit Richard alleine zu sein. Auch wenn er sie wohl nicht hören konnte, mit irgendwem musste sie reden und da fiel ihr nur Richard als wirklich neutraler Part ein.
`Du weihst doch nur Richard ein, weil er dir im Moment nicht den Kopf waschen kann wie alle anderen´ zischte ihre innere Stimme und Lisa wusste das sie recht hatte.
Nervös saß sie im Wartezimmer und blickte immer wieder auf die Uhr, vor 5 Minuten hätte sie dran sein sollen. Die Verlängerte Wartezeit zehrte an ihren ohnehin blank liegenden Nerven, immer wieder malte sie sich aus was wäre wenn sie wirklich schwanger und das Kind dazu noch von Sydney war. Sie war sich sicher das David im ersten Moment ausrasten würde und sich nachher doch um das Kind kümmern würde, doch was war mit ihr? Konnte sie damit leben? Sie wusste nicht was sie noch machen sollte um David zu sagen das Sydney sie nicht überrumpelt hatte, das es genau umgekehrt gewesen war. Leise seufzte sie auf, den Blick weiterhin zu Boden gesenkt, sie hatte den Eindruck das alle anderen Wartenden genau wussten was sie getan hatte. Endlich wurde sie aufgerufen, schnell sprang sie auf, musste sich an der Lehne des Stuhls allerdings nochmals festhalten als ihr kurz schwarz vor Augen wurde, dann straffte sie die Schultern und ging hinüber ins Sprechzimmer.
[I] Richard versuchte schon seit einiger Zeit erneut Kontakt zu Syd aufzunehmen, doch es wollte ihm nicht gelingen. Es war so als würde er ihn absichtlich abblocken und das seit er das letzte Mal hier gewesen war. War er vielleicht doch zu hart zu ihm gewesen? Immerhin war er wirklich von Lisa verführt worden, trotzdem gehörten für Richard da immer noch zwei zu. Er schüttelte den Kopf, wo steckte der Kerl denn nur? David konnte er mühelos spüren, doch auch da merkte er das nicht alles in Ordnung war. Im Moment saß er wieder bei ihm und wie in letzter Zeit so hatte er auch heute nicht gerade die beste Laune.
`Ich verstehe den Kerl einfach nicht,´ hörte er ihn dann wieder sprechen und versuchte Rokko so gut es ging auf Distanz zu halten und David zu zu hören, etwas was ihm in letzter Zeit recht schwer fiel. `Wie konnte er Lisa das nur antun....`
Lisa? Antun? Hörte er da gerade Richtig? Dachte David wirklich Sydney hätte Lisa dazu gezwungen? Er musste einem erneuten Schlag Kowalskis ausweichen, versuchte einen eigenen zu platzieren der ihn ihm für längere Zeit auf Abstand hielt.
Was zur Hölle ist denn da unten schon wieder los? Kein Wunder das Syd abblockt wenn David denkt das er sich an Lisa vergangen hätte. Er verdrehte die Augen und wandte seine Aufmerksamkeit wieder voll und ganz Rokko zu. Es wurde wirklich Zeit das er ihn ein für alle Mal loswurde und zurückkehrte.[/I]
Lisa kontrollierte noch einmal ob sie den Mutterpass auch wirklich ganz unten in ihrer riesigen Tasche verstaut hatte und betrat dann schüchtern Richards Zimmer. Sie konnte David nicht in die Augen sehen.
„Hi,“ sagte sie leise und trat hinter ihn.
„Hi,“ drehte er sich zu ihr um, stand auf und gab ihr einen zärtlichen Kuss, „Was hat der Arzt gesagt?“
„Alles in bester Ordnung,“ brachte sie hervor und trat dann zu Richard heran, strich ihm kurz über die Hand und setzte sich dann auf den zweiten Stuhl.
„Sicher? Du siehst so geknickt aus.“
„Ja ganz sicher,“ versuchte sie sich an einem Lächeln, „ Es ist nur, Intensivstationen sind nicht gerade mein liebster Aufenthaltsort.“
„Dann komm doch mit zu Kerima,“ nahm er sie in den Arm.
„Nein lass mal, ich habe noch Urlaub und dann ist doch keiner hier und was ist wenn er dann aufwacht?“
„Nun gut mein Schatz, dann beeile ich mich aber.“ Drückte er ihr noch einen Kuss auf die Stirn, löste sich langsam von ihr und machte sich auf den Weg.
[I] Richard spürte das David das Zimmer verlassen hatte, ein Gefühl der Erleichterung überkam ihn. Nun konnte er sich wirklich wieder voll und ganz auf Rokko konzentrieren, was er auch sofort in die Tat umsetzte. Immer öfter landete er gezielte Volltreffer bis er plötzlich eine andere Stimme hörte.
`Ich...ich bin so eine Dumme Kuh Richard´ hörte er Lisas Stimme klar und deutlich. `Nicht nur das ich mit Sydney schlafe, nein dann nimmt er auch noch alle Schuld auf sich und sagt zu David er hätte mich sozusagen dazu gezwungen. Du...du kannst dir Vorstellen wie er reagiert hat und...und ich will das ja richtig stellen, aber...aber er lässt mich ja nicht. Und selbst als ich mich einmal durchgesetzt habe hat er mir nicht geglaubt. Ich weiß einfach nicht mehr weiter....ich...dazu...also...ich...ich bin schwanger Richard und...und ich weiß nicht wer von beiden der Vater ist.´
Richard stockte, hatte er da gerade richtig gehört? Jetzt war sie auch noch schwanger?! Laut seufzte er auf, das durfte doch nicht wahr sein. Er spürte Rokkos harten Schlag in seinem Rücken, doch diesmal würde er es endlich zu ende bringen. So konnte das nicht weiter gehen. Er konnte sich ausmalen wie David Syd angegangen sein musste und dann hatte er ihm vorher ja auch noch eine Standpauke gehalten. Und warum war das alles passiert? Weil diese Nervensäge ihn hier festhielt. Eine unglaubliche Wut kam in ihm hoch und in der ferne hörte er einen Song, den er früher öfters gehört hatte.
[B] You wanted power and you begged for fame
you wanted everything the easy way
You wanted gain without pain
now your bill's in the mail
You got stronger but your mind got weak
you made a promise you couldn't keep
You had it all you lost more
it's all there in the fee
Via hell incorporated (regeneration)
first you love it then you hate it (you're such a saint)
And now you're never gonna make it (bad situation)
get on get on down there's hell to pay
'cause the devil is a loser and he's my bitch
for better or for worse and you don't care which[/B]
`Ich bin schwanger und weiß nicht von wem´ hallten Lisas Worte in seinem Kopf nach. Er richtete sich wieder auf, funkelte Rokko an, dann holte er aus stieß ihn mit aller Kraft von sich hinein in die Dunkelheit, die ihn verschluckte. Ein grellender Schrei dann war wieder alles ruhig.
Richard drehte sich um, „Und nun zu dir Lisa Plenske,“ murmelte er und ging in das Licht hinein.[/I]
[B] Kapitel 15 [/B]
Müde und Erschöpft ließ Syd sich in Lisas alter Wohnung, in Düsseldorf, auf das Sofa fallen. Hier würde ihn so schnell niemand vermuten, niemand wusste, dass er die Wohnung behalten hatte. Eigentlich sollte hier der neue Geschäftsführer von L.Ex Düsseldorf einziehen, doch nach der Fusion mit Kerima wurde der Posten überflüssig. Zuerst wollte er ja bis nach Manchester zu seinem Vater reisen, doch schnell war ihm klar geworden, das er dort wohl nicht mit offenen Armen empfangen worden wäre. Er hatte das Lebenswerk seines Vaters verschachert, es an seine stärkste deutsche Konkurrenz gebunden und nun durch einen einzigen Fehltritt alles verloren.
Trübe glitt sein Blick durch die Bodentiefen Fenster hinaus in die Nacht. Die Sterne schienen ihm hämisch entgegen zu funkeln, dabei waren es immer noch die gleichen, die ihm vor ein paar Jahren alles Glück der Welt mit der Frau an seiner Seite versprochen hatten. Der gleichen Frau, die nun mit seinem Bruder verlobt war, der gleichen Frau, wegen der David ihn aus der Villa gejagt hatte, der Frau, die auf ewig einen Platz in seinem Herzen besetzt halten würde.
Er verfluchte sich selbst dafür das er sie einfach nicht vergessen konnte, dafür das er überhaupt nach Berlin zurückgekehrt war. Doch damals hatte sein Gefühl ihm gesagt, das es richtig war was er tat. Nun fühlte er gar nichts mehr, rasend schnell hatte sich in ihm eine unfassbare Leere ausgebreitet. Er spürte wie seine Konzentration nachließ, wie die Schmerzen in Arm und Brust fast unerträglich wurden. Torkelnd rappelte er sich auf, musste sich auf seinem Weg ins bad immer wieder an der Wand abstützen. Mit zitternden Händen befreite er zwei Aspirin aus ihrer Verpackung und löste sie in Wasser auf, bevor er das Glas in einem Zug leerte.
`Was hast du dir auch gedacht? Das sie die Verlobung löst, nur weil du deine Gefühle nicht unter Kontrolle hast?! Hättest du nur mal dein Gehirn nicht abgeschaltet, dann wäre es nie soweit gekommen. Dann hättest du David und ihr helfen können anstatt zu versuchen sie zu entzweien.´
„Ich wollte sie doch nie entzweien!“ schrie er sein Spiegelbild an, sackte an der Wand hinunter und schnappte mehr schlecht als recht nach Luft. „ Das...w..wollte....ich...doch...nie.“
Lisa traute ihren Augen nicht, Richard bewegte nicht nur seine Hand, mit der er einen ziemlich starken Druck auf ihre ausübte, er öffnete auch ganz langsam die Augen. Seine Lider flatterten, er blinzelte und schien etwas oder jemanden zu suchen. Sein Blick heftete sich auf sie und plötzlich schien es als würde die Temperatur im Raum um einige Grad sinken.
Sie wusste seinen Blick nicht zu deuten, konnte nicht sagen ob er sie nun erkannte oder nicht. Schnell griff sie zu der Klingel oberhalb des Bettes und kurz darauf betrat eine junge Schwester das Zimmer.
„ Er ist wach.“ Flüsterte Lisa, sie schaffte es einfach nicht ihrer Stimme einen festeren Klang zu geben, traute sich nicht sie zu erheben.
Leicht ungläubig sah die Schwester zum Bett, dann nickte sie und verließ das Zimmer genauso schnell wie sie es betreten hatte.
„Ein Arzt kommt gleich Richard.“ Versuchte sie ihm Mut zu machen, ihn dazu zu bringen die Augen offen zu halten.
„Ich brauche keinen Arzt!“ zischte er und versuchte sich im Bett auf zu setzten. Jedoch schien sein Körper nicht mitspielen zu wollen, denn er landete mit einem Ächzen wieder in den weichen Kissen. „Ganz toll, so muss Syd sich gefühlt haben.“
Als er Sydneys Namen erwähnte sah sie entsetzt zu ihm auf. Hatte er wirklich alles gehört was sie ihm erzählt hatte? Es musste so sein, anders konnte sie es sich einfach nicht erklären. Gerade als sie ihn fragen wollte wie er das meinte wurde die Türe wieder geöffnet und der Arzt trat ein. Sofort begann er Richard zu untersuchen, was Lisa dazu nutzte um David, Friedrich und Mariella zu informieren.
Schon nach dem ersten klingeln war David am anderen Ende der Leitung, sofort überhäufte er sie mit Fragen ob etwas passiert wäre. Er holte kaum Luft und malte sich ein Horrorszenario nach dem anderen aus. Lisa ließ er zuerst gar nicht zu Wort kommen.
„David bitte! Lass mich ausreden!“
„ Jetzt sag mir doch endlich was los ist? Was ist mit Richard? Ist er etwa....“
„David hör auf! Er ist wach!“
„ W...wa... kannst du das noch mal wiederholen?“
„Er ist aufgewacht.“
„Wann?“
„Gerade eben, ich habe sofort den Arzt gerufen und dann bin ich raus um dich anzurufen.“
„Gut, ich....ich bin schon unterwegs!“ hörte sie ihn hektisch nach irgendetwas kramen, bevor er einfach auflegte.
`Auch gut.´ dachte sie sich, schaltete das Handy wieder aus und machte sich auf den Weg zurück.
Richard ließ die Untersuchungen nur mit Murren über sich ergehen. Immer wieder glitt sein Blick zur Türe, je mehr Zeit verstrich, desto unruhiger wurde er. Hatte sich die Plenske jetzt etwa aus dem Staub gemacht?
Erneut wurde ihm in die Augen geleuchtet, woraufhin er entnervt die Augen zusammen kniff.
„Haben sie nicht noch eine hellere Lampe?“ fragte er zynisch, „Vielleicht erblinde ich dann ja noch!“
„Sie lagen sehr lange im Koma, sie können froh sein, das sie anscheinend keine Folgeschäden zurück behalten werden.“
„Tut mir Leid, aber früher ließ es sich leider nicht einrichten. Aber wenn sie ja jetzt soweit fertig sind könnten sie mich ja von diesen Kabeln befreien und mir etwas vernünftiges zum Anziehen geben.“
„Wir werden sie noch eine Nacht unter Intensivmedizinischer Beobachtung lassen. Soviel Geduld werden sie aufbringen müssen. Am Nachmittag wird der Kollege Lorenz noch einmal vorbeischauen. Er hat sie operiert und ist somit ihr behandelnder Arzt.“
Richard antwortete darauf nicht mehr, er verdrehte nur die Augen und sah dann wieder zur Türe. ´Und selbst wenn du dich aus dem Staub gemacht hast Lisa Plenske, wir beide sind noch nicht fertig miteinander.´ verdunkelte sich sein Blick.
Nur langsam beruhigte Sydney sich, Tränen rannen unaufhaltsam über seine Wangen. Harsch wusch er sie sich aus dem Gesicht, dann stemmte er sich an der Wand hoch. Den Blick in den Spiegel vermied er, das er nicht wie das blühende Leben aussah konnte er sich denken. Vorsichtig stieß er sich ab, verließ das Bad genauso langsam wie er es betreten hatte und ging in die Küche. Er musste irgendwie die Müdigkeit aus seinem Körper vertreiben, durfte sich nicht ausruhen. Er hatte bemerkt wie die Verbindung zu David und Richard kurz wieder aufflackerte, schnell befüllte er die Kaffeemaschine und stütze den Kopf in die linke Hand. Langsam versuchte er den rechte Arm normal zu bewegen wobei ein ziehender Schmerz ihn aus seiner gebückten Haltung hochfahren ließ.
´Keine gute Idee` grummelte er und versuchte sich an die Übungen aus der Klinik zu erinnern. Doch es wollte ihm nicht gelingen, immer wieder gingen seine Gedanken zu David, zu Richard und zu Lisa. Wie es ihnen wohl ging? Was sie wohl gerade machten? Ob er es je erfahren würde wenn Richard wieder aufwachte? Ob dieser sich an ihre Unterhaltung im Nebel erinnerte? Traurig schüttelte er den Kopf, er würde sich bestimmt nicht erinnern können. Er würde David fragen wo er sei und dieser würde ihm das erzählen was er ihm erzählt hatte und Richard würde ihn genauso zum Teufel wünschen wie David es tat.
Kraftlos glitt sein Arm zurück auf die Arbeitsplatte, fiel auf die Fernbedienung für die Stereoanlage und schaltete sie ein. Der Schmerz, der aus Tausenden kleinen Nadeln zu bestehen schien rückte allerdings sofort in den Hintergrund als er die ersten Takte des Liedes hörte, das gerade angespielt wurde. Mit offenem Mund lauschte er dem Text, konnte sich auf nichts anderes mehr konzentrieren, er schloss die Augen und sank mit dem Kopf auf die Arbeitsplatte.
[I][B] Sitting in my room last night
Staring at the mirror
I couldn't find a reason why
I couldn't be near her
'Cause you are the one that started
To make me feel this way
And every night I'm thinking
About the words you'd say
Pictures going through my mind
When we're together
All these long and sleepless nights
Will I ever get better
'Cause you are the one that started
To make me feel this way
And every night I'm thinking
About the words you'd say
'Cause you are THE ONE THAT I WANT
Now you know how I feel
This love is forever
You make my life seem so unreal
Will I ever get better? ...
'Cause you are the one that started
To make me feel this way
And every night I'm thinking
About the words you'd say
'Cause you are THE ONE THAT I WANT [/B] [/I]
[B] Kapitel 16 [/B]
Nervös wartete Lisa darauf, das der Arzt das Zimmer wieder verließ. Was wenn es Richard wieder schlechter ging? Dann hatte sie David Hoffnungen gemacht, ein Versprechen, das sie nicht mehr halten konnte. Endlich öffnete sich die Türe wieder und der Arzt trat hinaus, er nickte ihr zu, sprach die Üblichen Floskeln und ließ sie wieder eintreten.
„Da bist du ja wieder,“ funkelte Richard sie kalt an, „Ich hatte schon gedacht du hättest dich aus dem Staub gemacht.“
„Wie, wie geht es dir?“
„Falsche Frage Lisa,“ antwortete er und deutete ihr das sie sich wieder setzten sollte. „Sag doch einfach weshalb du wirklich hier bist.“
„Was...wie viel...also was hast du denn alles gehört? Also von dem was ich eben erzählt habe?“
„Alles!“
„Alles?“ flüsterte sie und ihre Augen weiteten sich.
„Ich weiß alles Lisa, ich weiß das du über Sydney hergefallen bist, ich weiß das er David gesagt hat es sei andersherum gewesen und ich weiß das du Schwanger bist. Die Frage ist nur, warum erzählst du mir das und nicht David?“
„Das wollte ich doch, aber er lässt mich was das angeht ja nicht ausreden und wenn ich es doch schaffe dann glaubt er mir nicht. Er sagt immer ich solle mir nicht die Schuld daran geben, ich könne nichts dafür. Dabei....dabei ist das doch alles meine Schuld.“
„Na wenigstens siehst du das ein.“ Verdrehte er die Augen, beugte sich leicht im Bett vor und kam ihr so immer näher, „Stell das gefälligst richtig!“
„Wie denn?“
„Wie denn? Wie denn? Mach den Mund auf und sage ihm die Wahrheit!“
„Das habe ich doch, er glaubt mir nicht.“
„Meine Güte,“ seufzte Richard auf, „Selbst Kleinkinder können sich besser verständigen als du. Ich sehe schon, ich muss das selber in die Hand nehmen. Wo ist Syd?“
Lisa starrte ihn mit offenem Mund an, wie sollte sie ihm nun erklären das Sydney verschwunden war? Er durfte sich doch nicht aufregen, allein das er sich an jedes ihrer Worte erinnerte war schon zu viel. Sie senkte den Blick zu Boden und begann ihre Hände zu kneten.
„Wo....ist....Sydney?!“ betonte er noch einmal jedes Wort einzeln. Doch Lisa schwieg immer noch, „Verdammt noch mal nun rück endlich mit der Sprache raus!“ wurde er lauter und auch die Anzeigen hinter seinem Bett erhöhten sich.
David missachtete jegliche Geschwindigkeitsbegrenzung, auch Rechts vor Links und Vorfahrt Achten Schilder ignorierte er geflissentlich. Einzig rote Ampeln hatten ihre Wirkung noch nicht verfehlt, allerdings war ihm auch erst eine begegnet, die anscheinend mitleid mit seinen quietschenden Reifen hatte und sofort wieder auf Grün umsprang. Seine Gedanken kreisten nur noch um Richard und das er wieder wach war. Am Krankenhaus angekommen ließ er den Wagen einfach stehen, kümmerte sich nicht darum ob er auch wirklich abgeschlossen war und rannte in Richtung Intensivstation.
„Herr Seidel, immer schön langsam.“ Begrüßte ihn Schwester Clara, „Umziehen und gesittet den Flur entlang.“
„Er ist wach, verstehen sie was das bedeutet?“ fragte er jedoch nur streifte sich den Kittel über und drängte sich an ihr vorbei.
„Ja das weiß ich Herr Seidel,“ sah sie ihm Kopfschüttelnd hinterher, im Moment Sorgte sie sich auch mehr um ihn als um ihren eigentlichen Patienten, dem ging es nach Angaben des Diensthabenden Arztes nämlich außergewöhnlich gut.
Vor der Türe stoppte David, auf einmal war seine Euphorie verflogen und nur langsam konnte er sich dazu zwingen die Hand auf den Türknauf zu legen.
`Was wenn er doch wieder zurück ins Koma gefallen ist? Was wenn er nicht mehr der alte ist? Was wenn er nie wieder der alte sein wird? Was wenn er mich nicht erkennt? Was mache ich nur wenn Richard nicht mehr Richard ist?´ schoss es ihm durch den Kopf. Seine Hand begann zu zittern, er kniff die Augen zusammen und hörte dumpfe Stimmen aus dem Raum.
„Wo...ist...Sydney?!“ das war doch eindeutig Richards Stimme gewesen. Das zittern verschwand so schnell wie es gekommen war. Er musste etwas unternehmen, Richard wusste ja gar nicht was Syd Lisa angetan hatte und nun fragte er sie bestimmt aus. Schnell öffnete er die Türe und trat ein.
Sofort heftete sich Richards Blick auf ihn, hielt ihn für Sekunden fest und wandte ihn dann wieder auf Lisa. „Wo ist er?!“ wiederholte er.
David wusste nicht wie er mit der Situation umgehen sollte, er wusste das Aufregung das letzte war was Richard nun brauchte.
„Er ist bei Kerima, einer muss ja die Stellung halten.“ Versuchte er ihn dann zu beruhigen.
Wieder wechselte Richards Blick zwischen David und Lisa hin und her, „Lüg mich nicht an David!“ zischte er dann, „Erinnerst du dich an deinen Traum?“ zufrieden sah er das es in Davids Augen erschrocken aufblitzte.
„Du...das...das war gar kein Traum?“ stotterte er dann.
„Ich weiß alles David.“ Fixierte er nun ihn mit seinem Blick.
„Oh...OK wenn das so ist,“ begann David und trat hinter Lisa um seine Arme beschützend um sie zu legen, „Dann weißt du ja auch was Sydney ihr angetan hat.“
„Was Syd ihr angetan hat?! Bist du wirklich so Oberflächlich David?!“
„Er hat es doch zugegeben, was nimmst du ihn denn noch in Schutz?“
„Hast du auch nur einmal darüber nachgedacht, das er das vielleicht nur getan hat damit du Lisa nicht verlässt? Das er eure Beziehung schützt weil es vielleicht andersrum gelaufen ist?“
„Du weißt doch gar nicht was du da sagst Richard,“ schüttelte David den Kopf, „ Lisa würde nie....“
„Ach nein, sie würde nie, aber Syd schon oder was?!“ schrie er nun und die Anzeigen begannen Alarm zu schlagen. Bevor David etwas erwidern konnte stürmte der Arzt und Schwester Clara ins Zimmer.
„Verlassen sie das Zimmer!“ wies er sie an, was Lisa dazu veranlasste aufzustehen, doch David rührte sich nicht. „Raus, sofort!“ wurde seine Stimme schärfer, „Der Patient braucht Ruhe!“
David nickte nur, seinen Blick immer noch auf Richard gerichtet und ging langsam Rückwärts in Richtung Türe.
„David!“ erhob Richard wieder die Stimme, „Auch wenn sie dich jetzt wegschicken, darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen!“
„Beruhigen sie sich endlich,“ wandte sich der Arzt nun Richard zu, während er Clara zunickte und sie ihm eine Injektion über den Zugang verabreichte. Schon kurz darauf bemerkte er wie seine Augenlider immer schwerer wurden und eine bleierne Müdigkeit sich in seinem Körper ausbreitete.
´Na ganz toll, das passt ja jetzt. Anstatt das ich den Beiden endlich den Kopf waschen kann schicken die mich schon wieder ins Reich der Träume´, war sein letzter Gedanke bevor er einschlief.
Das Lied verklang und vorsichtig hob Sydney seinen Kopf wieder von der Platte hoch. Er fühlte sich wie erschlagen, sein Kopf dröhnte, seine Nase war zu und seine Lungen versuchten krampfhaft über den schmerzenden Rachen Luft zu holen. Er schaltete die Anlage wieder aus, schüttete den gerade er st frisch gekochten Kaffee in den Ausguss und kramte im Schrank nach dem Erkältungstrunk. Er goss sich ein großes Glas davon ein, trank es zügig aus und torkelte dann in Richtung Schlafzimmer, wo er sich komplett angezogen auf das Bett fallen ließ. Ein grippaler Infekt hatte ihm jetzt noch gefehlt, er horchte auf seinen eigenen Herzschlag, nahm ihn nur leicht und unregelmäßig wahr. Eine innere Stimme riet ihm einen Arzt aufzusuchen, doch eine andere hielt ihn davon ab. Wem machte es schon aus wenn es doch etwas ernsteres als ein Infekt war? Vom Alkohol im Saft benebelt schloss er die Augen um in einen hoffentlich Traumlosen Schlaf zu sinken.
In der Villa Seidel war David wortlos an seinen Eltern vorbeigestürmt, Richards Worte hatten ihn nicht so kalt gelassen wie er es gerne gehabt hätte. Er machte sich Gedanken um die Situation in der sie sich im Moment befanden, dachte über den Abend nach an dem Syd ihm erzählt hatte was geschehen war. Warum musste sein Leben in Deutschland nur immer so kompliziert sein? Auf den Malediven war noch alles in bester Ordnung gewesen und nun? Nun stand alles wieder Kopf.
´Sie müssen sich auch noch schonen Herr Seidel,´ hallte Dr. Lorenz Stimme in seinem Kopf wieder, ´Eigentlich müsste ich sie hier behalten, aber ich weiß das sie zu Hause besser mitarbeiten als hier.´
Er musste sich eingestehen das Lorenz recht hatte, im Moment hatte er das Gefühl als würde die ganze Welt über seinem Kopf zusammen brechen und ein leichtes Stechen in der rechten Seite kündigte eine erneute Luftnot an. Widerstandslos hatte er sich von Lisa ins Bett stecken und eine Tasse Tee verabreichen lassen. Nun saß sie neben ihm, strich ihm abwesend über die Hand und sah aus dem Fenster. Er wusste das auch sie über Richards Worte nachdachte, das sie sich jeden Vorwurf sehr zu Herzen nahm. Wahrscheinlich gab sie sich gerade wieder die Schuld an allem was heute geschehen war und wenn Richard nun wieder ins Koma fallen würde, dann würde sie auch denken das sie der Auslöser war. Dabei war sie doch hier das Opfer, sie diejenige, die sich nicht hatte wehren können. Er seufzte kurz auf, verursachte so das sie ihn ansah. Vorsichtig strich er ihr eine Strähne aus der Stirn.
„Bitte nimm dir seine Worte nicht so zu Herzen, er weiß doch noch gar nicht was wirklich geschehen ist.“ Flüsterte er.
„David, wir...wir...ich muss mit dir reden, wegen Richard...wegen Syd.“
„Schsch....“ legte er ihr seinen Zeigefinger auf den Mund, „Nicht jetzt.“ seit sie ihn ins Bett gepackt hatte fühlte er sich hundeelend, so als würde er eine Sommergrippe ausbrüten. Er schloss die Augen, wenn er ehrlich zu sich selbst war wollte er mit ihr auch gar nicht mehr über Sydeney sprechen. Er hatte Angst das seine Sicht der Dinge vielleicht nicht der Wahrheit entsprachen, so wie alle anderen es ihm glaubhaft machen wollten. Es dauerte nicht lange und die schwärze vor seinen Augen wich den bunten Bewegten Bildern eines Traumes.
[I] Er stand auf einer grünen Wiese, vor einem frisch geöffneten Grab, in das gerade ein schlichter Sarg hinuntergelassen wurde. Neben ihm zu seiner rechten stand Lisa, ganz in schwarz gekleidet und zu seiner linken Richard, der ebenfalls einen schwarzen Anzug, sowie ein schwarzes Hemd trug.
Neben dem Grab standen seine Eltern, Kim, Jürgen mit Sabrina, die den kleinen Gabriel auf dem Arm hatte, Max, Yvonne und Mariella mit Lars, sowie einen Mann den er nicht kannte.
Als der Sarg seine Endgültige Position erreicht hatte löste sich Richard von ihm, ging vor dem Grab in die Knie und begann leise zu sprechen.
„Als kleiner Junge habe ich mir immer einen großen Bruder gewünscht, jemanden der mich verstand und der mich beschützte. Erst viel zu spät habe ich ihn bekommen und viel zu früh hat er mich wieder verlassen....“ brach seine Stimme bei den letzten Worten, „ Auch wenn wir uns nicht lange kannten Syd, ich habe dir viel zu verdanken. Du warst immer für mich da, hast einen kühlen Kopf behalten wenn ich meinen wieder ausgeschaltet hatte...und...und als du mich gebraucht hättest war...war...ich...nicht da. Ich liebe dich Syd, wie man nur einen großen Bruder lieben kann....du...du wirst immer bei mir sein....“ liefen ihm die Tränen haltlos über die Wangen. Es war Friedrich, der ihm wieder aufhalf, der ihn stützte und zurück zu der Gruppe führte.
Dann trat Laura vor, in der Hand eine weiße Rose, die sie nun über dem Grab fallen ließ, auch sie weinte, konnte ihre Trauer nicht zurückhalten. Sie wollte zum sprechen ansetzten, doch ihre Stimme versagte. Kim trat hinzu, stützte ihre Mutter und strich ihr beruhigend über den Rücken.
„Ich liebe dich Syd,“ flüsterte sie, „Du hast unsere Familie viel zu spät bereichert, ihr wieder einen Sinn gegeben.“ Sie rückte die große Sonnenbrille, die ihre Augen verdeckte zurecht, führte Laura zurück und nahm dann Richard in den Arm.
Alle Blicke richteten sich nun auf ihn und David löste sich von Lisa um nach vorn zu treten, er spürte keine Tränen in seinen Augen starrte nur auf das Grab, suchte nach Worten, aber fand sie nicht. Das einzige an was er denken konnte waren die Worte, die er ihm bei ihrer letzten Begegnung an den Kopf geworfen hatte. Er hob die Hand zu den Augen, sie waren immer noch trocken. Die anderen starrten ihn an, warteten darauf das er irgendetwas tat, etwas sagte, doch er konnte nicht. Plötzlich sah er Sydney vor sich, in einem Bett angeschlossen an Maschinen und dann hörte er nur noch diesen entsetzlich langen Piepton. [/I]
[B] Kapitel 17 [/B]
„Verdammt Syd!“ erwachte Richard schwer atmend aus seinem Schlaf, hektisch sah er sich um. Er befand sich immer noch in dem sterilen Zimmer der Intensivstation und war sich nun nicht mehr sicher, ob ihn sein Traum oder das schrille Piepen der Monitore geweckt hatte. Ungehalten wollte er sich von den Kabeln auf seiner Brust befreien, als die Türe aufging und Dr. Lorenz eintrat.
„Ich freue mich ja das sie wieder unter uns sind Herr von Brahmberg, aber einer Weile werden sie ihr Temprament noch zügeln müssen.“ Trat er zu ihm ans Bett und nahm Richards Hände zur Seite und sah ihn streng an.
„Sie haben doch keine Ahnung,“ schnaubte Richard nur und heftete nun ebenfalls seinen Blick auf den Lorenz, erwiderte seinen. „Der Kleine ist total blockiert und Syd anscheinend auch nicht ganz auf der Höhe. So langsam komme ich mir wie der einzig normale Mensch in meiner Familie vor.“
„Wie meinen sie das, Herr Seidel wäre total blockiert?“ wurde Dr. Lorenz hellhörig, er ahnte schon das Richard erfahren hatte das Sydney London spurlos verschwunden war, doch was hatte es nun mit David Seidel auf sich? Bei seinen Besuchen schien er sich doch einigermaßen erholt zu haben.
„ Ganz einfach, meine Schwägerin in Spe baut den Mist und anstatt dazu zu stehen rettet Syd ihr den Arsch, woraufhin David sein Gehirn komplett aus und auf Stur schaltet. Ich kann also nicht tatenlos hier rumliegen verstehen sie das? Sie wissen doch sicher das Sydney verschwunden ist.“
„Ja das weiß ich und ich habe ihrer Familie auch schon gesagt das es wichtig ist ihn so schnell wie möglich zu finden, wenn sein Arm nicht steif bleiben soll.“
„Dann sind wir beide einer Meinung, allerdings sucht ihn keiner, beziehungsweise suchen sie nicht richtig. Seine Mutter hat nicht die Möglichkeiten, die ich habe und sie kennt ihn dafür auch nicht gut genug.“
„Herr von Brahmberg, ich verstehe ja das sie sich Sorgen machen, aber sie können nicht gehen. Ihr Familie tut ihr bestes um ihn zu finden, da bin ich mir sicher.“
„Es ist wirklich schön das sie sich da sicher sind, aber ich weiß das dem nicht so ist. Ein Teil versucht sein bestes, das Stimmt und ein Teil versucht die Firma am laufen zu halten und der dritte Teil sitzt Tatenlos rum und pflegt die Lüge, die ihm aufgetischt wurde.“
„ Und was wollen sie unternehmen?“
„Als erstes werde ich versuchen David das Brett vom Kopf abzuschrauben und dann werde ich Sydney suchen.“
„Gut,“ sagte Lorenz erleichtert und Richard sah ihn erstaunt an, „Ersteres können sie auch hier machen. Morgen früh werden sie auf Station verlegt und da bleiben sie noch mindestens eine Woche. Und was Herrn London angeht, er ist ein erwachsener Mann, der weiß was sein Handeln für Konsequenzen hat. Ich würde es begrüßen wenn sie und ihre Familie ihn finden würden, aber wenn er nicht gefunden werden will, dann haben sie wohl keine Chance.“ Er warf noch einen Blick auf die Infusion, stellte sie neu ein und wandte sich dann zum gehen, „ Schlafen sie jetzt noch etwas.“
„Sicher,“ murmelte er gegen die nun wieder geschlossene Türe, „Ich habe ja nur die letzten zwei Wochen verschlafen.“ Dann ließ er sich wieder in die Kissen sinken, starrte an die Decke und versuchte sich voll und ganz auf seinen großen Bruder zu konzentrieren.
Schweißgebadet schreckte David hoch, im ersten Moment musste er sich neu orientieren bis er sein altes Schlafzimmer erkannte. Lisa lag neben ihm und schien von seinem Alptraum nichts mitbekommen zu haben. Er hoffte jedenfalls das es ein Alptraum gewesen war, noch leicht benebelt und immer noch nicht ganz wach sprang er fast panisch aus dem Bett und machte sich auf den Weg nach unten. Zielstrebig ging er auf das Gästezimmer zu, wenn er die Türe öffnen würde, dann könnte er Sydneys gleichmäßigem Atem hören. Doch hinter der Türe war es totenstill, vorsichtig öffnete er sie und spähte in die Dunkelheit. Das Bett war frisch bezogen und gemacht, nichts deutete darauf hin, das hier jemand wohnte. Mit einem Kloß im Hals ging er einen weiteren Schritt hinein, strich mit der Hand über die Laken und die Erinnerungen trafen ihn wie einen Schlag ins Gesicht. Er ging in die Knie, den Kopf auf das Bett abgestützt, er würde sich nicht davon überzeugen können ob es Sydney gut ging. Er war nicht mehr hier und das weil er ihm gesagt hatte das er gehen sollte. Obwohl er hatte es ihm nicht gesagt, er hatte es ihm ins Gesicht gespuckt und wunderte es ihn nun wirklich das er seinem Wunsch gefolgt war?
Nein das tat es nicht und es zeugte für ihn nur dafür das Syd damals die Wahrheit gesagt hatte als er ihm erzählte wie das mit Lisa gewesen war.
Trotzdem wurde er dieses Ungute Gefühl nicht los, irgendetwas stimmte nicht, etwas war falsch und die Erinnerung an seinen Traum ließ ihn einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
´Was wenn es kein Traum war, das mit Richard damals war ja schließlich auch keiner gewesen.` fragte er sich und konnte nicht verhindern wie ihm die Tränen in die Augen stiegen. ´Verdammt was wenn er sich etwas angetan hat? Dann bin ich Schuld, dabei wollte ich doch nicht mehr als das er Lisa endlich in Ruhe lässt. Kann denn nicht einmal alles normal sein? Wie viel müssen wir denn noch durchmachen?`
Er hörte nicht wie sich die Türe zum Schlafzimmer seiner Eltern öffnete und seine Mutter besorgt hinaustrat.
Kurz sah Laura sich in der Halle um bis sie bemerkte, das die Schluchzer aus dem Gästezimmer kamen. Vorsichtig ging sie hinein und im ersten Moment dachte sie Sydney wäre zurück, doch als sie noch einen Schritt weiter auf ihn zu ging erkannte sie ihren jüngsten Sohn, der weinend halb auf, halb neben dem Gästebett hing. Sie ließ sich neben ihm in die Hocke nieder und strich ihm sanft über den Kopf.
„Ich habe mich schon gefragt wann du diese er ist mir egal Fassade endlich aufgibst.“ Sagte sie leise ohne aufzuhören ihm durchs Haar zu streichen.
„Ich kann ihm einfach nicht verzeihen was er Lisa angetan hat....aber....aber ich...ich will doch auch nicht das er stirbt.“ Vergrub er seinen Kopf an der Schulter seiner Mutter.
„David wie kommst du da drauf das er stirbt?“
„Ich...er...in dem Traum....Mama ich wollte doch nie das er stirbt...“
Laura ließ sich nun ganz auf den Boden nieder, zog David mit sich und nahm in dann beschützend in den Arm, mit einer Hand strich sie ihm über die Wange.
„Es war nur ein Traum mein Schatz, Sydney wird nicht sterben.“
„Nein...es...es war so real...“
„David ich weiß nicht was du Sydney vorwirfst, aber kann es sein das du einfach nur auf Stur schaltest und nun im Traum unterbewusst alles verarbeitest?“
„Nein...er...er hat es selber zugegeben und...und...ich verstehe nicht wie er das tun konnte.“
„Was hat er getan David? Worüber habt ihr euch gestritten?“
„Wir...wir haben uns nicht gestritten...ich...er...er hat mit Lisa geschlafen obwohl sie das gar nicht wollte!“
Geschockt ließ sie ihn los, sie konnte nicht glauben was er ihr da gerade erzählte. Sie war sich sicher, das Sydney so etwas nie tun würde, dafür hatte er seine Brüder inzwischen doch viel zu sehr ins Herz geschlossen, er verstand sich doch so gut mit Richard und er hatte doch auch schon einiges für die Beziehung von David und Lisa getan. Das was er da behauptete konnte und durfte so einfach nicht wahr sein.
„Bist...bist du dir sicher? Ich meine das kann ich mir einfach nicht vorstellen.“
„Er hat es doch zugegeben! Und Lisa...ich...ich habe sie total verheult unter der Dusche gefunden.“
„Wann hat er es zugegeben?“
„An dem Abend an dem er dann auch abgehauen ist.“
Laura versuchte sich an diesen Abend zurück zu erinnern, sie sah Sydney wieder vor sich, wie er am Fenster stand. Die Augen leicht glasig und wie er am ganzen Körper zitterte, das passte für sie einfach nicht in das Bild, was David ihr gerade schilderte.
„David, das kann ich einfach nicht glauben.“
„Ihr glaubt es doch alle nicht! Mariella nicht, Jürgen nicht, Richard nicht und du nun auch nicht. Glaubt ihr wirklich das Lisa freiwillig mit ihm geschlafen hat?“
„Ehrlich gesagt kann ich mir gar nicht vorstellen das die beiden miteinander geschlafen haben sollen David.“
„Es ist aber so!“ sprang er auf und lief wieder hoch in seine Wohnung. Warum glaubte denn keiner das Sydney zu so etwas fähig war?
In Düsseldorf wälzte Syd sich von einer Seite auf die Andere, er schlief nicht wirklich und auch war er nicht richtig war. Schweiß stand auf seiner Stirn, er zitterte und als er die Augen öffnete sah er seine Brüder vor sich. Er wollte ihnen erklären, wollte wieder ein Teil der Familie sein, doch sie ließen ihn nicht. Hasserfüllt sahen sie ihn an, die pure Verachtung sprach aus ihren Augen.
´Lass Lisa endlich in Ruhe!` sprach David zu ihm. Er wollte ihm sagen das er sie nie angefasst hatte, das das alles ein Missverständnis war doch kein Laut kam aus seiner Kehle.
´Ich verspreche dir Sydeny,` wandte sich nun Richard an ihn, ´Wenn du auch nur noch einmal in ihre Nähe kommst breche ich dir sämtliche Knochen!`
„Nein! Nein ich...bitte so....nein.“ wandte er den Kopf ab und hob zitternd die Decke bis über das Kinn. Mit seinem rechten Arm stieß er dabei gegen die Nachttischlampe, die durch den Stoß zu boden fiel. Mit einem Mal war es dunkel im Zimmer, David und Richard waren verschwunden und nur das fahle Mondlicht spendete leichtes Licht.
Syds Kopf dröhnte, seine Glieder schmerzten und zu allem Überfluss bekam er keine Luft mehr durch die Nase. Mit letzter Kraft schleppte er sich ins Bad, griff nach den Aspirin und löste sie auf. Seine Beine wollten ihn allerdings nicht mehr tragen, so sackte er auf die Knie, wobei die hälfte der Flüssigkeit aus dem Glas schwappte. Er hoffte das sie trotzdem noch wirken würde, er fühlte sich unheimlich Müde und wollte nur noch zurück ins Bett. Morgen würde es ihm sicher schon wieder besser gehen. Er robbte auf allen vieren zurück, wollte sich ins Bett hochziehen, doch er schaffte es nicht. Zitternd kauerte er sich auf dem Boden zusammen. So ungern er es zugab, aber er brauchte Hilfe. Unbeholfen angelte er nach dem Telefon und wählte die Nummer des einzigen Menschen, dem er noch bedingungslos vertraute.
[B] Kapitel 18 [/B]
Richard drehte sich unruhig auf die Seite, irgendetwas stimmte nicht, ein unbekanntes Gefühl beschlich ihn, so als ob jemand ihn unbewusst um Hilfe rufen würde. Jedoch konnte er es nicht wirklich zuordnen, sein Gehirn war immer noch von Medikamenten benebelt und er wünschte sich in diesem einen Moment nichts mehr, als einen klaren Gedanken fassen zu können. War das vielleicht Sydney, der ihn da um Hilfe rief? Wenn dem so war dann musste er handeln, durfte hier nicht tatenlos herumliegen. Immer wieder versuchte er eine Verbindung zu seinem Bruder zu bekommen und es gelang ihm auch teilweise, doch immer wenn er sie hatte verblasste sie wieder und zurück blieb nur ein Gefühl vollkommener Hilflosigkeit.
„Sydney jetzt komm schon, mach keinen Scheiß. Wir kriegen das schon hin.“ Murmelte er immer wieder, doch jedes Mal baute sich die Blockade wieder auf. Völlig entnervt schloss er schließlich die Augen, vielleicht würde er ja im Schlaf mehr Erfolg haben.
David ging nicht zurück ins Schlafzimmer, an Schlaf war für ihn im Moment nicht zu denken, der Traum machte ihm mehr zu schaffen als er sich selber eingestehen wollte. Nur vor seiner Mutter hatte er eben kurz gezeigt wie er wirklich fühlte. Das er sich um seinen großen Bruder sorgte, aber eigentlich sollte das niemand wissen, eigentlich hatte Sydney es nicht verdient, das er sich um ihn sorgte. Und trotzdem wurde er dieses Gefühl nicht los, das es nun mal kein Traum gewesen war, das Sydney irgendetwas zugestoßen war, das er sich etwas angetan hatte. Müde ließ er sich auf das Sofa in seinem Wohnzimmer nieder, versuchte seinen Traum auseinander zu nehmen, ihn zu deuten und doch kam er immer wieder zu dem selben Ergebnis. Auch hier konnte er nicht klar denken, irgendetwas blockierte ihn, leise schlich er sich ins Schlafzimmer, kramte seine Sachen zusammen und zog sich an um die Villa zu verlassen.
Mit zittrigen Fingern wählte Sydney, die ihm immer noch allzu bekannte Nummer. Er wusste das es mitten in der Nacht war und hoffte das am anderen Ende trotzdem jemand abnahm. Und schon nach dem dritten Klingeln hatte er erfolg. Verschlafen meldete sich eine Frauenstimme am anderen Ende der Leitung.
„ Jansen?“
„Marie, hier ist Sydney.“ Presste er hervor.
„Sydney? Junge ist was passiert? Ist was mit deinem Vater?“ war Marie Jansen am anderen Ende sofort hellwach.
„Ja, nein, also Vater geht es gut glaube ich.“
„Glaubst du? Und was ist dann? Du rufst mich doch nicht einfach so mitten in der Nacht an.“
„Kann...also kannst du vorbei kommen? Es, also mir....mir geht es nicht gut.“ Stöhnte er dann als er glaubte sein Kopf würde zerspringen.
„Wo bist du denn? Ich dachte du wärst in Berlin?“
„Ich bin in der Wohnung....also hier...du hast doch noch den Zweitschlüssel?“
„In der Geschäftsführerwohnung? Ja sicher habe ich noch den Schlüssel, was ist denn los? Bist du krank?“
„Ich weiß es nicht...ich...es dreht sich alles....“
„ Bleib wo du bist, ich komme sofort.“ Hörte er wie sie nach ihren Sachen zu kramen begann.
„Danke.“ Flüsterte er nur noch dann hatte sie aufgelegt. Kraftlos lies er den Hörer sinken und lehnte den Kopf ans Bett, um so das drehen des Raumes in den Griff zu bekommen. Marie wohnte am anderen Ende der Stadt und doch hoffte er das sie aufgrund des nicht vorhandenen Verkehrs nicht allzu lange brauchen würde.
Erneut blinzelte Richard, er hatte nicht lange geschlafen und wunderte sich nun was ihn erneut geweckt hatte. Das Gefühl, das ihn jemand um Hilfe bat war weg. War es das, was ihn wieder geweckt hatte? Wer war es nun genau gewesen, der seine Hilfe brauchte? War es wirklich Syd? Er konnte ihn nicht mehr spüren und ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Er erinnerte sich an den Traum, der ihn das erste mal aus dem Schlaf gerissen hatte, war dies nun wirklich eingetreten? War Sydney etwas zugestoßen? Er konzentrierte sich voll und ganz auf seine beiden Brüder, zu David hatte er sofort eine Verbindung und stellte fest, das dieser anscheinend auch nicht mehr schlief. Wenn er doch jetzt nur ein Telefon hier hätte, das David wach war, war für ihn ein Zeichen, das auch dieser etwas gespürt haben musste und er wusste das David dies nicht ignorieren konnte.
Ziellos fuhr David durch das nächtliche Berlin, immer noch spukte der Traum und das damit verbundene Gefühlschaos in seinem Kopf herum. Zudem hatte er eine Zeitlang das Gefühl gehabt, das Sydney um Hilfe rief, doch kurz darauf war es auch schon wieder vorbei. Konnte das sein? Würde Syd sich ausgerechnet an ihn wenden? Und wenn ja warum? Er hatte ihm doch nur zu deutlich zu verstehen gegeben das er mit ihm nichts mehr zu tun haben wollte. Seine Gedanken schweiften zu dem kurzen Gespräch mit Richard ab, woher wusste dieser alles? Und wenn die Sache damals kein Traum gewesen war, konnte es dann sein, das Richard immer alles gesehen hatte? Er erinnerte sich daran wie damals der Boden durchsichtig geworden war, wie sie auf Syd, der gerade operiert wurde, hinabgesehen hatten. Hatte Richard dann vielleicht auch Syd und Lisa gesehen? Beharrte er deswegen darauf, das es vielleicht auch andersherum hätte gewesen sein können? Aber warum hatte Sydney ihm dann gesagt das er es gewesen war, der sich an Lisa vergangen hatte?
In seinem Kopf begann sich alles zu drehen und so musste er den Wagen anhalten, verdutzt bemerkte er, das er vor dem Krankenhaus angekommen war. Er stellte den Motor ab und überlegte ob er wirklich hinein gehen sollte und wenn ja wie er es schaffen sollte zu Richard vorzudringen. Er konnte um diese Uhrzeit schlecht vorne am Eingang klingeln, die Diensthabende Schwester würde ihm zu recht den Vogel zeigen. Vor allem wenn er ihr erklärte das er nur aufgrund eines Gefühls hier war. Trotzdem stieg er aus, verschloss seinen Wagen und betrat das Krankenhaus, wenn er sich richtig erinnerte gelangte er über das Treppenhaus zu dem Personalzugang und wenn er Glück hatte war dieser nicht verschlossen. Zügigen Schrittes steuerte er genau darauf zu, sah sich noch einmal um und drückte dann die Klinke hinunter. Vorsichtig huschte er durch die Türe. Der Flur, der Intensivstation lag in einem Halbdunkel und wurde nur von einer indirekten Beleuchtung erhellt. Schnell warf er sich einen der Überzugskittel über und machte sich auf den Weg zu Richard und als er das Zimmer betrat stellte er erstaunt fest, das dieser nicht schlief.
„Was führt dich denn mitten in der Nacht hier her?“ fragte dieser nun erstaunt als er zu ihm aufsah.
Beunruhigt schloss Marie Jansen die Türe zu der Geschäftswohnung von L.Ex. auf, Sydney hatte sie noch nie mitten in der Nacht angerufen und sie wusste das irgendetwas vorgefallen sein musste damit er das tat. Überhaupt wunderte sie sich was er in Düsseldorf machte. Soweit sie wusste hatte Sydeny in Berlin einen Unfall gehabt und war erst vor kurzem aus dem Krankenhaus entlassen worden. War er etwas schon wieder geschäftlich hier anstatt sich auszukurieren?
„Sydney?“ fragte sie leise in die Wohnung, doch sie erhielt keine Antwort. So ging sie vorsichtig vom Flur in das angrenzende Wohnzimmer, die Rolladen waren nicht hinuntergelassen worden, so dass das Mondlicht den Raum in fahles Licht tauchte. Hatte sie sich eventuell geirrt? Hatte sie ihn vielleicht falsch verstanden als er gesagt hatte wo er wäre? Doch da sah sie den Lichtschein aus dem Schlafzimmer. Vorsichtig ging sie hinein und sah ihn sofort auf dem Boden hocken. Mit zwei schnellen Schritten war sie bei ihm, fasste ihn an der Schulter und drehte ihn so zu sich.
„Sydney? Was ist denn passiert? Oh mein Gott du glühst ja!“ stieß sie dann hervor als sie ihm über die Wange strich und er sie aus glasig verhangenen Augen ansah, „Komm hoch, du gehörst ins Bett. Was machst du denn überhaupt hier?“
„Ich...ich kann nicht mehr in Berlin bleiben.“ Flüsterte er nur und stützte sich auf sie um sich auf das Bett zu setzten.
Marie runzelte nur die Stirn, sie kannte Sydney seit seiner Kindheit, war sie doch schon seit der Gründung des Düsseldorfer Standortes Chefsekretärin gewesen und auch wo L.Ex. mit Kerima fusioniert hatte, hatte Sydney sie nicht gekündigt sondern ihr die Leitung des Düsseldorfer Büros gegeben.
„Jetzt leg dich erst einmal hin, hast du schon etwas genommen?“ drückte sie ihn sanft in die Kissen.
„Aspirin.“ Murmelte er und konnte seine Augen nur mit Mühe offen lassen.
Marie nickte nur und verschwand dann kurz im Bad um das Fieberthermometer zu holen, widerstandslos ließ er sich die Temperatur messen. Sie runzelte die Stirn, sie wusste wie sehr Sydney das schon als Kind gehasst hatte und so sorgte sie sich das er es nun über sich ergehen ließ. 40°C blinkte ihr auf der Anzeige entgegen.
„Du hast Fieber Syd, hast du etwas dagegen hier?“
„Weiß nicht.“ Zuckte er nur mit den Schultern und verzog dann schmerzverzerrt das Gesicht.
„Ich schau mal nach OK und wenn nicht dann ruf ich einen Arzt.“
„Nein...keinen Arzt bitte.“ Flehte er.
„Sydney, du hast 40 Fieber, dagegen müssen wir etwas unternehmen.“
„Aber ich will keinen Arzt.“
„Das wolltest du noch nie und wenn du kein Fiebersenkendes Mittel hier hast dann rufe ich einen an, keine Wiederrede!“ wechselte sie zu einem strengen mütterlichen Ton, was ihn aufseufzen ließ.
Syd wusste das er sie nicht davon abhalten konnte, sie machte sich sorgen und wollte nur sein bestes. Sie war für ihn immer wie eine zweite Mutter gewesen und als er dann schließlich die Firma übernahm war sie es, die ihn in alle wichtigen Belange einarbeitete, ihm mit Rat und Tat zur Seite stand. Er hatte sie angerufen weil er Hilfe brauchte und nun durfte er sie nicht zurückstoßen. Mit leeren Händen sah er sie aus dem Badezimmer kommen und seufzte kurz auf.
„OK,“ begann sie als sich ihre Blicke trafen, „ich werde jetzt den Arzt rufen.“
„Nein bitte Marie, das...das...ist doch bestimmt nur eine Grippe.“
„Eben, wenn es eine richtige Grippe ist dann gehörst du zu einem Arzt.“ Erstickte sie seinen Protest, hob das Telefon vom Boden auf und rief den Notarzt an.
David sah zu Boden, er hatte nicht damit gerechnet das Richard wach war und was sollte er ihm nun antworten? ´Hör mal Richi ich hab da so ein blödes Gefühl und dachte das du mir da helfen kannst?` Nein das ging nicht, überhaupt das er hier war, war schon eine dumme Idee gewesen.
„Du bist wegen Syd hier,“ sprach Richard dann weiter, „Du hattest auch diesen Traum.“
Davids Kopf schnellte nach oben, erstaunt sah er seinen Bruder an, „Woher weißt du....“
„Weil ich ihn auch hatte, Syd´s Beerdigung, nicht wahr?“
David nickte nur, „Ja, ich...es war alles so real und dann....ich bin runter ins Gästezimmer, ich dachte er wäre noch da...“
„Nachdem was du ihm vorgeworfen hast? Nein David, ich habe zwar keine Ahnung wo er ist, aber ich weiß das es ihm verdammt dreckig geht.“
„Ich weiß, er...er hat um Hilfe gerufen.“
„Bevor wir jetzt hier weiter überlegen wie wir ihn finden können, glaubst du immer noch das er Lisa verführt hat?“
„Ich weiß es nicht, ich weiß nicht was ich glauben soll. Lisa ist so komisch, sie zieht sich immer mehr von mir zurück und Syd...er..warum hat er das denn dann gesagt?“
„Er hat es gesagt um eure Beziehung zu retten, damit du weiterhin mit Lisa glücklich wirst. David Sydney hat dein Glück über sein eigenes Gestellt!“
„Aber wieso haben sie denn nicht zusammen mit mir gesprochen? Warum haben sie mir das nicht erklärt?“
„Du kennst dich doch,“ seufzte Richard auf, „Und wenn es dich beruhigt Syd hat mir auch nichts von seinen immer noch vorhandenen Gefühlen für Lisa erzählt.“
„Warum Richi? Warum tut er das? Warum kann nicht einmal alles einfach sein?“
„Unser Leben war noch nie einfach David und ich weiß auch nicht ob es das jemals sein wird, aber ich weiß das Syd die ganze Zeit genauso gelitten hat wie du und ich. Es ist schon schlimm genug wenn die Frau, die man liebt jemanden anderen liebt, aber es muss noch schlimmer sein wenn sie den eigenen Bruder liebt und auch mit ihm zusammen ist. Ich weiß nicht ob ich es verkraftet hätte wenn ich Sabrina nicht an Jürgen, sondern an dich oder Sydney verloren hätte.“
„Aber ich kann doch nichts dafür das ich sie auch liebe und das sie mich liebt.“
„Sicher nicht David, aber so langsam glaube ich das Lisa Syd immer nur als einen Ersatz für dich gesehen hat und wenn ihm das nun auch klar geworden ist.....“ ließ er den Satz ins leere laufen.
„Du...du meinst sie...sie hat die ganze Zeit nur mit ihm gespielt? Aber...aber....das kann ich mir nicht vorstellen.“
„Und wenn es so wäre? Würde das für dich etwas ändern?“
„Ich...ich weiß nicht...ich....jetzt bin ich noch verwirrter als vorher schon.“
„Denk einfach mal darüber nach und rede mit ihr. Vielleicht war es auch nicht ihre Absicht, wer weiß denn schon was in Frauen so vor sich geht.“
„Und was ist nun mit Sydney?“ fragte er leise.
„Sucht ihn endlich, ich glaube nicht das dies einfach nur ein Traum war.“ Sah Richard ihn nun eindringlich an und setzte sich im Bett auf.
David kniff die Augen zusammen, presste die Lippen aufeinander und als er wieder aufsah, sah Richard Tränen in ihnen. „Das wollte ich nie, ich hoffe du weißt das.“
„Ich weiß Kleiner, und ich denke auch nicht das Sydney das will.“ Hielt er ihm die Hand hin, welche David ergriff und zog ihn zu sich auf das Bett um ihn in den Arm zu nehmen. „ Geh nicht weiter mit geschlossenen Augen durchs Leben, es wird alles wieder gut.“
„Versprichst du mir das Richi?“
„Versprechen kann ich nichts, aber ich werde alles dafür tun was in meiner Macht steht.“
„Danke Richi, danke das du immer noch für mich da bist.“
„Dafür brauchst du mir nicht zu danken. Ich bin froh das du endlich wieder klar siehst.“
„Ich war ein ganz schöner Idiot nicht?“
„Du warst nicht nur einer, du wirst wohl immer einer sein, aber dafür hast du ja mich.“ Grinste Richard ihn an, „Damit ich dich wieder auf den Boden zurückhole wenn du wieder mal abhebst.“
Ein kleines Lächeln legte sich nun über Davids Gesicht, „Und was mach ich nun mit Lisa?“
„Reden kleiner, reden. Anders geht es nicht und mach ihr klar das Syd ein Teil deines Lebens ist und immer sein wird.“
„Ich hoffe er ist es noch. Ich war ganz schön ungerecht zu ihm und dieser Traum....ich habe einfach Angst Richard. Angst ihn wirklich zu verlieren, Angst das er stirbt und das nur wegen mir.“
„Wir werden das verhindern hörst du? Wir lassen nicht zu das uns irgendwer auseinander bringt. Blut ist stärker als Liebe!“
David schluckte, er wusste das Richard recht hatte und wenn Lisa wirklich die ganze Zeit über nur mir Syd gespielt hatte, dann wusste er nicht wie es mit ihnen noch weiter gehen sollte.
[B] Kapitel 19 [/B]
Lisa erwachte weil die Seite neben ihr immer kälter wurde, verwirrt öffnete sie die Augen und stellte fest, das David nicht mehr neben ihr lag. Stirnrunzelnd setzte sie sich auf, schwang die Beine über die Bettkante und ging ins Wohnzimmer. Doch auch hier war er nicht, sie zuckte mit den Schultern, ging zurück ins Schlafzimmer und schaltete dort das Licht an. Sofort sah sie das seine Sachen fehlten und sein Schlafshirt auf dem Boden lag. Nicht wirklich beruhigter griff sie zum Telefon und versuchte ihn auf seinem Handy zu erreichen, jedoch klingelte es nur im Wohnzimmer. Eine innere Unruhe breitete sich in ihr aus, wo war er hin? Schnell zog sie sich eine Strickjacke über und verließ die kleine Einliegerwohnung um hinunter in den Salon zu gehen, den sie ebenfalls verlassen vor fand. Ihr Blick glitt zum Wintergarten, doch die Türe war verschlossen, trotzdem ging sie hin spähte hinaus, von David keine Spur. Seufzend ließ sie sich auf die Couch fallen, wo konnte er nur hin sein? Einen plötzlichen Impuls folgend schlich sie in den Flur, suchte das Sideboard nach seinen Schlüsseln ab und schluchzte kurz auf, als sie feststellte das sie nicht mehr da waren. Er war also wirklich weg, blieb nur die Frage wohin? So leise wie möglich schlich sie sich zurück in den Salon, setzte gerade an um die Treppe wieder hinauf zu steigen als Laura aus dem Schlafzimmer trat.
„Lisa, ist alles in Ordnung?“ fragte sie sofort.
„Entschuldige Laura ich wollte dich nicht wecken, aber David ist weg.“
„Du hast mich nicht geweckt, ich kann einfach nicht mehr schlafen und es ist ja gleich auch schon 6. Aber wie meinst du das David ist weg?“
„Ich bin wach geworden weil mir kalt war und da war er nicht mehr im Bett, dann hab ich im Wohnzimmer geschaut, doch da war er auch nicht. Dann bin ich hinunter weil ich gedacht habe das er vielleicht in den Garten ist und als er da auch nicht wahr habe ich im Flur nachgesehen und seine Schlüssel sind weg.“ Ging sie wieder in den Salon und ließ sich müde auf das Sofa fallen.
„Ich habe ihn diese Nacht im Gästezimmer gesehen, anscheinend hatte er schlecht geträumt, aber dann ist er wieder hoch gegangen.“ Setzte sich Laura neben sie.
„Im Gästezimmer? Aber was wollte er denn da?“ fragte Lisa überrascht.
„Er hatte wohl einen Alptraum von Syd und war deswegen dort.“ Antwortete Laura und sah Lisa eindringlich an, „Kann ich dich etwas fragen Lisa?“ tastete sie sich dann langsam vor.
„Ja sicher.“
„Was ist damals zwischen dir und Sydney vorgefallen? Warum ist David so schlecht auf Sydney zu sprechen?“
„Ich...also ich habe mit Syd geschlafen,“ senkte Lisa ihren Blick, „Ich weiß selber nicht was mich da geritten hat, ich hatte mich mit David gestritten und dann war Syd einfach da und für diesen einen Moment waren da plötzlich wieder die alten Gefühle....ich weiß es war ein riesen Fehler...aber....aber Syd hat alles auf sich genommen....“ brach sie schließlich ab.
Ungläubig sah Laura sie an, sie konnte nicht ganz glauben was Lisa ihr da erzählte und im ersten Moment fehlten ihr auch die Worte. Wieder sah sie Syd vor sich, wie er am Fenster stand, seinen Blick. Sie konnte noch nicht mal erahnen wie er sich gefühlt haben musste und dann hatte er auch noch die komplette Schuld an der ganzen Sache auf sich genommen, weil er wusste das David total ausrasten würde. Leicht schüttelte sie den Kopf, hatte Lisa das denn nie versucht richtig zu stellen? War sie wirklich so egoistisch, das sie nun nur daran dachte das sie immer noch mit David Glücklich sein konnte?
„Hast du das David gesagt? Hast du versucht das richtig zu stellen?“ fragte sie schärfer als beabsichtigt, sie hatte in den letzten Wochen doch gesehen das es auch Lisa nicht gut ging.
Diese zuckte kurz zusammen, sah dann wieder auf und nickte, „Ich habe es sofort versucht wo David davon anfing das Syd sich an mir vergangen haben sollte. Er hat mich nicht ausreden lassen und dann habe ich aufgegeben, wollte abwarten bis er eingeschlafen war und dann mit Syd reden, warum er das getan hat. Aber ich bin selbst eingeschlafen und dann war es zu spät, dann war Sydney weg. Immer wieder habe ich versucht mit David zu sprechen, doch er blockte jedes Mal ab, meinte nur das ich das Opfer wäre und ihn nicht in Schutz nehmen sollte. Vor ein paar Tagen hab ich ihm dann die Wahrheit ins Gesicht geschrieen, aber es kam nur wieder die gleiche Reaktion. Ich weiß nicht was ich noch machen soll Laura.“
Laura seufzte auf, diese ich stecke den Kopf den Sand und höre nur das was ich hören will Methode von David war ihr nur allzu gut bekannt. Dagegen kam man nur schwer an und eigentlich musste immer erst eine Katastrophe nahen damit er aufwachte. Sie sah wie Lisa inzwischen lautlos die Tränen über die Wangen liefen, nahm sie in den Arm und wog sie beruhigend hin und her.
„Ich würde dir gerne eine Lösung für dein Problem präsentieren Lisa, aber das kann ich nicht. Das einzige was ich kann ist dir den Rat zu geben immer wieder mit David darüber zu reden, ihm die Wahrheit immer wieder an den Kopf werfen und du solltest auch nach Sydney suchen. Vielleicht kommt Davids Kopf ja dann aus dem Sand wieder raus, wenn er sieht das du dich auch um ihn kümmerst.“
„Danke Laura,“ löste Lisa sich wieder von ihr, „Das werde ich machen und nach Syd wollte ich eh suchen. Ich könnte es mir nie verzeihen wenn wegen mir sein Arm steif bleibt oder ihm sonst irgendetwas passiert.“
Leicht lächelnd erhob Laura sich, drückte Lisa noch mal mütterlich den Arm und machte sich dann auf den Weg in Richtung Küche, „Ich habe auch nichts anderes von dir erwartet. Ich werde uns mal einen Kaffee und ein Frühstück machen gehen.“
Eine Zeit lang herrschte Schweigen zwischen David und Richard, jeder hing seinen Gedanken nach, erst als die Türe zum Zimmer geöffnet wurde schraken sie auf und sahen sich leicht grinsend an.
„Herr Seidel, was machen sie denn um 6 in der Früh hier?“ hörten sie Dr. Lorenz fragen, „Ihr Bruder braucht noch ruhe.“
„Die hatte ich ja auch den ganzen Tag über,“ brummte Richard und grinste dann.
„Herr von Brahmberg, wir machen das hier nicht um sie zu ärgern, wann sehen sie das endlich?“
„Das weiß ich doch, aber wenn sie mich den ganzen Tag über ins Reich der Träume schicken wundert es sie dann wirklich wenn ich nachts nicht mehr schlafen kann?“
Lorenz seufzte auf, er hatte immer gedacht David Seidel sei als Patient anstrengend gewesen aber Richard von Brahmberg übertraf ihn noch. Auf der einen Seite war er ja froh, das es seinem Patienten anscheinend seit er aus dem Koma erwacht war viel besser ging, aber auf der anderen Seite erschwerte ihm das seine Arbeit ungemein.
„Herr Seidel,“ wandte er sich dann an David und sah wieder in Richtung Türe.
„Ich bin schon weg,“ stand David auf, „Dann ruh dich jetzt noch etwas aus Richi, ich komme im Nachmittag noch mal vorbei.“
„Ist gut. Und denk dran rede mit ihr.“ Ließ Richard sich zurück in die Kissen sinken.
„Das werde ich, bis später.“ Verließ David das Zimmer, am Ausgang legte er den Kittel ab und machte sich auf den Weg zu seinem Wagen. Auf einmal wollte er nur noch nach Hause und endlich Gewissheit haben. Doch auf dem Weg wurde er immer unsicherer, irgendetwas in ihm sagte ihm das er nicht alleine mit ihr reden sollte, das er jemand neutrales mit hinzuziehen sollte. Er stoppte den Wagen am Straßenrand und überlegte, seine Eltern fielen aus, Friedrich würde gleich wieder zu Kerima fahren und Laura war als Sydneys Mutter zu sehr voreingenommen. Ihm fiel nur noch eine Person ein, die der ganzen Sache wirklich neutral gegenüberstehen würde. Er setzte den Blinker und fuhr wieder los nur um kurze Zeit später vor Richards Wohnung zu halten. Er stieg aus und ging hinüber zu dem Wohnblock, dann klingelte er, einmal, zweimal, dreimal, dann ertönte verschlafen Mariellas Stimme aus der Gegensprechanlage.
„Ja bitte?“ fragte sie.
„Ich bin es David, kannst du mit in die Villa kommen?“
„David?“ fragte sie nach und im nächsten Moment summte auch schon der Türöffner. Er ging hinein und fuhr dann mit dem Aufzug nach oben, wo eine verschlafene Mariella im Bademantel in der Türe stand.
„Ist etwas passiert?“ fragte sie dann jedoch sofort.
„Ja, nein nicht wirklich....ich muss mit Lisa reden, aber....aber nun ja du kennst mich und ich schieße gerne über das Ziel hinaus und...und da dachte ich das du vielleicht mitkommst und mich....na ja...bremst wenn ich zu weit gehe.“ Senkte er den Blick.
„Worüber willst du denn mit ihr reden?“
„Sydney.“ Antwortete er nur und als er wieder aufsah war Mariella schon im Schlafzimmer verschwunden um sich fertig zu machen.
[B] Kapitel 20 [/B]
Als David seinen Wagen dann endlich in der Einfahrt der Villa abstellte sah er noch einmal zu Mariella hinüber, plötzlich war er sich nicht mehr so sicher ob er wirklich mit Lisa reden wollte, ob er das konnte. Mariella lächelte ihn an, dann legte sie ihre Hand auf seinen Arm.
„Du schaffst das schon David und diesmal werdet ihr in Ruhe reden.“ Gab sie ihm noch einmal neuen Mut und stieg dann aus dem Wagen.
Lisa und Laura sahen auf als sie den Schlüssel im Schloss der Eingangstüre hörten. Laura hatte ihnen jeweils eine Tasse Kaffee eingeschenkt und sich auch schon ein Brötchen geschmiert. Lisa jedoch hatte das Essen noch nicht angerührt, schon der Geruch des Kaffees verursachte ihr Übelkeit, trotzdem zwang sie sich ihn in kleinen Schlucken zu trinken. Kurz darauf betreten David und Mariella den Salon, sofort zuckt Lisa kurz zusammen, dann versteinerte sich ihre Miene. Wieso kam er mit Mariella nach Hause, war er die ganze Nacht über bei ihr gewesen? Waren seine Gefühle für Mariella etwa zurück gekehrt, so wie sie für einen kurzen Moment die alte Liebe zu Syd entdeckt hatte? Sie zwang sich dazu ruhig zu bleiben, abzuwarten was die beiden ihr zu sagen hatten, wenn sie ihr überhaupt noch was zu sagen hatten und sie nicht sofort vor die Türe setzten. Unsicher sah sie zu Laura, die Mariella freundlich anlächelte.
„David da bist du ja wieder,“ begrüßte Laura dann auch sofort ihren Sohn, bevor sie zu Mariella ging, „Hallo Mariella, was treibt dich denn so früh hier her?“
„Wir müssen mit Lisa reden,“ sagte David nur und sah seine Verlobte starr an.
„Na dann, geh ich noch mal in die Küche zwei weitere Gedecke holen.“
„Nicht nötig Laura, du kannst ruhig hier bleiben,“ lächelte Mariella sie an, sie hielt es für besser wenn auch Davids Mutter dabei war. So wie er Lisa gerade ansah war sie sich nicht sicher ob sie ihn wirklich auf dem Boden halten konnte wenn er ausrasten würde, zudem war Lisa ziemlich blass um die Nase.
„OK,“ setzte Laura sich wieder hin und wies dann auf die andere Couch, „Worum geht es denn? Um die Firma?“
„Nein,“ antwortete David kühl, „Ich will jetzt endlich die Wahrheit über Sydney hören.“ Immer noch war sein Blick auf Lisa gerichtet.
Diese fühlte sich alles andere als Wohl, Davids kalter Blick versetzte ihr einen Stich nach dem anderen in ihr Herz und das Mariella bei ihm war beruhigte sie nicht wirklich.
„Was ist da zwischen dir und ihm Lisa? Liebst du ihn noch oder ist er einfach nur ein Ersatz für dich wenn ich mal nicht da bin?“ fragte er schärfer als er eigentlich beabsichtigt hatte, doch irgendwie wollte ihm kein unverfänglicher Ton gelingen.
„Da ist nichts David....“begann sie, „es war ein Ausrutscher...ich...so wie Syd es dir erzählt hat war es gar nicht....wenn dann eher andersherum.“ Langsam hob sie ihren Blick um ihn anzusehen, „Ich weiß nicht was....was mich da geritten hat David....bitte glaub mir das doch endlich....“ flehte sie nun.
„Ich weiß inzwischen das er dir nichts getan hat!“ wurde David nun lauter, „Aber eigentlich hättest du mir das sagen müssen!“
„Das habe ich versucht! Mehr als einmal, aber du hast es doch nicht hören wollen.“ Sah sie ihn nun aus vor entsetzten geweiteten Augen an.
Mariella verdrehte nur die Augen, das war wieder so typisch für David, sie sah wie Laura Lisa in den Arm nahm, ihr über den Rücken strich.
„David,“ sagte sie nun betont ruhig und legte ihm erneut die Hand auf den Arm.
„Entschuldige,“ senkte er dann den Blick und seufzte kurz auf, „Ich weiß ich habe dir nicht zugehört, wollte es auch nicht hören. Aber irgendwie ist das alles so...so...ich kann einfach nicht glauben das da nichts weiter hinter stecken soll. Warum Lisa? Warum? Hast du noch Gefühle für Syd oder wolltest du mir wegen unseren Streites nur eins Auswischen indem du mit ihm ins Bett gehst?“
„David!“ sagten Laura und Mariella gleichzeitig erschrocken über die Vorwürfe, die er nun wieder erhob.
„Sag es mir Lisa!“
„Ich weiß es nicht....der Streit und...und Syd war einfach da...und...und ich...in diesem einen Moment waren die Gefühle wieder da ja.....aber....aber nur für den Moment...zwischen mir und Syd ist nichts mehr....“ liefen Lisa nun die Tränen über die Wangen, die Übelkeit wurde immer schlimmer und so sprang sie einfach auf und rannte auf die Toilette. Sie schloss die Türe hinter ihr nicht mehr ab, riss nur noch den Deckel der Toilette auf und musste sich auch schon übergeben.
Der herbeigerufene Arzt war nach weniger als 5 Minuten eingetroffen und untersuchte Sydney gründlich. Immer wieder fiel sein Blick dabei auf Sydneys Arm, den dieser eigentlich unter der Decke versteckt halten wollte.
„So,“ erhob der Arzt sich dann und wandte sich an ihn und Marie, „Es ist nur ein grippaler Infekt, ich gebe ihnen nun ein Fiebersenkendes Mittel und schreibe es ihnen dann auch noch auf. Dazu bleiben sie bitte im Bett solange sie noch Fieber haben und nun möchte ich mir einmal gerne ihren Arm ansehen.“
„Meinem Arm geht es gut,“ seufzte Syd.
„Das sieht aber ganz anders aus Herr London,“ erwiderte er nur und griff vorsichtig danach, was Syd zusammen zucken ließ. Er sah die Narbe der OP und warf Syd einen fragenden Blick zu. „Was ist da passiert?“
„Das war nur eine Schnittwunde mehr nicht.“
„Mehr nicht?“ tastete der Arzt die Gegend um die Narbe ab. „Greifen sie doch bitte mal nach dem Kuli hier.“ Bat er nun und legte seinen Kugelschreiben etwas von Syd entfernt auf das Deckbett. Syd starrte ihn nur wütend an.
„Da komme ich so nicht ran,“ bemerkte er dann eingeschnappt.
„Also noch mal Herr London was genau ist mit ihrem Arm passiert? Was wurde da gemacht?“
„Es war nur eine Schnittwunde, aber sie ging runter bis auf den Knochen und hat wohl auch eine Sehne erwischt.“ Gab er dann Kleinlaut zu.
„Wann ist das genau passiert?“
„Vor zwei Wochen.“
„Und da haben sie keine Schiene bekommen? Und Krankengymnastik?“
„Doch, die Schiene ist allerdings kaputt gegangen.“ Wich Sydney seinem Blick aus.
Der Arzt nickte nur, stellte keine weiteren Fragen und holte sein Diensthandy aus der Tasche. „Ja Meier hier, ich brauche einen Krankentransport in die Hofstraße 18. ja sofort, nein kein Notfall.“
„Krankentransport?“ fragte Marie nach.
„Ich vermute eine Entzündung im Arm, das müssen wir sofort abklären genauso wie den weiteren Therapieverlauf und eine neue Fixierung.“
Marie nickte nur und drehte sich dann zu Syd, „Ich packe ein paar deiner Sachen zusammen, falls sie dich dabehalten.“
„Brauchst du nicht,“ seufzte er dann, „Ich habe die Tasche noch nicht ausgepackt.“ Deutete er dann in eine Ecke seines Schlafzimmers.
Marie sah ihn nur Kopfschüttelnd an als es klingelte und der gerufene Krankentransport eintraf. Sie packte Sydneys Tasche in ihren Wagen, fragte noch in welches Krankenhaus sie ihn bringen würden und fuhr dann ebenfalls los.
David, Laura und Mariella sahen ihr hinterher und die beiden Frauen fassten sich als erstes wieder. Ohne ein Wort zu sagen stand Laura auf und ging Lisa hinterher, während Mariella bei David blieb und ihn erst nur stumm musterte.
„Hast du jetzt das was du wolltest David?“ fragte sie dann leise.
Er drehte sich zu ihr um und funkelte sie wütend an, „Ja, nein....ich weiß es nicht. Warum hat sie das getan? Warum spielt sie so mit ihm?“
„Ich glaube nicht das sie mit ihm spielt David. Ich glaube eher das da eins zum anderen kam. Nicht nur du hast eine schwere Zeit hinter dir, auch Lisa und irgendwann musste alles über ihr zusammenbrechen. Es gibt sicher keine Entschuldigung dafür das sie mit Syd geschlafen hat und ob du ihr das jemals verzeihen kannst musst du mit dir selber ausmachen, aber wenn du im Moment nicht vernünftig mit ihr reden kannst dann lass es ganz bleiben.“ Sagte sie ruhig und hielt immer noch seinen Arm fest.
David antwortete nicht, er starrte nur stur geradeaus. In seinem Kopf ließ er alles noch einmal Revue passieren. Mariella hatte Recht, wieder einmal und doch wusste er nicht was er nun machen sollte. Er liebte Lisa soviel stand fest, doch im Moment konnte er wirklich nicht mit ihr zusammen sein, nicht solange er nicht wusste was mit Sydney war, ob es ihm gut ging. Er gab Lisa einen großen Teil der Schuld an der Situation, er presste die Lippen aufeinander und nickte dann Stumm.
Vorsichtig öffnete Laura die Türe zur Gästetoilette und sah Lisa auch sofort über selbige gebeugt. Sofort war sie bei ihr, ging zu ihr in die Hocke und strich ihr die Haare nach hinten. Stumm wartete sie ab bis das würgen verklang, half ihr dann hoch, reichte ihr ein feuchtes Tuch und führte sie zum Waschbecken damit sie sich den Mund ausspülen konnte.
„Geht es wieder?“ fragte sie dann als Lisa sich wieder gerade aufrichtete.
„Ja geht schon wieder.“ Flüsterte Lisa und wusch sich noch die Tränen aus dem Gesicht.
„Du weißt das David das nicht so meint, er schießt halt gerne über das eigentliche Ziel hinaus. Ich nehme an deswegen hat er auch Mariella mitgebracht, nur wirklich genützt hat es nichts.“
Lisa nickte nur, immer noch zitternd stieß sie sich vom Waschbecken ab und versuchte sich an einem Lächeln, „Danke Laura.“
„Nichts zu danken meine Kleine und nun Frühstücken wir in Ruhe was, das wird auch deinem Magen gut tun. Oder ist es noch nicht besser?“
„Doch ist es, war wohl der Kaffee auf nüchternen Magen.“ Antwortete Lisa schnell und es war noch nicht einmal ganz gelogen, die Übelkeit war wirklich wie weggeblasen.
„Dann komm und wenn David sich noch nicht wieder beruhigt hat dann Essen wir eben in der Küche.“ Hakte Laura sie unter und führte sie zurück ins Wohnzimmer.
David hörte die Schritte seiner Mutter und Lisas, er sah auf und sah Lisa an.
„Es ist das Beste wenn wir uns erst einmal trennen.“ Sagte er dann, stand auf und ging ins Gästezimmer.
Während Mariella und Laura ihm nur mit einer Mischung aus Staunen und Entsetzten hinterher sahen löste sich Lisa langsam von Lauras arm. Zitternd und leicht schwankend ging sie zur Treppe. Hatte sie wirklich etwas anderes erwartet wenn er die Wahrheit erfuhr? Sie hatte ihn betrogen, noch dazu mit seinem Bruder, der nun deswegen Spurlos verschwunden war. Sie presste die Lippen zusammen, wollte nicht mehr weinen, doch anscheinend hatte sie keine Tränen mehr. Wie in Trance betrat sie die Wohnung, ging sofort ins Schlafzimmer und packte die wenigen Sachen, die sie schon ausgepackt hatte wieder in ihren Koffer, dann drehte sie sich rum und wollte die Wohnung wieder verlassen als ihr der Ring an ihrem Finger ins Auge fiel. Traurig streifte sie ihn ab und legte ihn auf Davids Seite des Bettes auf den kleinen Nachttisch. Kurz schloss sie die Augen, dann nahm sie entschlossen den Koffer und ging wieder hinunter. Von Laura und Mariella war nichts zu sehen, nur ihre Stimmen hörte sie aus dem Gästezimmer wie sie auf David einredeten.
´Das hat doch keinen Sinn` dachte sie sich, schlich sich in den Flur und verließ dann leise die Villa.
[B] Kapitel 21 [/B]
Müde hörte Sydney nun dem diensthabenden Arzt im Krankenhaus zu, er redete von einer nacht zur Beobachtung und zum Ausruhen und ordnete eine Schwester an ihm eine neue Schiene anzulegen. Marie war auf Syd´s Wunsch ebenfalls mit im Behandlungszimmer und hörte dem Arzt anscheinend interessiert zu. Erneut stach es in seiner Brust und er spürte wie ihm das atmen schwerer fiel, sagte aber nichts. Trotzdem schien der Arzt es zu bemerken.
„Herr London alles in Ordnung?“
„Ja,“ presste er hervor und täuschte einen Hustenanfall vor um weiteren fragen aus dem Weg zu gehen, dann schnappte er zweimal kurz nach Luft, „Geht schon wieder.“ Sagte er dann.
Der Arzt musterte ihn kritisch und wandte sich dann wieder Marie zu.
„Wir werden ihn jetzt auf die Station verlegen. Wenn das Fieber weiter zurück geht dann können sie ihn heute Abend wieder mit nach Hause nehmen.“
Marie nickte nur bedankte sich bei dem Arzt und wandte sich dann wieder Syd zu. Mütterlich strich sie ihm durch das verschwitzte Haar, „Dann ruh dich jetzt schön aus Syd, ich komme dann im späten Nachmittag wieder OK?“
„Ist gut,“ antwortete er schläfrig, es passte ihm zwar nicht das er erst einmal hier bleiben sollte, doch um sich wirklich dagegen zu wehren fehlte ihm im Moment die Kraft. Ein pochen breitete sich in seinem nun wieder fixierten Arm aus bevor er langsam wegdämmerte.
Mit gesenktem Kopf ging Lisa zur S-Bahn, sie brauchte nicht lange zu überlegen wo sie jetzt hin sollte. Ihre Eltern waren noch das nächste halbe Jahr auf Weltreise und so war das Haus in Göberitz eine gute alternative bis sie eine Lösung gefunden hatte. Sie musste nicht lange warten, der Zug nach Göberitz wurde gerade angekündigt als sie oben auf dem Bahnsteig angekommen war.
´Gut so,` dachte sie bei sich, ´bevor vielleicht doch noch einer auf die Idee kommt dich zu suchen. Aber wer sollte das schon tun? Laura bestimmt nicht, immerhin hat ihr Sohn sich ja von mir getrennt und Mariella? Nein sie ist bestimmt froh wieder freie Bahn bei ihm zu haben. Immerhin ist sie ohne Lars hier.` Traurig blickte sie aus dem Fenster, wie oft hatte sie früher hier gesessen und sich nach David und seiner Liebe gesehnt und als es dann endlich so weit war jagte eine Katastrophe die andere und nun? Nun war alles aus, vorbei wegen eines einzigen Fehltrittes von ihr. Wie viele Seitensprünge hatte Mariella damals ertragen und er? Er beendete sofort ihre Beziehung, löste die Verlobung. Vorsichtig strich sie über den weißen Abdruck, den der Ring durch die letzten sonnigen Tage auf den Malediven hinterlassen hatte. Die Malediven, da war alles noch in bester Ordnung gewesen, warum hatten sie nicht für immer auf dieser kleinen Insel bleiben können, ohne Alltag, ohne Probleme. Sie erinnerte sich an den Abend, an dem David ihr diesen wundervollen Antrag gemacht hatte.
[I] „Ich weiß das wir beide nicht gerade leichte Zeiten hinter uns haben und ich war da nicht ganz unschuldig dran. Doch inzwischen weiß ich was es heißt dich zu lieben, das in unserer Liebe alle Wiedersprüche versinken, das wir nur in unserer Zweisamkeit eine Einheit bilden. Denn weich ist stärker als hart, Wasser stärker als Fels, Liebe stärker als Gewalt. Wir haben alles schon erlebt, die härte des Geschäfts, den Fels der Last, der uns zu erschlagen drohte, die Gewalt mit der man uns trennen wollte. Wir haben alles überstanden unsere Liebe hat uns die Kraft gegeben und deshalb möchte ich dich fragen, willst du meine Frau werden Lisa Plenske?“[/I]
Hörte sie erneut seine Worte, ´Wir haben alles überstanden, alles nur meinen Seitensprung nicht` dachte sie traurig, als die S-Bahn in Göberitz hielt. Kraftlos schleppte sie den Koffer bis zu ihrem Elternhaus, dann schloss sie vorsichtig die Türe auf. Im Haus war es dunkel und kalt. ´Sicher hat Papa die Heizung ausgestellt bevor sie gefahren sind` schoss es ihr durch den Kopf. Kurz sah sie sich um, die Pflanzen hatten ihre Eltern zu den Deckers gebracht, so musste niemand täglich herkommen. Das ganze Haus wirkte seltsam leer und verlassen, so als würde hier gar niemand mehr wohnen. Sie trug den Koffer rauf in ihr Zimmer, ließ ihn dort mitten im Raum fallen und bezog erst einmal ihr Bett frisch, dann setzte sie sich mit ihrer Decke in den Schaukelstuhl, zog die Beine an und vergrub das Gesicht in den Händen.
„Das ist doch wohl jetzt nicht dein Ernst!“ ungläubig sah Laura ihren Sohn an, der begann sich im Gästezimmer einzurichten, „Wegen eines Fehlers beendest du eure Beziehung?“
„Sie hat mich betrogen.“ Kam die patzige antwort.
„Ach und du bist ein Unschuldsengel?“ fragte Mariella spitz, „Muss ich dich etwa an unsere Beziehung erinnern?“
„Das war etwas anderes.“
„Wieso? Weil du da mich betrogen hast? Gibt es einen Unterschied dazwischen ob ein Mann seine Frau oder ob eine Frau ihren Mann betrügt?“
„Nein, es war insofern anders, als das ich keine Gefühle dabei hatte.“
„Ach und das macht es besser? Wie egoistisch kann Mann eigentlich sein!“
„Ich bin nicht egoistisch! Es ist ein unterschied ob da Gefühle mit im Spiel sind oder nicht. Wer sagt mir denn das sie es nicht wieder tut wenn Syd wieder auftaucht? Wer sagt mir das sie nicht nur mit uns spielt?“
„Du hast sie noch nicht mal vernünftig angehört David.“ Warf nun Laura wieder ein, „Du weißt gar nicht was sie Gefühlt hat und was nicht.“
„Ich weiß selber nicht was mich da geritten hat,“ imitierte er Lisas Stimme, „Das sagt doch alles oder?“
„Das ist so typisch für dich David.“ Schnaubte Mariella nur, drehte sich um und verließ das Zimmer. Sofort sah sie das Lisa nicht mehr im Salon war, ein ungutes Gefühl beschlich sie und so machte sie sich auf den Weg nach oben in Davids Wohnung. Leise klopfte sie an die Türe zum Wohnzimmer erhielt jedoch keine Antwort, woraufhin sie vorsichtig die Türe öffnete. Das Zimmer lag verlassen vor ihr, was das Gefühl nur noch mehr bestätigte während sie weiter zu der offen stehenden Türe des Schlafzimmers schritt. Es war ruhig in der Wohnung, zu ruhig für Mariellas Geschmack und ein Blick ins Schlafzimmer bestätigte ihre aufkommende Vermutung. Lisas Koffer war weg und von ihr selber keine Spur. Trotzdem ging sie noch weiter bis ins Bad um sich zu vergewissern, doch auch ihre Badsachen waren nicht mehr da. Seufzend machte sie sich wieder auf den Weg nach unten um Laura bescheid zu geben.
Sie fand sie immer noch im Streitgespräch mit David im Gästezimmer.
„Lisa ist weg.“ Unterbrach sie die beiden, welche ihre Aufmerksamkeit nun voll und ganz auf sie richten.
„Was?“ fragte Laura entsetzt.
„Gut dann kann ich meine Sachen ja oben lassen.“ Sagte David nur.
„Wie kannst du nur so kalt sein?!“ fuhr seine Mutter ihn daraufhin wieder an, „Lisa ging es schon den ganzen Morgen nicht gut und du tust so als hätte sie dir nie etwas bedeutet!“
„Lisa war die Liebe meines Lebens!“ fuhr er sie nun aufgebracht an, „Aber sie hat mich hintergangen, nur mit mir und Syd gespielt, soll ich ihr da nun eine Träne nachweinen?“
„Du bist doch vollkommen verrückt geworden David. Reg dich erst mal ab, geh dich mit Max in der Tikki Bar zusaufen und wenn du dann wieder einen klaren Kopf hast können wir ja weiter reden!“ schüttelte nun auch Mariella den Kopf über sein Verhalten.
„Dann geht sie doch suchen. Weit kann sie schließlich noch nicht sein.“ Stürmte er an ihnen vorbei aus dem Zimmer.
„Wo willst du denn jetzt schon wieder hin?“ rief Laura ihm hinterher.
„Zu Richard!“ kam die patzige antwort, dann hörten sie nur noch die Haustüre ins Schloss fallen und seinen Wagen wegfahren.
Dieser war inzwischen auf die Normale Station verlegt worden und war auch schon das erste mal mit Hilfe einer Schwester aus dem Bett gekommen. Nun stand er entgegen der Anweisung nicht alleine aufzustehen mit zittrigen Knien am Fenster, die Hände auf der Fensterbank haltsuchend abgestützt und sah hinaus. Irgendetwas war passiert, die Gefühle, die er von David empfing waren alles andere als freundliche. Anscheinend war der Kleine stinksauer und das wiederum beunruhigte ihn. David wollte sich mit Lisa aussprechen, doch anscheinend war es nach hinten losgegangen und so wie er David kannte war er es wieder einmal gewesen, der sein Temperament nicht hatte unter Kontrolle halten können. Ein Seufzer entwich seinen Lippen, eigentlich hatte er Gedacht, das wenn er zurück kam das ganze Chaos endlich aufhören würde. Aber da hatte er sich wohl geirrt, es schien gerade erst anzufangen und er konnte nicht wirklich etwas dagegen tun. Wenigstens hatte er nun ein Telefon und so hatte er schon erste Nachforschungen angestellt wo Sydney sein könnte. Als erstes hatte er in der Deutschen Filiale von L.Ex angerufen, doch die Chefin war nicht im Hause gewesen. Man hatte ihm aber gesagt das sie ihr sofort bescheid geben würden sobald sie zurück war und sie sich bei ihm melden würde. Danach hatte er seine Suche aufs Europäische Ausland ausgedehnt doch weder in London, Paris, Mailand oder Madrid war er aufgetaucht oder hatte seinen Besuch angemeldet. Doch auch die dortigen Leiter hatten ihm versichert sich sofort zu melden wenn sie etwas hören würden. Somit war er noch nicht wirklich weiter gekommen, aber wenigstens hatte er schon mal angefangen. Wer wusste schon wann Lorenz ihn endlich entlassen würde und dann könnte es schon zu spät sein. Irgendwie bekam er immer ein beklemmendes Gefühl wenn er an Syd dachte, so als ob es ihm richtig schlecht gehen würde und das bereitete ihm Sorgen. Dazu kam der immer noch greifbare Traum aus der Nacht, den nicht nur er, sondern auch David gehabt hatte. Richard war davon überzeugt das es nicht nur ein einfacher Traum gewesen war, sein Blick schweifte über den Parkplatz und wenn ihn nicht alles täuschte fuhr dort gerade Davids Auto vor. Was machte der Kleine denn nun schon wieder hier? Gerade versuchte er das Kennzeichen zu entziffern, da ging auch schon die Türe auf.
„Richard? Was machst du denn da am Fenster?“ hallte dann sofort Davids Stimme durch den Raum.
„Und was machst du schon wieder hier?“ fragte er und drehte sich langsam um, „Ich dachte du wolltest mit Lisa reden.“
„Das habe ich auch.“ Erwiderte David.
„Aha und?“ fragte Richard und ging langsam zurück zum Bett.
David der sah, das sein Bruder ziemlich wacklig auf den Beinen war eilte zu ihm und griff ihm stützend unter die Arme, erst als Richard wieder im Bett lag ließ er sich nun auch auf den Besucherstuhl nieder und gab ihm die gewünschte Antwort.
„Ich habe mich von ihr getrennt.“
„Du hast WAS?!“ fragte Richard ungläubig und verdrehte die Augen. Wie hatte er nur glauben können, das David in so einer Situation vernünftig mit Lisa reden konnte.
„Ich habe die Verlobung gelöst und mich von ihr getrennt. Sie ist auch schon ausgezogen.“
„Ausgezogen? Wohin?“
„Keine Ahnung und es ist mir auch egal.“ Gab David beleidigt zur Antwort, was interessierte es die anderen auf einmal alle wie es Lisa ging?
Richard hingegen schüttelte nur den Kopf, jetzt musste er nicht nur Sydney suchen. Nein jetzt musste er sich auch noch um seine Ex-Schwägerin-in-spe kümmern. So wie er Lisa kannte hatte sie noch niemandem von ihrer Schwangerschaft erzählt und auch David schien immer noch Ahnungslos zu sein, sonst hätte er ihm das bestimmt als Mitgrund aufgeführt. Und nun? War sie genauso Spurlos verschwunden wie Syd? Seine Gedanken rasten und er war froh das er nicht mehr an irgendwelche Überwachungsmonitore angeschlossen war. Lisa hatte ihm damals gesagt das sie nicht wüsste was sie da geritten hatte als sie praktisch über Syd hergefallen war und schon vor einiger Zeit war ihm der Gedanken gekommen das es vielleicht mit den Hormonen zusammenhing. Was war also nun wenn das Kind von David war, Lisa zu diesem Zeitpunkt schon schwanger und ihre Hormone einfach nur verrückt gespielt hatten? Konnte man ihr dann wirklich noch einen Vorwurf machen? So wie David sich in der Zeit seit sie wieder zurück waren verhalten hatte? Ein weiterer Seufzer entfuhr ihm und David blickte zu ihm rüber.
„Was?“ fragte er ihn.
„Nichts.“ Antwortet Richard, „Ich habe nur nachgedacht, bist du dir sicher, dass das mit der Trennung eine so gute Idee ist?“
„Ja bin ich. Sie hat mich betrogen, sie hat doch nur mit Syd und mir gespielt.“
„Hat sie das gesagt?“
„Nein, aber das ist doch wohl offensichtlich.“
„Hmm,“ brummte Richard nur und mit seinen Gedanken glitt er zurück zu dem Gespräch was er mit David in der Nacht geführt hatte. ´Blut ist dicker als Liebe` hatte er ihm gesagt und wollte damit eigentlich nur erreichen das David Syd nicht mehr Verurteilte für etwas das er nicht getan hatte und mit Lisa endlich das klärende Gespräch suchte. Aber das war wohl deutlich nach hinten losgegangen. Er fühlte sich Schuldig das Lisa nun anscheinend ganz alleine auf weiter Flur stand, ohne irgendeinen Rückhalt. Wusste er doch nicht das Laura und Mariella dabei gewesen waren und Davids Gründe nicht nachvollziehen konnten, wusste er doch nicht das die beiden sich in der Zwischenzeit schon auf die Suche nach Lisa gemacht hatten um sie zurück in die Villa zu holen.
[B] Kapitel 22 [/B]
Zitternd hob Lisa nach einer gefühlten Ewigkeit den Kopf wieder an, die Kälte war ihr inzwischen bis in die Knochen gekrochen und wenn sie länger hier bleiben wollte dann musste sie wohl runter in den Keller und die Heizung anmachen. Sie wusste zwar nicht so genau wie das nun funktionierte, doch sie hatte ihrem Vater ein paar Mal dabei über die Schulter gesehen. Irgendwie würde sie das schon schaffen und wenn nicht dann musste sie sich halt mit Decken und Kerzen weiterhelfen.
Zähneklappernd verstaute sie ihren unausgepackten Koffer in ihrem Schrank, schmiss das Deckbett auf die Matratze und ging die Treppe hinunter bis sie schließlich im Heizungskeller ankam, wo sie sich mit steifen Fingern na der Heizungsanlage zu schaffen machte. Jedoch wollte es ihr nicht wirklich gelingen, immer wieder hörte sie das metallische klacken des Zünders, doch immer wenn die Flamme gerade an war ging sie auch schon wieder aus. Seufzend wollte sie den xten Versuch starten als sie ein Klacken und dann Schritte sowie Stimmen von oben vernahm. Schnell zog sie die Hand wieder zurück, unwillkürlich versteifte sie sich, hoffte das sie nicht hinunter in den Keller kamen. Starr vor Schreck stand sie immer noch auf der gleichen Stelle, wagte es nicht sich zu bewegen, geschweige denn zu atmen.
„Hörst du mir überhaupt zu Richard?“ fragte David, als er bemerkte das sein Bruder wieder abwesend war.
„Ja ich höre dir zu, du glaubst das Lisa nur mit dir und Syd gespielt hat, obwohl sie nie etwas in die Richtung gesagt hat.“ Gab Richard ihm die gewünschte Auskunft und starrte weiterhin auf einen Imaginären Punkt auf seiner Bettdecke.
„Mit dir alles OK?“ versuchte David ihm in die Augen zu sehen, Richard verhielt sich merkwürdig.
„Alles bestens,“ gab er zurück und hob den Kopf wieder an, „Was sollte denn sein?“ versuchte er so einen Themenwechsel um seine Gedanken zu ordnen und einen Plan zu schmieden wie er weiter vorgehen sollte.
„Was sollte denn sein?! Mensch Richi du bist gerade dem Tod entkommen und du fragst mich was sein sollte?“
„Das gleiche könnte ich auch zu dir sagen David. Wo warst du denn bis kurz vorm Abflug? Ebenfalls hier und Stur wie ein Esel!“
„Das war doch etwas anderes...“
„Ach und bitte was genau war daran anders? Ich hatte eine Schnittwunde und vorher halt schon eine Lungenentzündung, üble Kombination, aber was du dir gelappt hast schießt immer noch den Vogel ab mein Lieber.“
„Das war aber nicht freiwillig.“ Grummelte dieser dann und verschränkte wie ein trotziges Kind die Arme vor der Brust.
„Ach und Syd und ich haben uns freiwillig von diesem Irren abstechen lassen?“
Immer noch eingeschnappt sah David zu Richard auf und musste dann plötzlich grinsen als er in Richards bemüht ernstes Gesicht sah.
„Verdammt David wann wirst du endlich erwachsen?“ schüttelte Richard dann lächelnd den Kopf und drehte den Kopf in Richtung Fenster um ihm so zu signalisieren das es trotz Lächelns durchaus Ernst gemeint war.
David zögerte kurz, versuchte die veränderte Situation zu realisieren, dann griff er nach Richards Hand, „Auch wenn es nicht immer den Anschein hat, ich glaube ich bin auf dem besten Weg richtig erwachsen zu werden.“
Richard schüttelte nur den Kopf, dann wandte er sich wieder seinem Bruder zu.
„Ich weiß das du erwachsen bist David und ich weiß das du auch so reagieren kannst, aber irgendwie habe ich das Gefühl, das du immer noch gerne Kind sein willst, alle Verantwortung von dir schiebst,“ er machte eine Handbewegung als er sah das David ihn unterbrechen wollte, „Lass mich ausreden Kleiner, das soll kein Vorwurf sein. Ich möchte nur das du nachdenkst. Ich weiß das ich mit meiner Aussage das Blut stärker als Liebe ist dazu beigetragen habe das du dich nun von Lisa getrennt hast, aber das war nicht meine Absicht. Ich wollte nur das du darüber nachdenkst das Syd nicht so schuldig ist wie du ihn gesehen hast. Ich wollte dich damit bestimmt nicht ermutigen dich von Lisa zu trennen und deswegen möchte ich von dir jetzt den wahren Grund dafür erfahren.“
„Ich brauche einfach nach allem was war jetzt etwas Zeit für mich,“ senkte David den Blick, „Ich kann irgendwie nicht mehr mit ihr vernünftig reden. Ich habe extra Mariella dazugeholt, damit sie mich zurück halten kann und doch hat es nicht funktioniert. Ich weiß ja auch nicht, irgendwie bringt mich alleine ihr Anblick dazu das sich mein Gehirn ausschaltet, das nur noch meine Gefühle Kontrolle über mich haben und die sind im Moment so widersprüchlich das ich dann nur das höre was ich hören will.“
„Aber zeigt dir das nicht eigentlich das du sie immer noch liebst?“
„Ich habe nie gesagt das ich sie nicht mehr Liebe, ich....ich kann im Moment einfach nur nicht mit ihr zusammen sein. Sie hat mich betrogen und es waren Gefühle im Spiel, das hat sie ja selber gesagt und irgendwie...also ich...ich kann damit nicht umgehen Richi, ich kann das einfach nicht...“
Langsam und bedächtig nickte Richard kaum wahrnehmbar, das war wieder so typisch für David. Mariella hatte er damals täglich betrogen und nun wo er am eigenen Leib erfuhr wie das war, da zog er sich zurück, blockte ab. Er konnte im Moment nicht von ihm erwarten das er das alles wieder auf die Reihe bekam. Dazu war David emotional noch immer zu aufgewühlt und vielleicht war so eine räumliche Trennung für ein paar Tage wirklich das was er nun brauchte um wieder klar denken zu können. Um herauszufinden was ihm Lisa und Syd wirklich bedeuteten und wie es weiter gehen sollte. Das hieß aber auch, das er selber hier nicht weiter Tatenlos rumliegen konnte. Er sah schon Dr. Lorenz kopfschüttelndes Gesicht vor sich, doch sein Entschluss stand fest. Er setzte sich wieder auf, wies mit der Hand auf die Bettkante und wartete bis David zu ihm kam, dann nahm er ihn in den Arm. Worte waren in diesem Moment nicht mehr nötig, vorsichtig strich er ihm durchs Haar und als er sich sicher war, das David es nicht falsch verstehen konnte löste er sich wieder von ihm.
„Zusammen schaffen wir das David, vertrau mir.“ Flüsterte er und lächelte ihm dann zu.
„Danke Richard, danke für alles,“ zog David ihn wieder zu sich, „Wie schaffst du es nur mich immer wieder auf den Boden zurück zu holen?“
„Dafür werde ich als großer Bruder bezahlt mein Lieber.“ Grinste er ihn an und knuffte ihn leicht in die Seite.
„Ich glaube nicht das sie hier ist,“ hörte Lisa die Stimme von Mariella aus dem Wohnzimmer.
„Aber wo ist sie dann hin wenn nicht nach hier?“ drang danach Lauras Stimme dumpf nach unten, „Vielleicht ist sie ja nur etwas einkaufen, immerhin sind Helga und Bernd schon eine Weile weg und werden es auch noch eine Zeit lang sein. Da ist doch nichts im Haus.“
„Da könntest du Recht haben, ich sehe mal oben nach ob ihre Sachen hier sind.“ Entfernte sich Mariellas Stimme wieder und sie hörte Schritte auf der Treppe über sich.
´Zum Glück habe ich den Koffer in den Schrank getan` schoss es Lisa durch den Kopf, ´Was wollen sie überhaupt hier? David hat Schluss gemacht, er will mich nicht mehr. Mich nicht und auch unser Kind nicht, wenn es denn überhaupt unser Kind ist.` dachte sie traurig und hielt sich reflexartig den Bauch. Sie wusste nicht was sie tun sollte wenn das Kind wirklich von Sydney war. Die Schritte kamen wieder hinunter, blieben im Wohnzimmer stehen.
„Nichts,“ sagte Mariella resignierend.
„Und nun? Irgendwo muss sie doch sein.“
„Vielleicht sollten wir mal bei Jürgen nachfragen, immerhin ist er ihr bester Freund.“ Schlug Mariella vor.
„Ich hoffe nur er weiß etwas, ihr ging es doch heute Morgen nicht gut. Ich mache mir Sorgen, was wenn sie sich auf den Malediven irgendeine Krankheit eingefangen hat?“
„Wir werden sie finden......“ hörte sie Mariella noch sagen dann fiel die Haustüre ins Schloss und es wurde abgeschlossen. Zitternd schlich sie sich wieder hinauf in den Wohnbereich, Jürgen würde den beiden auch nicht weiterhelfen können und irgendwann würde hier wieder wer nach dem Rechten sehen kommen. Sie konnte nicht bleiben, so schnell sie konnte lief sie in ihr Zimmer hoch, zerrte den Koffer aus dem Schrank und warf sich ihre Jacke über.
´Nur weg von hier` war ihr einziger Gedanke.
David schmunzelte über Richards Aussage und doch wusste er das er das auf seine spezielle Art und Weise schon ernst gemeint hatte.
„Und was soll ich nun deiner Meinung nach tun?“
„Fahr nach Hause, schließ dich die nächsten 3 Tage zum nachdenken in dein Zimmer ein und dann siehst du weiter und glaube mir die Welt wird danach ganz anders aussehen wie jetzt.“
„Sprichst du da aus eigener Erfahrung?“
„Und wenn schon, vertrau mir einfach. Und nun mach das du nach Hause kommst, wer weiß vielleicht sieht es da ja schon ein bisschen anders aus.“
„Danke Richard,“ umarmte er ihn noch einmal, zog sich dann wieder seine Jacke über und fischte die Autoschlüssel aus der Innentasche, „Ich werde mal schauen ob ich es 3 Tage mit mir alleine aushalte.“
„Tu das Kleiner.“ Zwinkerte Richard ihm zu, wartete ab bis die Türe hinter ihm wieder zuging und stand dann erneut auf. Ein Blick auf seine Uhr bestätigte ihm das bald Visite sein müsste und er dachte nicht daran danach noch wesentlich länger hier zu bleiben.
[B] Kapitel 23 [/B]
Noch in der gleichen Nacht zog Lisa die Türe zu ihrem Elternhaus hinter sich zu und machte sich auf den Weg. Sie wusste selber nicht wo sie genau hinwollte, Jürgen fiel aus. Er war glücklich mit Sabrina und Mariella und Laura würden ihn bestimmt noch aufsuchen, wenn sie es noch nicht getan hatten. Yvonne war ebenfalls keine gute Idee, immerhin war sie mit Max verheiratet und dieser war immer noch Davids bester Freund, wahrscheinlich würden sie dort als nächstes suchen.
Den Regen ignorierend zog sie den Koffer hinter sich her, während sie eine Möglichkeit nach der anderen abging. Für einen Moment schoss ihr Düsseldorf durch den Kopf, dort hatte sie schon einmal einen Neuanfang geschafft.
`Neuanfang?´ fragte ihre innere Stimme spitz nach, `Das war ja wohl die reinste Katastrophe, hast dich sofort an Sydney rangeschmissen und dann David dermaßen verletzt das er sich fast von seiner Dachterrasse gestürzt hätte, von den Drogen will ich jetzt gar nicht reden!´
Entsetzt schüttelte sie nur den Kopf, versuchte die Stimme zu vertreiben und beschleunigte ihre Schritte. Düsseldorf fiel ebenfalls aus, was sollte sie denn da? Zurück zu L.Ex? Marie würde ihr mit gutem Recht die Leviten lesen und sie dann wohl vor die Türe setzten. Immer tiefer vergrub sie sich in ihren Mantel, der vom Regen schon vollkommen durchnässt war, blieb nur noch eine Möglichkeit, sie musste sich bis sie wusste wo sie hin wollte ein Hotel nehmen oder im Göberitzer Dorfpark übernachten. Schließlich siegte das Hotel und sie machte sich auf den Weg zur S-Bahn, trotzdem wollte sie nicht hier bleiben, suchte die Anonymität der Großstadt.
Drei Wochen später stand Richard mit einem mulmigen Gefühl vor der Villa Seidel, seine Suche nach Lisa und Syd war immer noch nicht von Erfolg gekrönt gewesen und David hatte sich seinen Rat zu Herzen genommen und verließ seine Wohnung so gut wie gar nicht mehr. Fast schon vorsichtig drückte er nun den Klingelknopf und wunderte sich nicht als Gabriele ihm öffnete. Sie nickte ihm nur zu und ließ ihn dann eintreten.
„Frau Seidel ist im Salon,“ sagte sie ihm und verschwand dann wieder in Richtung Küche.
Kurz sah Richard ihr nach bevor er den Salon betrat und auf seine Stiefmutter zu ging.
„Hallo Laura,“ sagte er leise um sie nicht zu erschrecken.
Diese sah von ihrem Buch hoch, lächelte ihn leicht an und stand dann auf.
„Richard, schön dich zu sehen. Wo warst du denn die ganze Woche? Mariella hat dich auch kaum zu Gesicht bekommen.“
„Ich habe nach unseren Beiden Problemkindern gesucht,“ begann er dann und musterte Laura besorgt. Sie sah schlecht aus, schien nicht mehr wirklich gut zu schlafen, dunkle Ringe zeichneten sich trotz Make Up unter ihren Augen ab.
„Und?“ schwang Hoffnung in ihrer Stimme mit, „Hast du etwas herausgefunden?“
„Nein, sie sind wie vom Erdboden verschluckt und bei Lisa habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung mehr wo ich noch suchen soll. Ich habe alles durch, Jürgen und Yvonne, ihre wenigen alten Schulfreunde, den Matheclub, aber niemand hat sie in der letzten Zeit gesehen oder etwas von ihr gehört. Sie hat sich nirgendwo gemeldet und auch die Nachbarn in Göberitz haben sie nicht gesehen.“
„Das kann doch nicht sein,“ schüttelte Laura verzweifelt den Kopf, „ Sie muss doch irgendwo sein, sie kann doch nicht spurlos verschwinden.“ Schlug sie die Hände vor´s Gesicht und unterdrückte ein Schluchzen, „Wenn Helga und Bernd das erfahren.“
„Schsch,“ trat Richard an sie heran und nahm sie in den Arm, „Wir werden sie finden, wir werden sie beide finden. Bei Sydney bin ich einen Schritt weiter, er hat zwar mehr Möglichkeiten irgendwo unter zu kommen wie Lisa, aber dafür sind die L.Ex. Leute sehr kooperativ, der einzige Standort von dem ich noch keine Rückmeldung habe ist Düsseldorf.“ Zog er eine Braue nach oben.
„Du...du meinst er ist in Düsseldorf?“ hob sie ihren Kopf an um ihm ins Gesicht zu sehen.
„Ich weiß es nicht, aber komisch ist es schon. Ich habe dort vor fast 4 Wochen angerufen und Frau Jansen war nicht da. Ich bat um schnellstmöglichen Rückruf, doch bis jetzt kam nichts und so habe ich heute Morgen erneut angerufen und da hat man mir mitgeteilt, das sie aus privaten Gründen im Moment nicht in der Firma wäre.“
„Private Gründe kann alles heißen,“ resignierte Laura sofort wieder.
„Kann, muss aber nicht. Ich bin da schon dran und ich denke Ende der Woche weiß ich mehr.“
„Danke Richard,“ flüsterte Laura nur und ließ sich aus seinen Armen wieder auf das Sofa gleiten, „Du versuchst hier alles wieder zusammen zu fügen, dabei brauchst du doch selber noch Ruhe.“
„Lass mal Laura, Ruhe ist nicht wirklich was für mich. Ist David oben?“ Er erhielt nur ein nicken, was ihn dazu veranlasste sich kurz zu ihr hinunter zu beugen, ihre Beine auf die Couch zu legen, die Decke über sie auszubreiten und ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben, „Ruh du dich jetzt aus, du siehst nicht wirklich gut aus und zwei Problemkinder reichen mir für´s Erste.“ Huschte ein Lächeln über sein Gesicht, er sah das sie protestieren wollte, schüttelte nur den Kopf und legte den Zeigefinger auf ihre Lippen, „Keine Wiederrede Mutter.“ Flüsterte er noch und machte sich dann auf den Weg nach oben.
Leise öffnete er die Türe zum Wohnzimmer und fand es verlassen vor, kurz seufzte er auf und ging dann entschlossen weiter in Richtung Schlafzimmer, zwar hatte er sich immer nach David erkundigt, doch bis jetzt hatte er keine Zeit gefunden persönlich nach ihm zu sehen. Vorsichtig klopfte er an die Türe bevor er sie öffnete. Leise knarrend gab sie seinem Druck nach und er konnte einen Blick auf das Bett erhaschen.
David lag den Kopf im Kissen vergraben darauf und sein Körper wurde immer wieder von Schluchzern geschüttelt.
Er trat näher an ihn heran, setzte sich auf die Kante des Bettes und strich seinem Bruder über den Rücken.
„Hey,“ sagte er leise.
Sofort erstarb das Schluchzen, es schien als würde David sich unter seinen Händen versteifen bevor er sich zu ihm umdrehte und ihn aus verweinten Augen traurig ansah.
„Richard,“ flüsterte er nur und warf sich praktisch in seine Arme, „Ich bin so ein Idiot, so ein Gottverdammter Idiot!“
Sydney stand auf der Terrasse und sah hinauf in die Sterne, seine Gedanken drifteten ab zu der Nacht, die er mit Lisa hier verbracht hatte. Er wollte sich verbieten weiterhin daran zu denken, weiterhin an sie zu denken. Sie war mit David verlobt, sie würden bald heiraten und für ihn war in ihrem Leben kein Platz mehr. Doch trotzdem konnte er nicht ganz loslassen, spürte er das in Berlin wohl nichts in Ordnung war. Immer wieder sah er im Traum Lisas verweintes Gesicht vor sich, zitternd vor Kälte und nass bis auf die Knochen. Hatte das irgendetwas zu bedeuten? War die Bindung zu Lisa nun genauso stark wie die zu seinen Brüdern, die er immer wieder verzweifelt versuchte zu unterdrücken? Konnte das sein? Und wenn ja was hatte dieser Traum dann zu bedeuten? Zitternd lehnte er sich an die Begrenzungsmauer, den Blick immer noch nach oben gewandt. Ging es ihr gut? War sie glücklich?
Bei diesem Gedanken atmete er scharf ein, seit einigen Wochen kam dieses beengende Gefühl in seinem Brustkorb immer wieder, vereinzelt mit einem stechenden Schmerz, manchmal nur mit akuter Luftnot. Zitternd ließ er sich auf die Liege nieder, ließ seine Gedanken die letzten 3 Wochen Revue passieren. Marie arbeitete seit er sie in jener Nacht um Hilfe gebeten hatte von zu Hause aus. Ließ ihn keine Minute alleine, wollte wissen was ihn wieder nach Düsseldorf verschlagen hatte, doch so wirklich hatte er es noch nicht geschafft ihr das zu erklären. Immer wieder hatte er abbrechen müssen und krampfhaft versucht seine Schmerzen zu verstecken. Jedoch schien sie etwas zu ahnen, beobachtete ihn immer wieder und wich nicht wirklich von seiner Seite. Sie machte sich Sorgen um ihn, das wusste er und ebenso wusste er das Richard sich in der Filiale nach ihm erkundigt hatte.
Richard, er war also wieder wach und es schien ihm gut zu gehen wenn er schon wieder durch die Gegend telefonierte. Marie jedoch hatte sich bis heute nicht auf seine Anfrage gemeldet und Syd wusste das es daran lag das er immer noch nicht über seine Flucht aus Berlin gesprochen hatte. Marie kannte auch noch den alten Richard von Brahmberg, war bei ihm lieber einmal zu vorsichtig als zu leichtsinnig und da er selber nicht sprach hielt sie es erst einmal für das beste nichts zu sagen. Wie lange sie jedoch noch stillschweigen bewahren würde, das konnte Syd nicht einschätzen. Er war sich jedoch sicher das sie sich nicht von Richard unter Druck setzten ließ und so schwieg er weiter, nichtsahnend das er sich später wünschen würde das man Richard sofort gesagt hätte wo er sich aufhielt.
[B] Kapitel 24 [/B]
„Und zu dieser Einsicht bist du in den Drei Wochen gekommen?“ fragte Richard leise und drückte David ein Stück von sich um ihm ins Gesicht sehen zu können.
„Nein,“ wisperte er und zog ein kleines Heft unter dem Kopfkissen hervor, „erst seit heute Morgen als ich das hier am Boden des Schrankes gefunden habe.“
Einen Moment lang musste Richard um Fassung ringen, er starrte auf den Mutterpass, den David zitternd in der Hand hielt.
„Bitte sag mir das du sie gefunden hast, du hast sie doch gesucht oder?“
Richard senkte seinen Blick auf den Boden bevor er David antwortete, „Ich habe sie gesucht ja, aber ohne Erfolg.“ Flüsterte er dann und zog David wieder an sich heran, der nun wieder zu schluchzen Anfing.
„Was habe ich nur getan? Sie ist schwanger und ich schicke sie weg, trenne mich von ihr, löse unsere Verlobung.“ Rollten ihm die Tränen über die Wange und sehnsüchtig sah er zu dem Ring hinüber, der immer noch auf dem Nachttisch lag.
„Du wusstest doch gar nicht das sie schwanger war,“ begann Richard und hielt es für das beste nicht zu erwähnen das ihm diese Tatsache zu diesem Zeitpunkt schon bekannt war.
„Ich werde Vater und was mache ich? Werfe ihr auch noch irgendwelche absurden Sachen vor, wobei ihre Hormone wahrscheinlich eh schon ihren Gefühlshaushalt durcheinander wirbeln.“ Schüttelte David den Kopf und löste sich von Richard um aufzustehen und im Zimmer auf und ab zu gehen, „Hast du wirklich schon alles durch? Hast du auch nichts vergessen?“
„David,“ stand nun auch Richard auf und hielt ihn am Arm fest, „Es ist schön zu sehen, das du Einsiehst das deine Reaktion auch nicht richtig war, aber was wäre wenn es nicht dein Kind ist? Wenn sie nicht von dir schwanger wäre?“ musste er die Vermutung einfach aussprechen.
Ohne Vorwarnung blieb David stehen, drehte sich zu seinem Bruder um und starrte ihn für einen Moment an, dann schüttelte er den Kopf und ließ sich auf den Stuhl unter dem Fenster gleiten.
„Es ist mein Kind, das spüre ich. Das erklärt warum sie selber nicht weiß warum sie mit Syd geschlafen hat.“
„Und wenn du dich irrst? Könntest du auch damit Leben, das es nicht dein Kind ist was in ihr heranwächst?“
„Nein Richard, du irrst. Seit ich den Mutterpass gefunden habe, da...da ich kann das nicht beschreiben. Es ist einfach so.“
Richard runzelte nur die Stirn, ging aber nicht weiter darauf ein. Wichtiger war nun wie sie weiter vorgingen um Lisa zu finden. Was Syd anging so war Richard sich ziemlich sicher, das er ihn bald ausfindig machen würde. Kurz glitten seine Gedanken zu seinen Nachforschungen ab, irgendetwas war faul daran das Frau Jansen sich noch nicht gemeldet hatte. Dessen war er sich so sicher wie das Amen in der Kirche und wenn er David nun dazu bringen könnte das er sich mit der nötigen Ruhe und ohne Vorwürfe um Lisa kümmern würde dann könnte er vielleicht rüberfliegen und sich selbst ein Bild von den privaten Gründen machen. Ab und an hatte er das Gefühl das er Sydney wieder spüren könnte, doch diese Momente vergingen genauso schnell wie sie gekommen waren, aber er war sich sicher das sie nicht innerhalb Berlins oder Umgebung zu finden waren.
„OK,“ sagte er dann zögernd und beobachtete David immer noch genau, „was willst du dann jetzt machen?“
Statt zu antworten stand David auf, nahm den Ring vom Nachtschrank und den Mutterpass, griff nach seiner Lederjacke und zog sie sich über, bevor er sich Richtung Türe in Bewegung setzte. „Ich werde sie suchen und sie um Verzeihung bitten, ich werde vor ihr auf die Knie gehen und ihr sagen das ich ein Gottverdammter Idiot bin, der die Angewohnheit hat immer zuerst den Kopf in den Sand zu stecken als sich wirklich mit den Problemen auseinander zu setzten. Ich werde ihr sagen das ich nicht mehr ohne sie und den Zwerg leben kann und will, ich werde sie anflehen mir zu verzeihen und ich werde mit ihr Reden über das was passiert ist. Nur sie und ich und niemand sonst.“
Langsam nickte Richard, „Und wo willst du sie finden?“
„Ich weiß es nicht, aber ich werde sie finden und wenn ich eine Vermissten Anzeige aufgeben muss. Vielleicht....vielleicht ist ihr ja was passiert und du hast sie deswegen nicht gefunden.“ Sprach er dann seinen schlimmsten Verdacht aus, drehte sich endgültig um und verließ die Wohnung.
Zitternd packte Lisa ihre Sachen wieder in den Koffer, sie konnte sich das Hotel einfach nicht mehr leisten. Zwar hatte sie keine Ahnung wo sie nun hin sollte, doch irgendwas würde sie schon finden und wenn es gar nicht anders ging dann musste sie halt nach Göberitz zurück.
`Als ob es nicht eh darauf hinauslaufen wird´ meckerte ihre innere Stimme los `Da kannst du auch gleich zurück fahren bevor du weiter Hirnlos durch die Stadt torkelst.´
Kurz kniff sie die Augen zusammen, wollte so die Stimme ausblenden, mit dem Effekt das sich danach das Zimmer zu drehen begann. Stöhnend ließ sie sich auf das Bett fallen und atmete so gut es ging tief ein und aus um die ungewollte Karussellfahrt zu stoppen. Seit einer Woche hatte sie nun dieses kratzen im Hals und auch ihre Nase verstopfte immer wieder, das sie eigentlich heute einen Termin bei ihrer Frauenärztin gehabt hätte hatte sie ganz vergessen. Zudem war sie den ganzen Tag einfach nur müde und fühlte sich selbst nach mehreren Stunden schlaf nicht besser als vorher. Sie setzte sich wieder auf und packte fahrig die letzten Sachen in den Koffer bevor ihn verschloss und hinunter zur Rezeption ging um auszuchecken.
So sehr sie sich auch dagegen wehrte, ihre innere Stimme hatte recht. Ihr Geld war aufgebraucht und mit Davids Kreditkarte wollte sie einfach nirgendwo bezahlen. Blieb nur noch Göberitz übrig, auch wenn sie die Heizung wahrscheinlich nicht anbekommen würde, immerhin hatte sie dort ein Dach über dem Kopf. Wie von selbst trugen ihre Schritte sie zur S-Bahn, sie musste allerdings immer wieder kleinere Pausen einlegen. So ganz wollten ihre Beine sie doch nicht tragen und der Schwindel kehrte jedes Mal wieder zurück.
Am Ende wusste sie gar nicht mehr wie sie es überhaupt zurück nach Göberitz geschafft hatte, doch sie stand wieder vor dem Haus und öffnete leise die Türe. Fast kam sie sich wie eine Verbrecherin vor, die sich verbotener Weise in ein Haus schlich. Diesmal fehlte ihr die Kraft den Koffer bis in ihr Zimmer zu tragen, sie ließ ihn mitten im Flur stehen und schwankte in Richtung Couch. Gerade noch rechtzeitig erreichte sie, sie bevor ihr schwarz vor Augen wurde und im nächsten Moment das weiche Polster in ihrem Rücken fühlte um sich der Dunkelheit voll und ganz hinzugeben.
Nicht wirklich erstaunt sah Richard seinem Bruder hinterher, zuckte mit den Schultern und folgte ihm dann hinunter. Ein Blick auf die Couch bestätigte ihm das Laura eingeschlafen war, die Türe fiel ins Schloss, David war weg.
Gut, dachte er sich und schlich sich ebenfalls in den Flur, zog seinen Mantel über und schlüpfte nach draußen. Wenn er sich nun um Lisa kümmert, dann kann ich mich voll und ganz auf Sydney konzentrieren, umspielte ein erleichtertes lächeln sein Gesicht. Er stieg in seinen Wagen und fuhr zurück zu seiner Wohnung. Mariella würde frühestens gegen 20 Uhr von Kerima zurück kommen, Zeit genug für ihn um die letzten Vorbereitungen zu treffen. Wenn er Glück hatte bekam er noch einen späten Flug und dann würde er morgen früh bereits Marie Jansen auf den Zahn fühlen.
[B] Kapitel 25 [/B]
David wusste nicht wo er mit seiner Suche anfangen sollte, instinktiv ließ er sich von seinem Bauchgefühl leiten, fuhr einfach drauf los und stand wenig später vor Jürgens Kiosk. Den Wagen ließ er in zweiter Reihe stehen, schaltete die Warnblinkanlage ein und stürmte in den Kiosk.
Jürgen stand hinter dem Tresen und sah erstaunt von seiner Zeitung auf als er die Türglocke hörte, fing sich aber dann schnell wieder und zog die Augenbrauen zusammen.
„Welch Glanz in meiner Bescheidenden Hütte,“ begrüßte er David dann, „ Bin ich zum Insidertreff geworden oder warum geben sich die Seidels hier seit neuestem die Klinke in die Hand?“
Irritiert hielt dieser in seiner Bewegung inne und starrte ihn dann fragend an.
„Na dein Bruder Richard, stürmt hier täglich rein und erkundigt sich nach Lisa und nun kommst du auch noch und siehst aus als hättest du die letzten Tage durchgeheult.“ Kam er um den Tresen herum, ging an David vorbei und schloss die Türe ab, „Setzten!“ kommandierte er dann und David kam der Aufforderung nach.
„So und nun erzähl mir bitte warum ihr alle rumlauft wie die aufgescheuchten Hühner. Zuerst fragt Mariella mich bei Kerima nach Sydney aus, dann stürmt Richard hier herein obwohl er doch noch im Krankenhaus sein sollte und quetscht mich über Lisa und ihre Schulfreunde aus und nun kommst du wie ein begossener Pudel hier an.“
„Das ist eine Lange Geschichte,“ seufzte dieser nur, „Sag mir bitte einfach nur ob du in den letzten 3 Wochen etwas von Lisa gehört hast.“
„OK dann frage ich anders. Was zur Hölle hast du wieder angestellt Seidel?!“
„Ich habe sie verlassen weil sie mich betrogen hat,“ flüsterte er dann, stand wieder auf, fuhr sich fahrig durchs Haar und begann im Kiosk auf und ab zu gehen. „Bitte Jürgen, ihr seid doch beste Freunde, ich....ich kann verstehen das sie mich wahrscheinlich wieder einmal nicht mehr sehen will....aber...aber sie ist schwanger und...und...ich mache mir Sorgen...ich...ich spüre das es ihr nicht gut geht. Bitte wo ist sie?“
Kurz schloss Jürgen die Augen, musste das gehörte erst verarbeiten, dann seufzte er auf und stellte sich neben David um ihn festzuhalten.
„Setz dich wieder hin. Sie war nicht hier, ehrlich. Wir würden nicht den gleichen Fehler nochmals machen, hörst du? Wir werden euch beiden nichts verheimlichen, auch wenn der andere das so möchte. Das ist schon einmal gründlich schief gegangen.“ Musterte er David genau, achtete auf jede seiner Bewegungen.
„Nein,“ sprang David panisch wieder auf, „Ich muss sie finden, verstehst du nicht? Sie...sie ich...wenn ihr was passiert ist dann...dann bin ich schuld.“ Brach er wieder auf der Bank zusammen und vergrub sein Gesicht in den Händen, „Ich muss sie einfach finden.“
Jürgen nickte nur, schloss dann die Hintertüre ab, griff nach seinem Parka und sah ihn auffordernd an. „Na dann los worauf wartest du noch?“
Erstaunt sah David wieder auf, wusch sich die Tränen aus dem Gesicht und ging dann hinaus auf seinen Wagen zu. Nachdem auch Jürgen eingestiegen war startete er den Motor und wartete auf weitere Anweisungen. „Und wo sollen wir jetzt suchen?“
„Wir folgen deinem Bauchgefühl.“ Grinste Jürgen nur und lehnte sich in die weichen Lederpolster des Porsche zurück.
David nickte daraufhin nur und fuhr wieder los. Er wusste nicht ob er sich wirklich auf sein Gefühl verlassen konnte, aber alles in ihm schrie danach, in Göberitz nachzuschauen. Auch wenn das alle anderen vor ihm schon getan hatten.
Hastig warf Richard ein paar Sachen in den Koffer, die Uhr zeigte inzwischen 19:20 Uhr an. In etwas mehr als einer Stunde würde sein Flieger gehen, das er vorher Mariella nicht mehr sah störte ihn dabei nicht. Er wusste das seine Schwester versuchen würde ihm diese Idee auszureden. Nicht etwa weil ihr Syd egal war, sondern weil sie der Ansicht war das er noch nicht wieder fliegen sollte. Schnell schrieb er ihr eine Notiz auf die Seite seines Kalenders, riss sie dann hinaus und legte sie auf den Esstisch in der Küche, wo er schon eine Flasche Rotwein und ein Gedeck hingestellt hatte. Kurz überflog er noch einmal die geschriebenen Zeilen.
[I] Liebe Mariella,
Ich glaube ich weiß wo Sydney ist. Deswegen habe ich mir noch heute einen Flug nach Düsseldorf gebucht, ich muss dieser Spur einfach nachgehen.
Ich hoffe du verstehst das und bist nicht allzu sauer, ich weiß das du dir nur Sorgen um mich machst, aber die sind wirklich vollkommen unbegründet.
David sucht während ich weg bin weiter nach Lisa, vielleicht kannst du da noch ein Auge mit drauf haben.
Das Essen für heute steht in der Mikrowelle (so als kleiner Bestechungsversuch), ich melde mich wenn ich gelandet bin.
Richard[/I]
Es erstaunte Jürgen nicht wirklich das David den Wagen zielstrebig in Richtung Göberitz lenkte. Er selber hegte auch den Verdacht das Lisa sich früher oder später dahin zurück ziehen würde und auch wenn er seinen Eltern gesagt hatte sie sollten darauf achten ob Lisa da gewesen wäre, so kannte er sie gut genug um zu wissen das sie sich Mucksmäuschenstill verhalten würde wenn jemand das Haus betrat. Doch nun wo er wusste warum Lisa weg gelaufen war hatte er beschlossen jeden Winkel des Hauses abzusuchen, immerhin kannte er Lisas verstecke noch von früher und nun wo sie auch noch schwanger war würde er sich nicht mehr zurückhalten. Noch bevor David den Wagen ganz zum Stillstand brachte sprang er hinaus und ging mit schnellen Schritten auf die Haustüre zu, er wusste das der Schlüssel hintenrum unter dem großen Blumenkübel lag und so wartete er erst gar nicht auf David umrundete das Haus und holte ihn.
Ungefähr 2 Stunden später ließ Richard sich erschöpft hinter das Steuer seines Mietwagens fallen und atmete einmal tief durch. Das seine Schwester was das fliegen anging zum Teil recht gehabt hatte wollte er immer noch nicht einsehen. Sein erster Weg führte ihn nun zur Wohnung von Marie Jansen, die er jedoch dort nicht antraf. Das Gefühl, das ihn seit dem Abflug von Berlin verfolgte wurde jedoch von Minute zu Minute stärker. Alleine deswegen war er überzeugt davon Sydney hier zu finden. Auch wenn er sonst nicht viel von solchen Sachen hielt und es immer David überließ, so wollte auch er sich nun auf sein Bauchgefühl verlassen. Trotzdem fuhr er eher Plan und Ziellos durch die für ihn vollkommen Fremde Stadt. Irgendwann gab er genervt auf, hielt am Seitenstreifen an und suchte sein Handy aus dem Jackett. Bei Mariella hatte er sich seine Standpauke schon abgeholt, weswegen er die Nummer von Max gewählt hatte um sich nach der Adresse von Lisas alter Wohnung zu erkundigen. Aus den Firmenunterlagen war hervorgegangen das L.Ex. hier eine Firmenwohnung unterhielt und sein Gefühl sagte ihm das, er dort suchen musste. Nur leider kannte er die Adresse nicht und bei L.Ex war um diese Uhrzeit auch niemand mehr.
Max war nicht gerade begeistert von Richards späten Anruf, hatten sie Emma doch gerade erst dazu gebracht einzuschlafen, doch als er ihm erklärte das er in Düsseldorf war weil er Syd dort vermutete reichte er den Hörer sofort an Yvonne weiter, die ihm sofort die alte Adresse nannte.
„Aber klingel keine Wildfremden Leute aus dem Bett.“ Hatte sie noch gescherzt bevor sie wieder aufgelegt hatte.
Kurz schüttelte er den Kopf, dann startete er den Motor wieder und gab sein neues Ziel in das Navigationssystem ein um dann einen leisen Fluch auszustoßen als er sah das er einmal quer durch die Stadt musste um sie zu erreichen.
Syd stand am Geländer der Terrasse und sah hinunter auf die doch sehr ruhige Straße, nur ab und an fuhr ein Auto vorbei und in der Ferne konnte er die Autobahn hören. Immer weiter lehnte er sich hinüber, verlagerte seinen Schwerpunkt immer mehr.
Ein weiterer Wagen bog in die Straße ein, verringerte sein Tempo immer mehr, bis er schließlich vor dem Haus zum stehen kam. Eigentlich wollte er einen Schritt zurück gehen, doch irgendetwas ließ ihn weiter nach unten schauen. Jemand stieg aus dem Wagen, sah sich kurz um und trat dann einen Schritt auf den Eingang zu. Im fahlen Licht der Straßenbeleuchtung konnte er kurz die Statur und das Gesicht des Mannes erkennen. Erschrocken wich er zurück und rutschte mit dem Rücken an der Begrenzung hinunter, das konnte nicht sein, wie hatte er ihn gefunden? Und was machte er hier? Wollte er ihm jetzt auch noch Vorwürfe machen? Panisch sah er sich um, ignorierte die erneut auftretende Enge in seiner Brust und suchte instinktiv nach einem Versteck als die Türklingel ertönte.
[B] Kapitel 26 [/B]
Richard dachte gar nicht daran seinen Finger wieder von der Klingel zu dem Schild L.Ex zu nehmen. Er wusste das sie alle Dachterrassen bevorzugten und auch hier brannte ganz oben noch Licht in einer Wohnung. Irgendwer musste also da sein , zudem dieses Eigenartige Gefühl in seiner Magengegend, welches er immer noch nicht definieren konnte wieder stärker geworden war.
„Ja?“ hörte er schließlich eine weibliche Stimme genervt durch die Gegensprechanlage.
„von Brahmberg hier, ich suche Sydney.“
„Hier wohnt kein Sydney.“ Versuchte Marie ihn abzuwimmeln
„Da bin ich mir nicht so sicher Frau Jansen.“ Danach kam nur noch ein seufzen und schließlich hörte er das typische Summen, was ihm sagte das er das Haus nun betreten konnte. Kurz überlegte er sich ob er den Aufzug nehmen sollte, entschied sich aber dann dagegen. Bewegung würde ihm und seinem Kreislauf gut tun. Leicht ausser Atmen kam er schließlich oben an und blickte in Marie Jansens skeptisches Gesicht.
„Was wollen sie hier Herr von Brahmberg?“ fragte sie ihn schroffer als Beabsichtigt.
„Ist Sydney bei ihnen?“ warf er einen Blick an ihr vorbei in die Wohnung.
Hektisch sah Syd sich um, hier draußen gab es keine Möglichkeit sich zu verstecken und wenn Richard hoch kommen würde dann hätte er eh keine Chance. Er wusste das Richard wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte dieses auch durchzog und wenn er nun der festen Überzeugung war das er sich hier aufhielt dann würde er die komplette Wohnung auf den Kopfstellen bis er ihn gefunden hatte. Mühsam rappelte er sich wieder hoch, trat einen schwankenden Schritt auf die Balkontüre zu, atmete noch einmal tief durch und betrat dann das Wohnzimmer. Er hörte schon seine Stimme aus dem Flur und so hielt er es für das Beste wenn er sich ihm gleich stellen würde.
Langsam betrat er den schmalen Flur, stellte sich hinter Marie und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
„Das ist schon in Ordnung Marie,“ flüsterte er und zeigte ihr somit das sie sich zurück ziehen konnte. „Hallo Richard.“
„Wusste ich doch das du hier bist.“ Zischte dieser zunächst nur und fiel ihm dann praktisch um den Hals, „Mensch Syd weißt du was wir uns alle für Sorgen um dich gemacht haben?“ ließe er ihn genauso schnell wieder los und trat ein.
„Ihr alle?“ fragte er skeptisch und Davids letzte Worte an ihn hallten wieder in seinem Kopf nach. ´Verschwinde endlich aus unserem Leben!` Kurz schloss er die Augen, dann schüttelte er den Kopf. „Das glaub ich dir nicht Richi.“
„Warum nicht? Sag mir warum ich dich anlügen sollte?“
„Weil du sicher willst das ich zurück komme, aber das geht nicht.“ Ließ er sich auf das Sofa im Wohnzimmer fallen, Marie hatte sich anscheinend schon ins Gästezimmer zurück gezogen. Von Richard erhielt er statt einer Antwort jedoch nur eine hochgezogene Augenbraue und einen durchdringenden Blick.
„David,“ sagte er dann nachdem sie beide eine Zeitlang geschwiegen hatten.
„Woher weißt du das?“
„Ganz einfach weil der Kleine in der letzten Zeit beim kleinsten Geräusch aus der Hose gesprungen ist. Ich weiß von dir und Lisa, das war kein Traum, den du da hattest wo ich dir den Kopf gewaschen habe und kurz bevor ich Kowalski endgültig in die Hölle befördert habe, hat Lisa mir alles gebeichtet.“
„Lisa hat mit dir darüber geredet?“ fragte Syd ungläubig.
„Nun ja ich lag da noch im Koma, aber ich habe euch immer gehört. Ich habe jedes Wort verstanden was ihr zu mir gesagt habt.“
Syd nickte nur und legte den Kopf in den Nacken, „Ich weiß ja selber nicht wie ich das tun konnte. Warum ich sie nicht abgewiesen habe.“ Er schloss die Augen und atmete tief ein, hoffte das Richard nicht mitbekam wie schlecht es ihm ging. Erst Anfang der Woche war die schwere neue Gipsschiene durch eine leichte Bandage ersetzt worden, brav machte er auch die ihm aufgetragenen Übungen und ging einmal die Woche zur Krankengymnastik. Steif würde sein Arm nicht bleiben, das stand schon mal fest, doch ob er ihn wieder voll bewegen konnte wusste niemand. Der Arzt hatte ihm gesagt das läge jetzt ganz an ihm und seiner Mitarbeit, doch so ganz wollte Syd das nicht glauben.
Vor dem Arzt und Marie hatte er bis jetzt seine zeitweisen Schmerzen und das Engegefühl verbergen können, doch er wusste ganz genau das Richard da ein anderes Kaliber war. Ihm konnte man so leicht nichts vormachen und er hinterfragte immer alles doppelt und dreifach, lauerte so auf den ersten Versprecher.
„Sydney,“ begann Richard leise, „wie solltest du? Du hast sie einmal geliebt und Gefühle kann man nicht an und aus schalten wie es einem beliebt.“ Dann zögerte er, versuchte abzuwägen ob er ihm sagen konnte das sie schwanger war oder nicht. „Lisa weiß es doch selber auch nicht,“ entschied er sich dann dagegen, „Es ist halt einfach passiert, da kam eins zum anderen. Lisas Streit mit David, eure Gefühle, die ihr immer noch füreinander habt, die Stimmung, die Sorge um mich. Niemand konnte etwas dafür OK? Das weiß inzwischen auch David.“
Nun war es an Syd eine Augenbraue hochzuziehen und Richard skeptisch zu mustern. „David? Wieso habt ihr ihm eine Gehirnwäsche unterzogen?“
„So könnte man es auch nennen. Nein also ehrlich gesagt musste da erst wieder alles aus dem Ruder laufen bis er endlich den Kopf aus dem Sand geholt hat.“ Senkte nun Richard den Blick.
„Was heißt alles aus dem Ruder?“
„Nun ja, ich habe so einen blöden Spruch gebracht, von wegen das Blut dicker als Liebe wäre. Weil er einfach nicht sehen wollte wie es wirklich war und Lisa, die das ganze richtig stellen wollte einfach nicht angehört hat. Ich wollte damit nur erreichen das er endlich beginnt nachzudenken, aber stattdessen hat er sich von ihr getrennt.....“
„Was?!“ sprang Syd auf und griff sich im nächsten Moment an die Brust um stöhnend in die Knie zu gehen und sich nun auch noch den Arm zu halten. Sofort war Richard bei ihm, stütze ihn und half ihm zurück auf das Sofa.
„Alles OK Syd? Soll ich Marie oder einen Arzt rufen?“
„Nein...nein geht schon wieder...ist nur der Arm, ich vergesse einfach das er immer noch nicht so kann wie ich gerne will.“ Presste er hervor und versuchte sich an einem lächeln.
Richard nickte zwar, beschloss aber auf jede noch so kleine Regung von Syd zu achten. Er versuchte die mentale Verbindung wieder herzustellen und war nicht erstaunt als Syd ihn immer noch abblockte. Irgendetwas versuchte er vor ihm zu verbergen, doch Richard war fest entschlossen sich diesmal nicht abwimmeln zu lassen.
„Er, er hat also deswegen die Verlobung gelöst?“
„Ja, und Lisa ist sofort aus der Villa ausgezogen.“
„Ausgezogen?“ versuchte Syd sich an einem normalen Tonfall, konnte aber nicht verhindern das es abgehackt klang. Der Schmerz wollte einfach nicht vergehen, seine Atmung beschleunigte sich und wurde immer kürzer. Müde ließ er den Kopf gegen die Lehne des Sofas sinken und sah zu Richard hinüber.
„Syd?“ war dieser sofort an seiner Seite, „Syd was ist los? Na komm schon rede mit mir, was hast du?!“ klang Panik in seiner Stimme mit.
„I...ich...weiß nicht.“ Brachte er stotternd über die Lippen, griff sich wieder an die Brust und kniff die Augen zusammen.
In diesem Moment konnte er die Blockade nicht mehr aufrecht erhalten und für den Bruchteil einer Sekunde spürte Richard was Syd da gerade durchmachte. Sofort sprang er auf und suchte hektisch nach seinem Handy, bevor er mit zitternden Fingern den Notruf wählte.
[B] Kapitel 27 [/B]
Vorsichtig betraten David und Jürgen das Haus der Plenskes, falls Lisa hier sein sollte wollten sie sie auf keinen Fall erschrecken. Während Jürgen die Haustüre wieder hinter ihnen schloss ging David schon voraus ins Wohnzimmer und suchte nach dem Lichtschalter. Er glaubte in der Dunkelheit etwas auf dem Sofa zu erkennen war sich aber nicht wirklich sicher.
„Verdammt wo ist denn der verfluchte Schalter,“ fluchte er flüsternd und war froh als Jürgen hinter ihn trat und ein Stück weit höher über seiner Hand den Schalter betätigte.
Sofort wurde das Zimmer in helles Licht getaucht und im ersten Moment sahen sie gar nichts bis ihre Augen sich an die neue Helligkeit gewöhnten.
Hektisch sah David zum Sofa hinüber, es war mit Sicherheit eine Person die dort halb lag, halb hing.
„Lisa!“ stieß er aus und war mit zwei schnellen Schritten bei ihr, „Mein Gott Lisa!“ versuchte er sie aufzuwecken und stellte dabei fest, das sie vollkommen durchnässt war.
„Sie muss sofort aus den nassen Sachen raus,“ hörte er Jürgen sagen während er beobachtete wie Lisa zitternd ihre Augen aufschlug. Als Antwort nickte er nur, strich ihr immer wieder sanft über leicht geröteten Wangen und wartete bis sie wieder ganz wach war.
Jürgen hingegen fackelte nicht lange, ging zu dem Koffer hinüber, der immer noch vor der Treppe stand und öffnete ihn. Ohne genau darauf zu achten zog er eine frische Jeans, sowie ein T-Shirt und einen Pullover hinaus und ging damit zurück zum Sofa.
„David?“ fragte Lisa schwach als sie endlich wieder klar sehen konnte. Sie war sich nicht sicher ob er wirklich da war oder ob sie sich das alles nur einbildete.
„Lisa, mein Gott ich habe mir solche Sorgen gemacht.“ Zog er sie in eine sitzende Position und nahm sie in den Arm.
`Er hat sich Sorgen gemacht? Warum denn das auf einmal? Er hat sich doch von mir getrennt, er will mich doch nicht mehr.´
„Warum das denn?“ sie wollte diese Frage eigentlich gar nicht stellen, doch sie kam wie von selber über ihre Lippen.
„Warum das denn?!“ fragte er ungläubig nach, „Ich...ich, du warst verschwunden und dann habe ich den hier gefunden.“ Zog er den Mutterpass aus der Innentasche seines Jacketts.
Beide sahen sie wie Lisas Augen sich weiteten, sie sah zu Boden und löste sich aus Davids Umarmung. Nervös knetete sie ihre Hände, vermied jeglichen Blickkontakt.
Besorgt sah David zu Jürgen, tausend Gedanke schossen ihm durch den Kopf, bis sich schließlich einer manifestierte und ihn nicht mehr los ließ.
`Bitte lass sie nicht unser Kind verloren haben, bitte lass sie nicht wegen meinem Handeln unser Kind verloren haben.´
Jürgen reagierte als erster, er drängte David ein Stück zur Seite und setzte sich nun neben Lisa, sanft löste er ihre verkrampften Hände voneinander und strich ihr über die Wange.
„Komm Liselotte, bevor wir das hier diskutieren musst du erst einmal aus den nassen Sachen raus.“ Drückte er sie ihr in die Hand und half ihr dann vom Sofa hoch. Gerade wollte er sie hoch ins Bad führen als sie stehen blieb und sich zu David umsah.
Dieser stand wie ein Häufchen Elend da und betrachtete angeregt seine Schuhe, den Mutterpass drehte er dabei Gedankenverloren zwischen den Händen. Sie sah wie sich eine einzelne Träne den Weg über seine Wange bahnte und obwohl ihr eiskalt war, ihr Kopf dröhnte und sie am ganzen Körper zitterte löste sie sich nun ganz von Jürgens helfender Hand und ging auf ihn zu.
„K...kö...also...könntest du mir vielleicht helfen?“ fragte sie leise und berührte ihn am Arm. Eigentlich hatte sie sich erst anhören wollen warum er sie überhaupt gesucht hatte und was er von ihr wollte, doch so wie er nun dastand kamen die alten Erinnerungen wieder hoch. Der Tag an der S-Bahn, wo sie sich auf die Schienen gesetzt hatte und seine Worte das er ohne sie nicht mehr Leben könnte. Sofort sammelten sich auch in ihren Augen die ersten Tränen, doch sie hielt sie Tapfer zurück.
Ruckartig sah David auf und direkt in ihre Himmelblauen Augen, die ihn traurig fragend anblickten. Ohne ein Wort zu sagen nahm er ihr die Sachen aus der Hand, fasste sie an selbiger und half ihr die Treppen zum Badezimmer hinauf. Das Jürgen das Wohnzimmer in Richtung Türe verlassen hatte, hatten sie beide nicht mitbekommen.
Oben angekommen drehte David als erstes das warme Wasser auf und fluchte leise vor sich hin als es einfach nicht warm werden wollte, Lisa hatte er auf dem Toilettendeckel abgesetzt.
„Das warme Wasser läuft über die Heizung und die ist aus.“ Flüsterte sie und begann mit den Zähnen zu klappern.
Sofort drehte David sich zu ihr um, kam auf sie zu und zog sie von der Toilette hoch.
„ Dann sollten wir zusehen das du aus den Sachen rauskommst, dich warm einpacken und schnellstmöglich zur Villa.“
„Was...ich...ich meine..also du...du möchtest das ich wieder in die Villa komme?“ fragte sie schüchtern nach und hätte sich im nächsten Moment dafür wieder innerlich Ohrfeigen können.
„Natürlich möchte ich das Lisa. Ich war so ein verblendeter Ignorant....ich...wenn dir oder dem Wurm etwas passiert wäre, das hätte ich mir nie verzeihen können.“ Öffnete er die Knöpfe ihrer Bluse um sie ihr kurz darauf von den Schultern zu streifen. Suchend sah er sich nach frischer Unterwäsche um und lief dann schnell nach unten um noch welche zu holen. Erst jetzt fiel ihm auf, das Jürgen nicht mehr im Wohnzimmer war. Suchend sah er sich um, zuckte dann jedoch mit den Schultern. Zuerst musste er sich um Lisa kümmern und Jürgen war bestimmt nur im Keller um sich um die Heizung zu kümmern. Zwei Stufen auf einmal nehmend machte er sich zurück zu Lisa, half ihr weiter beim umziehen und holte dann aus ihrem Zimmer die Dicke Wolldecke, wickelte sie darin ein und trug sie die Treppe hinunter.
„Jürgen?“ rief er, doch er bekam keine Antwort. Stirnrunzelnd setzte er Lisa auf dem Sofa ab und sah die Kellertreppe hinunter. Doch ausser Dunkelheit, sah er nichts, dann ging er in die Küche, doch auch hier war er nicht. Schulterzuckend ging er schließlich in den Flur und stutzte als er einen Zettel auf dem Siteboard sah, der da vorher noch nicht gelegen hatte.
[I] Habe die Bahn zurück genommen, ihr beide bekommt das jetzt wohl hoffentlich ohne mich hin. Und wenn nicht dann gibt es morgen gewaltigen Ärger!
Jürgen[/I]
Ein kleines Lächeln huschte über Davids Gesicht, er ging zurück zum Wohnzimmer und gab Lisa den Zettel. Auch sie musste grinsen und sah dann wieder David an.
„Und nun?“ grinste sie
„Auf zur Villa damit du in die heiße Wanne kommst.“
Lisa nickte nur, ließ sich von ihm bis ins Auto tragen und ergriff erst wieder das Wort als er losfuhr. Sein ganzes Verhalten deutete darauf hin das er annahm der Vater des Babys zu sein, wusste er doch nicht das sie mit Syd nicht verhütet hatte. Sie musste es ihm jetzt sagen, durfte keine erneuten Missverständnisse zwischen ihnen entstehen lassen, wenn sie wirklich noch mal eine Chance haben wollte.
„David?“ sagte sie deshalb leise, „Ich...ich muss dir noch etwas sagen.“
Kurz sah er zu ihr, konzentrierte sich dann wieder auf die Straße und nickt dann. „Was denn?“
„Ich...also...ich...weiß nicht...wer...wer der Vater ist.“ Flüsterte sie und traute sich nicht aufzusehen, erschrocken zuckte sie zusammen als sie Davids Hand auf ihrem Bauch spürte.
„Ich aber,“ sagte er dann mit fester Stimme, „ es ist mein Baby.“
„Wo...woher weißt du das?“ fragte sie erstaunt und sah zu ihm hinüber.
„Ich fühle es einfach Lisa.“ War seine einfache Antwort, lächelnd sah er sie an, konzentrierte sich dann aber wieder auf die Straße.
Verwirrt ließ sie sich tiefer in den weichen Sitz sinken, wie konnte er sich da so sicher sein wenn sie selber so absolut keine Ahnung hatte?
Nervös tigerte Richard in der Notaufnahme auf und ab, seit einer Stunde wartete er nun gemeinsam mit Marie darauf das man sie darüber informierte, wie es Sydney ging. Immer wieder schaffte er es kurze mentale Verbindungen aufzubauen, doch nie waren sie wirklich klar. Er wusste nur eins, es sah nicht gut aus. Müde lehnte er sich irgendwann gegen die kalte Wand, er war nun schon seit fast 20 Stunden auf den Beinen und langsam aber sicher machte sich das bemerkbar. Er sah zu Marie hinüber, die den Kopf in die Hände gestützt hatte und irgendeinen Punkt auf dem Boden fixierte. Langsam ging er zu ihr hinüber, ließ sich neben ihr auf einen Stuhl nieder und seufzte kurz auf, was Marie zu ihm blicken ließ.
„Ich hätte früher etwas merken müssen,“ sagte sie plötzlich und sah ihn dabei immer noch an, „Ich hätte merken müssen das es ihm nicht gut geht.“
Im ersten Moment war er versucht ihr recht zu geben, ihr Vorwürfe zu machen, doch dann besann er sich. Vorwürfe würden niemanden etwas bringen und er wusste das Syd den gleichen Sturkopf hatte wie David. Selbst wenn sie also etwas bemerkt hätte, hätte er wohl alles abgestritten und eh nicht auf sie gehört.
Gerade wollte er zu einer Antwort ansetzten, als endlich die Türe aufging und ein Arzt auf sie zutrat.
„Wie geht es Sydney?“ war Richard sofort wieder auf den Beinen.
Der Arzt wechselte einen Blick zwischen ihm und Marie, „Sind sie mit ihm verwandt?“
„Ich bin sein Bruder.“
Erneut sah der Arzt zu Marie, welche ihm nur zunickte, dann nahm er Richard zur Seite und sah ihn mit ernstem Blick an.
„Der Verdacht auf akuten Herzinfarkt hat sich nicht bestätigt,“ begann er dann.
„Gott sei Dank,“ unterbrach Richard ihn jedoch sofort und sah erleichtert auf.
„Dafür haben wir nun einen anderen Verdacht, Herr....“
„von Brahmberg.“
„Herr von Brahmberg,“ runzelte der Arzt kurz die Stirn fuhr dann aber weiter fort, „ nach den bisherigen Untersuchungen sieht alles danach aus als leide Herr London unter einer dilativen Kardiomyopathie.“
[B] Kapitel 28 [/B]
Leise trug David Lisa in die Villa, er wusste nicht ob seine Eltern schon schliefen und wollte sie nicht wecken wenn dem schon so sein sollte. Immer noch zitternd schmiegte sie sich an ihn und er spürte die warmen Tränen, die wieder über ihre Wangen hinunter zu seinem Hals liefen. Es wunderte ihn nicht das aus dem Salon noch gedämpftes Licht fiel, seit neuestem ließ seine Mutter immer die kleine Lampe neben dem Sofa an, wenn irgendwer noch unterwegs war. Es war ihm zwar immer noch Rätselhaft was sie damit bezwecken wollte, doch irgendwie gefiel es ihm, gab ihm ein Gefühl von Heimat. Umso erstaunter war er als er beim betreten des Salons sah das seine Eltern zusammen auf dem Sofa saßen und erwartungsvoll auf die Türe sahen. Sofort sprangen sie auf, als sie sahen das David mit Lisa auf dem Arm eintrat.
„Lisa!“ stießen sie hervor und waren schon an seiner Seite.
„ Mein Gott, du bist ja vollkommen durchgefroren.“ Strich Laura ihr durchs Haar, „Ich lasse dir sofort eine heiße Wanne ein und werde einen Tee zubereiten.“
„Danke Mutter,“ antwortete David für Lisa, „ Ich mach das schon mit der Wanne, aber wenn du uns einen Tee hochbringen würdest.“
„Natürlich mache ich das,“ drehte sie sich sofort um und verschwand in Richtung Küche, „und eine Wärmflasche und eine weitere Decke.“ Murmelte sie dann noch, was David dazu veranlasste ein leichtes Lächeln auf seine Lippen zu legen. Er nickte seinem Vater noch zu und trug sie dann die Treppe hinauf in ihre Wohnung.
Vorsichtig ließ er sie auf dem Bett nieder und küsste sie sacht auf die Stirn. „Ich werde dir die Wanne einlassen mein Schatz.“ Flüsterte er und war auch schon im Bad verschwunden.
Er sah nicht mehr wie Lisa leicht den Kopf schüttelte und sich neue Tränen in ihren Augen bildeten.
`Wieso sind sie denn alle nur so nett zu mir?´ fragte sie sich zum Wiederholten male und konnte immer noch nicht glauben das David sie wirklich wieder bei sich haben wollte. `Das ist doch bestimmt nur das schlechte Gewissen weil du schwanger bist und dann wenn sich herausstellt das es doch von Sydney ist lässt er dich doch eh wieder fallen.´
Über ihre Gedanken bemerkte sie nicht wie David wieder aus dem Badezimmer trat und sich nun neben sie setzte. Sacht strich er ihr die Tränen aus der Wange, „Schsch...nicht mehr weinen Schatz, bitte nicht mehr weinen. Es wird alles wieder gut werden, das verspreche ich dir. Wir werden für alles eine Lösung finden.“
„Wieso David? Sag mir bitte wieso? Woher kommt dein plötzlicher Sinneswandel?“ flüsterte sie.
„Lisa bitte ich war so ein Idiot und wir werden auch darüber reden, aber jetzt musst du dich erst einmal wieder aufwärmen. Komm ich habe dir ein warmes Bad eingelassen.“ Half er ihr aus der Decke und schließlich auch aus ihren Sachen bevor er sie ins Badezimmer trug und sie sacht in das temperierte Wasser gleiten ließ. Schnell bedeckte sie ihren Körper mit dem reichlich vorhandenen Badeschaum und David musste sich zusammenreißen um ihn nicht wieder wegzuschieben. Das war keine Situation für Hormonschübe seinerseits, soviel stand fest.
„David“ hörte er sie dann leise fragen.
„Ja mein Schatz?“
„Lässt du mich bitte alleine.“ Endlich sah sie ihn wieder an, doch ihre Augen waren immer noch so unendlich traurig das es ihm das Herz zerriss. Er wusste das er selber Schuld war das sie ihn nun Wegschickte, aber wenn er je wieder eine Chance auf Wiedergutmachung bekommen wollte so musste er ihrem Wunsch nachgeben. So gerne er auch einfach nur bei ihr geblieben wäre und einfach nur auf sie aufgepasst hätte.
„Wenn du das willst.“ Stand er dann vom Wannenrand auf und biss sich auf die Lippen.
„Ich muss Nachdenken verstehst du das?“
„Ja,“ nickte er, „das verstehe ich.“
„Wir reden wenn mir wieder wärmer ist und ich wieder richtig klar denken kann.“ Versuchte nun sie sich an einem Lächeln.
„Das tun wir,“ traute David sich nun sich vorzubeugen und ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben, „Ich warte dann mit einem warmen Tee im Schlafzimmer auf dich.“
„Danke,“ hauchte sie, schloss die Augen und ließ sich noch ein wenig tiefer in den Schaum gleiten.
Richard wusste nicht warum, aber er fühlte sich in dem Moment in dem der Arzt seinen Verdacht aussprach wie von einem Vorschlaghammer getroffen. Alle seine Alarmglocken begannen zu schrillen und kurz schloss er die Augen, um danach einen Blick zu Marie hinüber zu werfen, die den Arzt ebenfalls fragend anschaute.
„Und...und was bedeutet das?“ fragte er dann nach, obwohl er sich vor der Antwort fürchtete.
„Kommen sie,“ ging der Arzt einen Schritt zurück und forderte Richard somit auf ihm zu folgen, „Wir gehen in mein Büro, dort erkläre ich es ihnen in Ruhe.“
Fragend warf er noch mal einen Blick auf Marie, diese nickte ihm nur zu und ließ sich dann wieder auf den Stuhl nieder von dem sie Aufgestanden war. Dann wandte er sich wieder dem Arzt zu und folgte ihm den Flur entlang bis zu einem der Büros, die sich an dessen Ende befanden.
„Setzten sie sich doch,“ wies er auf einen der Stühle vor dem großen Schreibtisch, „kann ich ihnen irgendetwas anbieten? Kaffee? Tee? Wasser?“
“Ich möchte nur wissen was mit meinem Bruder ist.” Zischte Richard nun ungehalten, wenn er eins hasste dann wenn Ärzte nicht gleich zur Sache kamen und in diesem Moment wünschte er sich tatsächlich Dr. Lorenz hinter diesen Schreibtisch, der ihm wieder einmal die ungeschminkte Wahrheit ins Gesicht sagte.
„Gut, wie schon gesagt vermuten wir eine dilative Kardiomyopathie. Dabei handelt es sich um eine Vergrößerung der Herzkammern, meist zuerst der linken, und später dann aller Herzhöhlen. Man könnte das Herz sozusagen mit einem großen, schlaffen Sack vergleichen. Was wiederum dazu führt, dass der Herzmuskel müde, dünn und weich wird und den Körper nicht mehr ausreichend mit Blut versorgen kann. Dazu kann es je nachdem welche Seite vergrößert ist zu Blutstau und Wasseransammlungen in der Lunge oder zu Blutstau und Wasseransammlungen in allen anderen Organen und Geweben, am häufigsten jedoch in den Beinen, Knöcheln, in Leber und den Organen des Bauchraumes kommen. Das EKG ihres Bruders wies eine Herzrhythmusstörung auf ,eine Erregungsleitungsstörung, einen sogenannten Linksschenkelblock, was allerdings kein genauer Hinweis auf eine DCM ist. Das angefertigte Röntgenbild war jedoch ohne Befund, bedeutet jedoch nicht das keine DCM vorliegt. Auf Röntgenbildern kann man nur weiter Fortgeschrittene DCM´s erkennen, allerdings,“ machte er eine kurze Pause und sah Richard an, „ zeigte das Echokardiogramm eine Erweiterung der linken Herzkammer.“
„Er hat also eine Herzkrankheit?“ fasste Richard kurz und Tonlos zusammen.
„Ich befürchte ja, aber sie ist noch nicht zu weit Fortgeschritten, ich warte jetzt noch auf die Ergebnisse der Einschwemmkatheteruntersuchung, dann wissen wir genau wie weit Fortgeschritten die Krankheit ist. Es sieht aber so aus als können wir das ganze mit Medikamenten in den Griff bekommen. Ich muss ihnen aber auch sagen das eine DCM nicht heilbar ist.
„Wenn sie nicht heilbar ist wird Syd also ein Leben lang auf die Medikamente angewiesen sein.“
„Ja und wenn es zu einer weiteren Fortschreitung der Krankheit kommt wird er spätestens mit 50 ein neues Herz benötigen.“ Sah der Arzt wie Richards Augen sich weiteten, „Aber so weit muss es nicht kommen Herr von Brahmberg. Wie gesagt ist die DCM bei ihrem Bruder noch im Anfangsstadium, er hat gute Chancen das es nicht so weit kommen wird, da sie früh entdeckt wurde. Er wird zwar nicht wieder Gesund werden, aber ich denke das er wieder ganz normal in das tägliche Leben zurück kehren kann. Er muss dann alles nur gemütlicher angehen lassen, kein Leistungssport oder hohe körperliche Belastung mehr. Aber auch das wird im Belastungs-EKG noch genau festgelegt.“
„Er...er wird also wieder der alte werden.“ Seufzte Richard einigermaßen erleichtert auf.
„Mit Einschränkungen, ja.“ Beruhigte er ihn, „Das einzige was wir noch nicht wissen ist, ob es eine angeborene oder eine erworbene Form der DCM ist. Allerdings habe ich auch deswegen schon die Laboruntersuchungen veranlasst.“
„Angeboren? Sie meinen, das es in unserer Familie häufiger vorkommt?“ musste Richard sofort an David denken, eine Herzkrankheit hätte ihm jetzt noch gefehlt.
„Es kann sein, muss aber nicht. Jedoch sollten sich die engsten Familienangehörigen Untersuchen lassen um eine eventuell noch ohne Symptome vorhandene DCM zu erkennen.“
„Ich werde seine Mutter und unseren Bruder anrufen,“ nickte Richard nur was den Arzt erneut die Stirn runzeln ließ.
„Entschuldigen sie, aber darf ich fragen in wie weit sie wirklich mit Herrn London verwandt sind?“ musste er nun einfach nachfragen, die Unterschiedlichen Nachnamen lagen ihm schon die ganze Zeit über im Magen, auch wenn er wusste das er sich auf Marie Jansen verlassen konnte. Schon beim letzten doch eher kurzen Aufenthalt Sydney Londons in der Klinik war sie diejenige gewesen, der man Informationen geben sollte.
„ Er ist mein Stiefbruder, also der Sohn der Frau meines Vaters unsere Familienverhältnisse sind etwas kompliziert um es mal so auszudrücken, aber eigentlich sehen Syd und ich uns schon als Brüder an, auch wenn wir genetisch gesehen nicht miteinander verwandt sind.“
Der Arzt nickte nur, erhob sich dann aus seinem Stuhl und ging um den Schreibtisch herum, „Sobald die genauen Ergebnisse vorliegen werde ich sie informieren. Gehen sie jetzt am besten nach Hause, wir werden Herrn London auf die Intensiv verlegen, morgen können sie dann zu ihm.“ Reichte er ihm die Hand zum Abschied und verließ das Büro.
Richard erhob sich nur langsam aus dem Stuhl, so ganz musste er die Nachricht erst einmal verarbeiten, doch seine Gedanken waren schon wieder in Berlin. Plötzlich war der Alptraum den er und David gehabt hatten real geworden und er fragte sich wie er das dem kleinen nun beibringen sollte.
[B] Kapitel 29 [/B]
Nur langsam trugen ihn seine Schritte zurück zu Marie, die immer noch in der Notaufnahme auf ihn wartete. Er wusste je schneller er da sein würde, umso schneller wäre er wieder in der Wohnung und müsste sich dem unvermeidlichen stellen, nämlich in Berlin anzurufen und bescheid zugeben wo und vor allem in welchem Zustand er Syd gefunden hatte. An den Blicken, die Marie ihm entgegen warf ahnte er, das auch sie wusste, wie es wirklich um Syd stand und nun nicht mit ihm tauschen wollte. Er sah wie sie aufstand und ihm entgegen kam, kurz vor ihm stehen blieb und ihn mit einem nicht zu deutenden Blick musterte.
„Wenn sie wollen, dann können sie in der Wohnung bleiben, dann müssen sie sich nicht noch mitten in der Nacht ein Hotel suchen.“
„Danke,“ lehnte er sich erschöpft gegen die Wand, „Aber ich möchte sie nicht vertreiben.“
„Das tun sie nicht. Wenn es sie nicht stört bleibe ich diese Nacht noch im Gästezimmer.“
Ein leichtes nicken war seine Antwort bevor er sich von der Wand abstieß und mit einem Seufzer in Richtung Ausgang ging. Marie folgte ihm schweigend, ihre Gedanken gingen zurück in die Vergangenheit und zu Richards Ruf, der ihm immer noch vorauseilte. Zu unrecht anscheinend oder war das nun der private Richard von Brahmberg, den sie nun erlebte und nicht der geschäftliche? Oder war sein Ruf schlechter als er wirklich war? Im Moment sah sie nur einen Mann, der Versuchte die Last der Geschehnisse auf seinen Schultern zu tragen und dabei selber fast zusammenbrach. Er war dünn geworden, jedenfalls dünner als sie ihn in Erinnerung hatte, zwar hatte sie ihn vorher noch nie Persönlich gesehen, doch auf dem aktuellen Foto der Kerima Website sah er kräftiger aus. Sie erinnerte sich an Sydneys Unfall, war er vielleicht auch darin verwickelt gewesen? Sie hatte nie genau erfahren was passiert war, nur das Sydney sich eine tiefe Schnittwunde am Arm dabei zugezogen hatte.
Sie bemerkte das Richard den Wagen schon fast erreicht hatte und beschleunigte ihren Schritt wieder um zu ihm aufzuschließen. Schweigend stiegen sie ein und fuhren zurück in die Wohnung.
Dort angekommen zog er eine kleine Reisetasche aus dem Kofferraum und folgte ihr immer noch schweigend ins Haus. Er brachte seine Tasche ins Schlafzimmer und sah sich dann in dem Raum um. Er war geschmackvoll eingerichtet und erinnerte ihn irgendwie an Lisa. Dieses Zimmer, nein eigentlich die ganze Wohnung trug ihre Handschrift nur die Dachterrasse passte nicht wirklich ins Bild. Vielleicht ein Element von Syd an dieser Wohnung, dachte er und ließ sich auf das Bett fallen. Immer noch kreisten seine Gedanken um die Worte des Arztes. Unheilbare Herzkrankheit, hallte es immer wieder in seinem Kopf wieder. Wie sollte er das nur David und Laura beibringen? Gerade um David machte er sich Sorgen, er wusste das der Alptraum auch bei ihm noch mehr als präsent war und das Lisa nun auch noch unauffindbar war machte die Sache nicht einfacher. Kurz überlegte er ob er sie erst einmal gar nicht informieren sollte, einfach behaupten er hätte Syd noch nicht gefunden. Doch was würde ihnen das bringen? Nichts, er konnte es nicht unter den Teppich fallen lassen und warten bis Sydney wieder gesund würde. Er würde es nie wieder werden, auch nicht wenn die Medikamente halfen und er wieder, mit einigen Einschränkungen, normal Leben konnte. Er schloss die Augen und atmete einmal tief durch, er selber war auch noch nicht ganz auf der Höhe und sein Körper forderte nach dem doch eher anstrengenden Abend nach Ruhe und Erholung. Doch wie sollte er ihm dieses geben? Er konnte nicht einfach abschalten, so tun als sei nie etwas gewesen und in einen erholsamen Schlaf abdriften um am nächsten Morgen frisch wieder zu erwachen. Er setzte sich wieder auf, verließ das Bett und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Versuchte die Nachricht, die er zu überbringen hatte in Worte zu fassen, doch es wollte ihm nicht wirklich gelingen. Ein zaghaftes klopfen ließ ihn schließlich aus seinen Gedanken hochschrecken. Er wandte den Kopf zur Türe und rief Marie zu herein zu kommen.
Vorsichtig betrat Marie das Schlafzimmer, in dem bis vor einigen Stunden noch Sydney geschlafen hatte, in der Hand hielt sie das Telefon. Doch als sie in Richards Gesicht sah war sie sich auf einmal nicht mehr so sicher ob sie ihm wirklich anbieten sollte Sydneys Vater in Manchester anzurufen.
„Ich wollte sie nur fragen ob sie noch nach Berlin telefonieren möchten und ob ich Sydneys Vater bescheid geben soll?“ sie sah wie er sich auf die Unterlippe biss, dann zuckte er mit den Schultern.
„Ich weiß nicht wie ich es ihnen sagen soll,“ flüsterte er dann, „David erholt sich immer noch von seinen Schweren Verletzungen und Laura ist so schon krank vor Sorge. Da kann ich doch jetzt nicht anrufen und ihnen noch mehr Kummer bereiten. Geschweige das ich wüsste wie ich es halbwegs schonend formulieren soll.“ Ließ er sich wieder auf das Bett sinken und vergrub das Gesicht in den Händen.
Marie schluckte, alles in ihr drängte sie zu ihm zu gehen und ihn in den Arm zu nehmen. In diesem Moment wünschte sie sich, sie könnte ihm einen Teil der Last abnehmen, doch sie wusste das er das nicht zulassen würde. Trotzdem setzte sie sich neben ihn.
„Wie gesagt ich kann Mr. London Senior informieren.“
„Danke, aber ich weiß nicht ob Sydney das will,“ antwortete er immer noch leise, „In letzter Zeit ist das Verhältnis zwischen den beiden ziemlich kühl und...und ich würde gerne noch bis morgen abwarten. Vielleicht hat sich bis dahin noch etwas zum positiven verändert. Ich möchte keine schlafenden Hunde wecken.“
„Das verstehe ich,“ sagte sie nun ebenfalls leise und musterte ihn genau, er war blass und wirkte unendlich müde, „Versuchen sie etwas zu schlafen, sie sehen aus als könnten sie das nun gebrauchen. Ich nehme das Telefon mit ins Gästezimmer und wenn die Klinik anruft wecke ich sie.“ Stand sie auf und legte ihm dabei kurz ihre Hand auf die Schulter.
„Danke,“ wusste Richard die Geste zu schätzen und lächelte sie kurz an bevor er aufstand und im angrenzenden Badezimmer verschwand.
Erst als das Badewasser anfing kälter zu werden konnte Lisa sich dazu durchringen die Wanne zu verlassen. Immer noch hatte sie Angst vor Davids Reaktion, es war ihr unheimlich wie bemüht er auf einmal wieder war. Wie locker er das alles sah und wie sicher er sich war das er der biologische Vater des Kindes sei. Sie fragte sich was ihn veranlasste so zu denken, hoffte das er nicht plötzlich wieder eine Kehrtwendung machen würde und sie wieder alleine ließ. Sie hatte ihn vermisst, schrecklich vermisst und doch konnte sie ihm nicht wirklich vertrauen. Ihr wäre lieber gewesen Jürgen wäre alleine nach Göberitz gekommen, dann hätte er die Heizung angestellt und sie hätte mit ihm in Ruhe reden können, ihm all das erzählen können was sie sich nicht traute David zu erzählen. Sie tauschte das Badetuch gegen ihre Unterwäsche und den bereitgelegten Schlafanzug, dann griff sie nach Davids Sweatshirt das an dem Haken über der Türe hing. Ihr war egal ob er es in letzter Zeit getragen hatte oder nicht, sie fror immer noch und das Sweatshirt würde sie wärmen. Sie erwartete nicht das David diesen Job übernehmen würde, wahrscheinlich würde er nicht einmal mit ihr in einem Zimmer schlafen. Ein Seufzer entkam ihren Lippen als sie sich auch noch den Bademantel überzog und vorsichtig die Türe zum Schlafzimmer öffnete.
David saß auf dem Bett, neben sich auf dem Nachttisch eine Kanne Tee und zwei Tassen, dazu eine Wärmflasche, die schon auf Lisas Seite des Bettes unter der Decke lag. Es schmerzte ihn, das sie so abweisend auf ihn reagierte, doch er hatte es nicht anders verdient. Wie hatte er sich nur von ihr Trennen können? Wie hatte er nur so Stur sein können? Dabei hatte er doch extra Mariella mitgenommen, damit er nicht so Stur und unüberlegt reagierte und was hatte es gebracht? Nichts, weil er ja doch das gesagt hatte was er eigentlich gar nicht hatte sagen wollen bis er sich so weit in Rage geredet hatte das er sie hinauswarf. Nun musste er die Konsequenzen seines Handelns tragen und wenn er Pech hatte dann würde sie ihm nicht verzeihen und wieder gehen sobald es ihr besser ging. Er zuckte zusammen als er hörte wie sich die Türe zum Badezimmer öffnete. Vorsichtig sah er auf und erkannte verborgen unter wärmenden Sachen seine Lisa.
„Hey,“ sagte er sanft und stand auf, „Ist dir immer noch so kalt?“
„Es geht,“ erwiderte sie kurz angebunden und setzte sich vorsichtig als könne er sie wieder runterschmeißen auf die Bettkante.
„Leg dich hin, Mutter hat dir noch eine Wärmflasche gemacht.“ Schlug er die Bettdecke zurück und nahm die Flasche hoch um sie ihr nachdem sie lag auf den Bauch zu legen.
„Nicht,“ murmelte sie, „lieber in den Rücken.“ Nahm sie sich die Wärmflasche vom Bauch und legte sie in ihren Rücken.
„Lisa,“ flüsterte nun auch David und versuchte so den Kloß, der sich in seinem Hals gebildet hatte zu überspielen, „wollen wir jetzt reden?“
„Ich weiß nicht ob wir überhaupt noch was zu bereden haben David.“ Antwortete sie Wahrheitsgemäß und richtete sich wieder so weit auf, das sie nun mit dem Rücken ins Kopfkissen an das Kopfteil gelehnt saß. Die Decke zog sie dabei sofort wieder hoch bis zum Hals.
„Ich verstehe,“ schlug er die Augen nieder und knetete nervös seine Hände, „Ich bin einfach ein Idiot, der zuerst redet anstatt denkt. Und ich weiß das ein einfaches es tut mir Leid nicht ausreicht um das was ich getan und gesagt habe zu entschuldigen. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Aber ich möchte das du eins weißt, ich liebe dich Lisa. Aufrichtig und von ganzen Herzen. Dich und den Zwerg, ganz egal ob ich der leibliche Vater bin oder nicht.“
Trotzdem er den Blick gesenkt hielt erkannte Lisa das verräterische Glitzern in seinen Augen und hörte die Tränen schon in seiner Stimme mitschwingen. Sie wusste wie sie nun reagieren sollte. David wusste genau das sie ihn nicht weinen sehen konnte, er wusste doch genau was er tun musste damit sie wieder weich wurde und doch klangen seine Worte einfach nur ehrlich. Sie verspürte ein leichtes ziehen in ihrem Unterleib, doch noch bevor sie in Panik geraten konnte war es wieder vorbei. Verwundert legte sie die Hände über ihren Bauch, was war das gewesen?
Auch David schien es bemerkt zu haben, jedenfalls sah er wieder zu ihr auf und sah sie besorgt an als sein Blick auf ihre schützend über ihren Bauch liegenden Hände sah.
„Ist irgendetwas? Stimmt etwas nicht mit dem Baby?“ fragte er sofort besorgt nach.
Lisa sah ihn nicht an, plötzlich wurde ihr wieder warm ums Herz. War das gerade ein Zeichen gewesen? Wollte ihr Kind ihr so vielleicht etwas sagen? Sie sah auf und direkt in Davids sorgenvolle, tränenverhangenen braunen Augen.
„Nein,“ antwortete sie ihm mit fester Stimme, „Es ist alles in Ordnung. Aber....“ brach sie ab und fragte sich ob sie ihm die Frage, die ihr schon die ganze Zeit über auf der Seele brannte, wirklich stellen konnte.
„Aber?“ hakte er vorsichtig nach.
„Aber ich verstehe nicht wie du dir so sicher sein kannst das du der Vater bist?“
„Das weiß ich ja selber nicht. Ich fühle es einfach, verstehst du?“
Lisa nickte leicht, dann streckte sie eine Hand nach seiner aus, welche er auch sofort ergriff.
„Kannst du mir noch ein einziges Mal verzeihen?“ fragte er dann so leise das sie es fast nicht verstanden hätte, während er seinen Kopf an ihrer Seite im Kissen vergrub.
„Ich denke schon,“ flüsterte sie zurück und strich ihm behutsam über den Rücken, bevor sie wieder hinunterrutschte und sich in seine Arme kuschelte. Sie gestand sich ein wie sehr sie ihn und seine wärme vermisst hatte, wie froh sie über seine Worte war und das sie wieder bei ihm sein durfte. Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, das erste nach 4 einsam langen Wochen.
[B] Kapitel 30 [/B]
Lisa spürte wie irgendwer neben ihr sich hektisch von einer Seite zur anderen wälzte. Im ersten Moment wich sie geschockt zurück, bis sie sich erinnerte, das sie wieder bei David in der Villa war und das sie in seinen Armen eingeschlafen war. Sie fror nicht mehr, richtig warm war ihr allerdings auch nicht. Vorsichtig tastete sie auf dem Nachttisch nach dem Lichtschalter für die kleine Lampe und kurz darauf wurde das Schlafzimmer in warmes Licht getaucht. Ein Blick zur Seite bestätigte ihre Vermutung, das David wohl von einem Alptraum geplagt wurde. Immer wieder wechselte er die Seiten, drehte sich von links nach rechts um schließlich auf dem Rücken liegen zu bleiben und nur noch den Kopf hektisch hin und her zu werfen. Lisa musste nicht groß überlegen, instinktiv kroch sie zu ihm hinüber und versuchte ihn zu wecken.
[I] Wieder stand er vor dem Grab, wieder sah er wie der Sarg hinuntergelassen wurde. Richard trat vor, er ging in die Knie, hielt seine Tränen nicht mehr zurück.
„Als kleiner Junge habe ich mir immer einen großen Bruder gewünscht, jemanden der mich verstand und der mich beschützte. Erst viel zu spät habe ich ihn bekommen und viel zu früh hat er mich wieder verlassen....“ brach seine Stimme bei den letzten Worten, „ Auch wenn wir uns nicht lange kannten Syd, ich habe dir viel zu verdanken. Du warst immer für mich da, hast einen kühlen Kopf behalten wenn ich meinen wieder ausgeschaltet hatte...und... ich liebe dich Syd, wie man nur einen großen Bruder lieben kann....du...du wirst immer bei mir sein....“
David schluckte, diesmal spürte er den Kloß in seinem Hals, er spürte die unerträgliche Last der Trauer auf ihm ruhen, fühlte die salzigen Tränen, die ihm unaufhaltsam über die Wange liefen. Ein Blick nach links zeigte ihm das Lisa auch diesmal neben ihm stand, sie schien etwas zugenommen zu haben, aber man sah keine Anzeichen einer Schwangerschaft. Oder sah man sie nicht mehr?
Friedrich half Richard wieder hoch, er nahm ihn in den Arm und führte ihn zurück zu der Gruppe. Dann trat Laura vor, in der Hand eine weiße Rose, die sie nun über dem Grab fallen ließ, auch sie weinte, konnte ihre Trauer nicht zurückhalten. Sie wollte zum sprechen ansetzten, doch ihre Stimme versagte. Kim trat hinzu, stützte ihre Mutter und strich ihr beruhigend über den Rücken.
„Ich liebe dich Syd,“ flüsterte sie, „Du hast unsere Familie viel zu spät bereichert, ihr wieder einen Sinn gegeben.“ Sie rückte die große Sonnenbrille, die ihre Augen verdeckte zurecht, führte Laura zurück und nahm dann Richard in den Arm.
Erneut sahen alle wieder zu ihm hinüber und er sah sich selber, wie er auf das offene Grab zuging.
„Es tut mir so Leid,“ flüsterte er, so das es die anderen kaum verstanden, „ Du warst doch immer für mich da wenn ich dich gebraucht habe und wo war ich als du mich brauchtest?“ ging er nun selber in die Knie und vergrub das Gesicht in den Händen. Das letzte was er noch wahr nahm war eine Hand auf seiner Schulter, dann wurde es schwarz um ihn herum.[/I]
Gegen 6 Uhr morgens wurde Marie durch das Läuten des Telefons aus ihrem doch eher leichten Schlaf gerissen. Sofort war sie Hellwach und griff nach dem Mobilteil, bevor Richard noch geweckt würde. Stumm hörte sie dem Anrufer zu, nickte nur kaum wahrnehmbar und beendete mit einem, „Wir sind unterwegs,“ das Gespräch.
Schnell schwang sie die Beine über die Bettkante, sammelte ihre Sachen, die ordentlich über dem im Zimmer stehenden Stuhl lagen, bevor sie im Bad verschwand und sich schnell zurechtmachte.
Als sie nach 10 Minuten das Bad wieder verließ blieb sie zögernd vor der Türe zum Schlafzimmer stehen. Konnte sie da nun so einfach reingehen? Doch von können war hier gar keine Rede, sie musste. Leise öffnete sie die Türe und trat dann ein. Die Jalousien waren nicht hinuntergelassen und so wurde das Zimmer vom fahlen Mondlicht erhellt. Sie sah das Richard in der Mitte des großen Bettes auf der Seite lag, sein Atmen ging schnell und unregelmäßig, dazu legte er immer wieder die Stirn in Falten.
Ob er träumt? Fragte sie sich und setzte sich auf die Bettkante, so wie er dalag hatte sie fast ein schlechtes Gewissen ihn zu wecken. Schon als sie spät in der Nacht nach Hause gekommen waren hatte er so einsam und verloren gewirkt, so als könne er seine Sorgen mit niemandem teilen und das kurze Gespräch, das sie gestern geführt hatten bestätigte ihr dies. Sie atmete nochmals tief durch dann berührte sie ihn sachte an der Schulter.
„Herr von Brahmerg?“
Nur langsam öffnete David die Augen, er spürte immer noch eine Hand auf seiner Schulter, doch er hockte nicht mehr auf dem Friedhof, sondern lag in seinem Bett. War das nun wirklich passiert? War Sydney wirklich Tod? Zitternd setzte er sich auf, sah in Lisas besorgte Augen und musterte sie genau. Sie war dünn, etwas zu dünn für seinen Geschmack und strich ihm nun beruhigend über den Rücken.
„Es war nur ein Traum,“ flüsterte sie und zog ihn in die Arme.
„Wirklich?“ fragte er heiser nach und musste krampfhaft die Aufsteigenden Tränen unterdrücken.
„Wirklich,“ lächelte sie ihn leicht an und strich ihm dann eine Träne von der Wange. „Was..was hast du denn geträumt?“ fragte sie dann vorsichtig, sie wollte nicht das er sich wieder von ihr abwandte, sie ausgrenzte und alles in sich hineinfraß.
David löste sich von ihr und blickte auf das Laken, die Hände knetete er nervös ineinander.
„Von Sydneys Beerdigung,“ hauchte er dann und konnte nicht verhindern das die Tränen nun gesammelt einen Weg über seine Wangen suchten.
Geschockt sah Lisa ihn an, rutschte dann aber sofort wieder zu ihm hinüber. Ein ungutes Gefühl beschlich sie, sie erinnerte sich an die Verbindung, die zwischen den drei Brüdern bestand und hoffte das es wirklich nur ein Traum gewesen war.
„Ich mache mir solche Vorwürfe,“ sprach er dann mit Tränenerstickter Stimme weiter, „Ich bin doch Schuld an allem, wenn ich nicht so Stur und Eigensinnig gehandelt hätte wäre das alles nicht passiert. Er war doch immer noch krank und was mache ich? Schmeiße ihn aus der Villa und aus meinem Leben.“
„Du bist nicht der Einzige, der Fehler gemacht hat David. Wir alle haben Fehler gemacht und ich den Größten. Bitte, du darfst dir nicht die alleinige Schuld geben.“
„Aber er ist nur wegen mir gegangen.“
„Nein, er ist auch wegen mir gegangen. Bitte David glaub mir.“
„Das würde ich so gerne, aber ich kann nicht. Zuerst werfe ich dir an den Kopf, das ich nicht heiraten will, dann schmeiße ich Syd aus meinem Leben und dann trenne ich mich auch noch von dir. Ich weiß nicht was mit mir los ist, ich mache einfach immer alles falsch.“
„Du machst nicht immer alles falsch. Ich hätte nicht mit ihm schlafen sollen, ich habe ihn ausgenutzt und ich mag gar nicht daran denken wie er sich gefühlt hat. Wenn einer Schuld ist das Sydney weg ist dann ich.“
„Lisa?“
„Ja?“
„Glaubst du das wir das alles schaffen?“
Sie zögerte kurz, dann nickte sie, „Ja das glaube ich. Und weißt du warum David? Weil wir bisher schon viel schlimmeres durchgestanden haben.“
Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf Davids Gesicht ab, dann lehnte er sich an sie und sog tief ihren Duft ein.
Richard saß sofort senkrecht im Bett als er seinen Namen hörte, er brauchte zwar einen Moment bis er sich erinnerte wo er war, aber dann war er sofort klar im Kopf.
„Ist was mit Sydney?“ fragte er und begann hektisch seine Sachen aufzusammeln.
„Dr. Obermeyer hat angerufen, es gab Komplikationen, die sie aber wieder im Griff haben.....“
„Worauf warten wir dann noch?“ sprang er in seine Jeans und zog sich umständlich den Rollkragenpullover über den Kopf bevor er in seine Schuhe schlüpfte und sie zuband.
„Sydney hat nach ihnen gefragt,“ sprach Marie weiter, „Er möchte sie sehen.“
Richard nickte nur, nahm die Autoschlüssel aus dem Jackett und war schon zur Türe hinaus bevor Marie überhaupt ihre Jacke von der Garderobe nehmen konnte.
Geschwindigkeitsbegrenzungen interessierten Richard auf der Fahrt nicht, all seine Sinne konzentrierten sich nur auf Syd und darauf ihm zu sagen, das er unterwegs war. Zwar spürte er kein Echo, doch trotzdem wollte er versuchen ihn auf diesem Wege zu erreichen. Mit quietschenden Reifen hielt er dann vor dem Krankenhaus, sprang aus dem Wagen und warf der völlig erstaunten Marie die Schlüssel zu bevor er in die Notaufnahme rannte und sich nach Sydney erkundigte.
Dr. Obermeyer wartete allerdings schon auf sie und so führte er ihn sofort zur Intensivstation. Auf dem Weg dorthin erklärte er ihm was genau vorgefallen war.
„Ihr Bruder hatte eine Ventrikuläre Tachykardie, hierbei handelt es sich um eine Herzrhythmusstörung, die mit Absinken des Blutdruckes mit Schwindel, Luftnot oder Ohnmachtsanfall auftritt. In manchen Fällen zeigt sie aber auch gar keine Symptome. Das gefährliche daran ist, das der Übergang in Kammerflimmern droht.“ Erklärte er nüchtern, „Aber keine Sorge, durch die Engmaschige Überwachung haben wir sie frühzeitig erkannt.“ Beruhigte er ihn dann wieder als er Richards besorgtes Gesicht sah. „Danach hat er nach ihnen gefragt und wir haben sie sofort verständigt,“ blieb er vor dem Eingang der Intensiv stehen, „ Allerdings braucht ihr Bruder immer noch Ruhe.“ Erinnerte er ihn nochmals und gab ihm dann einen der blauen Überziehkittel bevor sie zusammen die Station betraten.
Schließlich blieb er vor einem der Zimmer stehen, die Türe war geöffnet und so konnte Richard vorab einen Blick hinein werfen. Sydney schien zu schlafen, fragend sah er zu Dr. Obermeyer.
„Gehen sie nur, aber wecken sie ihn nicht wenn er schläft.“
Richard nickte nur betrat aber dann nach kurzem Zögern das Zimmer. Sydeny wirkte so verloren zwischen den ganzen Kabeln, Schläuchen und Geräten. Vorsichtig zog er sich den Besucherstuhl an das Bett heran, ließ sich darauf nieder und schluckte. Er war sich fast sicher das Syd schlief.
„ Hey,“ flüsterte er deshalb, „Ich bin hier, so wie du es wolltest.“
„Na Endlich,“ kam es schwach zurück und er sah wie Syd die Augen öffnete.
„Du hast nicht geschlafen?“
„Nein,“ richtete Syd nun seinen Blick auf ihn, „Was ist passiert und wann kann ich endlich hier raus? Irgendwie kann oder will mir hier keiner was genaues sagen.“
„Das wird noch etwas dauern großer,“ versuchte Richard sich an einem Lächeln, „Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ Im inneren jedoch seufzte er auf, Sydney erinnerte ihn gerade mächtig an ihren kleinen Bruder.
„Weißt du Richi, eigentlich will ich nur noch in mein Bett und schlafen.“
„Du bist im Bett Syd.“
„Du weißt was ich meine.“
„Ja das weiß ich, hör zu Syd versprichst du mir das du dich nicht aufregst?“
„Ich glaube bei der Menge an Zeugs mit dem sie mich hier zupumpen kann ich mich gar nicht aufregen.“ Klang seine Stimme schläfrig.
„Die Ärzte haben einen Herzschaden festgestellt,“ begann er dann, „Sie meine zwar das es gut aussieht, aber trotzdem darfst du das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie werden dir das alles sicher morgen noch genau erklären....“
„Richard,“ unterbrach Syd ihn dann. Nach dem Wort Herzschaden hatte er nicht mehr wirklich zugehört. Seine Gedanken überschlugen sich, er wusste was das bedeuten würde und doch wollte er es nicht wahrhaben, „Werde ich wieder Gesund werden?“
Richard konnte ihm darauf nicht antworten, er konnte es ihm einfach nicht sagen. Doch ein Blick in seine Augen reichte Syd um die Antwort in ihnen zu lesen. Er wandte den Kopf von ihm ab und schloss die Augen. Kurz darauf ertönte der Alarm der Überwachungsmonitore.
[B] Kapitel 31 [/B]
Plötzlich zuckte David zurück, mit Schreckgeweiteten Augen sah er Lisa an bevor er zurück in die Kissen fiel und seine Atmung sich beschleunigte. Zitternd tastete seine Hand über das Laken, bis er Lisas fand und sie ergriff. Ihm war auf der einen Seite einfach nur unglaublich schwindelig und auf der anderen dann doch wieder nicht. Dabei hatte er das Gefühl, das sein Herz so schnell schlug, das sein Brustkorb platzen müsste. Ängstlich suchten seine Augen die ihrigen, sah ihren besorgten Blick und das sie sich über ihn beugte. Ihre Lippen bewegten sich, doch er verstand kein Wort. In seinen Ohren rauschte es und er wollte nur noch das es endlich vorbei war damit er wieder klar denken konnte. Was passierte da nur gerade mit ihm?
„David?“ fragte Lisa und war sofort über ihm, „David sag doch was? Was ist los?“ flehte sie nun schon, doch immer noch antwortete er nicht, atmete Stoßweise und starrte sie einfach nur an.
„Bitte David! Sag mir doch was du hast, damit ich dir helfen kann.“ Bildeten sich die ersten Tränen in ihren Augen.
Immer noch keine Antwort, sie wollte sich gerade von ihm lösen um Laura und Friedrich zur Hilfe zu holen als er ihre Hand fester drückte. Sofort wandte sie sich ihm wieder zu und bemerkte erleichtert wie er sich langsam wieder entspannte.
„Mein Gott David, was hast du denn? Weißt du wie du mich erschreckt hast?“
Endlich hörte es auf, endlich konnte er wieder klar denken und als der Schwindel fast abgeklungen war begriff er auch was das gerade gewesen war. Der Traum wurde Realität, es war eindeutig Sydney, den er so intensiv wahrgenommen hatte. Langsam beruhigte sich auch seine Atmung wieder, er wollte sich aufsetzten doch Lisa drückte ihn sanft, aber bestimmt wieder zurück.
„Bleib liegen, bitte.“ Flüsterte sie und strich ihm über die Wange, „Alles wieder OK?“
„Ja,“ hauchte er, dann schloss er die Augen.
„ Was war das denn? Soll ich deine Eltern holen das wir dich zu Dr, Lorenz bringen können.“
„Nein, bitte es war kein Anfall, also es...es hatte nichts mit mir zu tun.“
„Nicht mit dir? David bitte du hast keine Luft bekommen.“ Flehte sie erneut.
„Es war Syd,“ wandte er nun den Blick von ihr ab, „Er stirbt.“ Brach seine Stimme im letzten Satz.
Geschockt sah Lisa ihn an, ein Teil von ihr verstand was er damit sagen wollte, doch ein anderer Teil wollte es nicht wahrhaben, wollte lieber das es eine Überreaktion Davids gewesen war, als irgendein Echo von Syd.
„Bist du dir da ganz sicher?“ fragte sie deshalb nach und bekam ein nicken anstatt einer Antwort. Sie hörte wie er nochmals tief durchatmete und sich dann erneut aufsetzte. Diesmal konnte sie es nicht verhindern. Ungläubig sah sie wie er sich anziehen wollte. „Was hast du nun vor? Wo willst du hin?“
„Ich muss Richard erreichen, ich muss wissen wo er ist, vielleicht hat er Syd ja gefunden, ich....ich muss verhindern das er Meinetwegen stirbt.“
„Nirgendwo gehst du hin! David bitte, denk doch auch an deine Gesundheit.“ Erhob sie sich nun auch, „Du kannst Richard anrufen, aber ich werde nicht zulassen, das du in deinem Zustand einmal quer durch die Stadt fährst!“
„Richard ist nicht in der Stadt,“ flüsterte er nun, „Richard ist auf der Suche nach Syd und ich muss ihm helfen.“
„Was macht er?“ fragte sie ungläubig nach, sie hätte nicht gedacht das Dr. Lorenz Richard so schnell entlassen würde. Geschweige denn das er zustimmen würde das er sich auf die Suche nach Sydney machte.
„Er hat schon die letzten 3 Wochen von hier aus nach ihm Gesucht und jetzt wollte er einer Spur nachgehen.“
„Ihr seid doch wirklich alle nicht mehr ganz bei Trost.“ Verdrehte Lisa die Augen und ließ sich wieder auf das Bett fallen, sie konnte und wollte das alles nicht begreifen. „Haben Laura und Friedrich irgendein Gen, das sie euch vererbt haben in dem die Information gespeichert ist das ihr andauernd euer Leben riskieren sollt?“ sah sie ihm nun in die Augen und erwartete nicht wirklich eine Antwort auf ihre Frage.
David hielt in seiner Bewegung inne, er wusste genau was sie damit sagen wollte und Schuldbewusst senkte er den Kopf. „Vielleicht,“ flüsterte er, dann konnte er sich ein grinsen nicht mehr verkneifen und sah sie wieder an. Sie war Kreidebleich und ihre Hände zitterten. Mit einem großen Schritt war er wieder bei ihr und legte seinen Arm um ihre Schulter, „Hey alles OK?“
„Ja...mir...mir ist nur übel.“ Sprang sie auf und verschwand im Badezimmer.
Noch bevor Richard reagieren konnte stürmte Dr. Obermeyer mit einem Team aus Ärzten und Schwestern ins Zimmer. Ohne ihn weiter zu beachten, begannen sie sich um Syd zu kümmern. Richard spürte nur das jemand ihn am Ärmel des Kittels zog, wie in Trance blickte er zur Seite und sah in das Gesicht einer jungen Schwester, die ihn kurz anlächelte und ihn dann bestimmt aus dem Zimmer zog.
Irgendwie wirkte ihr Lächeln auf dieser Station fehl am Platze, doch noch bevor er sich darüber aufregen konnte stand er vor der Türe zur Station und sah Marie, wie sie von einem der Stühle im Wartebereich zu ihm aufsah. Ein Blick zur Seite verriet ihm, das die Schwester schon wieder auf der Station verschwunden sein musste. Nur ein Hauch von Desinfektionsmitteln vermischt mit einem Spritzer von Parfum erinnerte ihn an ihre Anwesenheit. Er sah wie Marie aufstand, alles schien sich wie in Zeitlupe zu bewegen, und zu ihm hinüberkam. Er wollte ihr entgegen gehen oder sich auf dem Absatz rumdrehen und zurück zu Sydney laufen, doch er konnte sich nicht bewegen.
„Was ist passiert?“ fragte Marie und sah in Richards vor Schock geweiteten Augen, doch eine Antwort bekam sie nicht. Beunruhigt nahm sie ihn am Arm, ging langsam mit ihm zu den Stühlen im Wartebereich und ließ sich mit ihm zusammen darauf nieder. Immer noch schien er nicht bemerkt zu haben das er sich noch weiter von der Station entfernt hatte. „Herr von Brahmberg, ist alles in Ordnung mit ihnen?“ fragte sie nun und drehte seinen Kopf in ihre Richtung, damit er nicht weiter auf die Türe starren konnte. Sie sah wie er langsam zurück fand, wo immer er auch gewesen war, das sich sein Blick und somit auch seine Gedanken wieder im Hier und Jetzt befanden. Langsam löste er sich aus ihrem Griff, verschränkte die Hände in einander und sah zu Boden.
„Es gibt wieder Komplikationen,“ flüsterte er, „Er...er...der Monitor schlug Alarm.“ Mehr brachte er nicht hinaus, mehr wusste er auch nicht. Er lehnte sich zurück, richtete den Blick wieder auf die Türe. Seine Gedanken waren schon lange wieder bei Syd und er bemerkte nicht, das sich ein dünner Schweißfilm auf seiner Stirn gebildet hatte während immer mehr Farbe aus seinem Gesicht wich.
[I] Verdammt noch mal du kannst jetzt nicht so einfach gehen![/I] fluchte er während er versuchte die Verbindung zu Syd aufrecht zu erhalten, [I] Du warst es doch, der mir gesagt hat ich könne nicht so einfach verschwinden und was willst du nun tun? Das ist doch dasselbe! David wird bei dir genauso leiden wie wenn ich gegangen wäre. Er würde es nicht verstehen auch wenn du es für das Beste hälst und weist du was Syd? Ich auch nicht! Hörst du mich? Ich werde nicht zulassen das du dich einfach so davon stiehlst![/I]
Immer wieder glitt Maries Blick besorgt zu Richard hinüber, dieser hatte seine Augen halb geschlossen und seine Atmung war flach. Dazu war er inzwischen weiß wie die Wand an der er lehnte. Sie hoffte das es keine ernsten Komplikationen waren, das die Ärzte sie schnell unter Kontrolle hatten und Entwarnung gaben, soweit das noch möglich war. Erneut ruhte ihr Blick auf Richard, nun war sie sich sicher, das es ihm ebenfalls nicht gut ging, das er anders aussah wie auf den offiziellen Fotos, dünner, viel dünner, wie der eng anliegende Rollkragenpullover preis gab. Sie beschloss, egal was der Arzt sagen würde Sydneys schweigen zu brechen, wenn Richard nicht in der Lage war die Familie in Berlin zu informieren dann würde sie das tun. Nicht nur weil sie ein Recht darauf hatten, sondern auch weil es so nicht weiter ging. Richard konnte diese Last nicht länger alleine tragen.
Sie sah erneut zur Seite und bemerkte das er die Augen nun ganz geschlossen hatte, sein Atem war immer noch flach, aber regelmäßig.
Die Türe zur Station wurde geöffnet und Dr. Obermeyer trat hinaus, er kam direkt auf sie zu, doch Marie konnte seine Miene nicht deuten. Vor ihnen blieb er stehen, warf einen skeptischen Blick auf Richard und räusperte sich dann.
Keine Reaktion, Richard schien ihn nicht bemerkt zu haben, sie seufzte kurz auf und berührte ihn dann an der Schulter. „Herr von Brahmberg?“
Müde schlug er die Augen auf, er fühlte sich als hätte er seit Tagen nicht mehr geschlafen und irgendwie stimmte das ja auch. Sein Blick fiel sofort auf den Arzt und er war wieder Hellwach.
„Wie geht es ihm?“ kam es dann schnell über seine Lippen.
„Es geht ihm den Umständen entsprechend wieder gut, wie konnten die Rhythmusstörungen in den Griff bekommen und haben ihm nun noch zusätzlich Medikamente dagegen gegeben. Wahrscheinlich wird er auch diese ein Leben lang einnehmen müssen, aber wir sind zuversichtlich das sie anschlagen werden. Er schläft jetzt wieder und sie sollten auch nach Hause gehen.“ Fasste er sich kurz, was Richard skeptisch aufhorchen ließ.
„Was hat das für Konsequenzen, ausser das noch ein Medikament hinzukommt?“
„Eigentlich keine, das Problem ist das die Tachykardie in tödliches Kammerflimmern übergehen kann, beziehungsweise ein kardiogener Schock droht. Beides konnten wir verhindern und durch die engmaschige Überwachung können wir bei beidem auch schnell einschreiten. Später sollte er allerdings bei den kleinsten Anzeichen, trotz Tabletten, sofort einen Arzt aufsuchen.“ Wandte er sich zum gehen, „Sie können dann ab jetzt zu den regulären Besuchszeiten zu ihm.“
Richard sah ihm hinterher, irgendwie erreichten seine Worte, sein Gehirn noch nicht. Wenn er selber sich schon wie von einem LKW überfahren fühlte, wie musste Syd sich dann fühlen? Er sah das Marie aufstand und auf ihn wartete. Nur langsam folgte er ihr, Richard wusste das es so nicht weiter ging. Er konnte es nicht weiter vor sich her schieben. Sie waren miteinander verbunden, was wenn David irgendwas spürte? Das konnte er nicht verantworten. Wortlos stieg er auf der Beifahrerseite ein, wartete bis Marie den Wagen gestartet hatte und zog dann sein Handy aus der Innentasche seines Jacketts.
[B] Kapitel 32 [/B]
„von Brahmberg?“ meldetet sich Mariellas verschlafene Stimme am anderen Ende der Leitung.
„Hallo Mariella,“ flüsterte er fast und bemerkte das Marie ihn von der Seite kurz musterte.
„Richard? Mein Gott ist was passiert?!“ kam sofort die besorgte Antwort.
„Wie kommst du denn da drauf?“ versuchte er unbeteiligt zu klingen, doch er konnte die Sorge und die Müdigkeit nicht wirklich aus ihr vertreiben.
„Es ist 6 Uhr in der Früh, an einem Samstag Morgen. Da rufst du nicht ohne Grund an.“
„Du hast ja recht,“ erwiderte er leise und senkte den Blick obwohl er genau wusste das sie ihn nicht sehen konnte, „Ich habe ihn gefunden.“
„Du...du hast was?! Aber das sind doch wundervolle Neuigkeiten. Hast du David und Laura schon angerufen?“
„Nein, nein es ist also, es geht ihm nicht gut Mariella und ich weiß nicht wie ich es ihnen sagen soll. Schon gar nicht am Telefon.“ Wurde seine Stimme zum Ende hin immer leiser.
Kurze Zeit herrschte Stille in der Leitung und er überprüfte ob er sich nicht in einem Funkloch befand. Doch die Verbindung war noch intakt. „Mariella?“ fragte er deshalb nach.
„ Was ist passiert?“ hörte er nun auch an ihrer Tonlage, das sie ahnte, das er außer Syd gefunden zu haben keine guten Nachrichten hatte.
„Er...also...Mariella sag mir bitte wie ich ihnen beibringen soll, das Sydney nie wieder gesund wird.“ Konnte man nun die Tränen in seiner Stimme hören.
„Wie...wie meinst du das nie wieder gesund? Richard was hat er? Einen Unfall?“
„Keinen Unfall,“ brach seine Stimme immer mehr, „Er ist krank, schwerkrank.“
„K...krank?“ stotterte Mariella nun, „Was hat er? Richard sag es endlich, bitte.“
„Er hat eine Herzkrankheit...ich...es könnte ein Gendeffekt sein, aber eigentlich ist das nun auch egal. Er wird nie wieder Gesund werden Mariella und ich weiß nicht wie ich es den anderen beibringen soll.“
„Richard, beruhige dich erst einmal wieder. Ich werde mir etwas überlegen, versprochen. Bist du im Hotel oder noch im Krankenhaus?“
„Ich bin auf dem Weg zurück in Syds Wohnung.“ Kurz nachdem er den Satz gesprochen hatte konnte er seine Schwester förmlich vor seinem inneren Auge nicken sehen.
„Gut, ich werde nachdenken wie wir es ihnen am besten und schonensten beibringen und du legst dich bitte noch etwas hin. Ich melde mich im späten Vormittag wieder bei dir.“
„Ich kann jetzt nicht schlafen Mariella....“ flüsterte er mit Tränenerstickter Stimme.
„Doch du kannst Richi, ich weiß das du das kannst. Ich würde dir jetzt zwar gerne Sagen, das alles wieder gut wird, aber das kann ich nicht. Nicht nachdem was du erzählt hast. Aber ich weiß das Sydney kämpfen wird.“
„Da bin ich mir nicht so sicher.“ Murmelte er mehr zu sich selbst, doch er war sich trotzdem sicher das Mariella ihn verstanden hatte. Er hörte wie sie zu einer Antwort ansetzten wollte und legte auf.
[I] Sydney wusste nicht wo er war, es war Dunkel und nur langsam schien sich das Tageslicht einen Weg zu bahnen. Doch langsam konnte er Umrisse eines Zimmers erkennen, eines Schlafzimmers, eines ihm bekannten Schlafzimmers. Zwei Personen lagen auf dem Bett, die Frau hielt den Mann eng umschlungen. Er wurde immer wieder von Weinkrämpfen geschüttelt, vergrub seinen Kopf immer tiefer im Kissen vergrub. Langsam löste sich die Frau von ihm, stand auf und er konnte ihr Gesicht erkennen. Es war Lisa, auch sie schien geweint zu haben, ihre Augen waren gerötet und eine nasse Spur zierte ihre Wangen. Sie ging hinüber zu dem Stuhl, über dem ein schwarzes Umstandskleid hing. Er ließ seinen Blick weiter durch das Zimmer gleiten, sein Blick fiel auf den schwarzen Anzug, der am Ende vom Bett lag. Lisa war verschwunden, aber nur um im nächsten Moment umgezogen wieder aufzutauchen. Sie ging zu dem Mann im Bett hinüber, strich ihm sacht über die Schulter.
„Du musst dich fertig machen Schatz.“ Sagte sie sanft.
„Nein, ich will nicht! Ich kann nicht!“ wurde die Stimme fast vom Kissen erstickt.
„Du kannst das David,“ strich sie nun durch sein Haar, „Was soll Syd denn denken wenn du nicht auftauchst?“
David fuhr herum, in seinen Augen las er unbändige Trauer, aber auch Wut. Auf wen war er denn nur so wütend? Doch wohl nicht auf Lisa. Sydney ging noch einen Schritt näher auf sie zu, sie schienen ihn nicht zu bemerken. Er fragte sich wie Lisa das gemeint hatte.
„Gar nichts wird er denken!“ fuhr er sie an, „Er ist Tod und wenn ich da heute hingehe, dann...dann, es war doch alles meine Schuld!“
„Nein! Das war es nicht David.“ Setzte sich Lisa zu ihm, „Niemand hat Schuld, er war krank.“
„Wenn ich ihn nicht weggeschickt hätte, dann...dann wäre uns vielleicht früher was aufgefallen. Dann wäre er jetzt noch am leben.“ Schmiegte er sich wieder an sie.
„Was geschehen ist, ist geschehen. Es war nicht deine Schuld, niemand weiß ob wir es früher gesehen hätten.“
„Er fehlt mir so,“ flüsterte David nun, „Er ist einfach so gegangen, ohne...er...ich...ich konnte mich noch nicht einmal von ihm verabschieden.“
„Schsch... er wollte bestimmt noch nicht gehen.“ Strich sie ihm erneut über den Rücken, löste sich dann wieder von ihm und hielt ihm den Anzug hin.
Mit zittrigen Fingern nahm er ihn entgegen, beäugte ihn nochmals kritisch und verschwand dann im Bad um sich für den letzten Schritt Umzuziehen.
Erschrocken stolperte Syd zurück, das durfte nicht wahr sein. Er war nicht Tod, oder doch? Aber er fühlte sich doch noch so lebendig, er wollte David doch noch so viel sagen, sich erklären. Er wollte nicht sterben wenn er den Streit mit David nicht behoben hatte.
Plötzlich wurde das Zimmer wieder dunkler, als ob ein Schatten sich darüber legen würde, dann sah er die Hand vor Augen nicht mehr. [/I]
[B] Kapitel 33 [/B]
Erschöpft lehnte Richard sich im Flieger zurück und ließ die letzten 3 Tage Revue passieren. Nach Sydney erneuten Herzrhythmusstörungen ging es langsam Bergauf. Die Untersuchungen zeigten das die Medikamente Anschlugen und Sydney selber schien sich auch schon wieder besser zu fühlen. Mit Mariella hatte er Verabredet das er nun für einen Tag zurück nach Berlin kam um den anderen endlich die Nachricht zu überbringen. Am Telefon hatte er sich einfach nicht dazu durchringen können, zu groß war die Sorge, das David wieder einmal vollkommen überzogen reagierte und niemand da wahr, der ihm klarmachte das, das Sydney auch nicht helfen würde.
Zudem hatte er ein längeres Gespräch mit Dr. Obermeyer in der Telefonkonferenz mit Dr. Lorenz hinter sich. Obermeyer drängte ihn danach das man David daraufhin untersuchte ob es möglicherweise ein Gendefekt war. Lorenz hatte ihn dann soweit beruhigen können, als das er noch genug Blutproben von David habe, da dieser erst einen Tag vorher zur Kontrolluntersuchung da gewesen sei und er ihn nicht nochmals herbeordern musste. Gleichzeitig hatte er Obermeyer zugesichert Sydneys Akte zu faxen und ihn gebeten ein Auge auf Richard zu halten. Dies hatte er nur mit einem wütendend schnauben abgetan, woraufhin Obermeyer die weitere Konferenz ohne ihn abgehalten hatte. Wahrscheinlich hatte Lorenz ihm auch seine Akte gefaxt, so wie er danach begutachtet worden war.
Er schüttelte den Kopf, wollte nicht mehr an das Gespräch denken, was danach folgte. Er hatte keine Zeit sich zu schonen, er musste zusehen das Sydney seine Therapie nicht gefährdete und irgendwie musste er dem Rest der Familie noch schonend beibringen was geschehen war und welche Konsequenzen das für sie alle hatte.
Die Maschine setzte zum Landeanflug auf Berlin an, Mariella würde schon auf ihn warten und dann würden sie sofort in die Villa fahren bevor Friedrich sich auf den Weg zu Kerima machte. Eigentlich hatte er sich die Worte, die er ihnen zu sagen hatte zurecht legen sollen, aber irgendwie hatte das nicht so ganz geklappt.
Hart setzte der Flieger auf der Landebahn auf, bremste ab und rollte schließlich gemütlich in Richtung Terminal und obwohl er ziemlich weit vorne saß ließ er sich Zeit beim Aussteigen. Gepäck hatte er ausser seiner Aktentasche keins und so würde er eh sofort hinaus in die Ankunftshalle treten können. Er versuchte alles um das unausweichliche noch etwas hinauszuzögern. Doch seine Beine trugen ihn schließlich wie von selbst hinaus und direkt auf seine Schwester zu.
„Richard!“ umarmte sie ihn kurz bevor sie ihn von Kopf bis Fuß musterte, „Wie geht es ihm?“
„Seinem Verhalten nach zu Urteilen bestens,“ seufzte er auf und folgte ihr zum Wagen.
„Bestens?“ hakte sie nach.
„Ja, er nervt nicht nur mich, sondern inzwischen das ganze Pflegepersonal.“ Verdrehte Richard die Augen, „Er meint ihm ginge es wieder gut und er wolle nach Hause. Er hätte noch einiges zu erledigen.“
„Aber es ist doch eigentlich ein gutes Zeichen, das er schon wieder rumeckert.“
„Eigentlich ja, aber erinnerst du dich an David? Nachdem Kowalski ihn angeschossen hat?“
„Ja,“ seufzte nun Mariella auf.
„Syd ist schlimmer und glaub mir läge er nicht immer noch auf der Intensivstation, dann wäre er schon längst abgehauen. Aber das schlimmste ist ja das er nicht mit der Sprache rausrückt was er denn noch unbedingt erledigen muss. Marie weiß da auch nichts, sie weiß ja noch nicht mal was er in Düsseldorf wollte, ausser weglaufen. Er blockt da einfach immer ab und sein Blick als ich ihm erzählte das ich für einen Tag zurück nach Berlin muss. Ich konnte ihn einfach nicht deuten, aber als einzige Reaktion darauf bekam ich nur ein ganz leichtes nicken.“
„Du machst dir Sorgen um ihn.“
„Natürlich mache ich mir Sorgen um ihn!“ brauste er auf und zuckte im gleichen Moment erschrocken zusammen, „Entschuldige, ich hatte nicht viel Schlaf in letzter Zeit.“
„Den solltest du dir aber nehmen Richard, du bist selber auch noch nicht wirklich fit und es nützt weder David noch Syd wenn du dich neben ihn legen kannst.“
Richard zog es vor nicht darauf zu antworten, er sah lieber Stur aus dem Beifahrerfenster und beobachtete die in der Ferne liegende Villa Seidel, die immer näher kam. Urplötzlich verspürte er den Wunsch sich tiefer in die Polster des Wagens sinken zu lassen und als Mariella den Wagen vor der Türe parkte sah er hilflos, die hohe Fassade hinauf.
„Na komm, auf in den Kampf.“ Forderte sie ihn zum Aussteigen auf. Langsam drehte er den Kopf in ihre Richtung und zum ersten Mal sah Mariella Angst in den Augen ihres Bruders.
Genervt starrte Sydney an die weiße Krankenhausdecke, er wusste genau warum Richard für einen Tag zurück nach Berlin gereist war und das passte ihm so gar nicht in den Kram. Er wollte nicht das David von seiner Krankheit erfuhr bevor sie sich ausgesprochen hatten. Er wollte einfach nicht das David sich nur mit ihm versöhnte weil er unheilbar Krank war. Er konnte schon die vor Mitleid triefenden Blicke sehen und genau das war es war er nicht ertragen konnte. Er wollte kein Mitleid, ihm ging es gut, er fühlte sich besser. Sowieso konnte er nicht verstehen warum man ihn immer noch unter ITS Beobachtung hielt. Wollte man das er sich zu Tode Langweilte wenn ihn die Krankheit schon nicht sofort umbrachte?
Sofort sah er Richards Gesicht vor sich, wie er verärgert die Augenbrauen zusammenschob und ihn eingehend musterte bevor er ihn an David erinnerte und wie viel Glück sie beide gehabt hatten. Wie viel Glück er hatte das die DCM so früh entdeckt worden war, das er in diesem Stadium schon solche Beschwerden gehabt hatte und nun ja keine Dummheiten machen sollte.
Ich habe keine Hochzeitsreise mehr auf die ich dich nun schicken könnte, hatte Richard dann hinzugefügt und ein kleines Lächeln hatte sich auf sein Gesicht geschlichen. Allerdings konnte Syd auch gut auf eine Reise zu den Malediven verzichten, ihm reichte es schon wenn sie ihn endlich auf die normale Station verlegen würden.
Die Türe zu seinem Zimmer wurde geöffnet und er stöhnte leise auf, in der Erwartung das wieder eine Schwester das Zimmer betreten und die Anzeigen sowie die Infusionen kontrollieren würde. Doch zu seinem Erstaunen sah er Maries Kopf durch die einen Spalt breit geöffnete Türe schauen.
„Na Großer? Wie geht es dir?“
„Bestens, wenn ich nicht vor Langeweile umkäme,“ schmollte er sofort und richtete seinen Blick wieder gegen die Decke.
„Ich kann dir ja ein Buch besorgen, lesen lenkt ab.“
„Nein Danke, nachher konfiszieren sie das auch noch weil es ein Krimi ist und ich mich nicht aufregen darf.“ Schnaubte er.
Marie antwortete ihm nicht, sie beobachtete ihn eine Weile und nahm dann seine Hand in ihre, „Sag mal Sydney was ist dein eigentliches Problem?“
„Mein Problem? Das fragst du noch? Ich liege hier an irgendwelche Maschinen gefesselt und darf mir 24 Stunden am Tag die Decke anstarren. Mir geht es wieder gut, ehrlich. Warum verlegen sie mich denn nicht?“
„Dr. Obermeyer wartet noch auf die letzten Testresultate, ich bin sicher das wenn sie gut aussehen, du bald verlegt wirst.“
„Könntest du mir Bald bitte etwas genauer beschreiben? Ich will hier einfach nur noch raus, reicht es denn nicht schon das ich bis an mein Lebensende diese Armada von Pillen einwerfen muss?“
„Syd,“ begann sie und setzte sich auf die Bettkante, „ich weiß das Geduld nicht deine Stärke ist, aber die musst du nun mal aufbringen....“
„Ich will einfach nur noch nach Hause, ich....ich...“ er brach ab und drehte den Kopf zur Seite, wollte nicht das sie seine Tränen sah. Er schalt sich selber dafür seit seinem Traum so sentimental zu sein, aber irgendwie hatte er seitdem schreckliches Heimweh nach Berlin. Er vermisste die besorgte Stimme seiner Mutter, die Väterlichen Ratschläge von Friedrich und er vermisste seinen Bruder. Er wollte ihm endlich erklären wie das damals war, er wolle sich endlich mit ihm versöhnen.
„Schsch, alles wird wieder gut Syd. Ich bin mir sicher Richard wird heute Abend wenn er zurück ist auch noch mal vorbeischauen und wer weiß vielleicht kann er ja in Absprache mit eurem Arzt in Berlin etwas regeln das du sobald du auf Normalstation darfst nach Berlin verlegt wirst.“
Ruckartig drehte Syd den Kopf wieder zu ihr und sah sie ungläubig an, „Woher weißt du.....“
„Ich kenne dich seit dem du knapp aus den Windeln raus bist Syd, ich weiß doch wie sehr du an deiner neuen Familie hängst, genauso wie an deinem Vater.“
Kurz presste er die Lippen aufeinander, sein Vater. Er hatte Marie immer noch nicht erzählt das der Kontakt zu ihm seit der Fusion fast abgebrochen war. Ab und an bekam er noch einen wütenden Anruf, wie er das nur hatte tun können, aber mehr auch nicht.
„Hast du ihn schon angerufen?“ flüsterte er dann.
„Marlon? Nein ich wollte abwarten bis Richard die Seidels informiert.....“
„Lass es bitte, ich...also...ich sage es ihm lieber selber. Du weißt ja sein Herz.“
Verwundert sah Marie ihn an, irgendetwas war da im Busch, doch sie nickte nur und machte sich Gedanklich eine Notiz, Richard am Abend wenn er zurückkehrte darauf anzusprechen. Vielleicht wusste er ja was da los war.
[B] Kapitel 34 [/B]
Noch bevor Mariella klingeln konnte wurde ihnen von Gabriele geöffnet, anscheinend wurden sie schon erwartet. So schlug Mariella auch sofort den Weg in den Salon ein während Richard ihr nur zögerlich folgte. Durch die Glasscheibe konnte er erkennen, das die anderen schon auf den Sofas saßen und warteten. Ebenso erkannte er das Laura wohl Gabriele beauftragt hatte ein Frühstück für alle herzurichten. Noch einmal atmete er tief durch, dann trat er ein.
Sofort erlosch jegliche Konversation im Raum und für einen Moment erinnerte er sich an die Zeit, als er kein gern gesehener Gast in der Villa Seidel gewesen war. Doch so schnell wie er dieses Bild vor Augen hatte verschwand es wieder als Friedrich sich erhob, auf ihn zukam und ihn kurz umarmte.
„Schön das du wieder da bist Richard, Mariella meinte du hättest etwas mit uns zu besprechen?“ wies er auf den freien Platz.
„Ja, das habe ich.“ Gab er nur nichtssagend zur Antwort und ließ sich neben Mariella auf dem Sofa nieder, griff nach der schon gefüllten Kaffeetasse und sah wieder auf in erwartende Gesichter. Er musste schlucken, sich zwingen den Blick nicht wieder zu senken. „ Ich habe ihn gefunden,“ begann er dann leise.
„ Gott sei dank, wo ist er?“ stieß Laura erleichtert aus.
„Er ist in Düsseldorf....“
„Düsseldorf!“ stieß nun Lisa aus und sah hilflos zu David, warum war sie darauf nicht sofort gekommen?
„Aber wenn er in Düsseldorf ist, warum hast du ihn nicht gleich mitgebracht?“ fragte nun Friedrich.
Richard schluckte, sein Blick traf sich mit Davids und er wusste das sein kleiner Bruder eine Ahnung hatte, das auch er irgendetwas gespürt haben musste. „Deswegen bin ich hier,“ flüsterte er nun, konnte seine Stimme nicht dazu bringen lauter zu sprechen, „Er ist krank.“
David sog scharf die Luft ein, an seiner Hand, welche er mit Lisa verstrickt hatte, traten die Knöchel schon weiß hervor. Er sah wie Lisa kurz das Gesicht verzog, den Blick trotzdem weiter auf ihn gerichtet. Niemand sagte etwas, es war als wüssten alle das nun der schlechte Teil der Nachricht kommen würde und doch sah er in ihren Augen die Erwartung das er ihnen trotz allem sagen würde das alles wieder gut würde. Hilfe suchend sah er zu seiner Schwester hinüber, wusste nicht wie er es ihnen nun beibringen sollte fand einfach nicht die richtigen Worte. Er räusperte sich, einmal, zweimal, dann musste er den Blick senken, unterbrach den Kontakt. Er konnte das nicht, er konnte es einfach nicht, sein Puls beschleunigte sich, seine Atmung wurde flacher und ein leichter Schweißfilm bildete sich auf seinem blassen Gesicht. Plötzlich spürte er Mariellas Hand auf seinem Rücken, die ihn näher zu sich zog und dann beruhigend darüber strich.
„Soll ich es ihnen sagen?“ flüsterte sie ihm zu, so das nur er es verstehen konnte.
Schnell schüttelte er den Kopf atmete einmal tief durch und sah dann wieder auf, die Züge auf den Gesichtern hatten sich verändert, vor allem auf Davids. Während die Anderen in leicht besorgt musterten, spiegelte sich in dessen nackte Angst wieder. Angst das sein Traum wahr werden könnte, Angst das, das was er letztens erst gespürt hatte wirklich ein Echo von Syd gewesen war, Angst davor seinen großen Bruder nie wieder zu sehen.
„Krank?“ wiederholte nun Laura, „Grippe?“
„Nein,“ schüttelte Richard den Kopf, „Er...er also es ist sein Herz, er leidet an dilativer Kardiomyopathie, einer Herzkrankheit, die eventuell durch einen Gendefekt aufgetreten ist.“
Kurze Zeit herrschte nach diesen Worten stille, nur langsam schien das Ausmaß seiner Worte zu ihnen vorzudringen, dann war es Friedrich der sich zuerst wieder fing.
„Heißt das, das er sterben wird?“ fragte er und bemühte sich sachlich zu klingen.
Richards Blick blieb auf David geheftet, dieser zeigte keine Reaktion, starrte ihn nur mit großen Augen an, so als wolle er ihn dadurch dazu bringen seine Worte zu revidieren.
„ Sein behandelnder Arzt ist der Meinung das es soweit nicht kommen wird, die Krankheit wurde früh entdeckt und wird wohl mit Medikamenten in den Griff zu bekommen sein.“ Musste er die Augen wieder auf den Teppich senken, „Allerdings gab es kurz nach der Diagnose Komplikationen in Form von Herzrhythmusstörungen, aber auch da sind sie guter Hoffnung medikamentös Besserung zu verschaffen. Er spricht auch gut darauf an, raubt mir und dem Medizinischen Personal schon wieder den letzten Nerv.“
„Sag mal bist du jetzt vollkommen übergeschnappt?!“ fuhr David plötzlich hoch, „Wie kannst du nur so etwas sagen?! Syd ist krank, schwer krank, wenn man deinen Aussagen glauben schenken darf und du hast nichts besseres zu tun als das ganze Lächerlich zu machen?! Hast du wirklich kein bisschen Anstand, so wie wir früher immer geglaubt haben, gehört das vielleicht alles zu deinem Masterplan?!“
Geschockt sah Richard seinen kleinen Bruder an, wie kam er nun da drauf? Vertraute er ihm denn immer noch nicht wirklich? Hatte er denn nicht schon bewiesen, das er sich geändert hatte? Seine Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht, auch wenn sein Verstand ihm sagte das es der Stress und die Sorge um Syd waren, die David zu dieser Aussage gerissen hatten, so hatte er damit auch einen Wunden Punkt in seiner Seele getroffen. Seine Miene verhärtete sich, zeigte keinerlei Emotionen mehr, langsam stand er auf ignorierte den Schwindel, der ihn erfasste und verließ ohne eine weiteres Wort den Salon. Im Flur musste er sich dann gegen die Wand lehnen, sich an der Kommode festhalten.
[I] Er meint das nicht so,[/I] meldete sich sein Verstand zu Wort.
[I]Nein? Und warum sagt er es dann erst? David trug schon immer sein Herz auf der Zunge,[/I] konterte sein Herz.
Graue Flecken begannen vor seinen Augen zu tanzen, die aufgeregten Stimmen, die eben noch klar an sein Ohr gedrungen waren wurden immer leiser, bis sie schließlich in ein Rauschen übergingen. Er bemerkte nicht wie seine Beine endgültig unter ihm nachgaben und er hart auf den Boden rutschte.
Fassungslos starrten Laura und Friedrich erst David an, dann Richard hinterher, bevor sie sich ansahen. Beide um Worte bemüht und doch wollten sie die richtigen nicht finden. Zwischen ihnen fand eine stumme Kommunikation statt und erst als sie merkten das Mariella und Lisa sich David zuwandten standen sie auf um hinter Richard her zu gehen.
„Sag mal spinnst du jetzt total?“ fuhr Lisa David an, „Wie kannst du ihm solche Vorwürfe machen?“
Doch David antwortete nicht sah nur schmollend auf die Türe zum Flur.
„David!“ schaltete sich nun Mariella ein und setzte sich an seine linke Seite, „Was ist denn nur los mit dir? Erst fährst du Syd an, dann Lisa und nun Richard.“
„Ist doch wahr,“ nuschelte er nur, selber nicht mehr ganz von seinen Worten überzeugt.
„ Ist das dein neues Hobby?“ fragte Lisa nun in ruhigem Ton, „Die Menschen, die dir am nächsten stehen zu verletzten? Wer ist der nächste? Mariella? Oder deine Eltern? Kim? Oder genießt du gerade das Gefühl von Macht, die du über uns hast wenn es uns nicht gut geht?“
Geschockt blickte er zu ihr auf, wie konnte sie so etwas von ihm denken? Doch noch bevor er ihr darauf eine Antwort geben konnte sprach sie weiter.
„ Wir verstehen ja alle das du dir Sorgen machst, das du ein schlechtes Gewissen hast, aber das musst du nicht an uns auslassen.“
Schuldbewusst senkte er seinen Blick wieder, verkrampfte die Hände ineinander und biss sich auf die Unterlippe. Sie hatten Recht, er durfte seine Sorgen, sein schlechtes Gewissen, seine Wut auf sich selber nicht an anderen auslassen, schon gar nicht an Richard. Ohne ihn wüssten sie immer noch nicht wo Syd war, ohne ihn hätten sie ihn nicht gefunden, ohne ihn wäre ihre Familie doch schon längst auseinander gebrochen. Richard hatte sie in den letzten Wochen dazu gebracht zusammen zu halten, Richard hatte ihn aus seinem Selbstmitleid geholt, ihn dazu gebracht weiter zu kämpfen und was war sein Dank? Er schüttelte den Kopf, er durfte die Fehler nicht immer bei anderen suchen, er musste lernen sich zu beherrschen, seine Hände begannen zu zittern als er wortlos aufstand und seinen Eltern folgte.
[B] Kapitel 35 [/B]
Sydney spürte eine innere Unruhe, irgendetwas stimmte nicht, doch er konnte nicht genau zuordnen ob nun mit ihm oder mit seinen Brüdern. Stirnrunzelnd sah er Marie an, die immer noch an seinem Bett saß und ihm gerade den neuesten Promiklatsch vorlas. Sie schien nichts zu bemerken, was ihn schließen lies das die Veränderung auf den Monitoren nicht sichtbar war. Er blendete ihre Stimme aus, versuchte sich auf dieses Gefühl zu konzentrieren bis er es schließlich greifen konnte. Erschrocken zuckte er zurück, sog scharf die Luft ein Griff nach Maries Hand.
Sofort ließ sie die Zeitung sinken, sah in fragend an wobei ihr Blick immer wieder zwischen ihm und dem Monitor hin und her wechselte.
„Ist alles in Ordnung Syd?“ fragte sie ihn dann, als sie dadurch keine weiteren Informationen bekam.
„Richard,“ flüsterte dieser nur, „ Er wird nicht wiederkommen.“
„Wie kommst du denn da drauf? Ich hole ihn doch um 17 Uhr wieder vom Flughafen ab.“
„Es ist, also ich kann das nicht wirklich erklären.“ Druckste er herum bevor er ihr in die Augen sah, „Es ist so eine Ahnung, ein Gefühl.“
Marie runzelte die Stirn, „Ich glaube ich kann dir gerade nicht wirklich folgen.“
„Ich kann das nicht erklären, es ist so als...also da ist dieses Gefühl und ich, also ich, es ist nicht meins, verstehst du? Es ist so als ob würde jemand nach dir rufen, so wie eine schlechte Telefonverbindung.“
„Geht es dir wirklich gut Syd? Hast du vielleicht Fieber?“ wollte sie seine Stirn fühlen und notfalls nach der Schwester rufen, jedoch hätte nicht schon die Überwachungsmonitore Alarm geschlagen wenn irgendetwas nicht stimmen würde?
„Ich habe kein Fieber,“ stieß Syd entnervt aus und schlug ihre Hand weg, „Es ist einfach so.“
„Gut,“ seufzte sie auf, „Und was ist das für ein Gefühl?“
„Ich kann es nicht genau definieren, es ist wie eine innere Unruhe, ein Kampf zwischen Herz und Verstand und dann doch wieder Resignation.“
„Und du bist sicher, das dies nicht deine eigenen Gefühle sind? Das du es nicht bist dessen Verstand und dessen Herz miteinander kämpfen um dann doch wieder zu resignieren?“ fragte sie, doch noch bevor er antworten konnte sprach sie weiter, „Sydney ich verstehe das du ungeduldig bist, das du hier raus willst, das du normal weiterleben willst, aber das wird noch ein wenig dauern. Du musst jetzt Geduld haben, auch wenn es dir schwer fällt, aber denke immer daran du bist nicht alleine OK? Wir helfen dir, ich helfe dir.“
Diesmal war es wirklich seine eigene Resignation, die er spürte. Marie verstand ihn nicht und er konnte es ihr noch nicht einmal übel nehmen, die einzige Person, die dies außer ihnen noch zu verstehen schien war Lisa.
Lisa, wie gern hätte er sie nun angerufen, ihr seine Gefühle mitgeteilt, sie um Rat und Informationen gebeten, doch das ging nicht. Nicht solange er noch hier auf der ITS war. Kurz seufzte er auf, lehnte sich dann wieder in sein Kissen zurück und forderte Marie auf doch bitte weiter zu lesen.
Friedrich und Laura fanden Richard zusammengesunken an der Wand neben der Garderobe vor. Die Beine von sich gestreckt starrte er ins Leere, schien sie nicht zu bemerken. Sofort hockten sie sich zu ihm hinunter, sprachen ihn an. Keine Reaktion, er sah durch sie hindurch, schien nicht zu bemerken wie Friedrich ihm die Hand auf die Schulter legte. Voller Sorge um seinen Sohn tastete er schließlich nach dem Puls und atmete erleichtert aus als er ihn schnell unter seinen Fingern schlagen spürte. Trotzdem wich die Sorge nicht aus seinem Gesicht, erst gestern Abend war er nochmals bei Dr. Lorenz gewesen, welcher ihn darauf hingewiesen hatte das auch Richard sich noch schonen sollte, das er noch Ruhe bräuchte, sonst würde er früher oder später zusammenbrechen und es bestünde die Gefahr, das er wieder ins Koma fiel. Bis jetzt hatte er nur kurz mit Laura darüber gesprochen, doch nun wünschte er sich, er hätte alle schon informiert, vielleicht hätte David sich dann zusammengerissen. Überhaupt würde er mit seinem jüngsten Sohn noch ein Wörtchen sprechen müssen. So ging das einfach nicht mehr weiter, David konnte nicht einfach so durchs Leben spazieren ohne Rücksicht auf andere, ohne Rücksicht auf seine Familie. Es war schon ein Wunder das Lisa zurückgekommen war. Schmerzhaft wurde ihm in diesem Moment bewusst, wie sehr er selber versagt hatte. Das er durch die Arbeit nicht in der Lage gewesen war seine Familie zu beschützen, alles am Laufen zu halten. Gerade wollte er Laura auffordern ihm dabei zu helfen Richard ins Gästezimmer zu bringen als er Schritte hinter sich vernahm. Er drehte sich um in der Annahme das es wohl Mariella sei und war umso erstaunter als er David erkannte.
Einem Impuls folgend stellte er sich wieder hin und baute sich zwischen David und Richard auf.
David musste schlucken als er den Flur betrat und Richard, sowie seine Eltern auf dem Boden vorfand. Was hatte er nur getan? Doch noch schlimmer als die erneuten Selbstvorwürfe traf ihn der Blick seines Vaters. Er senkte den Blick, trat dann an Friedrich vorbei und ging nun ebenfalls vor seinem Bruder in die Knie.
„Richard?“ fragte er und seine Stimme klang sanft, „Richard hörst du mich?“ Doch dieser zeigte immer noch keine Reaktion. Tränen stiegen ihm in die Augen, warum machte er auch nur immer alles falsch? Konnte er nicht einmal etwas richtig machen? Anscheinend nicht und er hasste sich selber dafür. Bittend sah er seinen Vater an, „Hilfst du mir ihn ins Gästezimmer zu bringen?“ fragte er dann.
„Natürlich,“ war Friedrich sofort neben ihm, zusammen packten sie ihn unter den Armen, was dazu führte das Richard wieder ins hier und jetzt zurück kehrte. Schwach versuchte er sich gegen den Griff zu wehren, musste jedoch schnell kapitulieren. Sein Körper zollte den physischen Überanstrengungen sowie den psychischen Belastungen Tribut. Er wollte ihm nicht mehr gehorchen und so ließ er sich langsam in das Gästezimmer führen. Dort angekommen halfen sie ihm auf das Bett wo er sich sofort auf die Seite drehte. Er wollte nur einen Moment ausruhen und dann zurück zum Flughafen, vielleicht bekam er ja noch einen Platz in einer früheren Maschine.
Laura sah zwischen ihrem Mann und David hin und her, während ersterer sich anschickte mit ihr zusammen das Zimmer zu verlassen, rührte David sich nicht vom Fleck. Immer noch stand er an der selben Stelle, seinen Blick auf seinen großen Bruder gerichtet und die zitternden Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Unsicher sah sie nun zur Türe, der Mariella und Lisa standen, die beiden nickten ihr nur zu und so verließ sie zusammen mit Friedrich das Zimmer.
„Richard?“ sprach David leise, doch das zittern in seiner Stimme konnte er nicht unterdrücken, „Bitte, es...also ich..ich meinte das nicht so. Mir ist einfach wieder einmal die Sicherung durchgebrannt. Die Nachricht das Syd schwer krank ist und dann direkt dahinter, das er schon wieder nervt. Das es war einfach zu viel. Es tut mir leid das ich dich so angegangen bin, du kannst doch nichts dafür.“ Doch der Angesprochene reagierte nicht, hielt die Augen geschlossen. Hilflos sah er zu Mariella und Lisa rüber, welche nun auch an das Bett herantraten und ihn sanft aber bestimmt aus dem Zimmer schoben.
„Lass ihn erst einmal,“ flüsterte Mariella, „Er wird schon wieder mit dir reden.“
„Sicher?“
„Sicher, du kennst ihn doch.“ Schloss sie die Türe hinter sich und nahm noch einmal kurz im Wohnzimmer Platz, „Allerdings kenne ich ihn auch und ich bin der Ansicht, das er sich übernimmt. Er hat sich auf eigene Verantwortung entlassen und sich nicht im geringsten an den Rat von Dr. Lorenz gehalten. Er braucht jetzt einfach eine Pause, Ruhe und am besten wird es sein das er sich einmal richtig ausschläft.“
„Aber du hast doch gesagt das er heute im späten Nachmittag schon wieder zurück fliegen will.“ Runzelte Lisa die Stirn.
„Ja das will er, nur halte ich das nicht für eine gute Idee. Normalerweise hätte er David eine patzige Antwort gegeben, ihn genauso vor den Kopf gestoßen wie er ihn und wäre dann gegangen, doch er ging ohne ein Wort. Das passt nicht zu ihm und das er es erst gar nicht bis aus der Villa geschafft hat ist das nächste Zeichen. Richard muss kürzer treten oder er wird sich schneller wieder in Dr. Lorenz Obhut wiederfinden als ihm lieb ist.“
„Aber Sydney erwartet ihn doch bestimmt wieder in Düsseldorf.“ Wandte Lisa nun ein, sie war zwar auch der Ansicht, das Richard sich schonen sollte, doch sie wussten nicht was er Syd zu seiner Rückkehr gesagt hatte.
„Sydney jetzt wieder alleine zu lassen wäre natürlich genauso falsch. Irgendeiner von uns muss zu ihm fliegen.“ Ließ Mariella ihren Blick durch die Runde gleiten und blieb schließlich an der immer noch schweigenden Laura hängen.
„Ich mache das!“ sprang David auf.
„Kommt überhaupt nicht in Frage,“ zog Lisa ihn am Ärmel wieder hinunter, „Du darfst dich auch noch nicht überanstrengen.“
„Willst du etwa fliegen? In deinem Zustand?“
„David,“ verdrehte Lisa nur die Augen.
„Ich werde zu Syd fliegen, da könnt ihr euch auf den Kopf stellen,“ schob er nun die Unterlippe vor, „Er braucht mich jetzt und ich...ich sollte mich bei ihm Entschuldigen, unser Streit, der darf ihn doch jetzt nicht auch noch belasten.“
Mariella und Lisa wechselten einen Blick, dann seufzten sie gleichzeitig auf. Gegen dieses Argument konnten sie nicht an und doch war ihnen nicht wohl bei dem Gedanken, das David alleine fliegen wollte.
„Ich werde dich begleiten,“ warf Laura nun ein, „Und keine Wiederrede mein Junge, Sydney ist mein Sohn und ich muss nun als Mutter für ihn da sein.“ Stand sie auf , „Ich werde sehen das ich uns zwei Tickets für heute Nachmittag besorgen kann und Richards stornieren.“
Die Gruppe nickte nur, wobei Friedrich immer wieder einen Blick auf seine Uhr warf.
„Mariella,“ fing er nun an.
„Ich weiß wir müssen los.“ Erhob sie sich, „Lisa ich wäre dir dankbar wenn du heute ein Auge auf Richard haben könntest, sobald Laura und David weg sind. Ich weiß nicht wie lange ich heute bei Kerima bin.“
„Kein Problem,“ nickte Lisa und warf David nochmals einen Blick zu, irgendetwas ging in seinem Kopf vor, das sah sie ihm an. Sie wartete bis Friedrich und Mariella im Flur waren, dann wandte sie sich wieder ihm zu. „Was hast du nun vor? Ausser packen!“ schob sie dann sofort hinterher als er zu einer Antwort ansetzte.
„Ich werde Richard einen Tee bringen,“ blitzte es in seinen Augen auf und Lisa verstand, sie schüttelte den Kopf. Wenn Richard dahinter kam was David vorhatte dann konnte er sich warm anziehen.
[B] Kapitel 36 [/B]
Verwundert runzelte Marie am Nachmittag die Stirn als sie Richard nicht unter den gerade angekommen Passagieren der Lufthansa Maschine aus Berlin entdecken konnte. Sie zog ihr Handy aus der Handtasche, hatte er sich vielleicht doch gemeldet und sie hatte es nur nicht gehört? Doch das Display zeigte keine neuen Nachrichten an. Erneut hob sie den Blick und sah wie ein junger Mann, der Sydney zum verwechseln ähnlich sah mit einer blonden älteren Frau aus der Gepäckausgabe kam. Sie schienen die letzten zu sein, denn hinter ihnen blieb die Türe geschlossen. Aufmerksam sahen sie sich um, suchten nach einem Hinweis auf einen Taxistand.
Zögernd ging sie auf die Beiden zu und als sie kurz vor ihnen war erkannte sie David Seidel.
„Herr Seidel?“ fragte sie dann doch etwas überrascht.
David, der gerade dabei gewesen war sich umzudrehen hielt in seiner Bewegung inne und sah sie fragend an, auch die Frau an seiner Seite blieb nun stehen. „Ja?“ fragte er.
„Ich bin Marie Jansen von L.Ex, ich sollte eigentlich Herrn von Brahmberg abholen.“ Begann Marie nun.
„Das trifft sich gut, Richard wird nicht kommen. Wir sind an seiner Stelle hier,“ deutete er nun auf die Frau, „Das ist meine Mutter, Laura Seidel.“ Stellte er sie vor.
„Freut mich sie kennen zu lernen Frau Jansen,“ reichte Laura ihr die Hand.
„Gleichfalls,“ erwiderte Marie und sah nun David und Laura fragend an, „Ist denn irgendetwas mit Herrn von Brahmberg?“ fragte sie dann besorgt. Das Gespräch mit Syd kam ihr wieder in den Sinn. [I] Richard wird nicht wiederkommen,[/I] hatte er gesagt und sie hatte ihm nicht geglaubt.
„Nein,“ erwiderte Laura an Davids stelle, „Er hat sich in letzter Zeit nur etwas übernommen und sein Arzt hat ihm strikte Bettruhe verordnet.“
Marie nickte nur, dann hatte sie sich wieder gefangen, „Soll ich sie dann direkt zu Sydney bringen oder wollen sie zuerst ihre Sachen in der Wohnung abstellen?“
Laura wechselte einen Blick mit David, sie wusste das dieser sofort zu seinem Bruder wollte, doch es war sinniger zuerst das Gepäck zu verstauen. „Wenn sie uns in ein Hotel fahren könnten,“ begann sie dann.
„Sie müssen nicht in ein Hotel, die Wohnung von L.Ex wird doch im Moment nicht genutzt. Dort steht auch der Wagen von Herrn von Brahmberg.“
„Richard war mit dem Auto hier?!“ weiteten sich Davids Augen.
„Wussten sie das nicht?“
„Nein,“ schüttelte Laura den Kopf, „ Aber wir wollen ihnen wirklich keine Umstände machen.“
„Das geht schon in Ordnung, ich muss auch wieder mal bei L.Ex nach dem Rechten sehen und Sydney würde sicher nicht wollen das sie in ein Hotel gehen. Kommen sie, mein Wagen steht in Prakhaus2.“ Ging sie nun voran.
David und Laura folgten ihr in einigem Abstand, immer wieder tauschten sie Blicke aus, unterhielten sich praktisch ohne Worte.
Die Fahrt verlief dann ebenfalls meist schweigend, Marie setzte sie vor der Wohnung ab. Ging nur noch schnell mit rauf um ihre eigenen Sachen zu holen und gab ihnen dann die Adresse des Krankenhauses, sowie den Namen des behandelnden Arztes.
„Ich bin froh das sie hier sind,“ verabschiedete sie sich mit einem warmen Lächeln von den Beiden, „Wenn irgendetwas sein sollte dann rufen sie mich an. Meine Nummer ist in dem kleinen Telefonbuch.“ War sie auch schon wieder zur Türe hinaus.
Laura und David brachten ihre Sachen erst einmal in die Schlafzimmer, während Laura sich das Gästezimmer aussuchte begab sich David in das eigentliche Schlafzimmer. In der Türe blieb er stehen, Richards Sachen lagen Teils auf dem Bett, Teils über den Stuhl und in der Ecke stand der geöffnete Koffer. Kurz überkam ihn das schlechte Gewissen, vielleicht hätten sie einfach zusammen mit ihm zurückfliegen sollen anstatt ihn wenn er wach wurde vor vollendete Tatsachen zu stellen. Vorsichtig, so als könne er irgendetwas kaputt machen ging er tiefer in den Raum hinein, hob vorsichtig die Sachen vom Bett und legte sie ebenfalls über den Stuhl. Es verwunderte ihn das beide Seiten des großen Bettes zerwühlt waren, skeptisch ließ er daraufhin seinen Blick weiter durch den Raum gleiten, fand aber nichts was seinen ersten Verdacht bestätigte. Seufzend ließ er sich auf dem Bett nieder und ließ sich nach hinten fallen. Sofort stieg ihm der unverwechselbare Geruch von Richards After-Shave in die Nase, er schloss die Augen und ließ den Tag Revue passieren.
Jetzt musste er sich nicht nur bei Syd entschuldigen, sondern auch bei Richard. Es war nicht richtig gewesen ihn so anzufahren, genauso wenig wie es richtig gewesen war ihn alles allein machen zu lassen. Er musste sich eingestehen das er es ihm nur zu gerne überlassen hatte die Verantwortung zu übernehmen, die Familie zusammen zu halten und fragte sich nun selber warum. Nur damit er sich mit nichts auseinander setzten musste? War er was das anging immer noch so oberflächlich? Und warum zur Hölle tickte er in letzter Zeit bei jeder Kleinigkeit aus?
Er öffnete die Augen wieder und wusste die Antwort, er war nicht ausgelastet, wollte eigentlich nicht tatenlos herumsitzen, so wie seine Ärzte es ihm immer wieder predigten und doch tat er es, genoss die neue Zeit mit Lisa und ihrer Schwangerschaft während sein Bruder krampfhaft versuchte die Familie zu retten.
Ein Klopfen am Türrahmen ließ ihn hochschrecken und er sah in das besorgte Gesicht seiner Mutter.
„Soll ich dir noch das Bett frisch beziehen bevor ich zu Sydney fahre?“ fragte sie ihn und setzte sich neben ihn.
„Nein lass mal, das mach ich später selber. Ich möchte nur noch zu Syd.“
Laura nickte leicht, doch er sah ihr an, das noch irgendetwas kommen sollte, „ David, hör mir bitte zu und raste nicht gleich aus. Ich möchte das du dich noch etwas hinlegst, dich ausruhst, der Flug war doch wieder anstrengend für dich.“ Sie sah wie er etwas erwidern wollte und schüttelte den Kopf, „Lass mich ausreden habe ich gesagt. Ich werde heute alleine zu Syd fahren. Aufregung ist jetzt das Letzte was er gebrauchen kann und je nachdem wie es ihm geht kommst du dann morgen mit...“
„Nein!“ sprang er auf, „Nein ich muss zu ihm!“
„Ich weiß mein Schatz, aber erinner dich bitte an heute morgen. Ich möchte doch nur sicher gehen das Sydney einen eventuellen Ausraster deinerseits verkraften kann.“
Geschockt sah David seine Mutter an, was dachte sie denn von ihm? Das er Syd genauso angehen würde wie Richard? Obwohl, das hatte er ja schon getan, bevor er dann weg gegangen war. Er sah seine Brüder wieder vor sich, nachdem er ihnen diese Worte an den Kopf geworfen hatte. Er sah Syd wie er im Gästezimmer lag und er dann noch an seinen Arm gestoßen war und er sah Richard, wie er im Flur auf dem Boden hing, vollkommen weggetreten. Das Bild wechselte und er sah die durchgefrorene Lisa in Göberitz auf der Couch. Hatte seine Mutter vielleicht Recht? Was wenn er durch irgendetwas wieder zu einer unbedachten Äußerung gerissen wurde? Das konnte er nicht verantworten, nicht jetzt wo es Sydney so schlecht ging. Langsam nickte er, signalisierte so seine Zustimmung, bevor er sich wieder seinem Koffer zuwandte.
„Du hast Recht, es wäre besser wenn ich mich erst einmal selber wieder wirklich beruhige.“ Drehte er sich wieder um und spürte ein brennen in seinen Augen, „Ich hoffe du kommst mit guten Nachrichten wieder.“ Flüsterte er dann und schickte sie hinaus damit sie zu Syd konnte, der sicher schon auf Richard wartete.
[B] Kapitel 37 [/B]
Draußen dämmerte bereits wieder die Dunkelheit als Richard zögernd die Augen wieder aufschlug. Alles in ihm schrie danach sie weiterhin geschlossen zu halten, wieder in die Dunkelheit hinab zu gleiten und sich einfach nur auszuruhen, sich zu entspannen. Doch er wusste das er das nicht konnte, nicht jetzt, nicht hier. Er musste zurück, Sydney wartete doch auf ihn. Langsam setzte er sich auf, Schwindel erfasste ihn zwang ihn dazu sich wieder hinzu legen und tief durchzuatmen.
Wie spät war es überhaupt? Vorsichtig drehte er den Kopf um einen Blick auf die Ziffern des Radioweckers zu erhaschen.
18:35Uhr blinkte ihm in roten digitalen Ziffern entgegen, erschrocken setzte er sich wieder auf, ignorierte den Schwindel, schwang die Beine über den Rand des Bettes und ging, sich an der Wand abstützend zur Türe. Wie hatte er nur so tief einschlafen können? Er wollte doch nur ein wenig ausspannen, kurz ausruhen, doch nun war es zu spät. Er hatte seinen Flieger verpasst und fragte sich warum man ihn nicht geweckt hatte.
[i] Einen Teufel hätten sie getan nachdem wie du auf Davids Ausraster reagiert hast[/i] schalt er sich selbst und seufzte kurz auf. Das ihm das überhaupt passiert war, er durfte doch keine Schwäche zeigen, schon gar nicht jetzt wo Syd ihn brauchte.
Doch er hatte versagt, er hatte es nicht geschafft Davids Worte von sich abpralle zu lassen und einfach die Villa zu verlassen. Stattdessen war er zusammengebrochen. Wut stieg in ihm hoch, Wut über sich selbst und über seinen kleinen Bruder der wohl nie lernen würde erst sein Gehirn einzuschalten bevor er sprach.
Zitternd betrat er den Salon und sah zu seiner Verwunderung nur Lisa auf einem der Sofas sitzen, das Gesicht in einem Buch vergraben. Wo waren denn die anderen? Wo war Laura und vor allem wo war David?
Aus den Augenwinkeln sah Lisa wie sich jemand dem Sofa näherte auf dem sie saß, da es noch zu früh für Friedrich war konnte es nur Richard sein. Langsam ließ sie das Buch auf ihre Beine sinken und drehte den Kopf zur Seite. Wie ertappt blieb er stehen und versuchte sich an einem unverfänglichen Lächeln was ihm aber nicht gelang.
Sie sah die unausgesprochenen Fragen in seinem Gesicht und sie wusste, sie musste sie ihm alle beantworten wenn sie nicht wollte das er sich in den nächsten Flieger setzte.
„Hallo Richard,“ begann sie deswegen, „geht es dir wieder besser?“
„Ja,“ nickte er nur und ließ sich langsam auf das zweite Sofa nieder, den Blick nicht von ihr abgewandt, „Aber warum habt ihr mich nicht geweckt? Ich habe meinen Flug verpasst und jetzt wartet Syd auf mich und hat keine Ahnung wo ich stecke!“ explodierte er dann doch.
Mit so etwas hatte Lisa allerdings gerechnet, sie stand auf und setzte sich neben ihn, musterte ihn von oben bis unten bevor sie weiter sprach.
„ Wir haben dich nicht geweckt weil du dich auch einmal ausruhen musst. Du kannst doch nicht den großen Helden spielen wenn du selbst noch nicht ganz fit bist. Da musstest du ja früher oder später zusammenbrechen.“ sie sah wie er etwas einwerfen wollte musterte ihn jedoch nur scharf und sprach dann weiter, „ Lass mich bitte ausreden! Ich weiß das David seinen Teil dazu beigetragen hat das es nun ausgerechnet heute passierte, aber du weißt genauso gut wie ich, das du dich verdammt noch mal schonen sollst. Mariella und ich haben beschlossen das es so jedenfalls nicht weiter gehen kann....“
„Wie Mariella und du? Wollt ihr uns nun einsperren oder was?“
„Das wäre vielleicht gar keine so schlechte Idee, aber leider eher kontraproduktiv. Daher haben wir beschlossen das du hier bleibst und jemand anders für dich zu Syd fliegt und bei ihm bleibt bis er nach Berlin verlegt werden kann. Wir wissen das er nun nicht alleine sein darf Richard, aber du hast dich auch übernommen. Was nützt es denn wenn du immer für alle da bist und nie an dich denkst? Was nützt es Syd wenn du wieder ins Koma fällst?“
„Warum sollte ich das tun? Das ist doch Schwachsinn Lisa!“
„So Schwachsinn nennst du also die Meinung und Warnung von Dr. Lorenz?“
„Woher wusste ich nur das, das nur auf seinem Mist gewachsen sein konnte? Es geht mir gut wirklich, ich hatte halt nur nicht wirklich viel Schlaf in letzter Zeit, das war alles. Einmal ausschlafen und das war es mehr brauche ich nicht.“
„Mag sein, aber wir wollen kein Risiko eingehen. Laura hat deinen Flug storniert und ist an deiner Stelle mit David geflogen.“
„Was?! Sag mal seit ihr von allen guten Geistern verlassen? David zu Syd fliegen zu lassen wo er doch bei dem kleinsten falschen Wort sofort aus rastet?!“ sprang Richard auf, bereute es aber sofort wieder als ihm schwarz vor Augen wurde und er in die Polster zurück fiel.
„Richard?!“ beugte Lisa sich über ihn, „Richard sag doch was, bitte!“ sofort fühlte sie seinen Puls, kontrollierte die Atmung und seufzte erleichtert auf als er die Augen wieder öffnete.
„Verdammt!“ zischte er und stützte sich auf den Ellbogen ab, er vermied es ihr ins Gesicht zu sehen. Sie hatte recht und er wusste es, aber wirklich eingestehen wollte er es sich einfach nicht.
„Siehst du,“ war alles was Lisa noch dazu sagte bevor sie aufstand und ihr Buch wieder aufnahm. „ Außerdem ist Laura dabei und sie wird schon dafür sorgen das David keinen Blödsinn macht.“
„Ja so wie damals als er mit dir reden wollte und sich dann von dir getrennt hat.“ schnaubte er und legte sich bequemer hin, die Arme dabei trotzig vor der Brust verschränkt.
Er bekam darauf keine Antwort, sie warf ihm nur einen giftigen Blick zu.
„Das war nichts anderes Lisa und das weißt du.“ schob er daraufhin hinterher und sah wie sie seufzend das Buch wieder weglegte.
„Gut es war nichts anderes, aber diesmal wird er sich zusammen reißen. Er hat sich Sorgen gemacht, die ganze Zeit über und Vorwürfe. Er ist Syd schon einmal angegangen, ein weiteres Mal wird das nicht passieren. Ich glaube er hat seine Lektion gelernt.“
„Wollen wir es mal hoffen,“ brummte Richard nur und sah zu Lisa hinüber, man konnte inzwischen schon deutlich den Bauchansatz erkennen.
„Ich weiß es Richard,“ stand sie auf und setzte sich zu ihm, „ Allein schon wie er sich heute morgen Vorwürfe gemacht hat als es dir nicht gut ging. Er wird demnächst erste denken und dann reden. Und Laura wird auch darauf achten. Vertrau uns einfach und ruhe dich selber aus. Es nützt niemandem etwas wenn du für uns alle Stark sein willst und dabei selber zu kurz kommst.“ strich sie ihm über das abstehende Haar.
„Das kann ich nicht,“ flüsterte er, „ Ich habe einfach Angst Lisa, Angst das es alles nur noch schlimmer wird.“
„Kann es denn noch schlimmer kommen Richard? Ihr alle habt so viel mitgemacht in letzter Zeit da habt ihr euch eine Pause verdient, auch du. Laura wird David schneller in den nächsten Flieger setzten als er gucken kann wenn er wieder aus rastet.“
„Hoffentlich,“ brummte Richard nur, dann fielen ihm die Augen wieder zu. Er hätte es nie zugegeben doch er war wirklich am Ende seiner Kräfte angelangt. Es blieb ihm also gar nichts anderes übrig als seiner Schwester, Lisa und Laura zu vertrauen. Kurz stellte er noch eine Verbindung zu seinen Brüdern her. David schien sich ebenso wie er mit dem Thema auseinander zu setzten und von Syd empfing er keine beunruhigenden Signale. Es schien wirklich alles in Ordnung zu sein und somit ließ er sich in den Traumlosen schlaf sinken, der ihn übermannte.
[B] Kapitel 38 [/B]
Immer wieder legte David seine Hand auf den Türgriff, nur um ihn im nächsten Moment wieder loszulassen. Er konnte sich nicht überwinden das vor ihm liegende Zimmer zu betreten. Laura hatte ihm nach ihrer Rückkehr von Syd gesagt das sie ihn heute von der Intensivstation, auf die Normale verlegen wollten und das Syd gerne mit ihm sprechen würde. Mehr nicht, sie hatte ihm nicht gesagt ob es ihm wirklich gut ging und wie er reagiert hatte als sie anstelle von Marie auftauchte. Wie er auf die Nachricht reagiert hatte, das er selber auch hier war.
Er war sich einfach nicht sicher ob Sydney ihn wirklich willkommen heißen würde und wenn er ehrlich zu sich selbst war dann hatte er eine noch größere Angst vor sich selber. Laura hatte ihn in der Klinik abgesetzt, sie wollte sich mit Marie treffen und sich dann ein wenig die Stadt anschauen, er solle anrufen wenn er abgeholt werden wollte. Am liebsten hätte er genau jetzt sein Handy aus der Tasche gezogen und seiner Mutter gesagt sie solle wieder kommen. Er konnte das einfach nicht, es war doch alles seine Schuld.
Eine an ihm nun schon zum zweiten Mal vorbeieilende Krankenschwester warf ihm einen skeptischen Blick zu. Was musste das für ein Bild sein, wenn er hier bestimmt schon seit 10 Minuten vor der Türe rumlungerte und sich nicht entscheiden konnte. Er atmete noch einmal tief durch, schloss die Augen und drückte die Klinke hinunter.
Die Türe war nun zwar offen, doch wirklich geschafft hatte er es immer noch nicht, er musste seine Beine noch dazu kriegen das sie auch wirklich hinein gingen. Sie gehorchten ihm nicht und er musste sich innerlich eingestehen das er ihnen auch keine wirklichen Befehle dazu gegeben hatte. Er öffnete die Augen wieder und senkte den Blick sofort auf seine Schuhe.
Sydney hatte das Spiel der Türklinke nun schon eine ganze Weile beobachtet, er konnte sich denken wer davor stand und sich einfach nicht entscheiden konnte.
[I] Warum zum Teufel kommt er nicht endlich rein? Dieses ewige klick, klick macht mich noch Wahnsinnig.[/I] seufzte er innerlich genau in dem Moment auf als David die Türe öffnete. [I] Na endlich![/I]
Sein Blick glitt nun endgültig hinüber und erwartungsvoll sah er seinen Bruder an, der mit geschlossenen Augen immer noch vor der Schwelle stand. Ein Lachen zuckte um seine Mundwinkel, so wie David da stand sah er aus als würde er im inneren das jüngste Gericht erwarten. Doch endlich schien er sich dazu durchgerungen zu haben einzutreten, immerhin öffnete er die Augen.
Sydney konnte nur noch mit dem Kopf schütteln, als er sah wie der Blick automatisch in Richtung Fußboden ging. Das Grinsen konnte er sich nun nicht mehr verkneifen und so beschloss er einzugreifen, sonst würde David morgen noch so dastehen.
„Also in der Tür rumlungern kostet das Gleiche wie Eintreten.“
David Kopf ging ruckartig nach oben als er Sydneys Worte hörte und eine leichte röte zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Verlegen erwiderte er das Lächeln, das sein großer Bruder ihm schickte und schloss die Türe hinter sich. Trotzdem ging er nur mit kleinen, langsamen Schritten auf ihn zu. Die Hände in den Taschen seiner Jeans vergraben blieb er schließlich vor dem Bett stehen.
„Und setzten auch.“ Schüttelte Syd den Kopf.
Immer noch ohne ein Wort zu sagen zog er sich den Stuhl heran und ließ sich darauf nieder, vermied es Syd in die Augen zu schauen.
Auch Syd schwieg nun, er hatte zwar gesagt er wollte mit David sprechen, jedoch wusste er jetzt nicht wie er Anfangen sollte. Er kramte sich das Kissen in seinem Rücken neu, wollte nicht das er eventuell zu schwach wirken würde und räusperte sich.
„Also wegen der Sache mit Lisa,“ begann er.
„Nein,“ unterbrach David ihn sofort und Syd runzelte die Stirn, „Lass mich bitte anfangen.“ Wurde Davids Stimme gegen Ende hin leiser.
„OK.“ Antwortete er zögernd und sah seinen Bruder gespannt an, Laura hatte ihm nicht viel von David erzählt nur das er mit ihr nach Düsseldorf gekommen war.
„Ich,“ begann er, „Ich, also es...es mir tut das alles so Leid. Ich weiß nicht was mit mir los ist, irgendwie brennen mir im Moment andauernd die Sicherungen durch. Erst bei dir, dann bei Lisa, dabei meine ich das meistens gar nicht so. Und irgendwie bin ich doch Mitschuldig an der ganzen Sache, ich...ich hätte Lisa nicht so angehen dürfen, wieder einmal und doch habe ich es getan und...und das wo sie doch mein Kind erwartet. Kein Wunder das sie dann auch einen Fehler macht. Ich...ich habe ihr verziehen und...und dir auch.“ Hob er seinen Blick wieder und sah Syd in die Augen. „Ich habe das nicht so gemeint damals, ich weiß ich habe extrem lange gebraucht um das selber zu sehen, aber es ist die Wahrheit.“
Sydney nickte ihm zu bevor er antwortete, „Ich weiß, ich hatte nun auch lange genug Zeit um über das ganze nachzudenken und mein einziger Gedanke, die ganze Zeit über war dir zu erklären warum es geschehen ist, dir meine Sicht der Dinge zu erklären. Ich weiß immer noch nicht warum ich mit ihr geschlafen habe, ich wollte das doch gar nicht, aber da war plötzlich wieder etwas, ich kann dir nicht sagen was und in diesem Moment, sie war so verletzlich, so zerbrechlich und dann kam eins zum anderen. Ich habe mich nicht wirklich gewehrt, ich konnte es einfach nicht. Und wo du mir gesagt hast ich soll aus eurem Leben verschwinden, ich konnte dich verstehen, ich hätte wohl nicht anders gehandelt an deiner Stelle. Ihr beide, ihr habt schon so viel mitgemacht und dann komme ich und habe meine Gefühle nicht mehr unter Kontrolle.“ Diesmal war es Syd, der den Blickkontakt abbrach.
„ Ich habe dir in diesem Moment doch gar nicht die Chance gegeben es zu erklären. Ich habe nur deine Worte gehört, dazu immer das Bild von Lisa in der Dusche im Kopf gehabt und dann habe ich rot gesehen. Bitte Sydney gib dir nicht die Schuld daran. Wenn wir schon von Schuld sprechen wollen, dann haben wir wohl alle drei ziemlichen Bockmist gebaut.“ Griff er nach der Hand seines Bruders, „Und...und das du also das es dir nun so schlecht geht, das wollte ich nicht. Wirklich, ich wünschte ich könnte das alles Rückgängig machen.“
„Da kannst du nichts für Kleiner,“ flüsterte Sydney, „ So etwas bekommt man nicht von einem Streit und mir geh es ja auch schon wieder besser.“
„Besser?! Syd du...du wirst nie wieder gesund hat Richard gesagt.“
„So stimmt das nun auch nicht, oder doch? Ich fühle mich jedenfalls gut und auch wenn es nicht heilbar ist. Wenn ich mich brav an ein paar Regeln halte dann kann ich damit ganz gut weiterleben.“
David rang um seine Fassung, er malte sich immer noch die schlimmsten Szenarien aus, doch eine Frage schlich sich immer mehr in den Vordergrund. Warum wir? Er presste die Lippen zusammen wenn er an Richard dachte, wie er ihn angegangen war und dieser dann zusammenbrach, er dachte an Syd und wie schlecht er an dem Abend ausgesehen hatte als er ihm sagte das er aus seinem Leben verschwinden sollte, er sah Lisa in Göberitz, wie sie in dem kalten Haus hockte, allein, verzweifelt und schwanger und er sah sich selbst, spürte die Tritte während seiner Entführung, den brennenden Schmerz der Schusswunden. Eine einzelne Träne löste sich aus seinem Auge, dann noch eine bis er schließlich schluchzend in Syd´s Armen zusammenbrach.
Das war der Moment in dem auch Sydney seine Gefühle nicht mehr zurückhalten konnte, er nahm David in den Arm, hielt ihn fest, gab ihm Trost während ihm ebenfalls die Tränen über die Wangen liefen.
In diesem Moment wussten sie das sie zusammen alle weiteren Schwierigkeiten meistern würden, egal was noch kommen sollte. So bemerkte auch keiner von beiden wie Laura leise das Zimmer betrat und lächelnd in der Tür stehen blieb.
In Berlin drehte Richard sich mit einem Lächeln auf dem Gesicht um, unbewusst spürte er das es seinen Brüdern gut ging, das alles zwischen ihnen wieder im reinen war. Kurz flackerten seine Lieder, doch sie blieben geschlossen. Sein schlaf wurde wieder tiefer und endlich konnte er sich die Ruhe gönnen, die sein Körper von ihm verlangte.
[B] Kapitel 39 [/B]
[B] [I] 6 Monate später [/I] [/B]
Richard wusste nicht mehr wo ihm der Kopf stand, Sydney war in Schottland um sich zu erholen, Lisa stand kurz vor der Geburt ihres Kindes und David war deswegen auch fast nicht zu gebrauchen. Alle 5 Minuten hing er am Telefon um nachzufragen ob es ihr auch gut ging. Sein Vater mischte immer noch kräftig bei Kerima mit und plante nun eine in Richards Augen doch sehr dubiose Geschäftsreise nach Marseille. Allein Mariella, die nun wieder voll für Kerima arbeitete, nachdem Lars erneut einen Großauftrag in Berlin angenommen hatte, brachte ein wenig Ruhe in sein Leben. Kurzerhand hatten sie sich in die Wohnung neben seiner eingemietet und so verbrachten sie die meisten Abende zusammen. Etwas, das vor noch nicht allzu langer Zeit aus einer Sicht ein Ding der Unmöglichkeit gewesen wäre. Damals hätte er nie gedacht das er sich je mit ihr oder mit David wirklich gut verstehen würde und nun hatte er gerade in diesen Beiden und Sydney, die Familie gefunden nach der er sich sein ganzes Leben lang gesehnt hatte. Und nicht nur das, daneben hatte auch er Freunde gefunden, Max vertraute er inzwischen Blind und auch mit Sabrina und Jürgen verstand er sich mehr als nur gut, weshalb er vor einigen Monaten auch nur allzu gern bereit war Patenonkel des kleinen Gabriel zu werden. Dem Kind, das er wie sein eigenes Akzeptiert hätte, wenn Sabrina es sich nicht während der Trauung noch anders überlegt und auf ihr Herz gehört hätte.
Richard wusste das es seine eigene Schuld war das er sie verloren hatte, so wie er sie in der Vergangenheit immer wieder behandelt hatte. Doch damals konnte er einfach nicht aus seiner Haut.
Kopfschüttelnd fand er ins Hier und Jetzt zurück, erkannte die Unterlagen auf seinem Schreibtisch und entschied seinem Vater einen Besuch abzustatten. Das ganze war ihm nicht geheuer und Friedrich wirkte in letzter Zeit mehr als nur fahrig. Sogar David war dies aufgefallen und zusammen mit Laura versuchte er ihn dazu zu bewegen wieder kürzer zu treten. Immerhin wären er und Richard ja wieder voll im Einsatz, war Davids Standartspruch, doch er zeigte keine Wirkung.
Schwungvoll öffnete er die Tür zu Lisas Büro, welches Friedrich in ihrer Abwesenheit für sich beanspruchte und legte ihm die Unterlagen auf den Tisch.
Erschrocken zuckte sein Vater zusammen, so als hätte sein Sohn ihn gerade bei etwas verbotenem erwischt. Friedrich wusste, das Richard irgendeine Lunte gerochen hatte und ihm anscheinend genau auf die Finger schaute, trotzdem war dies eine Sache, die er ganz alleine durchstehen musste. Er konnte seinen ältesten da nicht mit hineinziehen. Es war schon schlimm genug, das Claus damals genau deswegen umgekommen war und Friedrich wusste auch das seine Zeit auch kurz bevor stand. Die ganzen Jahre über hatten sie es geschafft die Kinder zu schützen, doch er wusste das er nun zahlen musste und nicht nur er alleine. Doch für das Leben seiner Kinder und seiner Enkel war es das wert. Kurz fragte er sich ob Marlon auch den Brief erhalten hatte, immerhin waren ihre Familien eng miteinander verbunden, dann fasste er sich wieder und sah zu Richard auf.
„Was gibt es?“ fragte er und versuchte seiner Stimme einen neutralen klang zu geben.
„Das gibt es!“ deutete Richard auf die Unterlagen, „Das ist doch nicht dein Ernst Vater. Du kannst doch nicht nach Marseille, lass mich das übernehmen.“
„Nein, es handelt sich um sehr alte Geschäftspartner und der Kontakt war lange abgebrochen. Sie wollen nur mit mir verhandeln.“
„Du bist aber offiziell im Ruhestand, damit werden sie sich wohl abfinden müssen.“
„Richard, dieser Abschluss ist wichtig für Kerima, sehr wichtig. Wenn wir sie wieder als Kunden gewinne können und das dazu noch für L.Ex dann haben wir das große Los gezogen.“ Unter dem Tisch tastete er fahrig nach einem Taschentuch, ihm war als wäre es plötzlich unerträglich heiß im Büro.
„Ja und dann wenn wir den Abschluss haben willst du wieder voll einsteigen bis du uns hier tot vom Sessel kippst? Vergiss es! Wenn dieser ach so tolle Kunde, von dem ich nie im Leben etwas gehört habe, nur mit dir verhandeln will dann muss er wohl oder übel mit uns beiden Vorlieb nehmen. Aber du fährst nicht alleine!“
„Richard bitte, wenn der Vertrag unter Dach ist dann ist es doch egal mit wem sie verhandeln. Nur für den Anfang ist es besser ich mache das alleine.“
„Wirst du langsam Taub? Ich werde nicht zulassen, das du alleine fährst. Du kippst uns ja hier schon fast aus den Latschen, außerdem habe ich unsere Flüge schon buchen lassen.“
„Ich wollte eigentlich fahren...“
„Sag mal bist du Krank alter Mann? Fahren bis nach Marseille?! Alleine?!“ schüttelte Richard den Kopf, „ Kein Wunder das Laura vor Sorge umkommt. Ich komme mit und wir fliegen! Ende der Diskussion!“ drehte er sich auf dem Absatz um und verließ das Büro, so sah er nicht mehr wie Friedrich in sich zusammensackte und immer wieder den Kopf schüttelte.
Er wusste ganz genau, das wenn Richard sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, vor allem wenn es die Firma betraf, dann war es ein Ding der Unmöglichkeit es ihm wieder auszureden. Dabei wollte er doch nur ihn, seine Brüder und seiner Schwestern schützen, sowie Lisas Baby. Friedrich hatte seit seiner Studienzeit gewusst das dieser Tag irgendwann einmal kommen würde und doch hatte er ihn mit der Zeit verdängt. Zu lange war es ruhig gewesen, genau genommen hatte erst Claus von Brahmbergs Tod ihn wieder daran erinnert, doch auch das war nun wieder lange her und seitdem war wieder ruhe eingekehrt. Zu gern würde er bei Marlon London in Manchester anrufen, bei ihm nachfragen ob er auch diesen Brief bekommen hatte, doch er konnte nicht. Er wusste von Syd, das sein Vater schon seit einiger Zeit massive Herzprobleme hatte. Was wenn er mit seinem Anruf nur die Pferde scheu machen würde?
Friedrich seufzte auf, er hatte immer geahnt das es irgendwann einmal aus dem Ruder laufen würde und nun schien der Tag gekommen zu sein. Langsam stand er auf, umrundete den Schreibtisch und machte sich auf den Weg zu Richard um sich zu informieren wann ihr Flieger denn gehen würde. Weiterer Widerstand war zwecklos, aber vielleicht konnte er ihn in Marseille abhängen, zumindest an diesem einen Abend.
Kopfschüttelnd betrachtete Laura 2 Tage später wie Friedrich den gepackten Koffer an die Türe stellte. Auch das Richard mit ihm flog beruhigte sie nicht, ihr Bauchgefühl sagte ihr die ganze Zeit über das irgendetwas nicht stimmte. Das etwas passieren würde, doch sie konnte sich nicht durchsetzten. Doch nicht nur ihr schien es so zu gehen, David war auch nervös und es lag nicht nur an der Tatsache das er jeden Tag Vater werden könnte. Ebenso wie Richard, doch es verunsicherte Laura, das selbst die Tatsache, das dieser Friedrich begleiten würde das Gefühl nicht vertreiben konnte.
Gerade fuhr Richards Wagen die Einfahrt hinauf, Friedrich kam auf sie zu und umarmte sie zum Abschied. Sie wusste nicht ob sie es sich nicht nur einbildete, doch es schien als würde er sie länger als so festhalten. So als wolle er sich für längere Zeit verabschieden. Krampfhaft schluckte sie die aufsteigenden Tränen hinunter. Es war nur eine Woche und danach hatte er ihr versprochen wieder kürzer zu treten und David und Richard das Feld wieder zu überlassen.
Doch auch die Verabschiedung von David und Lisa dauert länger als üblich, was auch Richard bemerkte. Im Flieger warf er seinem Vater dann immer wieder verstohlene Blicke zu, er wirkte angespannt. Zu angespannt für ein normales Geschäft und zum wiederholten Male fragte Richard sich was es genau mit diesem Kunden auf sich hatte.
Gegen Mittag kamen sie in ihrem Hotel an, es lag ein wenig ausserhalb, und im späten Nachmittag wollte Friedrich sich mit dem Leihwagen auf den Weg machen. Jedoch machte Richard ihm auch hier einen Strich durch die Rechnung, alleine würde er ihn wohl in diese Woche nicht lassen. Somit würde er nicht verhindern können das Richard auf die Leute traf, vor denen er sein bisheriges Leben abgeschirmt worden war. Friedrich konnte nur hoffen, das sie sich nicht auf ihn einschießen würden, das er nicht für seine Fehler bezahlen musste.
Richard sah sich erstaunt in dem Festlich eingerichteten Saal um, in den sie nach ihrer Ankunft bei ihren Partnern geführt wurden. Eine lange Tafel war aufgebaut und mehrer Männer standen in losen Gruppen herum. Ihm fiel auf, das sie alle über ihren dunklen Anzügen ebenso dunkle Capes trugen und musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Was zur Hölle wollte Friedrich denn mit solch komischen Vögeln als Kunden? Zwar wusste er aus eigener Erfahrung, das die schrägen Vögel meist die besten Kunden waren, doch bei diesen hier konnte er es sich einfach nicht Vorstellen. Sie wirkten wie aus einem schlechten Film entsprungen.
„Frédéric!“ begrüßte sie nun ein Mann um die 70 mit weißem Haar, welches in starkem Kontrast zu seiner sonst dunklen Erscheinung stand. „Wie lang ist es nun her?“
`Zu kurz,´ lag es Friedrich auf den Lippen, doch er verkniff es sich. Setzte stattdessen ein Lächeln auf und ging einen Schritt auf den Mann zu, um die ihm gereichte Hand zu ergreifen. „ Zu lange Phillippe.“ Antwortete er dann.
„Da muss ich dir Recht geben und wie ich sehe hast du jemanden mitgebracht.“ Besah er sich nun Richard genauer.
„Ja, darf ich vorstellen, Richard von Brahmberg.“ Presste Friedrich mehr hervor als das er sprach, ein Detail was seinem Sohn nicht entging.
„Ah der Sohn von Claude. Freut mich sie kennen zu lernen.“ Hielt Phillippe nun auch Richard die Hand hin. Dieser ergriff sie, lächelte den älteren Herrn dann an und brachte ein, freut mich sie kennen zu lernen, heraus.
„Das glaube ich ihnen aufs Wort junger Mann,“ lachte nun Phillippe und führte sie zu Tisch, wo die anderen in der Zwischenzeit schon Platz genommen hatten.
„Lass mich später einfach reden,“ zischte Friedrich zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus, als er sich neben Richard niederließ. Der zuckte nur mit den Schultern, das würde wohl auch besser sein. Sein erster Eindruck hatte ihn nicht getäuscht, die hier anwesenden Leute schienen alle etwas verrückt zu sein und auf solche Kunden konnte er verzichten, aber wenn sein Vater so einen Wert darauf legte, bitteschön.
Das Essen verlief dann bis auf ein Paar sehr eigenwillige Französische Trinksprüche schweigend und erst danach, als alle wieder in mehr oder weniger kleineren Gruppen zusammen standen kam wieder eine leichte Konversation auf. Richard hielt sich zurück, stand meist etwas abseits und beobachtete das Treiben, in dem sein Vater sich fast heimisch zu fühlen schien. Außerdem fiel auf, das er wohl auch jeden, der älteren Anwesenden persönlich kannte. Er wurde herzlich begrüßt und so blieben sie länger als Geplant auf der Veranstaltung. Nur was das ganze hier mit einem Abschluss für Kerima zu tun haben sollte wollte Richard nicht in den Kopf. Nirgendwo bekam er auch nur die Andeutung eines Geschäftsgespräches mit und so war er froh als Friedrich auf ihn zukam und ihn zum Aufbruch drängte.
Im Wagen warf er immer wieder besorgte Seitenblicke hinüber. Friedrich war merklich angespannt, doch auf seine Fragen reagierte er nur einsilbig. Er konnte erkennen das sich ein leichter Schweißfilm auf seiner Stirn gebildet hatte. War irgendetwas schief gelaufen? Waren sie zu keiner Übereinstimmung gekommen und die Geschäfte waren geplatzt?
Richard schüttelte den Kopf und sah aus dem Beifahrerfenster, dann würde Friedrich anders reagieren. Normalerweise hatte Friedrich die Angewohnheit zu schimpfen wie ein Rohrspatz wenn ein Deal platzte. Die dunkle Landstraße zog an ihm vorüber und innerlich fragte er sich warum Friedrich unbedingt in dieses vollkommen Abseits gelegene Hotel gewollt hatte. An den vorbeiziehenden Bäumen erkannte er das sein Vater die Geschwindigkeit wohl erhöht hatte oder doch besser immer noch am erhöhen war. Stirnrunzelnd drehte er sich zu ihm um und erstarrte.
Friedrich hielt sich krampfhaft am Lenkrad fest, der Schweißfilm hatte sich zu großen Tropfen ausgebildet und immer wieder kippte er nach Vorne. Hatte er etwa getrunken?!
„Vater? Alles in Ordnung? Sollen wir anhalten und ich fahre weiter?“
Er bekam keine Antwort stattdessen krampften sich Friedrichs Finger nur noch stärker um das Lenkrad, so das nun die Knöchel weiß hervortraten. Schnell schnallte er sich ab, er wusste er musste handeln, eingreifen, irgendetwas tun. Gerade wollte er nach dem Lenkrad greifen als Friedrich darüber zusammensackte, der Wagen geriet ausser Kontrolle und kam von der Straße ab, hart wurde er von dem an der Seite befindlichen Graben abgestoppt.
Richard hatte gar keine Zeit mehr zu reagieren, durch die Wucht des Aufpralls flog er durch die Frontscheibe in die Nacht und das letzte was er mitbekam war, das er unsanft von etwas hartem in seinem Rücken gestoppt wurde bevor er mit dem Kopf auf die Erde schlug.
THE END
Das endgültige Ende....