Richard und Sophie von Brahmberg Fanpage
  Betrayal
 

 Kapitel 1

 

Fröhlich vor sich hin pfeifend lenkte er seinen Wagen in Richtung Göberitz. Wieder erwarten hatte er doch früher Feierabend machen können und war so hoffentlich noch vor Lisas Aufbruch zurück in die Stadt dort. Eigentlich waren sie für 20 Uhr zum Essen verabredet und nun waren es gerade mal 17 Uhr 30. Jedoch kannte er seine Lisa, spätestens um 18Uhr 30  würde sie die S-Bahn nehmen und vorher noch einmal in die Wohnung zu fahren um sich fertig zu machen. Allerdings hatte er gar keine Lust mehr Auswärts Essen zu gehen, viel lieber wollte er sich mit ihr einen gemütlichen Abend zu Hause machen, er hatte Lust für sie zu kochen und sie danach richtig zu verwöhnen. Grinsend viel sein Blick auf die Tüte mit dem Massageöl, er wusste das sie es liebte ihre verspannte Nackenmuskulatur von seinen warmen Händen wieder lockern zu lassen. Seine Gedanken gingen zurück an den Tag, an dem er sie kennen und sogleich lieben gelernt hatte. Etwas was ihm noch nie zuvor passiert war, doch sie zog ihn von Anfang an in ihren Bann. Sie hatte etwas besonderes und bis heute war er nicht hinter ihr Geheimnis gekommen. Sie hatte keine Modelmaße, doch das brauchte sie auch gar nicht, ihre Haare fielen nicht jeden Tag in gleichmäßigen Wellen über ihre Schulter, sondern machten ab und an das was sie wollten und ihre Augen schimmerten tiefer als jeder Ozean. Eigentlich passte sie so gar nicht in das Schema Frau, das er normalerweise bevorzugte, vielleicht war es auch das was ihn so Anzog. Nein, schüttelte er den Kopf, da war noch mehr. Es war ihre Art, sie hatte eine großes warmes Herz, konnte gut mit Menschen umgehen und sah immer nur das Gute in jedem. Sogar in ihm, sie hatte ihm eine Chance gegeben in dem sie einer Verabredung zugestimmt hatte und nun waren sie 2 Jahre zusammen.

Zwei Jahre, wie schnell doch die Zeit verging. Nie hätte er sich träumen lassen so lange mit einer Frau zusammen zu sein. Die meisten langweilten ihn spätestens nach 2 Monaten wieder und eigentlich wollten alle immer nur das eine, sein Geld. Doch Lisa war anders, sie hatte einen gut bezahlten Job in einer großen PR Agentur, sie war nicht auf ihn und sein Geld angewiesen und das hatte sie ihm auch klipp und klar zu verstehen gegeben. Deswegen war sie auch erst vor drei Monaten zu ihm gezogen und das auch nur unter der Bedingung das sie sich die Miete teilten. Zuerst war er dagegen gewesen, immerhin zahlte er die Miete eh, egal ob sie bei ihm wohnte oder nicht und die Nebenkosten würden durch eine Person mehr auch nicht in die Höhe schnellen. Sie blieb stur und er gab schließlich nach, er wollte sie einfach um sich haben, Tag und Nacht, für immer.

Für immer, wurde das Lächeln auf seinem Gesicht noch breiter, irgendwie hörte sich das in Zusammenhang mit Lisa einfach verdammt gut und richtig an. Für ihn stand schon länger fest das sie die Frau war mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte und sie schien auch nicht abgeneigt zu sein. Sogar das Thema Kinder hatten sie schon besprochen und obwohl er doch eigentlich nie welche haben wollte, war er überglücklich gewesen als sie ihm mitteilte das wenn er das was er am Abend zuvor gesagt hatte ernst gemeint hätte, sie die Pille absetzten würde. Es war also nur noch eine Frage der Zeit bis sich Nachwuchs ankündigen würde und er freute sich jetzt schon auf das Gesicht von Bernd Plenske wenn sie ihm und Helga mitteilen würden das sie Großeltern wurden. Dann würde bestimmt wieder der Selbstgebrannte rausgeholt und die erfolgreiche Familienplanung begossen werden. Innerlich stellte er sich schon auf eine Nacht in Göberitz ein, eine Nacht voller Familiärer Geborgenheit und Wärme. Er fand es schön wenn sie nach irgendwelchen Familien- oder Grillfeten in Lisas altem Kinderzimmer übernachteten, in ihrem alten kleinen Bett, in dem sie sich immer Eng aneinander kuscheln mussten damit sie zusammen darin Platz fanden. Der Morgen danach wenn sie alle zusammen an dem kleinen Esstisch saßen oder im Sommer auch draußen auf der Hollywoodschaukel und Helga sie mit ihren Selbstgemachten Leckereien beglückte.

Früher hätte er es nie zugegeben, doch hier auf dem Land fühlte er sich das erste Mal in seinem Leben sicher und geborgen. Jedes Haus strahlte für ihn eine unglaubliche Wärme aus, die er aus der Stadt so nicht kannte. Die Nachbarn, die ihn grüßten sobald sie ihn sahen oder seinem Wagen zuwinkten, das alles gab es in Berlin nicht. Nur wenn man sich zufällig im Hausflur traf bekam man ein nicken, der engsten Nachbarn, aber sonst lebte man in der Anonymität der Großstadt. Einer Kälte in der er Aufgewachsen war, die er Jahrelang für den Richtigen Weg gehalten hatte. Bis Lisa kam, dachte er und lenkte den Wagen in die Ortseinfahrt nach Göberitz.

Sie würde Augen machen wenn sie ihm die Türe öffnete, rechnete sie doch nicht mit ihm. Er konnte sich ganz genau ihre zuerst verwunderten und dann mit dem Himmel um die Wette strahlenden Augen vorstellen. Er hörte die Stimmen von Helga und Bernd, wie sie nachfragten wer denn da an der Türe sei und spürte ihre Umarmung und Bernd´s Väterliches Schulterklopfen.

 

So in seine Gedanken versunken hätte er beinahe die kleine Seitenstraße verpasst an deren Ende das Haus der Plenskes stand. Nun war es also nicht mehr weit, gleich würde er sie in die Arme nehmen können und ihr sagen wie sehr er sie seit heute Mittag, als sie nach einer gemeinsamen Mittagspause zu ihren Eltern aufgebrochen war, vermisst hatte. Würde ihr sagen können wie sehr er sie liebte, konnte endlich wieder bei ihr sein. Jede Minute, die er von ihr getrennt war schmerzte, jede Stunde in der er nicht in ihren Augen versinken konnte war eine verlorene Stunde. Immer noch war er verliebt wie am ersten Tag.

Zügig lenkte er seinen BMW in die freie Parklücke vor dem Haus, konnte gar nicht schnell genug aussteigen und die restlichen Meter bis zur Türe zu Fuß zurücklegen. Lächelnd legte er den Finger auf die Klingel und wartete bis sich die Türe öffnete.

 

 

„Lisamäuschen, kannst du mal bitte die Türe öffnen? Das ist bestimmt Traudel!“ rief Helga ihrer Tochter aus der Küche zu als sie die Türglocke vernahm. Durch die Durchreiche sah sie wie Lisa das Gedeck, welches sie gerade abräumen wollte wieder hinstellte und sich auf den Weg machte.

 

Kopfschüttelnd ging Lisa zur Türe, Traudel Decker war erst vor einer Stunde gegangen, aber es war nichts neues das sie irgendetwas wichtiges vergessen hatte zu erzählen. Etwas weswegen sie ja eigentlich nur gekommen war und was sie über den alltäglichen Dorfklatsch vergessen hatte.

Schwungvoll öffnete sie die Türe und blieb im ersten Moment wie erstarrt stehen, doch dann fing sie sich wieder und ein breites Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht.

 

„Richard!“ fiel sie ihm freudestrahlend um den Hals.


Kapitel 2

 

 

 

„Hallo meine Schöne,“ murmelte er nur und drückte ihr einen zaghaften Kuss auf die Lippen bevor er sich vorsichtig aus ihrer Umarmung zu lösen versuchte, erfolglos.

„Was machst du denn hier? Ich dachte du hättest so viel zu tun?“ zog sie ihn wieder hinunter und legte ihren Kopf an seine Schulter.

„Nun ja das habe ich eigentlich auch, aber ich dachte mir ich hebe mir ein wenig Arbeit für den Flug auf.“ grinste er nun und löste sich endgültig von ihr, „ Und da wir ja eh verabredet waren dachte ich mir ich hole meine Süße ab, damit sie nicht mit der Bahn fahren muss.“

Lisas Gesicht verdunkelte sich ein wenig als er seine Geschäftsreise erwähnte, die er Montag morgen antreten würde. Ganze 3 Wochen würde er in den Staaten unterwegs sein und dort die Einführung der neuen Standards überwachen. Zwar hatte er versucht einen Kollegen dazu zu bringen für ihn zu fliegen doch es hatte wohl nicht geklappt.
„ Musst du wirklich Montag dahin fliegen?“ fragte sie dennoch nach als sie das Wohnzimmer betrat, bevor ihre Mutter neugierig in den Flur kam, um zu sehen wer da an der Türe war.

„Ja,“ seufzte Richard nun, „Es muss jemand aus der Geschäftsführung dahin und mein Kollege kommt erst am Montag von seiner Reise nach Mailand zur dortigen Saisoneröffnung wieder. Da kann ich nicht von ihm verlangen, das er direkt weiter nach New York jettet.“ Auch wenn ich das zu gern tun würde, setzte er in Gedanken nach und fragte sich mit welcher Eroberung David dieses Jahr aus Mailand zurück kam und ob die Dame bis nach den Shows in Paris immer noch Aktuell sein würde. Wahrscheinlich nicht, schüttelte er leicht den Kopf um so die Gedanken an David und somit auch an seine Familie zu verdrängen.
Lisa hatte ihn zu Anfang ihrer Beziehung mehrmals danach gefragt, doch er war ihr immer wieder Ausgewichen. Zu seiner Mutter pflegte er damals schon keinen Kontakt mehr und auch die Seidels akzeptierten ihn nicht in ihrer Familie, auch wenn er genetisch gesehen dazugehörte. Er wollte mit Lisa nicht über seine Familie reden, für ihn war seine Familie gestorben. Er erzählte zwar von der Arbeit und auch von ein paar Kollegen, aber da er sich selber nie auf Firmenfeiern blicken ließ musste Lisa sie auch nicht kennen. Der wahre Grund war allerdings ein anderer, er wollte nicht das man seine Beziehung zu Lisa im Firmenklatsch auseinander nahm, wollte nicht das sie sich für Präsentationen nach den Wünschen der Presse für ein perfektes Bild stylen musste. Denn das wäre nicht seine Lisa gewesen, zwar kannte sie sich durch ihren Job mehr als gut in der Pressebranche aus, doch die Modebranche übertraf das alles noch. Er wollte ihre Beziehung nicht verheimlichen, bei Kerima wusste man das er seit einiger Zeit in festen Händen war, zumindestens wussten es diejenigen, die es interessierte und das reichte. Wer nachgefragt hatte, der wusste auch das seine Freundin Lisa Plenske hieß und in der Agentur Kowalski arbeitete und mehr wollte man auch nie wissen. Er wurde auch nicht gefragt ob er sie vielleicht zur Weihnachtsfeier mitbringen würde, warum auch, denn theoretisch waren die Firmen Feste das gleiche wie Familien Feste, eine große Party der Seidels und ihren Freunden.


„Ah hallo Richard.“ riss Helga Plenske ihn aus seinen Gedanken und so bemerkte er erst jetzt das Lisa ihn mit einem nicht deutbaren Blick musterte. „Ich dachte ihr wärt in der Stadt verabredet?“

„Hallo Helga,“ begrüßte er nun seine Schwiegermutter in Spe und umarmte sie kurz wobei er ihr einen Kuss auf die Wange hauchte, „Du denkst richtig, aber ich habe mir gedacht wenn ich schon rüber in die USA fliegen muss, dann kann ich mir die Arbeit ja auch mitnehmen und mir mit Lisa ein gemütliches Wochenende machen.“

„Das ist wirklich mal eine Gute Idee Junge,“ hörte er nun Bernd Plenske aus dem Keller kommen, „Es reicht ja schon das du mein Schnattchen 3 Wochen alleine lässt nicht wahr!“ schlug er ihm nun väterlich auf Schulter.

„Hallo Bernd,“ schüttelte Richard, ihm die Hand und wandte sich dann wieder Lisa zu, „Bist du schon bereit oder kann ich noch einen Kaffee trinken?“ fragte er sie wobei er seine Hand um ihre Taille legte.

„ Was hast du denn heute noch so vor?“ fragte sie während es in ihren Augen aufblitzte.

„Hmm das verrate ich dir noch nicht.“ schmunzelte er.

„Nun gut wenn das so ist denke ich werde ich zuerst meine Sachen in ruhe zusammen packen.“ lächelte sie ihn verführerisch an und schritt betont langsam die Treppe zu ihrem ehemaligen Kinderzimmer hoch.


Richard sah ihr nur Kopfschüttelnd hinterher bevor er sich an Helga wandte, „Ich glaube das heißt, das ich noch einen Kaffee trinken soll.“


Doch er kam nicht mehr dazu den Kaffee wirklich zu ende zu trinken, schon nach 5 Minuten kam Lisa lachend die Treppe wieder hinunter und baute sich vor ihm auf.
„Na los ich will endlich wissen was du mir nicht verraten willst.“ setzte sie sich auf seinen Schoß und er bemerkte das die oberen Knöpfe ihrer Bluse geöffnet waren. Schelmisch grinste er sie an, dann stand er auf, wobei er sie auf den Arm nahm, rief Helga und Bernd noch ein „Wiedersehen!“ zu und trug sie hinaus zu seinem Wagen.
Zielsicher lenkte er diesen wenig später durch den doch eher starken Stadtverkehr auf seine Wohnung zu, was Lisa mit erstaunen zur Kenntniss nahm .

„Wir fahren nach Hause?“ fragte sie ungläubig.

„Ja,“ antwortete er kurz angebunden.

„Und dann?“

„Weiß ich noch nicht.“

„Wie weißt du noch nicht?! Richard du verheimlichst mir doch was, ich kenne dich, das sehe ich dir an der Nasenspitze an!“ drehte sie sich erbost zu ihm um.

„Lass dich doch einfach mal überraschen Schatz,“ grinste er nun, diesmal würde er ihr nicht vorher verraten was er vor hatte, das hatte er sich geschworen.

„Gehen wir denn noch ins Wolfhardts?“

„Weiß nicht, willst du denn woanders hin?“

„Du hast den Tisch reserviert nicht ich.“ verschränkte sie die Arme vor der Brust.

„Habe ich das? Kann sein,“ zuckte er mit den Schultern und lenkte den Wagen in die Tiefgarage.

„Du bringst mich noch zur Weißglut,“ schnaubte Lisa und stieg ohne ihn eines Blickes zu würdigen aus.

Richard verriegelte noch den Wagen und nahm seine Aktentasche sowie die Tüte vom Rücksitz, beides war Lisa nicht aufgefallen. Breit grinsend stieg er nun die Treppen hoch bis er vor seiner Wohnungstüre stand. Von drinnen hörte er schon wie sie immer noch lautstark vor sich hin grummelnd die Badezimmertüre schloss und wie das Wasser der Dusche anging. Das war so typisch für Lisa erst murren und sich dann zurechtmachen, das ihm und allen anderen Männern im lokal die Augen ausfielen. Zwar machte sie das nicht oft, meist wirklich nur wenn er sie mit einem netten auswärtigen Essen überraschen wollte und ihr partout nicht sagte wohin es ging, aber diesmal würde er dann alleine in diesen Anblick kommen. Er platzierte die Tüte mit dem Massageöl hinter dem Sofa und begab sich dann in die Küche. Bis Lisa wieder aus dem Bad kam stand das Hauptgericht auf dem Herd und die Vorspeise wäre fertig.

Lisa genoss das warme Wasser welches sie sich immer wieder über den Rücken laufen ließ. Sie wusste doch das Richard für 20 Uhr einen Tisch bestellt hatte und sie würde ihm wieder einmal zeigen was alles in ihr steckte. Sie kannte seine Blicke und manchmal hatte sie fast das Gefühl es wäre ihm unangenehm das sie sich so aufstylte. Sie zuckte kurz mit den Schultern, dann stellte sie das Wasser ab. Das war doch genau das was sie so an ihm liebte, das sie sich nicht jeden Tag 2 Stunden ins Badezimmer stellen musst e um sich vor die Türe zu trauen. Sie kannte genug Männer, die das von ihren Frauen verlangten und sie kannte genug Frauen, die genau das für ihre Männer taten. Schnell trocknete sie sich ab, stieg in den Hauch von Nichts, den er ihr von seiner letzten Geschäftsreise mitgebracht hatte und zog das einzige Kleid, das sie aus der Kerima Kollektion besaß über. Es war bordeauxrot und hatte einen raffinierten Ausschnitt bei dem man je nach Blickwinkel ziemlich fiel sah.
Mit gekonnten Handgriffen föhnte sie sich die Haare zu sanften Wellen, die sie dann leicht hochsteckte, wobei immer wieder einige Strähnen herausfielen.
Mit einem strahlend weißen Lächeln lächelte sie ihr Spiegelbild an, nur noch das Make Up dann war sie fertig. Doch diesmal wollte sie es nicht zu extrem, ein wenig Make Up, ein wenig Lidschatten und einen zarten Lippenstift, dann war sie fertig. Sie schloss die Türe wieder auf und trat hinaus. Schon im Flur stieg ihr ein Himmlischer Duft in die Nase und als sie dann das Wohnzimmer betrat blieb sie vor staunen auf der Stelle stehen und sah Richard mit Tränen in den Augen an.

 

Kapitel 3

 

 

 

Der komplette Wohnbereich war in Kerzenschein gehüllt, aus der Stereoanlage tönte Leise Musik und der Tisch war liebevoll gedeckt. Immer wieder ließ Lisa ihren Blick umherschweifen, das konnte doch nicht sein, auf der Couch waren vereinzelt Rosenblätter verteilt. Schließlich blieb sie wieder an Richard hängen und konnte ihre Tränen nicht mehr zurück halten. Damit hätte sie nicht gerechnet, das er so einen Aufwand veranstaltete und das alles nur für sie, Lisa Plenske das Landei. Wenn ihr das jemand während ihrer Schulzeit prophezeit hätte, hätte sie denjenigen für verrückt erklärt. Kurz gingen ihre Gedanken zurück, sah sich mit den Altmodischen Sachen, den strohigen Haaren und der Zahnspange und nun? Nun stand sie hier in einem Kerima Kleid vor dem Mann, der ihr den Himmel zu Füßen legte. Sie konnte nicht verhindern, das ein erster Schluchzer ihrer Kehle entwischte.

 

 

„Hey,“ mit zwei großen Schritten war er bei ihr und legte sacht einen Arm um ihre Taille, um sie an sich zu ziehen, „Was ist denn los? Ge...gefällt es dir nicht?“ fragte er dann unsicher nach und schalt sich im Stillen selbst. Lisa war nicht die Frau die man groß umgarnen musste, sie mochte es einfach, schlicht ohne großes Brimborium. Warum hatte er da nicht vorher dran gedacht?

 

„Doch,“ brachte sie schließlich zwischen zwei Schluchzern hervor, „Es...es ist wunderbar.“ Sah sie ihn an und versank in seinen blaugrauen Augen, „Und...und das alles nur für mich?“

 

„Für dich nur das Beste mein Schatz,“ flüsterte er und führte sie langsam zum gedeckten Esstisch hinüber. Erst jetzt sah sie das er die Vorspeise schon aufgetragen hatte. Langsam ließ sie sich auf ihren Stuhl gleiten, verfolgte mit den Augen jeden weiteren Schritt und Handgriff von ihm, sah wie er die Weinflasche öffnete und ihr einschenkte. Dann setzte er sich auf seinen Platz und hob sein Glas. „Auf die wundervollste Frau der Welt, meine große Liebe. Auf dich mein Schatz.“ Sprach er dann bedächtig und hielt ihren Blick mit seinem Gefangen.

 

„Ich liebe dich,“ hauchte sie dann und senkte ihren Blick wieder auf den Salat, der vor ihr stand, sie konnte immer noch nicht begreifen, das er das alles nur für sie getan hatte.

 

 

Das Essen verlief die meiste Zeit schweigend, nur ab und an sahen sie sich lange Zeit über in die Augen, verloren sich im jeweiligen Gegenüber und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Auch Richard konnte nicht fassen, das sie nun wirklich schon so lange zusammen waren. Nach dem Hauptgang verschwand er nochmals kurz in der Küche, welche für Lisa an diesem Abend zur Sperrzone erklärt war, um den Nachtisch zu holen. Ein wenig ärgerte er sich über sich selbst, das er das Tiramisu nicht selbst gemacht hatte, doch dafür hatte ihm schlicht weg die Zeit gefehlt. Ein Nachteil an spontanen Überraschungen, wie er feststellte. Deswegen bemühte er sich, es besonders schön auf den tiefen Desserttellern anzurichten und Lisas strahlende Augen als sie das Dessert sah, war ihm Dank genug. Er stellte den Teller vor ihr ab, zog dann seinen Stuhl zu ihr hinüber, das er nun neben ihr anstatt gegenüber saß. Er nahm den Löffel und führte ihn zu ihrem Mund, er selber hatte schon länger keinen Hunger mehr, aber er wusste das Lisa Tiramisu liebte. Liebevoll fütterte er sie und als ein kleiner Rest auf in ihren Ausschnitt fiel, ließ er es sich nicht nehmen ihn von ihrer zarten Haut zu küssen. Dabei bemerkte er wie sie unter seinen Küssen, die er sacht weiter verteilte erschauderte. Nur langsam löste er sich von ihr, zog sie auf seine Schoß und fütterte sie weiter, die eigentliche Überraschung kam erst noch.

Während er den Tisch nun komplett abräumte wies er Lisa an es sich doch schon einmal im Wohnzimmer gemütlich zu machen und als er nachdem der Geschirrspüler endlich lief wieder das Zimmer betrat stockte ihm für einen Moment der Atem.

Das warme Kerzenlicht, das sich nun auf ihrer Haut und ihrem Kleid spiegelte, ließ sie noch schöner erscheinen als sie eh schon war, tauchte sie in eine Mystik, die er noch nie zuvor gespürt hatte. Vorsichtig, als könne er mit zu hektischen Bewegungen die Atmosphäre zerstören, ließ er sich neben ihr nieder, sah ihr erneut tief in die Augen und beugte sich dann langsam vor um seine Lippen auf die ihrigen zu legen.

Schnell wurde der Kuss intensiver, leidenschaftlicher, fordernder und er spürte ihre Hände, wie sie auf Wanderschaft gingen. Seinen Rücken hinab bis zum Bund seiner Hose, wie sie sanft an dem Gürtel zupfte um schließlich das Hemd aus der Hose zu ziehen um ihren Händen zugriff auf seine nackte Haut zu gewähren. Sein Gehirn begann sich abzuschalten, er wollte nicht mehr denken, wollte nur noch fühlen. Langsam glitten nun seine Hände über ihren Rücken bis zu dem Reißverschluss, der Hugos Meisterwerk zusammenhielt. Noch langsamer begann er ihn zu öffnen und stöhnte dann auf als er ihre Fingernägel an seinen Brustwarzen spürte. Sie drückte ihn nach hinten an die Lehne des Sofas und unter halb geschlossenen Lidern sah er wie das Kleid von ihr abfiel und sie nur noch in einem Hauch von nichts vor ihm saß, ihre Hände immer noch auf seiner Brust. Ihre Lippen näherten sich wieder den seinen und er konnte nicht verhindern wie er sanft in den Kuss hineinstöhnte. Diese Frau machte brachte ihn mit ihren Berührungen und Bewegungen noch um den Verstand. Mit äußerster Willenskraft löste er sich aus dem Kuss, grinste sie vielsagend an und griff dann hinter das Sofa in die Tüte mit dem Massageöl, während Lisa nun sein Hemd aufknöpfte und es ihm begierig von den Schultern streifte. Er wusste sie wollte ihn verwöhnen, doch zuerst war sie dran. Er wollte ihr danken, das sie es so lange mit ihm ausgehalten hatte, das sie keine Fragen zu seiner Vergangenheit stellte, das sie einfach Lisa war. Sanft küssend zwang er sie zurück, so das sie nun unter ihm lag, mit geschickten Fingern öffnete er hinter ihrem Rücken den BH mit einer Hand und streifte ihn ihr dann ab. Kurz hielt er inne, betrachtete ihren perfekten Busen, konnte sich nicht zurückhalten und strich ganz leicht mit seiner Hand über ihre Knospen, die sich ihm sofort erwartungsvoll entgegen streckten.

 

„Richard,“ stöhnte Lisa leise auf und schloss die Augen nun ganz, ließ sich fallen, vertraute ihm Blind.

 

Er ließ seine komplette Aufmerksamkeit nun ihr zukommen, während er die Flasche aufschraubte und eine winzige Menge in seine Hände kippte, die er dann angefangen von ihrem Hals massierend hinab zu ihren Hüften bewegte.

 

 

Lisa stieg der Geruch von Rosen in die Nase, sie spürte Richards warme Hände wie sie sanft in kreisenden Bewegungen über ihren Körper glitten, wie er sich ihren Brüsten zuwandte und in ihr ein unbeschreibbares Gefühl der Lust auslöste. An ihren Hüften angekommen spürte sie wie er den Kopf senkte um gleich darauf Lustvoll aufzustöhnen während er ihr mit den Zähnen den Tanga auszog. Lisa musste sich regelrecht zwingen die Augen wieder zu öffnen um ihn ansehen zu können, sie spürte das Öl auf ihrem Körper und lächelte ihn an. Woher wusste er das sie sich das schon immer einmal gewünscht hatte?

 

Er lächelte zurück, schob sich wieder nach oben um ihre Lippen fordernd mit seinen zu verschließen. Spürte dabei ihren geölten Körper an seinem, hörte das klicken des Verschlusses, als Lisa seinen Gürtel öffnete und ihm die Hose samt Boxershorts hinunterzog. Eine Welle der Lust erfasste ihn, brachte ihn dazu sich noch enger an sie zuschmiegen, seine Hände auf eine erneute Wanderschaft zu begeben und schließlich an ihrer Intimsten Stelle innezuhalten.

 

„Bitte Richard,“ flehte sie und sah ihn aus verhangenen Augen an.

 

Er wusste das sie bereit war, er sah was sie von ihm wollte und er kam dieser stummen Aufforderung nach. Drang langsam und bedächtig in sie ein, verharrte kurz und sah ihr nochmals tief in die Augen bevor er seine Lippen sanft auf ihre legte und sich zu bewegen begann.

 

Lisa war für ihn nicht irgendeine Frau, sie war seine Frau, die Person, der er bedingungslos sein Leben anvertraut hätte.

Jede Berührung war vertraut, rief neue, in Ehren gehaltene Erinnerungen hervor.

Jeder Kuss war einzigartig und sengte einem Feuersturm gleich neue Bahnen durch seine Sinne. Ihre Hände auf seinem Rücken, ihre Lippen auf den seinen, ihr Körper unter ihm ließen ihn auf der Schwelle der Ekstase zittern, die er sich so nie hatte vorstellen können.

Dumpf hörte er wie sie aufstöhnte und ihre Hände sich noch fester in seine Rücken krallten, spürte ihren schnellen Atem an seinem Hals. Sie stöhnte seinen Namen, er spürte wie sie zu ihrem Höhepunkt kam.

Jeder Gedanken wurde aus seinem Gehirn getrieben bis nur noch die brillante Klarheit des Augenblicks existierte.

 

 

 

Montag Morgen standen sie dann am Flughafen eng aneinander geschmiegt und zögert den Moment des Abschieds bis zur letzten Sekunde hinaus. Lisa hatte sich extra die ersten beiden Stunden frei genommen um ihn zum Flughafen zu begleiten. Das ganze Wochenende hatte sie zu Hause verbacht, entweder im Bett oder auf dem Sofa, so als würde man sie für immer trennen, als müssten sie die letzten Stunden besonders auskosten. Erneut wurde Richards Flug aufgerufen und wiederstrebend löste er sich von ihr.

 

„Ich glaube ich muss dann jetzt los,“ flüsterte er und strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr.

 

„Ja,“ flüsterte sie ebenso leise, „ Sonst verpasst du noch deinen Flieger.“

 

„Pass auf dich auf ja?“

 

„Mach ich, keine Sorge.“

 

Er beugte sich zur ihr hinunter und küsste sie liebevoll, „Ich ruf dich an sobald ich gelandet bin.“ Hauchte er als er sich von ihr löste.

 

Lisa konnte nur noch nicken, sie versuchte krampfhaft die Tränen zurück zu halten, wollte es ihm nicht noch schwerer machen.

 

„Ich liebe dich, mein Engel.“ Gab er ihr erneut einen zarten Kuss, dann löste er sich langsam aus der Umarmung, wie in Zeitlupe entwirrten sich ihre ineinander verschränkten Hände. Rückwärts ging er auf die Kontrollen zu, drehte sich erst um als er durch sie hindurch musste. Noch ein letztes Mal legte er zum Abschied die Hand an die Glasscheibe, warf ihr einen Luftkuss zu und verschwand in der Menge.

 

„Ich liebe dich auch,“ flüsterte sie mit Tränenerstickter Stimme, wusch sich dann resolut über das Gesicht und machte sich auf den Weg zum Ausgang. Dabei übersah sie den jungen Mann, der von der Seite auf die Taxistände zusteuerte und prallte gegen ihn. Von der Wucht verlor sie das Gleichgewicht und landete unsanft auf dem Boden des Flughafens. Gerade wollte sie anfangen loszuschimpfen ob derjenige nicht aufpassen könne als sie in ein paar Dunkelbrauner Teddybär Augen versank.

 

Kapitel 4

 

 

„Entschuldigung, haben sie sich weh getan?“ holte sie eine warme Stimme in die Realität zurück und sie sah nun in das Gesicht, zu den Augen. Lisa durchfuhr ein heißkalter Schauer, benommen schüttelte sie den Kopf und realisierte erst jetzt das ihr immer noch eine vereinzelte Träne über die Wange rollte.

„Sicher, sie weinen ja. Kommen sie,“ hielt der Fremde ihr die Hand hin, welche sie sogleich ergriff, um ihr aufzuhelfen.

Selbst als sie stand war sie immer noch zu keiner Äußerung fähig, ein leichter Schmerz durchzuckte ihren Fuß und sie stöhnte auf. Sie spürte, den besorgten Blick des Mannes auf sich, zwang sich regelrecht ihm nochmals in die Augen zu sehen.

 

„Es geht schon,“ flüsterte sie dann heiser und wollte sich aus seinem Arm befreien.

 

„Das sieht mir aber nicht danach aus,“ festigte er seinen Griff um ihre Taille und lächelte sie dann Entwaffnend an.

 

 Mein Gott dieses Lächeln, schoss es ihr durch den Kopf als sie spürte wie ihr gesamter Körper auf ihn reagierte.  Schau weg Lisa, du bist mit Richard glücklich versuchte sie sich einzuhämmern, doch sein Duft hüllte sie ein, machte sie schwach und willenlos.

„Ist sicher nur eine kleine Prellung, es geht wirklich schon wieder.“ Startete sie einen letzten verzweifelten Versuch. Doch der Fremde schüttelte nur den Kopf.

 

„Keine Wiederreden mehr, ich bringe sie zu einem Arzt. Der soll sich dann das ganze mal anschauen.“ Stützte er sie während er wieder auf den Taxistand zuging.

 

„Nein wirklich, das geht nicht. Ich...ich...  bin Vergeben!!!!!! ....muss zur Arbeit.“  Unbemerkt von ihm verdrehte sie die Augen, versuchte an Richard zu denken, doch es wollte ihr nicht gelingen. Immer wenn sie die Augen schloss, sah sie seine Braunen, wie sie sie besorgt musterten. Verdammt, nein! Das geht nicht! schrie sie sich im stillen zu.

 

„Ihr Chef wird ihnen schon nicht kündigen weil sie von einem Idioten wie mir umgerannt worden sind und sich dabei den Fuß verletzt haben.“ Half er ihr in das Taxi, setzte sich dann neben sie und nannte dem Fahrer sein Ziel.

 

„Entschuldigen sie,“ versuchte Lisa es nun anders und wandte sich direkt an den Taxifahrer, „Aber wären sie so Freundlich zuerst in die Mühlenstraße zu fahren?“

 

Fragend sah der Taxifahrer zu dem jungen Mann, welcher aber nur mit den Schultern zuckte und dann aufseufzte. „OK dann zuerst dahin.“ Gab er sich geschlagen.

 

 

 

Richards Flieger rollte immer schneller über das Rollfeld bis es schließlich den Kontakt zum Boden verlor und sanft in die Luft stieg. Sein Blick glitt aus dem Fenster, er sah wie die Autos und Häuser immer Kleiner wurden bis sie schließlich von den Wolken gänzlich verschluckt wurden.

Bis bald meine Kleine ,führte er eine Hand zu dem kleinen Fenster und hielt sie dagegen, so als ob er so noch irgendwie Kontakt zu ihr Herstellen konnte. Wie ich dich kenne sitzt du bestimmt schon im Taxi auf dem Weg zur Arbeit. Pass in den Drei Wochen gut auf dich auf. Er löste die Hand vom Fenster, wandte sein Gesicht wieder auf den Vordersitz und versuchte den Kloß in seinem Hals hinunter zu schlucken. Wie sehr er doch Abschiede hasste und wie sehr er sich wünschte er wäre nur über das Wochenende nach Mailand geflogen. Dann wäre er nun wieder zu Hause und David säße in diesem Flieger. Er wusste nicht wie er diese Wochen überstehen sollte, bis jetzt waren sie nie länger als eine Woche getrennt gewesen und das auch nur wenn es wirklich nicht anders ging und nun? Hatte er sich von David überreden lassen die Termine in den USA zu übernehmen, damit dieser in Mailand die Models vernaschen konnte. Zuerst war er dagegen gewesen, auf keinen Fall wollte er sich länger als nötig von Lisa trennen, doch dann hatte David Friedrich eingeschaltet und dieser hatte ein Machtwort gesprochen und so musste er sich diesem Beugen. Aber auch nur weil Friedrich recht hatte und David der falsche Mann für diesen Job hier gewesen wäre.

Die Anschnallzeichen über seinem Kopf erloschen mit einem Pling und er holte den Laptop unter seinem Sitz hervor. Wenn er nicht den ganzen Flug über mit dem Kloß im Hals kämpfen wollte musste er sich ablenken und das klappte am besten mit der Arbeit, die er bis zu seiner Ankunft in New York noch zu erledigen hatte.

 

 

 

„Warten sie, ich helfe ihnen noch.“ Vernahm Lisa die Stimme des Mannes, als sie im Begriff war das Taxi zu verlassen.

 

„Nein Danke, den Rest des Weges schaffe ich wirklich alleine.“ Stieg sie schnell aus und humpelte auf das Gebäude zu in dem sich die Werbeagentur Kowalski befand. Bloß schnell weg war das einzige was sie noch dachte. So bemerkte sie nicht wie der Mann, dem Taxifahrer einen Hunderter gab, ein Stimmt so murmelte und dann schnell seine Tasche aus dem Kofferraum holte um ihr zu folgen.

Gerade sah er noch wie sie im Aufzug verschwand, schnell glitt sein Blick über die Tafel, in welcher Etage hatte Kowalski seinen Firmensitz? Als er die benötigte Information gefunden hatte stürmte er zum Treppenhaus und nahm zwei Stufen auf einmal bis er endlich in der 10ten Etage angekommen war. Kurz rang er nach Luft, dann betrat er die Agentur, sogleich fühlte er sich wie bei Kerima. Überall wuselten geschäftige Mitarbeiter herum, an den Wänden hingen mehrere Plakate, die die Agentur für verschiedene Kampagnen entworfen hatte. Hektisch ließ er seinen Blick durch die Etage schweifen bis er die junge blonde Frau schließlich an einem der Schreibtische ausmachen konnte. Zielstrebig steuerte er auf sie zu, sie hatte etwas besonderes an sich, etwas das ihn von Anfang an angezogen hatte. Er wusste nicht wieso, aber diese Frau löste in ihm das Gefühl aus mehr zu sein als nur eine Frau für eine Nacht.

Kapitel 5

 

 

„Ah Herr Seidel, was führt sie denn schon so überpünktlich hier her? Der Termin ist doch erst heute Abend wenn ich mich recht erinnere.“ Tauchte wie aus dem nichts Rokko Kowalski, der Inhaber der Agentur, wie aus dem Nichts neben ihm auf. Erschrocken drehte er sich halb zur Seite und ergriff, die ihm dargebotene Hand. So sah er nicht das Lisa den Kopf nun ebenfalls hob und ihn entgeistert ansah.

 

Mein Gott was macht der denn jetzt hier? Kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Aber so wie es aussieht hat er einen Termin bei Rokko. beruhigte sie sich selber wieder und blickte schnell wieder auf ihren PC.

 

„Ja das stimmt,“ begann David und sah wieder zu Lisa hinüber, „Ich wollte ihnen auch nur ihre Mitarbeiterin halbwegs wohlbehalten wiederbringen. Wir hatten einen kleinen Zusammenstoß am Flughafen.“ Schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht.

 

„Was meinen sie mit halbwegs Wohlbehalten?“ runzelte Rokko die Stirn und sah Lisa fragen an.

 

„Ich bin nur umgeklinkt als wir zusammengestoßen sind.“ Verdrehte diese die Augen.

 

„Ach Lisa du bist und bleibst eine kleine Träumerin,“ zwinkerte Rokko ihr zu, „Warst mit deinen Gedanken bestimmt noch bei Richard hm?“ strich er ihr nun zart über den Rücken, so als wolle er sie trösten.

 

„Nein! Es war meine Schuld.“ Antwortete David jedoch sofort und Realisierte erst dann welchen Namen Rokko Kowalski erwähnt hatte.  Sie war mit ihren Gedanken bei Richard, aber doch wohl nicht bei dem Richard?! Seine Gedanken überschlugen sich, in der Firma war es ein offenes Geheimnis das Richard angeblich seit Jahren eine feste Beziehung führte, doch glauben konnte und wollte er das nicht.

 

„Wie dem auch sei,“ wiegelte Rokko ab, „bleibt es bei dem Termin heute Abend?“

David nickte nur, seit Mariellas Weggang hatten sie niemanden für die PR und es war Richards Idee gewesen sich nun an die Agentur Kowalski zu wenden und diese für die weitere PR-Arbeit zu gewinnen. Wenn diese Lisa wirklich seine Freundin war, dann wunderte ihn das nun auch nicht mehr. Normalerweise wäre es nämlich Richard gewesen, der gesagt hätte das diese Agentur viel zu teuer sei.

„ Gut,“ nickte nun auch Rokko, „Mir ist allerdings etwas dazwischen gekommen, weswegen sie mit meiner Mitarbeiterin vorlieb nehmen müssten. Natürlich nur wenn es ihnen nichts ausmacht. Ich habe sie sowieso für die Arbeit an diesem Projekt eingeteilt.“

 

„Sicher, das geht in Ordnung Herr Kowalski. Dann stellen sie uns am besten schon einmal vor und ich kläre dann alles weitere für heute Abend.“

 

„Sie stehen direkt vor ihrem Schreibtisch,“ grinste Rokko zuerst David, dann Lisa an bevor er sich wieder in Richtung seines Büros wandte und darin verschwand.

 

 

Lisa sah ihm mit offenem Mund hinterher, so war das nicht abgemacht gewesen. Sie wollte nicht mit Kerima verhandeln und zwar aus dem Grund, da sie sich nicht sicher war ob sie wirklich objektiv bleiben konnte. Und nun sollte sie sich heute Abend mit ihm treffen, wo er sie so vollkommen aus dem Konzept brachte? Sie wusste nicht was es war, aber er brachte ziemlich viel in ihrem Gefühlshaushalt durcheinander. Kurz schüttelte sie den Kopf, hoffte dass das alles nur ein böser Traum war, doch als sie den Kopf wieder zum PC drehte sah sie das er sich im Besuchersessel niedergelassen hatte und ihr die Hand hinhielt.

 

„David Seidel,“ lächelte er sie an.

 

„Lisa Plenske,“ erwiderte sie und ergriff zaghaft die ihr angebotene Hand.

 

 

 Also doch! schoss es ihm durch den Kopf. Den Namen Lisa Plenske hatte er von Agnes einmal in Zusammenhang mit Richard gehört. Er musterte sie erneut von oben bis unten, was er sah gefiel ihm und durch diese neuen Informationen verlor sie auch nicht diese unbeschreibliche Anziehungskraft, im Gegenteil sie verstärkte sich sogar noch.

 

„ Dann muss ich sie ja nun gar nicht mehr fragen ob sie heute Abend mit mir ausgehen,“ lächelte er sie entwaffnend an, „Um 19 Uhr im Wolfhardts, ich freu mich schon, Frau Plenske.“ Stand er wieder auf, zwinkerte ihr zu und verließ schnellen Schrittes die Agentur.

 

 Ganz toll Rokko Kowalski, hast du auch nur den Hauch einer Ahnung wie sehr ich an diesem Abend leiden werde? Dir ist etwas dazwischen gekommen, ich weiß was dir dazwischen gekommen ist und das wirst du mir wieder gut machen. Einen Abend Verhandlungen mit David Seidel, der zieht mich doch über den Tisch mit seinem Lächeln, mit seinen Augen mit...mit...allem einfach, einfach weil er ist wie er ist. sie seufzte kurz auf,  HALT STOPP, alles auf Anfang, ich bin mit Richard zusammen, David ist sein Kollege, ich liebe Richard, ich liebe Richard.....ich....LIEBE DAVID! Sie zuckte zusammen, hatte sie das gerade wirklich gedacht? Sie schloss die Augen, wollte sich Richards Gesichts vorstellen, doch es erschien Davids. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch begannen zu Samba zu tanzen.  Love at first sight machten sich ihre Gedanken wieder selbstständig, davon hatte sie doch immer geträumt, von der Liebe auf den ersten Blick, von ihrem Prinzen. Sie hatte immer gewusst das es, das bei Richard nie war. Sie fand ihn am Anfang nett, sympathisch und es hatte ihr Geschmeichelt das sich endlich auch mal ein Mann für sie als Frau interessierte und dann war sie da gewesen die Liebe.  Oder war das alles nur Einbildung?heftig schüttelte sie den Kopf,  Nein, ich habe ihn wirklich geliebt. Verdammt Lisa jetzt denkst du schon in der Vergangenheitsform an ihn. Aber ich kann es nicht ändern, da sind noch Gefühle ja, aber nicht so stark wie für die, die plötzlich für David da sind.

 

 

Gedankenverloren ließ David sich in seinem Büro auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch sinken. Die Unterlagen darauf würdigte er keines Blickes, seine Gedanken kreisten nur noch um Lisa und ob sie wirklich die Lisa Plenske war von der Agnes einmal gesprochen hatte. Wenn ja, war dies seine Chance Richard und seine altmodischen Ansichten ein für alle mal aus der Firma zu jagen. Dann wäre das die Chance endlich alleiniger Geschäftsführer zu werden, die Chance endlich in Ruhe das Erbe seines Vaters anzutreten und diesen Bastard in seine Schranken zu verweisen. Claus von Brahmberg war ja auch nichts anderes als ein nervendes Stück Ballast gewesen, er sollte das Kapital zur Gründung der Firma liefern, nicht mehr und nun? Nun saß dieser Taugenichts von Seitensprung hier und beanspruchte von beiden Gründerseiten aus einen Posten für sich.

Doch Richard hatte sich durch seine Beziehung angreifbar gemacht, er hatte schon lange versucht rauszufinden wer die Frau an der Seite seines Bruders war um ihm daraus einen Strick zu drehen und nun hatte er ihn auf dem Silbertablett geliefert bekommen. Aus dem Sentimentalen Geschwätz welches er ab und an am Catering aufgeschnappt hatte schien er diese Frau wirklich zu lieben und David musste sich eingestehen das Richard seit er in festen Händen war umgänglicher geworden war, aber immer noch nicht umgänglicher genug das er wirklich mit ihm ausgekommen wäre.

Er lehnte sich zurück, griff nach den Akten für das Treffen mit Kowalski und begann darin herum zu blättern. Dabei schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht sobald er an Lisa dachte, er konnte verstehen das Richard ihr verfallen war. Auch ihn ließ sie nicht kalt. Er dachte an ihre Begegnung vom Flughafen zurück, anscheinend hatte sie Richard zum Flieger gebracht. Er sah das blau ihrer Augen vor sich und die Schmetterlinge in seinem Bauch begannen Samba zu tanzen.

 

Kapitel 6

 

 

Erschöpft kniff Richard die Augen zusammen, klappte den Laptop zu und schnallte sich wieder an. Gerade hatte die Stewardess durchgegeben das sie mit dem Landeanflug auf New York beginnen würden. Ein Blick auf seine Uhr verriet ihm das sie gut in der Zeit lagen, wahrscheinlich würden sie bei sofortiger Landeerlaubnis sogar ein paar Minuten früher als geplant landen. Doch das war ihm eigentlich egal, für heute hatte er keine Termine und so konnte er sich im Hotel ein wenig ausruhen und sich danach vielleicht ein wenig die Stadt ansehen. Immerhin war er auch schon längere Zeit nicht mehr hier gewesen und er würde mit Sicherheit wieder etwas schönes für Lisa finden. Bisher hatte er ihr immer etwas von seinen Geschäftsreisen mitgebracht und diesmal sollte es nicht anders sein.

Plötzlich spürte er das der Flieger auf dem Boden aufsetzte, erschrocken fuhr er hoch und wunderte sich als er sah wie sie auf das Terminal zurollten. Er hatte gar nicht mitbekommen, das sie schon unten waren. Die Anschnallzeichen erloschen und er stand auf um sein Handgepäck aus dem Fach über seinem Sitz zu holen, streifte sich das Jackett über und wartete darauf das Flugzeug zu verlassen.

Dadurch, dass er First Class geflogen war dauerte es auch nicht lange und er fand sich an der Zollkontrolle wieder. Auch hier ging es verhältnismäßig schnell voran, sein Visum war gültig, der Fingerabdruck schnell eingelesen und auch der Koffer gefunden. Das alles hatte er sich doch wesentlich stressiger Vorgestellt, bis jetzt lief alles Reibungslos, ja fast schon perfekt. Zu perfekt für seinen Geschmack, eine dunkle Vorahnung beschlich ihn, warnte ihn davor nicht abzuschalten und weiterhin wachsam zu sein. Nur worauf? Er würde doch erst Morgen in den Flagshipstore fahren und dort nach dem rechten sehen. Kurz zuckte er mit den Schultern, was ihm einen schiefen Blick der älteren Dame einbrachte, die neben ihm ging. Er lächelte sie entwaffnend an und murmelte dann etwas von Zeitverschiebung bevor er durch die Schiebetür in die Ankunftshalle trat.

 

 

„Richard!“ hörte er auf einmal eine Frauenstimme seinen Namen rufen und fand sich nur kurz darauf in einer Umarmung mit einer wunderschönen Brünetten wieder. Die alte Dame lächelte ihm nun auch zu und wandte sich ab.

 

 

 

Nervös sprang Lisa vor dem Spiegel im Badezimmer umher, betrachtete sich immer wieder von allen Seiten, zupfte etwas an ihrem Oberteil, kontrollierte die Frisur und das Make Up.

 Es ist ein Geschäftsessen, kein Date! zischte ihre innere Stimme, woraufhin sie wie angewurzelt stehen blieb und sich aus erschrockenen Augen ansah. Sie atmete einmal tief durch, sah an sich herab und nickte dann. Es war nur ein Geschäftsessen, nicht mehr und nicht weniger und dementsprechend hatte sie sich auch gekleidet. Sie trug eine Anthrazitfarbene Stoffhose, eine weiße Bluse und eine zu der Hose passende Weste. Die oberen Knöpfe der Bluse waren jedoch geöffnet, so das man ziemlich viel von ihrem Dekoltee sah.  Mehr als Richard lieb sein würde! zischte es erneut in ihrem Kopf und sie schloss schnell zwei Knöpfe, so das man nur noch ihre Kette, die sie extra angelegt hatte hervorblitzen sah. Jetzt reiß dich endlich zusammen!

 

 

 

„Mariella?!“ verwundert löste Richard sich aus der Umarmung seiner Schwester, er hatte vorgehabt bei seinem halt in Boston auch bei ihr und Lars vorbei zu sehen. Deswegen wunderte er sich nun, das sie hier in New York war und am Flughafen auf ihn wartete. „Ist alles in Ordnung? Was machst du denn hier?“

 

„Natürlich ist alles in Ordnung.“ Lächelte sie ihn an, „Lars musste geschäftlich nach New York und da ich wusste, das du hier deine Geschäftsreise verbringst habe ich mich bei deiner Assistentin erkundigt wann du ankommst. Ich wollte dich überraschen.“

 

„Na das ist dir auch gelungen,“ grinste er nun ebenfalls.

 

„Hast du heute schon einen Termin?“ fragte Mariella dann, als sie mit ihm zusammen den Ausgang ansteuerte.

 

„Nein, heute nicht. Ich wollte jetzt eigentlich ins Hotel und danach was durch die Stadt streifen. War lange nicht mehr hier.“

 

„Das trifft sich doch gut,“ winkte sie ein Taxi herbei, „Dann können wir ja zusammen zum Lunch gehen und danach begleite ich dich wenn du nichts dagegen hast.“

 

„Was sollte ich dagegen haben Schwesterherz?“ stieg er in das Taxi, das nun neben ihnen hielt und nannte dem Fahrer den Namen des Hotels.

 

Ein Grinsen schlich sich auf Mariellas Gesicht, „Du bist auch im Morgans?“

 

„Ja, das Hotel hat es mir angetan, wenn ich hier bin steige ich nur noch dort ab. Vor allem liegt es zentral, in ruhiger Gegend, soweit man in New York überhaupt von ruhig reden kann, und der Flagshipstore ist auch ganz in der Nähe. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet, warum sollte ich etwas dagegen haben Mariella?“

 

 

„Richard, ich kenne dich und ich weiß wie du zu Familienkisten stehst. Ich kann es dir noch nicht einmal verübeln nachdem was Mutter, Laura und Friedrich dir angetan haben. Ich möchte dich nicht bedrängen mit mir etwas zu unternehmen nur weil ich deine Schwester bin.“

 

„Ach Mariella, du weißt doch genau, das du da nicht mit zuzählst. Du warst doch schon in den USA als das passierte.“

 

„Ja und deswegen habe ich immer noch ein schlechtes Gewissen, ich meine da brauchst du mich schon mal und dann bin ich nicht da.“

 

Sanft strich Richard ihr über die im Schoß gefalteten Hände, er wollte nicht das sie sich vorwürfe machte nicht für ihn da zu sein. Sie war ihm im Herzen näher als jede andere Person seiner Familie, ja was die Familie betraf war sie die einzige Person in seinem Leben. Sie war eine der wenigen, die Lisa Persönlich kannten, die wussten wie ernst ihm diese Beziehung war, trotz der Distanz, die räumlich zwischen ihnen lag. „Das brauchst du nicht,“ flüsterte er und hob nun ihr Kinn an, damit er ihr wieder ins Gesicht sehen konnte.  „Du bist doch meine Familie und dafür bin ich dir dankbar.“ Nahm er sie in den Arm, so das der Rest der Fahrt schweigend verlief.

 

 

„Lisa du siehst wunderschön aus,“ wurde sie schließlich von David begrüßt als sie das Wolfhardts betrat.

 

„Danke Herr Seidel,“ erwiderte sie schüchtern. Jetzt lass dich doch nicht ungefragt von ihm duzen. konnte sie ihre innere Stimme förmlich mit den Augen rollen sehen.

 

„Nenn mich doch bitte David.“

 

„Meinen sie Herr Seidel? Immerhin ist das hier Beruflich.“

 

„Ja das meine ich Lisa, bei einem steifen sie verhandelt es sich auch immer so steif.“

 

„Gut, dann David.“ Lächelte sie ihn an und versank wieder in seinen braunen Augen.

 

„Ich habe uns schon mal eine Flasche Rotwein bestellt, ich hoffe das ist in Ordnung?“

 

„Ich trinke eigentlich nicht so viel, aber danke.“ Antwortete sie wahrheitsgemäß.

 

 So, so du trinkst also nicht so viel. blitzte es in seinen Augen auf und er erwiderte ihr immer noch strahlendes Lächeln,  Das macht nichts, wir werden sehen wie viel du am Ende trinkst und wir werden sehen ob ich überhaupt Alkohol brauche damit mein Charme bei dir wirkt.

„ Du musst ja nicht die ganze Flasche alleine trinken,“ grinste er nun und zog eine Mappe aus seiner Aktentasche. „Das sind Bilder der neuen Kollektion, die ich dir einmal mitgebracht habe. Ich dachte das sei Hilfreich.“

 

„Danke,“ nahm sie die Mappe entgegen und schlug sie auf, Richard hatte ihr schon von der neuen Kollektion erzählt und was sie nun sah bestätigte seine Ausführungen nur noch. „ Das wird tatsächlich Hilfreich sein, allerdings bin ich nicht wirklich für das Kreative zuständig. Ich dachte eher das wir heute das preisliche Gerüst besprechen.“ Zog sie nun ebenfalls eine Mappe aus ihrer Tasche und reichte sie David, „Unsere Preisliste, Extrawünsche, wie Übergroße Anzeigen etc, werden davon getrennt verhandelt.“

 

David nickte nur, nahm die Mappe entgegen und sah sie kurz durch. Die Preise, die Kowalski für das Design der verschiedenen Anzeigen und Plakate verlangte waren nicht gerade billig und diese Liste bestätigte das nur.  Dein erster Fehler Richard, sonst willst du doch auch immer sparen. Oder wolltest du etwas bei deiner Freundin einen Rabatt aushandeln?

 

„Ganz schön happig,“ nickte er dann und legte die Liste beiseite.

 

„Nun ja Qualität hat ihren Preis, ich habe allerdings schon mit Herrn von Brahmberg gesprochen.... Richard, Lisa er heißt Richard!.... und wenn sie die komplette PR für diese Saison über uns laufen lassen dann kann man die Preise komplett neu verhandeln.“

 

„Ja er erwähnte so etwas, allerdings gehört zu der kompletten PR nicht nur das Anzeigendesign und die Schaltung, sondern auch die Pressearbeit, Statements und Dementi etc.“

 

„Ich weiß, Herr Kowlaski wäre bereit alles über die Agentur laufen zu lassen.“

 

„Hmm und wie sähe da dein Preisliches Angebot aus?“ zwinkerte er ihr zu, was ihr einen heißkalten Schauer über den Rücken jagte.  Er flirtet mit dir, jetzt sag ihm schon das du vergeben bist.

 

„Nenn mir doch deine Preisvorstellungen,“ antwortete sie jedoch nur und schlug die Augen unschuldig auf.

 

In Davids Gehirn setzte irgendetwas aus, dieser Blick, dieser Augenaufschlag mit dem sie ihn gerade bedacht hatte brachte sein Blut zum kochen. Das hatte noch nie eine Frau bei ihm geschafft, die meisten hatten es auch gar nicht versucht.  Sie flirtet mit mir, sie geht auf mein Spiel ein.  überschlug er sich in Gedanken.

 

 

 

Nach dem Lunch mit Mariella hatte Richard sich kurz auf sein Hotelzimmer zurückgezogen um sich noch einmal umzuziehen bevor sie wieder loswollten. Gerade tauschte er das Hemd gegen einen Rolli ein, als er nach seinem Handy griff. Er musste Lisa noch anrufen, kurz überschlug er wie spät es in Deutschland war, dann wählte er die Nummer seines Festnetzanschlusses. Endlich bekam er ein Freizeichen, ließ es klingeln, doch niemand hob ab. Schließlich sprang der Anrufbeantworter an, doch er wollte persönlich mit ihr sprechen. Er legte auf und drückte die Kurzwahltaste, um ihr Handy zu erreichen. Es würde ihn nicht wundern wenn sie noch im Büro saß und arbeitete.

 

„Plenske?“ meldete sie sich schon nach dem dritten Klingeln, sie klang genervt, so als würde er stören. Im Hintergrund konnte er eine männliche Person lachen hören.

 

Kapitel 7

 

 

„Hallo?“ fragte Lisa nochmals genervt als sie nicht sofort eine Antwort bekam.

 

Richard musste schlucken, so kannte er Lisa eigentlich gar nicht, doch dann besann er sich wieder, „Hallo ich bin´s.“ antwortete er und konnte nicht verhindern das in seiner Stimme ein Hauch von Traurigkeit mitschwang.

 

„Richard, warum meldest du dich denn nicht sofort?“ fragte sie nun wieder etwas normaler.

 

„Nun ja also irgendwie hat es sich angehört als würde ich dich stören.“

 

„Nein,“ seufzte sie auf und für einem Moment lief ihm ein Schauer über den Rücken, er wusste wann Lisa so seufzte, „Ich bin nur immer noch auf der Arbeit, ist etwas stressig im Moment.“

 

„OK das verstehe ich, ich wollte mich auch nur melden und sagen das ich gut angekommen bin. Dann arbeite nicht mehr zu lange mein Schatz.“ Hauchte er einen kleinen Kuss in den Hörer, „Ich liebe dich und zähle schon die Stunden bis ich wieder da bin.“

 

„Dann hast du ja auch noch was zu tun,“ lachte sie kurz auf, „Du ich muss jetzt wirklich weiter machen wenn ich vor Mitternacht zu Hause sein will.“

 

„Gut, ich melde mich morgen noch mal. Aber ich wünsche dir schon mal eine Gute Nacht, ich denk an dich.“

 

„Ich dir auch,“ erwiderte sie hastig, dann hatte sie aufgelegt.

 

 

Richard schloss die Augen und atmete einmal tief durch, sie war einfach nur im Stress mehr nicht. Trotzdem hatte er ein ungutes Gefühl, er konnte nicht sagen warum, aber seine innere Stimme sagte ihm das irgendetwas nicht in Ordnung war.

Er legte das Handy auf das Sideboard nachdem er es abgeschaltet hatte, griff nach der leichten Jacke und verließ sein Zimmer um sich im Foyer mit seiner Schwester zu treffen.

 

 

„Alles in Ordnung?“ fragte Mariella als sie den deutlich sichtbaren Ausdruck von Traurigkeit in seinen Augen sah.

 

„Ja, alles in Ordnung. Habe nur noch schnell mit Lisa telefoniert.“

 

Mariella zog die Augenbrauen zusammen und hackte ihren Bruder unter, „Lieber Kaffee als Shopping?“

 

„Nein,“ schüttelte er den Kopf und lächelte leicht, „Sie hat nur auf der Arbeit ein  wenig Stress.“ Legte er seinen Arm um ihre Schultern bevor sie zusammen das Hotel verließen.

 

 

Schnell ließ Lisa ihr Handy wieder in ihre Handtasche gleiten, sie war froh, das sie das Wolfhardts schon verlassen hatten. Mitten in diesem Piekfeinen Restaurant wäre ihr das doch peinlich gewesen. Nun sah sie wieder auf, direkt in Davids Grinsen.  Mein Gott der Mann bringt mich noch um meinen Verstand schoss es ihr durch den Kopf, dann spürte sie seinen Arm um ihre Hüften.

 

„Wenn du noch arbeiten musst, dann können wir ja noch auf einen Drink in die Tiki Bar.“ Raunte er ihr zu.

 

Lisa seufzte kurz auf, dann löste sie sich wiederwillig aus seinem Arm um ihm endlich die Wahrheit zu sagen.

 

„David hör zu ich...ich...würde liebend gern...aber...aber... Verdammt Lisa nun sag es ihm endlich.... ich habe eine feste Beziehung...zu...zu Herrn von Brahmberg“ betrachtete sie schüchtern ihre Schuhspitzen.

 

David nickte nur, dann legte er wieder seinen Arm um sie, „ Liebst du ihn?“ fragte er.

 

Lisa schluckte, sie wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Bis sie David kennen gelernt hatte dachte sie wirklich sie würde Richard lieben, doch nun war sie sich da nicht mehr sicher. Bei David flogen die Schmetterlinge, was bei Richard schon länger nicht mehr der Fall gewesen war. Sicher Richard war nett, er gab ihr alles was sie wollte und doch fehlte ihr etwas. Sie biss sich nervös auf die Unterlippe während ihre Gedanken Achterbahn fuhren.

 Spiel mit offenen Karten!

Sie schluckte schwer und schüttelte dann den Kopf, „Ich weiß es nicht.“ Flüsterte sie dann und tränen bildeten sich in ihren Augen.

 

„Hey, nicht weinen.“ Zog er sie noch näher an sich, „Es kann doch niemand was für seine Gefühle. Weißt du...ich...also mir...du bist mir nicht egal, was auch immer kommen mag.“

 

„Danke David,“ kuschelte sie sich an ihn, „Ich weiß auch nicht warum, aber seit dem Zusammenstoß am Flughafen. Dieses eine Kribbeln ist plötzlich wieder da, so war es bei Richard nie.“

 

Vorsichtig hob er ihren Kopf mit einer Hand an, sah ihr in die Augen, verlor sich in ihnen und näherte sich dann langsam ihren Lippen ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. Viel zärtlicher als beabsichtigt trafen seine Lippen auf ihre, berührten sie kurz, fragend. Er spürte wie ihn ebenso zart erwiderte. „Mir ging es genauso.“ Hauchte er und wunderte sich wie gut sich diese Worte anfühlten. Er wollte doch eigentlich doch nur Richard endlich am Boden sehen, doch die Armada an Schmetterlingen sagte ihm das es nicht nur das war, was ihn zu seinen Handlungen veranlasste. Ehe er weiter darüber nachdenken konnte senkten sich seine Lippen jedoch wie von selbst wieder auf ihre.

 

 

Lachend trug Richard einige Tüten seiner Schwester über die 5th Avenue, das Telefonat mit Lisa sah er inzwischen als das was sie gesagt hatte. Es war spät in Deutschland und sie hockte noch im Büro, da wäre er auch gereizt. Dazu schaffte Mariella es ihn von seinen trüben Gedanken abzulenken, ja sie sogar auszuräumen. Sie hatte es sogar geschafft das er ihre Tüten  trug, etwas was er normalerweise abgrundtief hasste.

Nun wollte Mariella erst einmal eine kleine Shoppingpause einlegen und kannte auch schon den perfekten Ort dafür. So schlugen sie den Weg ins nächste Starbucks ein, gingen jedoch weiterhin gemütlich, da sie es sich nicht verkneifen konnte vor dem ein oder anderen Schaufenster stehen zu bleiben. Während sie wieder eins der Kleider in den Boutiquen betrachtete schweifte Richards Blick über die doch belebte Straße und blieb schließlich an einem beigen Hochhaus hängen. Sofort glitten seine Gedanken wieder zu Lisa, doch diesmal blieb das Lächeln in seinem Gesicht. Als Mariella dann weitergehen wollte zog er sie hinüber, zwei Türsteher musterten sie von oben bis unten, bis sie schließlich die Türe aufschlossen und sie einließen. Sofort kam eine ältere Dame auf sie zu lächelte sie an und bat sie an einem der Tische Platz zu nehmen.

 

Mariella warf einen überraschten Blick zu ihrem Bruder, „Was willst du denn bei Tiffany´s? flüsterte sie dann.

 

„Herr und Frau von Brahmberg, was führt sie zu uns? Kann ich ihnen unsere neue Kollektion zeigen?“

 

„Ich würde mir gerne ihre Verlobungsringe ansehen,“ antwortete Richard.

 

Kapitel 8

 

 

„Du machst auch keine halben Sachen,“ schüttelte Mariella immer wieder den Kopf und trank an ihrem Iced Caffeé Mocha, „Meinst du nicht das du nun übertrieben hast?“

 

„Wie kommst du da drauf? Nur weil ich die Ringe bei Tiffany gekauft habe?“

 

„Ja wie komme ich nur da drauf? Hast du Lisa denn schon gefragt ob sie dich heiraten will?“

 

 

Kurz runzelte er die Stirn, nippte an seinem Cappuccino. Seine Gedanken gingen zu Lisa, ob sie wohl immer noch in der Agentur saß und arbeitete? Hoffentlich nicht, sie hatte auch so schon genug Überstunden und er machte sich immer wieder sorgen wenn sie zu so später Zeit noch alleine mit der Bahn fuhr.

Zwar hatte sie auch einen Führerschein, aber kein eigenes Auto und mit seinem Monstrum, wie sie seinen 7er BMW nannte, fuhr sie nur wenn es unbedingt sein musste. Er konnte nicht verstehen was sie gegen seinen Wagen hatte. Er war doch mit allen nur wünschenswerten Extras ausgestattet, sogar mit einer Einparkhilfe, die er jedoch nie benutzte. Er hatte ihr schon öfters den Vorschlag gemacht ihr bei der Anschaffung eines eigenen Kleinwagens beratend zur Seite zu stehen, doch sie hatte immer wieder abgelehnt. In der Stadt bräuchte sie eh keinen Wagen, da wäre sie mit den Öffentlichen schneller und müsste nicht jeden Morgen im Stau stehen. Jedes mal hatte er irgendwann seufzend klein bei gegeben und seine Idee ihr ein Auto zu kaufen wieder verworfen.

Ein Lächeln huschte bei diesen Erinnerungen über sein Gesicht und wenn sie doch zu Hause war dann lag sie bestimmt mit ihrem Snoopy Schlafanzug im Bett, so das nur noch ihr blonder Haarschopf unter der Decke hervorlugte. Er liebte es wenn sie morgens mit total verwuschelten Haaren aufstand, diese Momente waren es in denen er sie noch mehr liebte als sonst wenn das denn noch möglich war und das waren auch die Momente in denen er sich nach mehr Zeit morgens mit ihr sehnte. Einfach im Bett liegen bleiben, sie in den Armen zu halten, mit ihr über die Zukunft zu sprechen. Genau so ein Moment war es gewesen als er seinen Kinderwunsch geäußert hatte und er würde nie ihre strahlenden Augen vergessen. Wie sie ihn umarmt und liebevoll geküsst hatte, ihm versichert hatte wie sehr sie diese Aussage von ihm freuen würde, da sie sich immer Kinder gewünscht hatte.

 

 

„Erde an Richard!“ hörte er dumpf die Stimme seiner Schwester, „Hallo?! Träumst du?“

 

„Bitte?“ fragte er verstört nach und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Mariella.

 

„Ich habe dich etwas gefragt.“

 

„Entschuldige, ich war in Gedanken. Was wolltest du denn wissen?“

 

„Ob du Lisa schon einen Antrag gemacht hast?“

 

Wieder glitt sein Blick in die Ferne, doch diesmal ließ Mariella es nicht zu das er wieder in seine Gedanken abtauchte. „Und? Beantwortest du mir nun meine Frage oder muss ich Lisa anrufen?“

 

„Nein!“ fuhr er auf, „Du kannst sie nicht anrufen.“

 

„Heißt das also, das du sie noch gar nicht gefragt hast?“

 

Richard lächelte Mariella an, „Ich wollte sie schon länger fragen, aber irgendwie war nie der Richtige Zeitpunkt oder Ort. Außerdem hatte ich doch gar keinen Ring für sie, wenn dann möchte ich alles richtig machen. Verstehst du?“

 

„Sicher verstehe ich das, aber wenn du sie noch nicht einmal gefragt hast verstehe ich nicht das du direkt die passenden Eheringe dazu gekauft hast. Was wenn....“

 

„Das wird sie nicht!“ unterbrach er sie, „Ich liebe sie, sie liebt mich, wir leben zusammen, planen in absehbarer Zeit ein Baby. Warum sollte sie dann meinen Antrag nicht annehmen?“

 

Mariella wusste nicht was sie ihm darauf antworten sollte, vielleicht wollte Lisa ja gar nicht heiraten. Obwohl wenn sie länger darüber nachdachte dann war das Ausgeschlossen. Lisa war nicht der Typ Frau, der ein Baby plante, aber den Vater auf keinen Fall ehelichen würde.

„OK gegen deine Argumente kann ich nichts mehr hervorbringen und ich freue mich für euch.“ Lächelte sie ihn an, griff nach ihren Tüten und stand auf, „Bist du soweit? Lars wartet bestimmt schon im Hotel.“

 

 

 

„Irgendwie ist mir gar nicht mehr nach Tiki Bar.“ murmelte David atemlos als er sich wieder von Lisa löste, allerdings nur so weit um ihr erneut in die Augen zu sehen.

 

„Nicht?“ flüsterte sie zurück.

 

Er schüttelte nur mit dem Kopf, kam ihren Lippen wieder näher, „Ich glaube ich habe mich verliebt.“ Hauchte er kurz bevor sie sich wieder berührten.

 

Diesmal war es Lisa, die den Kuss beendete. Sie wunderte sich darüber, das ihre innere Stimme schwieg, sie nicht anschrie das sie doch mit Richard zusammen sei.

 

 Love at first sight  hörte sie ein flüstern, anscheinend war dagegen sogar ihr Gewissen machtlos. Hier in Davids starken Armen war einfach alles so leicht, viel leichter als es je mit Richard gewesen war. Sie spürte Davids Arm wieder um ihre Hüfte, sah ihn fragend an.

 

„Wollen wir noch ein Stück gehen? Die Nächte sind noch nicht so kalt.“ Fragte er, immer noch sehr leise sprechend.

 

„Gerne,“ erwiderte sie ebenso leise und schmiegte sich an ihn während ihr Arm nun ebenfalls seine Hüften umschlang.

 

 

Eine Zeitlang gingen sie schweigend nebeneinander her, genossen die wärme des jeweils anderen und in beiden machte sich das Gefühl unglaublicher Geborgenheit breit.

Verstohlen blickte David ab und an zu ihr hinüber, unwillkürlich musste er lächeln. Irgendwie lief das alles besser als geplant. Sie wusste nicht ob sie Richard wirklich liebte, sprach in Zusammenhang mit ihm von Kribbeln im Bauch und auch er selber wollte nicht mehr leugnen, das er wohl tiefere Gefühle für sie hegte. Er wollte diese Frau, spürte das sie die Frau war, auf die er ein leben lang gewartet, ja die er ein leben lang gesucht hatte. Er konnte förmlich Richards Gesicht vor sich sehen, wenn dieser herausfand was der Grund für den Bruch in seiner Beziehung war. Sicher würde er erst einmal vor Wut an die Decke springen, doch dann würde er zerbrechen wie eine Porzellanfigur, die vom Fensterbrett fiel. So wie er am Catering mitbekommen hatte schien Richard in seiner Beziehung anders zu sein als sonst, etwas, das er sich nicht wirklich vorstellen konnte. Und selbst wenn, Richard hatte eine Frau wie Lisa nicht verdient, er hatte diese Liebe nicht verdient genauso wenig wie er es verdient hatte überhaupt zu existieren.

David war froh, das sein Vater Richard trotz Vaterschaftstest nicht wirklich als seinen Sohn anerkannte, das seine Mutter ihn nicht in die Familie integrieren wollte und das Kim so endlich die Augen über Sophie geöffnet wurden. Musste er nun nur noch Lisa die Augen öffnen, obwohl musste er das wirklich noch? War es nicht vielleicht auch Schicksal, das er sie am Flughafen umgerannt hatte. Seinen Gefühlen nach zu Urteilen musste es so sein, denn noch nie hatte er so für eine Frau empfunden.

Er blieb stehen und sah zu den Sternen hinauf bevor er sich mit ihr zusammen auf eine Bank niederließ. Sofort legte sie ihren Kopf an seine Schulter, sah ebenfalls hinauf und ihre Augen glitzerten mit den Sternen um die Wette. Für einen Moment kam es ihm vor als würden sie nur für sie beide scheinen, als würde der Mond nur für sie den schmalen Pfad, auf dem sie eben noch gewandelt waren, erleuchten.

 

„Lisa,“ nahm er ihre Hand in seine, „Glaubst du an Schicksal?“

 

Verwundert über diese Frage sah sie ihn an und nickte dann leicht, „Ja das tue ich.“

 

„Denkst du, das unser Zusammenstoß, also das der vom Schicksal so bestimmt war?“ wandte er ihr den Kopf zu um in ihrem Gesicht lesen zu können.

 

„Ja, das glaube ich,“ flüsterte sie und verlor sich zum xten Mal an diesem Abend in seinen Augen.

 

Sein Gesicht kam ihrem wieder gefährlich nahe bevor er weitersprach, „Glaubst du das wir beide eine Chance haben?“

 

Lisa konnte ihm nicht mehr antworten, sie brachte vor Rührung kein Wort mehr raus, so nickte sie nur bevor sie sich kurz räusperte, den Blickkontakt unterbrach und ihre Schuhspitzen betrachtete. „Denkst du denn das wir eine Chance haben?“

 

Statt einer Antwort zog er sie noch näher zu sich heran, sog ihren Duft ein und atmete dann wieder aus. „Ja, das denke ich.“ 

Kapitel 9

 

Die Zeit ohne Richard verging für Lisa wie im Flug, jeden Tag traf sie sich nach der Arbeit noch mit David oder sie verbrachten die Wochenenden zusammen. Sie konnte sich einfach nicht gegen seine Anziehungskraft wehren. Es war alles so anders wie zwischen Richard und ihr, so aufregend und neu, so einzigartig. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so gefühlt, so geborgen. Noch nie in ihrem Leben hatte ein Mann ihre Seele, ihr inneres so berührt wie David. Sie war sich sicher, das sie füreinander bestimmt waren und mit der Zeit gab auch ihr Gewissen auf, wurde von ihrer Liebe überstimmt. Das einzige was sie nun noch belastete war, das sie sofort nach seiner Rückkehr mit Richard reden musste. Er hatte ein Recht darauf zu erfahren das sie sich verliebt hatte, das sie die Liebe ihres Lebens gefunden hatte. Ihren Seelenverwandten, denn sie war sich sicher das David genauso fühlte. Er unterstützte sie wo er nur konnte, nahm ihr das Schlechte Gewissen wenn es sich doch noch mal in schwachen Momenten zu Wort meldete und sie vertraute ihm. Immerhin kannte er Richard, er machte ihr klar das er das schon verstehen würde, das Richard ja nun kein Unmensch sei.

Das verräterische Aufblitzen seiner Augen sah sie dabei nicht und das war auch gut so, denn hätte sie es erkannt so wären ihr vielleicht doch noch Zweifel gekommen.

Sie seufzte kurz auf, so langsam wurde es Zeit das sie aus ihrem Büro raus kam. Schwungvoll stieß sie sich in ihrem Stuhl vom Schreibtisch ab, griff nach ihrer Tasche und fuhr schon im gehen noch schnell den PC herunter. David und sie wollten morgen Früh nach Paris aufbrechen,  die Stadt der Liebe flüsterte ihr ihre innere Stimme zu. Lisa wollte schon immer einmal nach Paris und obwohl sie nun schon 2 Jahre zusammen waren hatte Richard sich immer dagegen gesträubt. In jede andere Stadt würde er sofort mit ihr fahren, nur bitte nicht nach Paris, hatte er immer geantwortet und sie hatte es hingenommen. Sie hatte auch nicht nachgefragt warum er nicht nach Paris wollte, hatte sich ihren Teil gedacht und das es vielleicht mit seiner Familie zusammenhing, über die er auch nie ein Wort verlor. Die einzige Person aus seinem Verwandtenkreis, die sie kannte war seine Schwester Mariella. Doch diese lebte mit ihrem Verlobten in den USA und so sah man sich auch eher selten. Bei einem ihrer seltenen Treffen hatte Lisa versucht über Mariella etwas über ihre Familie zu erfahren, doch diese schwieg nur genauso wie ihr Bruder. Oft hatte sie sich gefragt warum die Geschwister nie darüber sprachen, doch irgendwann hatte sie einfach aufgegeben. Wenn er nicht darüber reden wollte, dann wollte er halt nicht und im Gegenzug zwang er sie auch nicht dazu ihm ihre komplette Vergangenheit Preiszugeben.

Lächelnd trat sie in den Aufzug, bevor sie nach Hause fuhr wollte sie noch schnell bei ihrem besten Freund Jürgen vorbei, sie platzte fast davor mit niemandem darüber zu reden, das sie nun endlich nach Paris fahren würde.

 

 

Mühsam kämpfte Richard mit seinem Koffer, das Ding wollte einfach nicht mehr zugehen und das obwohl er eigentlich noch seine Badsachen darin verstauen musste. Entnervt packte er ihn schließlich wieder aus und begann die ganze Prozedur von vorne, in 3 Stunden musste er am Flughafen sein und er wollte auf keinen Fall seinen Flieger verpassen nur weil er nicht in der Lage war den Koffer zu verschließen. Denn auch wenn die Geschäftlichen Termine allesamt mehr als zufriedenstellend verlaufen waren und er eine schöne Zeit mit seiner Schwester und Lars van der Lohe verbracht hatte so sehnte er sich nach Lisa. Nach ihrer Stimme, nach ihrem Duft, nach ihrem Lachen, ihren Berührungen. Schnell tastete er in der Innentasche seines Jacketts nach der kleinen Schatulle, zog sie hervor und betrachtete verträumt den Verlobungsring, den er direkt am Anfang der 3 Wochen zusammen mit Mariella gekauft hatte. Behutsam legte er ihn wieder zurück, verschloss die Schatulle und steckte sie dann wieder an ihren Platz in sein Jackett, bevor er sich erneut dem Koffer zuwandte.

 

 

„Jürgen, du glaubst nicht wo ich morgen hinfahre.“ Strahlte Lisa regelrecht als sie den Kiosk ihres besten Freundes betrat.

 

„Zum Flughafen.“ Gab er grinsend zur Antwort und hielt ihr einen Becher Kaffee unter die Nase.

 

„Woher weißt du das denn nun schon wieder?“ fragte sie beleidigt nach.

 

„Ich bin doch dein allwissender bester Freund.“ Nahm er sie in den Arm.

 

„Aber du weißt nicht wohin ich fliege.“ Strahlte sie nun wieder.

 

„Du fliegst? Wohin?“ fragte Jürgen nun neugierig nach, seines Wissens kam Richard morgen zurück und er und Lisa wollten sich ein gemütliches Wochenende machen.

 

„Wir fliegen nach Paris.“ Hüpfte sie nun wie ein kleines Kind auf und ab.

 

Jürgens Kinnlade sackte nach unten, hatte er da gerade richtig gehört? Lisa und Richard flogen über das Wochenende nach Paris? Das war doch schon so lange Lisas sehnlichster Wunsch, den Richard ihr bis jetzt nie erfüllt hatte. Jürgen vermutete schon lange das es etwas mit Richards Vergangenheit zu tun haben musste das er sich so sehr dagegen sträubte mit Lisa dorthin zu fahren, umso erstaunter war er nun das er nach einem 9 Stunden Flug sofort in den nächsten Flieger stieg und dann auch noch nach Paris.

 Da macht wohl einer endlich richtig ernst dachte er sich und freute sich einfach für Lisa mit, in der Hoffnung das sie als baldige Frau von Brahmberg zurückkam. So lange wie die beiden es nun schon miteinander aushielten und so wie ihre weitere Lebensplanung aussah wurde das auch langsam aber sicher Zeit.

 

„Das freut mich für dich Liselotte, du wolltest doch immer schon nach Paris und nun erfüllt er dir deinen Traum endlich,“ beobachtete er sie genau, „Und wer weiß was dann da noch passiert.“ Wackelte er mit den Augenbrauen.

 

„Spinner,“ schlug Lisa nach ihm, „Wir verhüten.“

 

Kurz entglitten Jürgen sämtliche Gesichtszüge, doch Lisa schien das gar nicht wahr zu nehmen. Sie war schon wieder mit ihren Gedanken ganz woanders.

 Wir verhüten? Seit wann denn das bitte wieder, ich erinnere mich an ein Gespräch vor noch nicht mal 2 Monaten wo du mir freudestrahlend erzählt hast das du die Pille abgesetzt hast weil ihr eine kleine Familie plant. Und nun verhütet ihr wieder?! Da ist doch was faul Decker, warum sollte sie das tun wo sie sich doch so sehr nach einem Baby sehnt, überschlugen sich Jürgens Gedanken, kurz überlegte er ob er sie darauf ansprechen sollte, ließ es dann aber doch lieber bleiben. Das war eine private Sache zwischen Lisa und Richard und er wollte sich bestimmt nicht in ihr Sexleben einmischen.

Lisa nahm gerade den letzten Schluck von ihrem Kaffee, sprang dann auf und umarmte ihn noch einmal zum Abschied.

 

„Ich muss dann jetzt auch wieder los, noch packen und so.“ verschwand sie durch die Türe.

 

„Ja ich wünsche dir dann einen schönen Aufenthalt!“ rief er ihr noch hinterher, war sich aber sicher das sie ihn gar nicht mehr gehört hatte. Schulterzuckend ging er zurück hinter seinen Tresen um dort auf den nächsten Kunden zu warten und sich wieder in seine Lektüre zu vertiefen, doch wirklich darauf konzentrieren konnte er sich nicht mehr. Immer wieder sagte ihm sein Bauchgefühl das irgendetwas an dieser Paris Geschichte faul war und doch versuchte er es zu ignorieren, um Lisas Willen.

 

 

Als Lisa gerade den Schlüssel in die Haustüre stecken wollte spürte sie wie zwei Arme sie von hinten umschlangen. Im ersten Moment versteifte sie sich doch im nächsten hörte sie eine sanfte Stimme die ihr ins Ohr flüsterte.

 

„Ich hatte solche Sehnsucht nach dir,“ raunte David und löste die Umarmung ein wenig, damit sie die Türe aufschließen konnte, folgte ihr in den Flur und zog sie sofort wieder zu sich heran um sie leidenschaftlich zu küssen.

 

„Ich auch,“ hauchte sie dann atemlos als sie sich wieder voneinander lösten, „Komm!“ zog sie ihn hinter sich her bis sie vor der Wohnung standen. Schnell schloss sie auf und ließ ihn eintreten. Er sah sich kurz um während sie ihn ins Wohnzimmer dirigierte. Die Wohnung war geschmackvoll eingerichtet, was sicher Lisas verdienst und nicht Richards war. Die große Couch schien sie zusammen mit Mariella ausgesucht zu haben, da sie deutlich an die gemütlichen Amerikanischen Modelle erinnerte. Lächelnd ließ er sich darauf nieder und wartete bis Lisa schließlich mit einer Flasche Wasser und zwei Gläsern zurück kam.

 

„Der Kaffee muss noch durchlaufen.“ Sagte sie dann entschuldigend, doch er winkte nur ab.

 

„Das ist schon in Ordnung,“ lächelte er sie an und zog sie auf seinen Schoß, „Das Einzige was ich brauche um Glücklich zu sein habe ich ja schon hier.“ Strich er ihr eine Strähne aus der Stirn, hielt ihren Blick mit seinem Gefangen und näherte sich wieder ihren Lippen. Hier in Richards Wohnung übte sie nochmals einen besonderen Reiz auf ihn aus. Und so leicht wie der Kuss begann, so fordernd und leidenschaftlich endete er. Zwischendurch hatten seine Hände den Weg unter ihre Bluse gefunden, strichen sanft über ihren Bauch hinauf zu ihren Brüsten. Vorsichtig, behutsam, so das er jederzeit reagieren konnte falls er ihr zu weit ging, doch sie stoppte ihn nicht. Im Gegenteil, sie lehnte ihre Stirn gegen seine, öffnete die Augen wieder und schickte ihre Hände über seinen Rücken auf Wanderschaft.

Allein das leuchten ihrer Augen erregte ihn, vorsichtig berührte er ihren Busen, schob die Hand unter den Stoff des BH´s und erstickte ihr aufstöhnen in einem erneuten Kuss. Er spürte wie sie ihm das Hemd aus der Hose zog, ihre Hände nun auf seinem nackten Rücken platzierte und sinnlich auf und ab fuhr. Nur wiederwillig zog er seine Hand wieder zurück ohne den Kuss zu beenden und begann ihre Bluse aufzuknöpfen, Knopf für Knopf in einem für sie elendig langsamen Tempo, verwöhnte er jedes freigelegte Stück Haut zuerst mit seine Händen um dann mit dem Mund zu folgen bis er sie der Bluse entledigt hatte. Gerade wollte er sich am Verschluss ihres BH´s zu schaffen machen, als sie sich von ihm löste. War das jetzt der Zeitpunkt wo sie ihn stoppte? Doch sie lächelte ihn an, fuhr mit ihrem Finger die Knopfleiste seines Hemdes entlang bevor sie anfing ihm die gleiche schöne Qual zu schenken wie er sie ihr gerade bereitet hatte.

Als ihr Mund sich immer mehr seinem Hosenbund näherte zog er sie sanft wieder hoch, küsste sie am Hals und strich ihr die Träger von den Schultern, so das sie hinausschlüpfen konnte. Schnell wanderten sie dann auf ihren Rücken kämpften ein wenig mit dem Verschluss und legte schließlich ihre perfekt geformten Brüste frei. Kurz verlor er sich beim Anblick ihres Nackten Oberkörpers, was ihr die Chance gab an seinem Hosenknopf zu nesteln. Schnell fing er ihre Hand wieder ein, begann ihre Brüste zu verwöhnen und stand langsam auf.

„Schlafzimmer?“ fragte er heiser ohne wirklich auszuhören sie küssen.

Lisa konnte nur mit dem Kopf in die Richtung nicken, zu  mehr war sie einfach nicht mehr im Stande. David machte sie ganz verrückt, weckte Emotionen und Gefühle in ihr die sie so nicht kannte. Die letzten Gedanken an Richard verblassten im Feuer ihrer Leidenschaft immer mehr und als David schließlich in sie eindrang wusste sie, das Richard nicht ihre große Liebe war.

 

Schwer atmend zog sich David schließlich aus ihr zurück, drehte sich auf die Seite und zog sie sofort wieder an sich heran. Erst jetzt nahm er die Umgebung des Schlafzimmers wirklich wahr und hier musste er Richard guten Geschmack attestieren. Die Satin Bettwäsche kühlte seinen erhitzten Körper und allein der Gedanke das es Richards Bett war in dem er mit ihr Geschlafen hatte erregte ihn auf´s neue. Kurz lauschte er Lisas regelmäßigen Atemzügen, strich ihr sacht über das verschwitzte Gesicht und sah auf den Wecker.

Ein böses Lächeln schlich sich auf seine Lippen, Richards Flieger würde gerade in den USA starten und in 9 Stunden wenn er wieder in Berlin landen würde wären sie schon auf den Weg nach Paris.

 

 

Kapitel 10

 

Laut aufseufzend lies Richard seinen Koffer im Flur neben die Garderobe sinken, auf der Fahrt vom Flughafen zu seiner Wohnung hatte er auch noch im Stau gestanden und nun sehnte er sich nur noch nach Lisa und seinem eigenem Bett.

Ein Blick auf die Uhr sagte ihm jedoch, das Lisa erst in 5 Stunden von der Arbeit kommen würde. Er nahm es ihr nicht übel, das sie sich nicht extra frei genommen hatte. Immerhin konnte man im Moment nicht wirklich etwas mit ihm anfangen und so hatte er noch genügend Zeit sich hinzulegen und später alles Vorzubereiten. Müde schlich er ins Schlafzimmer, stellte die kleine Schatulle mit dem Verlobungsring auf seinen Nachtschrank und ließ sich dann mitsamt Jackett aufs Bett fallen, wo es keine Fünf Minuten dauerte bis der Jet Lag ihn übermannt hatte.

 

 

Mit großen Augen sah Lisa sich um, sie saßen gerade im Taxi auf dem Weg zum Hotel und schon hatte die Stadt sie in ihren unvergleichlichen Bann gezogen. Sie spürte Davids Arm um ihre Schultern, legte ihren Kopf an seine und lächelte. Sie konnte es nicht wirklich begreifen das sie nun endlich in Paris war, der Stadt deren Bilder sie schon als Kind verschlungen und gesammelt hatte. Mit diesem Wochenendtrip hatte David ihr ihren Kindheitstraum erfüllt und das obwohl sie sich gerade mal ein paar Wochen kannten.

 Das muss die wahre Liebe sein, dachte sie sich,  Wir kennen uns erst so kurz und doch kommt es mir vor als würde ich ihn schon mein Leben lang kennen, er ist so sanft, so zärtlich, er kennt meine Wünsche bevor ich sie kenne. Wenn das nicht die große Liebe ist, was dann?

 

 

Auch David ließ seinen Blick einen Moment lang auf die an ihnen vorbeiziehende Stadt schweifen, nur um ihn dann sofort wieder auf Lisa zu senken. Hier in Frankereich war plötzlich alles anders, alles war so leicht, so einfach, es gab nur sie und ihn. Niemanden der ihnen im Weg stand, niemand dem er irgendetwas vorspielen musste. Hier konnte er ganz er selbst sein. Kurz glitten seine Gedanken an die letzte Nacht in ihrer Wohnung, er hatte sich jedes kleine Detail eingeprägt versucht es ihr oder Richard zu zu ordnen, doch immer war ihm das nicht gelungen. Es gab zwar einige Dinge, die er eindeutig Lisa zuschrieb und wiederum andere, die auf jeden Fall Richard gekauft haben musste, aber es gab auch Dinge wo er sich einfach nicht sicher war. Zwar traute er seinem Halbbruder gar keinen so guten Geschmack zu, aber für Lisa war es dann wieder ein wenig zu kühl.  Vielleicht war das auch einfach nur die Kombination der beiden, dachte er sich während er ihr über den Oberarm strich. Kurz schloss er die Augen, vertrieb die Gedanken an Richard und konzentrierte sich wieder ganz auf die wunderschöne Frau, die hier neben ihm im Taxi saß.

Was würde sie erst für Augen machen wenn sie im Hotel ankamen? Er hatte eine Junior Suite im Napoleon gebucht hatte, deren Terrasse einen wunderbaren Blick auf den Eifelturm bot. Er konnte das freudige glitzern in ihren Augen vor sich sehen, wie sie sich mit großen Augen umsah und in dann anstrahlte.

Wie hatte er nur jemals glauben können er würde sie nur für seine Rache an Richard brauchen? Immer wenn er sie sah, wenn er mit ihr zusammen war breitete sich diese tiefe innere Wärme in ihm aus, eine Wärme, die er so noch nie bei einer Frau gespürt hatte. War das Liebe? War das die einzige aufrichtige Liebe, die er schon immer gesucht hatte? Hatte er sie nun gefunden, ausgerechnet in der Freundin seines Erzfeindes?

 Ex-Freundin schoss es ihm durch den Kopf, denn genau das war es was er nun wollte, das sie Richards Ex wurde, damit er mit ihr zusammen sein konnte. Keine kleine billige Affäre, er wollte mehr, das ganze Packet. Er wollte jeden Morgen mit ihr aufwachen, jeden Abend mit ihr einschlafen, sie auf Händen tragen, ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen, so wie er es mit diesem Wochenendtrip getan hatte. Es fühlte sich einfach so verdammt richtig an und wenn er damit Richard endlich in seine Schranken verweisen konnte warum nicht?

 Vielleicht weil sie dich dann wieder verlässt wenn sie herausbekommt, das da mehr ist als nur Liebe. zischte plötzlich eine Stimme in ihm. Er presste die Lippen aufeinander, unterdrückte ein Seufzen, das würde wohl die erste harte Probe für ihre Liebe werden, wenn er es ihr beichten würde, aber vielleicht musste es ja gar nicht so weit kommen. Vielleicht reagierte Richard einmal in seinem Leben so wie er reagieren sollte. Er wusste das er Lisa zeit lassen musste, heute morgen hatte sie sich ihm anvertraut. Ihm gesagt das sie in Ruhe mit Richard sprechen müsste und nicht mit der Türe ins Haus fallen konnte wenn er nächste Woche zurück kam. Er hatte sich ein hinterhältiges Grinsen verkneifen müssen, sie hatte tatsächlich vergessen das er schon dieses Wochenende zurück kam, aber wirklich wundern tat es ihn nicht. Entgegen seiner Erwartung hatte sie ihr Handy fast immer auf Lautlos geschaltet und wenn Richard sie dann doch einmal erreicht hatte, hatte sie sich mit Stress auf der Arbeit rausgeredet. Doch auch dieser schien in den USA ziemlich eingebunden gewesen zu sein, jedenfalls meldete er sich auch nicht Täglich.

 Wenn du sie wirklich lieben würdest Brüderchen, dann hättest du dir die Zeit genommen sie anzurufen, egal wie stressig deine Reise auch war.

 

Das Taxi hielt vor einem imposanten Bau an, aus den Augenwinkeln sah er wie Lisas Augen immer größer wurde, bezahlte dann den Taxifahrer und half ihr aus dem Wagen.

 

„Wir wären dann da,“ lächelte er sie an.

 

„Das ist nicht dein Ernst David. Das sieht ja schon von außen traumhaft aus, wie sieht es dann erst von innen aus.“

 

„Es wird dir gefallen,“ nahm er de Koffer und bot ihr dann seinen Arm, damit sie sich einhängen konnte.

 

 

 

Immer noch völlig erschöpft erwachte Richard am frühen Abend, die Sonne senkte sich gerade und warf ihre letzten goldrötlichen Strahlen in das Schlafzimmer. Desorientiert rieb er sich die Augen, versuchte endlich ganz aufzuwachen und sprang erschrocken aus dem Bett als er registrierte wie spät es schon war.

So lange hatte er doch gar nicht schlafen wollen, er wollte doch nur für einen Moment die Augen schließen um dann alles vorzubereiten und nun? Nun musste er sich beeilen wenn er sich selber wenigstens in einen ansehnlichen Zustand bringen wollte bevor Lisa nach Hause kam. Schnell griff er sich frische Sachen aus dem Kleiderschrank, bemerkte dabei nicht das einige von ihren Sachen fehlten und machte sich auf ins Badezimmer.

Das heiße Wasser der Dusche, ließ langsam wieder leben in seinen Körper kommen und doch überwand er sich die letzten 5 Minuten Eiskalt zu duschen. Wenn er ihr schon kein Dinner bieten konnte, so wollte er wenigstens ganz bei der Sache sein. Er stieg in die Jeans, die sie ihm zum Geburtstag gekauft hatte, weil sie meinte das er darin einfach zum Anbeißen aussah, schlüpfte dann in das schwarze Hemd und stylte sich die Haare vor dem Spiegel, erst jetzt nahm er zur Kenntnis das ihre Sachen fehlten, ihre Haarbürste war nicht an ihrem Platz und auch ihr Kulturbeutel stand nicht auf der kleinen Ablage unter dem Spiegel. Stirnrunzelnd sah er sein Spiegelbild an glätte die Falten aber sofort wieder als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss.

 Jürgen, sie war bestimmt bei Jürgen weil ihr die Wohnung alleine zu leer war, lächelte er nun. Das machte sie eigentlich immer so, wenn er länger wegblieb. Bewusst ließ er nun die ersten beiden Knöpfe seines Hemdes offen, ging zurück ins Schlafzimmer um den Ring zu holen, steckte ihn ein und begab sich dann daran Kaffee zu kochen und eine Kleinigkeit herzurichten. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm das er das noch so gerade schaffen würde, da Lisa in 15 Minuten den Schlüssel ins Schloss stecken würde.

 

Doch nichts dergleichen geschah, er wartete eine Stunde, dann zwei und immer noch rührte sich nichts. Nervös griff er zum Telefon und wählte ihr Durchwahl bei Kowalski, niemand hob ab.

 Dann ist sie bestimmt auf dem Weg, du kennst sie doch. Sie macht doch immer Überstunden, sie wird gleich hier sein.

Eine weitere quälend langsame Stunde strich an ihm vorbei, der Kaffee war längst kalt und immer noch saß er im Wohnzimmer und starrte in den Flur, wachte auf das Geräusch des sich im Schlosses drehenden Schlüssels. Wieder ging sein Griff zum Telefon, diesmal probierte er es auf ihrem Handy, doch sie hatte es ausgeschaltet.

 Verdammt noch mal Lisa wo bist du? begann er besorgt im Wohnzimmer auf und ab zu gehen, was wenn ihr was passiert war? Was wenn sie auf dem Rückweg überfallen worden war?

 Beruhige dich Richard, sie ist bestimmt noch zu Jürgen ihre Sachen holen und hat da die Zeit vergessen. versuchte er sich selber einzureden, doch so ganz wollte ihm das nicht gelingen. Schließlich sprang er entnervt auf und machte sich auf den Weg zu Jürgens Kiosk.

 

 

„Was machst du denn hier?“ fragte Jürgen erstaunt als er sah wer da gerade seinen Kiosk betrat.  Du wolltest doch mit Lisa nach Paris setzte er in Gedanken hinzu.

 

„Ich suche Lisa, sie ist noch nicht zu Hause, in der Agentur geht niemand mehr ans Telefon und ihr Handy ist auch aus. Ich dachte sie wäre vielleicht noch bei dir.“ Erwiderte Richard und ließ sich auf die kleine Bank nieder.

 

Jürgen wollte schon zu einer Antwort ansetzten überlegte es sich aber im letzten Moment noch anders. Wenn Richard hier war und  Lisa nicht dann bedeutete das, das sie nicht mit ihm nach Paris wollte. Er biss sich auf die Unterlippe, versuchte sich an das Gespräch mit Lisa zu erinnern,  hatte sie vielleicht erwähnt, das es sich nur um eine Geschäftsreise handelte?  „Wir verhüten.“  hallte Lisas Stimme in seinem Kopf wieder. Erschrocken weiteten sich seine Augen, was Richard nicht verborgen blieb.

 

„Alles in Ordnung?“ fragte er ihn und stand wieder auf um sich zu ihm an den Tresen zu stellen.

 

 OK Decker, jetzt musst du dir was einfallen lassen, entweder du sagst ihm die Wahrheit oder du deckst Lisa und quetschst sie aus wenn sie wieder da ist. Vielleicht ist das ganze ja doch nur eine harmlose Geschäftsreise Er atmete noch einmal tief durch und sah Richard dann wieder an.

 

„Seit wann bist du eigentlich zurück?“ fragte er so beiläufig wie möglich.

 

„Seit heute morgen, aber du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet.“

 

Zerknirscht biss er sich dann wieder auf die Unterlippe, „Lisa ist auf einer Geschäftsreise,“ begann er dann.

 

„Ge...Geschäftsreise? Aber sie wusste doch das ich heute zurückkomme.“

 

„Hat sie dir das denn nicht gesagt?“

 

Richard schüttelte nur den Kopf und ließ sich dann mit hängenden Schultern wieder auf der Bank nieder. Da war er hin, der perfekte Moment, den er in den letzten 3 Wochen geplant hatte.

 

„Sie hatte ziemlich viel um die Ohren, da hat sie das bestimmt vergessen. Du musst wissen, es war ziemlich viel zu tun bei Kowalski in letzter Zeit.“ Versuchte Jürgen zu retten, was noch zu retten war, doch Richard hörte ihm gar nicht mehr zu. Ganz in Gedanken zog er die kleine Schatulle mit dem Ring aus seiner Tasche, ließ sie aufschnappen und seufzte dann auf.

 

Kapitel 11

 

Jürgen wusste später nicht mehr wie lange Richard einfach nur da gesessen und auf den Ring in seiner Hand gestarrt hatte. Ihm war sofort klar gewesen um was es sich dabei handeln musste und doch hatte er etwas Zeit gebraucht um seine Sprache wieder zu finden.

 

„Ist das ein Verlobungsring?“ hatte er ihn  gefragt, doch nie eine Antwort bekommen.

 

Nur ganz langsam schien Richard den Weg ins hier und jetzt wieder zurück zu finden, er blinzelte mehrmals, dann sah er Jürgen an. Ein leichtes nicken war die Antwort auf die schon mehrfach ausgesprochene Frage.

 

„Wurde aber auch Zeit das du Nägel mit Köpfen machst mein Lieber,“ grinste Jürgen und versuchte sich Lisas Gesicht vorzustellen wenn Richard sie endlich fragen würde ob sie seine Frau werden wollte. Doch es wollte ihm nicht gelingen immer wieder sah er zwar ihr Gesicht, aber immer wieder formte ihren Lippen den Satz  „Wir verhüten!“

Dieses eine Detail wollte ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. War das jetzt nur so gesagt und sie war wirklich auf Geschäftsreise oder steckte mehr dahinter. Hatten die beiden ihren Kinderwunsch vielleicht hinten angestellt? Obwohl, nein das konnte nicht sein. Nicht nur Lisa hatte ihm freudestrahlend erzählt das sie es nun ernst meinen würden mit dem Versuch. Auch Richard hatte diese Aussage Stolz bestätigt als er Lisa damals im Kiosk abholen kam.

 

„Ja,“ seufzte Richard in dem Moment auf, „Das wurde es wohl und nun ist sie nicht da.“

 

„Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben Richard. Ich kenne doch meine Liselotte, sie wird sich freuen wie eine Schneekönigin, egal wann du sie fragst.“  Hoffe ich zumindestens  setzte er in Gedanken hinterher.

 

„Ich...ich hatte nur alles so schön geplant in den letzten 3 Wochen, es sollte alles perfekt werden.“

 

„Es wird perfekt werden, auch wenn deine Planung vielleicht jetzt umsonst war.“ legte Jürgen ihm beruhigend die Hand auf die Schulter bevor er sich neben ihm auf die Bank niederließ.

 

„Vielleicht hast du ja recht, vielleicht sollte ich das alles nicht so Detailgenau planen. Das mag Lisa eh nicht.“

 

Jürgen wusste nicht was er darauf nun antworten sollte, auf der einen Seite hatte Richard recht und er konnte Lisa wirklich ab und an mit seiner Genauigkeit zur Weißglut treiben, aber ein nett geplanter Antrag, dagegen hatte sie bestimmt nichts einzuwenden. Schon gar nicht wenn er richtig schön kitschig war.

 

„Du kennst Lisa doch, das wird schon. Du kannst doch gar nichts falsch machen.“

 

„Ich hoffe es,“ erhob Richard sich nun seufzend, „Hat sie gesagt wann sie wieder kommt? Sonntag Nachmittag? Abend?“

 

„Ehrlich gesagt nein, sie hat es mir nicht genau gesagt, sie hat es eher nur so nebenbei erwähnt das sie am Wochenende geschäftlich weg ist.“

 

„Hmm, danke.“ murmelte er noch, steckte den Ring wieder ein und verließ mit hängenden Schultern den Kiosk.

 

 

Kurz überlegte Jürgen ob er ihm folgen sollte, die Nachricht das Lisa nicht da war schien ihn schwer getroffen zu haben und er sah nicht wirklich überzeugt aus als er den Kiosk verließ.

 Ob er was ahnt? Haben die zwei sich vielleicht gestritten? Aber warum hat Lisa dann nichts davon erzählt? Und warum würde Lisa dann sofort mit einem anderen nach Paris?

 Das passte doch gar nicht zu ihr und außerdem wenn schon sie den Streit nicht erwähnt hätte so doch zumindest Richard.

 Und eine Verlobung als Versöhnung? schoss es ihm durch den Kopf,  So ein Quatsch Decker, das hat Richard nicht nötig.

Trotzdem blieb dieses ungute Gefühl in seiner Magengrube und als er nur Lisas Mailbox erreichte trug dies nicht gerade dazu bei das es sich besserte.

 

 

Richard ging auf direktem Wege zurück in seine Wohnung, zuerst hatte er zwar überlegt ob er nicht noch auf einen Drink in die Tikibar gehen sollte, doch das nützte ihm nun auch nichts mehr und bei einem Drink würde es mit Sicherheit nicht bleiben. Mit hängenden Schultern schloss er die Türe auf, das liebevoll zubereitete Essen war inzwischen kalt, stand aber immer noch auf dem Esstisch. Kurz verweilte sein Blick darauf, dann nahm er die Teller vom Tisch und schüttete das Essen in die Mülltonne. Ihm war der Appetit vergangen . Müde ließ er sich dann auf das Sofa nieder, schaltete den Fernseher ein und blieb bei einem Bericht über die Fashion Shows in Paris hängen.

Paris, David, das kam am Montag ja auch noch auf ihn zu, und bestimmt wieder eine neue Affäre die ihnen bei Kerima die Arbeit erschweren würde. Er ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer wandern, blieb schließlich an der Bar hängen und stand auf um sich einen Whiskey ein zugießen.

Er leerte das Glas in einem Zug und schüttete sich sofort das nächste ein. Da Lisa nicht da war interessierte es doch eh niemandem ob er sich nun betrank oder nicht.

 

 

Lisa meldete sich das ganze Wochenende über nicht, sie kam Sonntag nicht nach Hause und auch Jürgen wusste keinen Rat mehr. Das einzige was er annahm war das sie wahrscheinlich erst Montags Morgens zurück kam und Richard sich keine Sorgen machen sollte. Erst wenn sie Montag nicht zurück sein würde konnten sie ja immer noch in der Agentur anrufen. Und so schwer es Richard auch viel, er hielt sich daran. Versuchte sie nur immer wieder auf dem Handy zu erreichen, den ganzen Tag, doch immer wieder war es nur die Mailbox. Er hatte aufgehört zu zählen wie oft er ihr nun darauf gesprochen und um Rückruf gebeten hatte.

Die halben Nächte hatte er wach gelegen, auf sein Handy gestarrt und gehofft. Dementsprechend unausgeschlafen und übel gelaunt erschien er Montag Morgens bei Kerima.

Ohne eine Begrüßung schnauzte er Sabrina an ob David schon da wäre, doch er erhielt nur ein eingeschüchtertes Kopfschütteln und als sie ihm die liegen gebliebene Post in die Hand drückte schien seine Laune von ´Ich bin einfach nur Schlecht drauf` auf  ´Wer mich falsch anguckt fliegt` zu sinken.

Er schlug geräuschvoll seine Bürotüre hinter sich zu und drehte die Lamellen des Rollos dann auf Blickdicht. Seufzend ließ er sich in seinen Sessel fallen, auch dieser Tag fing ja schon gut an. Fehlte nur noch David mit seiner ich habe sie wieder alle Flachgelegt Laune und der Tag war perfekt.

David, das wollte er auch so schnell wie möglich hinter sich bringen. Entschlossen griff er zum Hörer und wählte die Durchwahl von Davids Assistentin, genauso freundlich wie Sabrina machte er ihr klar das er David sofort sehen wollte wenn er auftauchte um Paris und die Flagshipstores zu besprechen.

 

 

Dieser betrat eine gute halbe Stunde nach Richard die Führungsetage des Kerimagebäudes, nachdem er Lisa bei Kowalski abgesetzt hatte. Das Wochenende war aus seiner Sicht ein voller Erfolg gewesen. Er war mit Lisa in Paris gewesen, hatte nebenbei auf den Shows noch einige lukrative Abschlüsse getätigt und kam mit dementsprechend guter Laune an. Immer wieder musste er an die letzte Nacht zurück denken in der sie eigentlich hatten zurück fliegen wollen, doch sie hatten einfach nicht die Finger voneinander lassen können und so hatte er spontan umgebucht. Fast schien es ihm als könne er immer noch ihre Finger auf seiner Haut spüren, ihren Atmen an seiner Brust und wenn er die Augen schloss dann sah er ihr Gesicht, ihre klaren blauen Augen, die nur noch für ihn strahlten.

Strinrunzelnd nahm er von seiner verschüchterten Assistentin die Nachricht entgegen das Richard mit ihm sofort die Fashion Show und die Sache mit den Flagshipstores durchgehen wollte.

 

„Er hat wieder einmal schlechte Laune,“ flüsterte sie ihm dann noch zu und schaute sich ängstlich um, so als könnte Richard sie trotzdem gehört haben.

 

„Danke, dann werde ich das jetzt mal ändern.“ lächelte David sie an und war auch schon verschwunden. Er klopfte nur kurz an die Türe, trat dann in das Büro und musste sich ein Grinsen verkneifen. Richard saß hinter seinem Schreibtisch und versuchte sich auf irgendein Dokument zu konzentrieren was ihm nicht wirklich gelingen wollte und als er aufsah konnte David die tiefen Augenringe sehen, die ihm von einem Schlaflosen Wochenende erzählten.

 

„Setz dich,“ begann Richard kurz angebunden, „Wie war es in Paris?“

 

„Ich habe die Frau meines Lebens kennen gelernt.“ lächelte David ihn nur an.

Kapitel 12

 

 

Richard runzelte nur die Stirn, Frau des Lebens kennen gelernt? Das waren ja ganz neue Töne und irgendwie konnte er sich schon vorstellen wie die Frau für Davids Leben aussah.

Blond, gut gebaut und möglichst wenig Hirnmasse, damit sie ja keine unangenehmen Fragen stellt.

 

„Ach nein, wirklich?“ fragte er deshalb spöttisch nach und zog die Augenbrauen zusammen, „Nur warst du zum arbeiten da und nicht um dich einmal durch die Models zu schlafen und dir dann die Oberflächlichste auszusuchen!“ zischte er.

 

Davids Lächeln schien jedoch in seinem Gesicht festgewachsen zu sein, ein Detail, das Richard nur noch mehr zum kochen brachte.

„Da muss ich dich leider Enttäuschen, ich musste mich nicht durch sämtliche Betten schlafen um sie zu finden. Sie lief mir praktisch direkt in die Arme, da blieb noch genug Zeit übrig um zu Arbeiten.“ Lehnte er sich vor und schob Richard die Vorverträge und Aufzeichnungen rüber. Amüsiert beobachtete er wie Richards Augen sich vor Wut verdunkelten und er ohne Kommentar seine Unterlagen zu ihm rüber schob.

Eine Zeitlang vertieften sie sich schweigen in den Unterlagen des Anderen und Richard musste erkennen, das David wirklich mehr Abschlüsse als normal getätigt hatte und auch sonst seine Augen auf der Messe offen gehalten hatte. Immer wieder suchte er nach einem Fehler oder irgendetwas, was er ihm vorhalten konnte, doch er fand einfach nichts. Selbst die ersten grob gefertigten Kalkulationen waren Fehlerfrei.

David hingegen runzelte mehrmals die Stirn, Richard hatte zwar in den USA alles regeln können, jedoch hatten sie einige Flagshipstores verloren.

 

„Nun ja,“ begann er dann, „waren die Verluste nicht zu vermeiden?“ wieder sah er lächelnd auf.

 

Innerlich kochend biss Richard zuerst die Zähne aufeinander, wollte sich beruhigen, doch es gelang ihm nicht.

„Wenn sie zu vermeiden gewesen wären, dann hätte ich sie vermieden!“ rastete er aus und fegte den Briefbeschwerer vom Schreibtisch.

 

„Was bist du denn so gereizt? Bist du auf deiner Reise etwa keinen netten Frauen begegnet an denen du deinen Notstand auslassen konntest?“ fragte David nun süffisant.

 

„Ich habe es nicht so nötig wie du!“ zischte er, doch innerlich sehnte er sich danach, das Lisa endlich nach Hause kam. Er vermisste sie, sie waren eindeutig zu lange getrennt und es kam ihm so vor als würde es mit jeder weiteren Minute mehr schmerzen.

 

 

 

Lisa hingegen betrat gerade mit ihrem Koffer den Kiosk. Durch ihrer verspätete Rückreise wusste sie nun nicht wohin damit und um ihn mit der Bahn in die Wohnung zu bringen fehlte ihr Schlichtweg die Zeit.

 

„Ach nein Liselotte ist auch wieder im Lande.“ Begrüßte Jürgen sie.

 

„Ja seit heute früh und es war so toll Jürgen.“ Begann sie sofort zu schwärmen und deponierte den Koffer in der Ecke hinter dem Tresen.

 

„War es das? Das freut mich für dich, aber sag mal warum bist du jetzt eigentlich nach Paris? Geschäftlich?“

 

„Das habe ich dir doch schon erzählt,“ runzelte sie die Stirn.

 

„Schon, aber ich dachte du fliegst mit Richard, aber der ist Freitag Abend hier aufgetaucht und hat dich gesucht.“ Beobachtete er wie jegliche Farbe aus Lisas Gesicht wich.

 

„Er...er..ist schon wieder zurück?“ flüsterte sie nur, Übelkeit stieg in ihr hoch, sie schlug die Hand vor den Mund und drängte sich an Jürgen vorbei in sein Bad, wo sie sich mehrmals übergeben musste. Tränen liefen dabei unaufhörlich über ihre Wangen und als sie wieder den Kiosk betrat musterte Jürgen sie argwöhnisch. Sanft dirigierte er sie zu der kleinen Bank an der Säule und drückte sie dann darauf nieder. Er kniete sich vor sie hin und sah sie ernst an.

 

„Und nun mal raus mit der Sprache, was ist los Lisa?“

 

„Ich...ich...ich hatte total vergessen, das er dieses Wochenende wiederkommt. Mein Gott ich wäre doch nie geflogen wenn ich das nicht vergessen hätte.“

 

„Waren die Geschäfte in Paris wenigstens erfolgreich?“

 

„Was?“ hob sie verwirrt den Kopf, „Ja, ja waren sie.“

 

„Ach jetzt komm, ist doch alles halb so wild. Richard hat das Wochenende überlebt und jetzt habt ihr ja wieder Zeit für euch.“

 

Lisa brachte nur noch ein nicken zustande, vor ihrem inneren Auge sah sie immer wieder die leidenschaftlichen Nächte mit David doch dann schob sich Richards Bild dazwischen. Sie schluchzte noch einmal auf, dann wusch sie sich die Tränen aus dem Gesicht und stand auf.

„Danke Jürgen,“ umarmte sie ihn kurz, „ich...ich muss dann jetzt ins Büro.“

 

„Mach das Liselotte und du wirst sehen es ist alles nur halb so schlimm wie du denkst.“

 

 

 Wenn du wüsstest Jürgen,  dachte sie nur, als sie die Kiosktüre hinter sich schloss,  Ich habe das Wochenende leidenschaftlich mit David verbracht, seinem Kollegen, dem Mann, den er nicht ausstehen kann. Ich liebe Richard nicht mehr Jürgen, verdammt ich liebe ihn nicht mehr und ich weiß nicht wie ich ihm das sagen soll.

 

Sie erreichte die Agentur, doch irgendetwas ließ sie zögern. Was wenn Richard Rokko fragte warum er sie ausgerechnet an diesem Datum nach Paris geschickt hat? Nur langsam trat sie durch den Eingang, irgendwie musste sie Rokko dazu bekommen ihr dieses Alibi zu geben, nur wie? Sie ließ die Aufzüge links liegen und entschied sich heute einmal für die Treppen. Bis zum 10ten Stock würde ihr schon etwas eingefallen sein.

 

 

David wollte gerade aufstehen und das Büro verlassen, als ihm noch einfiel, das er Richard davon unterrichten musste, dass er die Verhandlungen mit der Agentur Kowalski schon aufgenommen hatte.

Er schlug die Beine übereinander und grinste seinen verhassten Halbbruder weiterhin an.

„Ach übrigen,“ begann er, „Ich habe in deiner Abwesenheit schon einmal mit der Agentur Kowalski Kontakt aufgenommen. Die Verhandlungen laufen also schon.“

 

Richards Kopf ruckte hoch und sein Blick schien David durchbohren zu wollen, „Du hast was?!“ er sprang auf, er wusste das Lisa immer die Preisverhandlungen führte, „Wie bist du nur auf diese Schnapsidee gekommen? Sie werden dir Gnadenlos überteuerte Preise aufschwatzen!“

 

„Das glaube ich nicht, die Kleine habe ich mit meinem Charme schon um den Finger gewickelt.“ Stand David nun auf und verließ ohne weiter auf Richard zu achten das Büro.

Dieser hielt sich krampfhaft an seinem Schreibtisch fest, seine Atmung hatte sich vor Wut beschleunigt und sein Kopf war hochrot angelaufen.

 

 

Keuchend kam Lisa nach einer gefühlten Ewigkeit im 10ten Stock an, sie wusste zwar immer noch nicht genau, wie sie Rokko dazu bringen konnte ihr das Alibi zu geben, falls Richard nachfragen sollte, aber nun wurde es Zeit das sie das in Angriff nahm. Sie hatte schon zu viel Zeit vertrödelt. Zielstrebig, ging sie auf Rokkos Büro zu, klopfte kurz an und trat dann nach einem kurzen Herein ein.

 

„Lisa, wie war dein Wochenende mit Richard?“ fragte auch Rokko sofort unverblümt.

 

„Nun ja, deswegen bin ich hier.“ Begann sie kleinlaut.

 

„Willst du heute auch noch frei haben? Kein Problem, die neuen Verhandlungen mit Kerima sind erst am Mittwoch und ehrlich gesagt liegt heute nicht wirklich viel an, so wie du immer vorarbeitest.“

 

Verdutzt sah Lisa ihn einen Moment an, dann fing sie sich wieder und betrachtete eingehend ihre Schuhspitzen.

 

„Das, das wäre auch nett, aber...aber ich bin eigentlich wegen etwas anderem hier?“

 

Rokko runzelte die Stirn, wenn Lisa so schüchtern war dann kam gleich der Hammer um die Ecke so viel wusste er.

„OK, was ist denn?“

 

 

„K...ka....also kannst du mir für das Wochenende ein Alibi geben?“

 

„Was hast du ausgefressen Lisa, das die Polizei ein Alibi haben will?“ wurde sein Gesichtsausdruck ernst.

 

„Polizei?“ ruckte Lisas Kopf erschrocken hoch, „Wieso Polizei?“

 

„Na wegen dem Alibi.“

 

„Achso, ja äh nein für Richard. Ich...also ich war über das Wochenende mit Freunden in Paris und...und ich habe total vergessen das Richard wiederkam.“ Flüsterte sie fast.

 

„Und warum soll ich dir dann ein Alibi geben? Lisa sag ihm einfach das du die Termine verwechselt hast, er wird das schon verstehen. Du arbeitest ja wirklich viel.“

 

„Jürgen hat ihm gesagt ich wäre auf Geschäftsreise.“

 

„Jürgen? War er denn nicht mit?“ wurde Rokko hellhörig.

 

„Nein, es....es waren alte Schulfreunde.“ Wieder starrte sie auf den Boden, für ihn ein eindeutiges Zeichen das sie log. Trotzdem spielte er mit, Lisa musste selber wissen was sie tat.

 

„OK, ich werde die Geschäftsreise bestätigen wenn er fragt.“

 

„Danke Rokko.“ Lächelte sie ihn an und umarmte sie ihn kurz.

 

„Nichts zu Danken Lisa, aber was ist jetzt? Heute noch frei oder stürzt du dich wieder in die Arbeit?“

 

Lisa überlegte kurz, das flaue Gefühl in ihrer Magengegend war immer noch nicht verschwunden und wenn Rokko ihr schon einen freien Tag anbot, warum nicht.

 

„Wenn...wenn dein Angebot noch steht.“ Stotterte sie.

 

„Tut es und jetzt mach das du hier raus kommst.“ Zwinkerte Rokko ihr zu, verzog aber sofort wieder nachdenklich das Gesicht, als sie die Türe hinter sich schloss.

 

Kapitel 13

 

 

Als Lisa endlich die Wohnungstüre hinter sich schloss rutschte sie als erstes zu Boden. Wie hatte ihr das nur passieren können? Warum ausgerechnet ihr? Das machte doch jetzt alles nur noch komplizierter. Wenigstens hatte Jürgen ihr die Geschäftsreise und Rokko ihr den Freundesausflug abgenommen. So ging von den beiden nicht die Gefahr aus, das sie sich vorher irgendwie verplappern konnten. Sie rappelte sich wieder auf, hängte ihren Mantel an die Garderobe und griff nach dem Telefon, welches auf dem Sofa lag. Ihr Finger schwebte über der Kurzwahltaste mit seiner Büronummer, aber was sollte sie ihm sagen? Hallo Schatz, ich bin wieder zu Hause? Nein, vielleicht ein Hallo Schatz entschuldige das ich vergessen habe das du dieses Wochenende wiederkommst? Sie schüttelte energisch den Kopf, das ging auch nicht. Sie ließ die Hand mit dem Telefon wieder auf das Sofa sinken, sie musste sich irgendetwas besonderes einfallen lassen um das wieder gut zu machen, um mit ihm reden zu können. Eine ganze weile starrte sie Löcher in die Luft bis ihr der rettende Gedanke kam. Sie sprang auf und eilte in die Küche, ein prüfender Blick in den Kühlschrank verriet ihr, das alles nötige vorhanden war. Sie kramte in dem Regal nach ihrem Kochbuch und suchte sich sein Lieblingsrezept aus, das würde bestimmt funktionieren und sie hatte auch noch Zeit sich ein wenig auszuruhen bevor sie beginnen musste.

 

 

Rokko überlegte derweil immer wieder warum Lisa sich so komisch verhielt, das war eigentlich gar nicht ihre Art und auch das sie vergessen hatte das Richard zurückkam. Da war doch was im Busch, das roch er Kilometerweit gegen den Wind. Nur was, darauf konnte er sich keinen Reim machen. So beschloss er gegen Mittag Jürgen einen Besuch abzustatten. Wichtige Termine hatte er heute keine mehr und ob er nun seine Pause im Büro verbrachte oder nicht interessierte auch niemanden.

So staunte Jürgen nicht schlecht als er sah, wer da seinen Kiosk betrat und einen Hot Dog orderte. Rokko verschlug es nicht oft hierher, aber wenn er vorbeikam dann entsprang daraus meist eine nette Unterhaltung und eine verlängerte Pause.

 

„Nun sag schon,“ begann Jürgen dann auch nachdem er ihm den Hot Dog gebracht hatte, „Was führt dich in meine heiligen Hallen?“

 

„Lisa,“ antwortete Rokko und sein Blick verdunkelte sich leicht.

 

„Lisa? Aber du hast ihr doch frei gegeben.“

 

Ein nicken war die Antwort, „ Ja das habe ich, aber vorher wollte sie von mir ein Alibi haben.“

 

„Ein Alibi? Wofür denn? Was hat sie ausgefressen?“

 

„Das frage ich mich auch, sie wollte das ich ihren Paristrip vor Richard als Geschäftsreise decke.“

 

„Wie? Das war gar keine Geschäftsreise?“  Wir fliegen nach Paris! hörte er Lisas Stimme wieder und sah sie vor seinem geistigen Auge auf und ab hüpfen.

 

„Nein, warum sollte ich Lisa alleine nach Paris auf Geschäftsreise schicken? Sie hat mir heute erzählt sie wäre mit Freunden dort gewesen.“

 

„Ah ja,“ runzelte Jürgen die Stirn, „Ich dachte ja zuerst sie würde mit Richard fliegen, aber als der hier Freitag Abend auftauchte und sie suchte, da habe ich eine Geschäftsreise angenommen.“

 

„Irgendetwas stimmt da nicht Jürgen. Ich meine sicher hat sie wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen Richard gegenüber, aber wenn sie wirklich mit Freunden weg war, dann kann sie ihm das doch sagen. Warum braucht sie dann die Geschäftsreise als Alibi? Nur weil du das Richard gegenüber erwähnt hast? Du hättest dich doch auch irren können.“

 

„Mit welchen Freunden sollte Lisa denn nach Paris fliegen?“ warf Jürgen ein, „Sie hat nicht viele Freunde, die kannst du an einer Hand abzählen. Yvonne, dich, mich und Richard. Und glaub mir Yvonne war dieses Wochenende nicht in Paris.“

 

„Bleibt die Frage mit wem war sie dann da? Und war sie überhaupt dort?“

 

„So wie sie auf Wolken schwebt? Doch sie war da, aber mit wem das ist eine gute Frage und vor allem warum? Richard legt ihr die Welt zu Füßen, auch wenn er sich bei Paris bis jetzt immer quergestellt hat, sie würde ihn dazu bekommen mit ihr dahin zu fahren.“

 

„Fassen wir doch mal zusammen, wir waren alle hier am Wochenende, Lisa war in Paris. Aber sie ist nicht der Typ, der mit jemandem völlig Fremden einfach wegfährt.“

 

„Sie war die ganze Zeit wo Richard in den Staaten war eigentlich relativ gut drauf.“

 

„Ja auch auf der Arbeit, zwar fleißig wie immer, aber dabei immer am Lächeln. Und oft in Gedanken versunken.“

 

„Nun gut das mit den Gedanken ist nichts neues.“

 

„Nein, aber so...so extrem nicht. Sie hat öfter früher Schluss gemacht und wo sie mich um den freien Tag gebeten hat, ich wusste ja nicht das sie Richards Rückkehr vergessen hatte. Ich dachte sie wolle ihn vom Flughafen abholen und sich mit ihm ein schönes Wochenende machen.“

 

„Das dachten wir wohl alle.“ Murmelte Jürgen, fieberhaft überlegte er ob Lisa noch irgendwas gesagt hatte was ihnen nun als Anhaltspunkt dienen könnte.  Wir verhüten! schoss ihm wieder durch den Kopf, das musste doch etwas mit ihrem verhalten zu tun haben. Konnte er Rokko darin einweihen? Wie viel wusste er und vor allem wie viel Privates? Er beschloss diesem Detail erst einmal für sich selber nachzugehen.

 

 

Lisa bereitete gerade das Abendessen zu als ihr Handy klingelte. Verwundert registrierte sie Davids Nummer auf dem Display und hob dann ab.

 

„Hallo David!“

 

„Hallo mein Schatz, ist alles in Ordnung? Im Büro sagten sie mir du wärst nicht da.“

 

„Ja es ist alles bestens. Rokko hat mir heute noch frei gegeben.“

 

„Und das erfahre ich erst jetzt? Dann hätten wir ja noch den ganzen Tag zusammen verbringen können.“

 

„Du musst doch arbeiten.“

 

„Ach quatsch, ich hätte mir schon noch frei nehmen können, aber ich kann ja jetzt noch vorbeikommen.“

 

„Lieber nicht, Richard kommt gleich nach Hause....“

 

„Meinst du? Also als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hatte er noch ziemlich viel zu tun.“

 

„David bitte, ich möchte in Ruhe mit ihm reden und nicht das er uns erwischt.“

 

„Ist ja schon gut, ich verstehe dich ja. Was machst du denn Freitag Abend?“

 

„Freitag? Weiß ich noch nicht wieso?“

 

„Mein Vater feiert seinen sechzigsten Geburtstag und ich dachte mir das du mich ja begleiten könntest.“

 

Kurze Zeit war es still am anderen Ende der Leitung, Lisa schien zu überlegen ob sie zusagen konnte oder nicht. Dann hörte er sie tief durchatmen.

 

„Ja, ich komme gerne mit.“ Antwortete sie ihm.

 

„Dann kann ich dich ja schon offiziell als meine neue Freundin vorstellen?“

 

„Ich denke schon, ich wollte heute mit Richard reden. Ich freue mich jedenfalls schon auf Freitag.“

 

„Wir sehen uns aber vorher schon noch mal oder?“

„Ja sicher am Mittwoch bei dem Termin.“

 

„Ich meinte privat.“

 

„Das kann ich dir noch nicht sagen David. Ich muss erst schauen wie Richard reagiert und wie es dann für mich weiter geht.“

 

„Du weißt das du zu mir kannst wenn irgendetwas sein sollte.“

 

„Das weiß ich, danke. Ich muss jetzt Schluss machen, das Wasser kocht mir über.“

 

„Ich liebe dich Lisa.“

 

„Ich liebe dich auch David, wir sehen uns Mittwoch.“

 

„Ich hoffe früher,“ hauchte David in den Hörer, dann legte er auf.

 

 

 

Immer noch schlecht gelaunt schloss Richard die Eingangstür seines Wohnblocks auf, Lisa würde bestimmt noch bei Kowalski in der Agentur sein und das Nacharbeiten was sie durch die Geschäftsreise versäumt hatte. Was hieß er konnte wohl nicht vor 22 Uhr mit ihr rechnen. Missmutig holte er noch die Post aus dem Briefkasten und entschied sich dann für die Treppen anstatt den Aufzug. Noch im gehen überflog er die Briefe und sortierte nach Lisas und seinen. Dabei fiel ihm ein festlicher Umschlag auf und als er einen Blick auf den Absender warf blieb er abrupt stehen.
Was wollten sie denn jetzt von ihm? Er klemmte sich die restliche Post unter den Arm und riss den anderen auf. Zum Vorschein kam eine Einladungskarte die, die Feier des sechzigsten Geburtstages seines Vaters ankündigte. Das hatte ihm jetzt noch gefehlt, sonst meldeten sie sich auch nie bei ihm, wollten nichts mit ihm zu tun haben und nun bekam er auch noch eine Einladung. Aber er konnte sich schon denken warum, sicher war auch, zumindest am Anfang, Presse anwesend und da machte es sich nicht gut wenn der älteste Sohn mit Abwesenheit glänzte und alle anderen unbekümmert feierten. Diesmal würde er also nicht drum herum kommen sich wenigstens kurz Blicken zu lassen, alleine schon wegen Kerima und seiner Position dort. Negative Presse, war das letzte was sie sich erlauben konnten, auch wenn Kowlaski und somit auch Lisa dafür verantwortlich waren, das alles im Rahmen blieb. Dann wäre er ja Schuld wenn sie wieder beziehungsweise noch mehr Überstunden machen musste.

Seufzend steckte er die Karte zurück in das Kuvert, vielleicht kam sie ja mit. Obwohl die Einladung recht kurzfristig war, aber das hatte seine Familie wohl so geplant. Denn in einem war Richard sich sicher, sollte er nicht dort erscheinen würde man ihn als das Schwarze Schaf in der Öffentlichkeit abstempeln und auf eine eventuelle Schlammschlacht mit der Presse hatte er nun überhaupt keine Lust. Er erklomm die letzten Stufen, schloss seine Wohnungstüre auf und blieb erstaunt im Flur stehen als er Lisas Stimme hörte und der Duft seines Lieblingsessen durch die Wohnung zog.

Kapitel 14

 

Richards Laune war Freitag Abend auf einem neuerlichen Tiefpunkt angekommen, er hatte sich gefreut Lisas Stimme zu hören als er die Türe aufschloss, zudem hatte sie für ihn sein Lieblingsessen gekocht und sich entschuldigt das sie die Daten durcheinander gebracht hatte. Natürlich war er ihr deswegen nicht wirklich böse und in Gedanken plante er schon wieder seinen Antrag, weswegen sie auch eher schweigsam gegessen hatten. Nachher saßen sie dann zusammen auf dem Sofa und Lisa erzählte ein wenig von Paris. Das sie trotz ihrer Termine ein wenig was von der Stadt gesehen hätte und unbedingt wieder dorthin wollte um sich alles einmal in Ruhe anzusehen. Daraufhin waren seine Gedanken nach Paris gewandert. Eigentlich hatte er es vermeiden wollen jemals wieder dorthin zu fahren, es war ihm einfach alles zu kitschig, romantisch und viel zu viele Erinnerungen verband er mit seiner Arbeit. Doch für Lisa würde er alles tun, wenn er könnte würde er ihr sogar den Himmel zu Füßen legen. Plötzlich hatte es ihn wie einen Stromschlag getroffen, das war es, das war der perfekte Antrag, mit Lisa nach Paris fahren und ihr auf dem Eiffelturm einen Antrag machen. Jedoch hatte sie ihn schnell wieder von seiner Wolke hinunter geholt, sie druckste rum schien ihm etwas sagen zu wollen und rückte dann doch nicht mit der Sprache heraus. Irgendetwas schien sie zu bedrücken und auch wenn er sich fragte was genau, so kam er einfach nicht von alleine drauf. Später waren sie dann zu Bett gegangen und Lisa hatte sich sofort auf die Seite gedreht, was er nur noch traurig aufseufzend zur Kenntnis nahm. Sie hatte sicher ein Anstrengendes Wochenende hinter sich und da konnte er sie verstehen. Ihm wäre direkt nach seiner Rückkehr auch nicht nach Sex gewesen.

Doch auch am nächsten Tag war sie komisch, sie stand früh auf und machte sich auf den Weg zur Agentur, er hatte noch im Bett gelegen und das einzige Zeichen, das sie schon weg war, war der frisch gebrühte Kaffee gewesen, der ihn in der leeren Küche empfangen hatte.

Sonst hatte sie ihm doch immer eine kleine Notiz hinterlassen, das sie schon weg war und ihm alles gute für seinen Tag wünschte. Meist auch noch mit einer Aussicht wann sie wieder zu Hause wäre und ob sie oder er kochen sollte. Irgendwie vermisste er diese kleine Aufmerksamkeit, auch wenn es an sich nichts schlimmes war, das Lisa sie heute anscheinend vergessen hatte. So etwas konnte immer mal in der morgendlichen Hektik passieren.

Trotzdem wurmte ihn dieses kleine Detail den ganzen Tag über und als er dann auch noch Überstunden machen musste weil David anscheinend wieder mal mit anderen Dingen beschäftigt war. Als er dann endlich gegen 21 Uhr nach Hause gekommen war, hatte er seine Wohnung immer noch verlassen vorgefunden. Seufzend hatte er sich vor den Fernseher gesetzt und sich einfach nur berieseln lassen bis Lisa eine Stunde später ebenfalls ihren Schlüssel ins Schloss steckte. Sofort war jegliche Müdigkeit von ihm abgefallen und er war zur Türe geeilt und hatte ihr aus dem Mantel geholfen, sie hochgehoben, zum Sofa getragen und begonnen ihren Nacken zu massieren. Er hatte ihr einfach etwas gutes tun wollen und innerlich machte er sich eine Notiz das er dringend mit Kowalski über Lisas Arbeitszeiten reden musste. So ging das nicht weiter, das sie mitten in der Nacht in die Agentur fuhr und dann so spät nach Hause kam. Seine Finger verwöhnten sie nach allen Regeln der Kunst und sie begann wohlig zu schnurren. Irgendwann hatte er sie dann ins Schlafzimmer getragen und langsam begonnen sie auszuziehen. Zu lange hatte er sie vermisst, zu lange waren sie getrennt gewesen und auch Lisa begann zaghafter als sonst darauf einzusteigen. Das Vorspiel war lang und zärtlich gewesen, doch als er sie beide endlich erlösen wollte stieß sie ihn unsanft von sich.

Im ersten Moment war er zu geschockt gewesen um wirklich reagieren zu können, dann begann sein Gehirn zu rattern, suchte nach einer Erklärung für ihr Verhalten. Fassungslos starrte er sie dabei an, wie sie sich wieder anzog und in ihren Pyjama schlüpfte.

„Was..?“ war das einzigste was er hervorgebracht hatte. Lisa jedoch schüttelte nur mit dem Kopf und erklärte ihm das sie nichts zum Verhüten da hätten. Dann hatte sie sich in ihre Decke gekuschelt und das Licht gelöscht, ohne weitere Erklärung. Woraufhin er in die Dunkelheit gestarrt hatte. Er wusste nicht mehr wie lange er auf ihren Rücken gestarrt hatte, doch plötzlich war sie leise aufgestanden, hatte sich zu ihm rumgedreht wollte sich vergewissern das er schlief und er hatte sich schlafend gestellt. Er hatte gedacht sie würde versuchen ihn zu wecken, ihm sagen das es ihr Leid täte und sie selber nicht wüsste was mit ihr los sei, aber sie war aufgestanden, hatte ihr Bettzeug gepackt und war im Wohnzimmer verschwunden.

In dieser Nacht fand er keinen Schlaf mehr, starrte unentwegt in die Dunkelheit und fragte sich was er nur falsch gemacht haben könnte.

Stunden Später hörte er wie sie ins Bad stürmte, glaubte Würgegeräusche zu vernehmen. Ekelte er sie so an? Eine einzelne einsame Träne hatte sich den Weg aus seinem Auge gebahnt, doch harsch hatte er sie weggewischt, sich selber verboten so sentimental zu sein. Lisa bekam bestimmt nur ihre Tage, dann war sie immer ein wenig gereizt.

Mittwochabend kam sie überhaupt nicht nach Hause, sie rief gegen Mitternacht an und meinte das sie bei Jürgen übernachten würde, da es schon so spät wäre und sie Donnerstag wieder früh raus müsste. Er hatte ihr angeboten sie abzuholen, doch sie hatte abgelehnt, gemeint das wäre nicht nötig und er hatte auch in dieser Nacht kein Auge zu getan.

Erst Donnerstag Nachmittag konnte er sie telefonisch erreichen um sie zu fragen ob sie Freitag mit käme, insgeheim hatte er schon mit einer Absage gerechnet, doch sie dann aus ihrem Mund zu hören traf ihn trotzdem. Er gab sich selber die Schuld daran, er hatte ihr nie von seiner Familie erzählt, warum sollte sie dann also jetzt mitkommen?

 

Ein letztes Mal ordnete er seine Krawatte und warf einen Blick auf seine Uhr. Er würde zu spät kommen, doch es war ihm egal. Sonst kümmerten die Seidels sich auch einen Dreck um ihn, akzeptierten ihn nicht. Langsam schlenderte er in die Tiefgarage und lehnte sich entspannt zurück als er in einen Stau geriet. Lange hatte er eh nicht vor zu bleiben.

 

 

Nervös tigerte Lisa in Davids Wohnzimmer auf und ab, sie hatte es bis heute nicht geschafft Richard die Wahrheit zu sagen. Nicht unbedingt weil sie nicht gewollt hätte, nein, aber sie hatte in dieser Woche noch etwas herausgefunden und da musste sie erst einmal mit David drüber sprechen, vielleicht hatte sich danach schon alles erledigt und sie würde reumütig zu Richard zurück kehren. Endlich betrat er in einem dunklen Anzug und Bordeauxrotem Hemd den Raum. Sie unterbrach ihre Wanderung sah ihn an.

 

„Wir müssen reden,“ flüsterte sie.

 

Erstaunt sah David sie an, nickte dann aber nur, wahrscheinlich wollte sie ihm sagen das sie es noch nicht geschafft hatte sich von Richard zu trennen. Aber das war nicht schlimm, er verstand sie und dann würde er sie halt später als offizielle neue Frau an seiner Seite vorstellen.

 

„Ich verstehe dich schon mein Schatz,“ sagte er dann als er sie zu sich auf das Sofa zog, „Dann bist du heute halt nur eine gute Freundin.“

 

„Das ist es nicht, nicht wirklich...ich...ich also ich...ich bin schwanger David.“ Flüsterte sie.

 

Erschrocken sah David sie an, doch dann zauberte sich ein Lächeln auf sein Gesicht.

„Und du dachtest das ich dich jetzt fallen lasse? Ich freue mich Schatz wirklich. Auch wenn es etwas unerwartet kommt.“

 

„Es...es ist sehr wahrscheinlich von Richard.“ Immer noch wagte sie es nicht ihn anzusehen.

 

„Lisa,“ ergriff er ihre Hände und zwang sie ihn anzusehen, „Ich liebe dich, ganz egal ob mit oder ohne Baby, ich liebe dich.“

 

„Aber wenn Richard der...“

 

„Das ist mir egal Lisa. Ich werde es lieben wie mein eigenes.“ Immerhin ist er mein Bruder und somit bin ich doch eh mit dem Kind verwandt auch wenn er der Vater ist fügte er noch in Gedanken hinzu, „Oder...oder willst du jetzt zu ihm zurück?“ fragte er dann noch schüchtern nach.

 

„Was? Nein! Ich...ich hatte nur Angst du...also...“

 

„Schsch, ist schon gut mein Schatz, ich verstehe dich. Also heute nur gute Freunde auf der Feier?“

 

„Nein,“ schüttelte Lisa nun den Kopf.

 

„Nein?“ fragte er irritiert nach.

 

„Nicht nur gute Freunde,“ flüsterte sie, „Ich könnte doch gar nicht einen ganzen Abend in deiner nähe sein ohne dich zu küssen.“

 

David zog sie in die Arme und lachte kurz auf, dann zog er sie hoch und half ihr in den Mantel. Draußen hatte es am Vormittag begonnen zu schneien und es war entsprechend kalt. Das Taxi wartete jedoch schon und so machten sie sich auf den Weg zur Villa Seidel.

 

Dort angekommen wurden sie freudig von Laura und Friedrich Seidel empfangen. Er stellte Lisa als seine neue Freundin vor und sie wurde herzlich in der Familie aufgenommen. Es waren auch einige Angestellte von Kerima anwesend, die sich ebenfalls über das neue Glück ihres Chefs freuten. Nur Agnes stand ein wenig abseits und beobachtete das ganze mit Argwohn. Das war doch Richards Freundin, die da mit David zusammen kam und anscheinend war sie nicht als Richards Vertreterin hier. So wie die beiden zusammen turtelten. Irgendwann gesellte sich dann Friedrich zu ihr und gab ihr ein Glas Sekt.

 

„War ja klar das Richard nicht auftaucht und es auch nicht für nötig hält abzusagen.“ Begann er dann.

 

„Vielleicht kommt er ja noch.“ Versuchte Agnes ihn zu Verteidigen.

 

„Ach wissen Sie Agnes,“ schnaubte Friedrich, „eigentlich war es nur Etikette das wir ihm eine Einladung geschickt haben.“

 

„Dann verstehe ich nicht warum sie sich so Aufregen Herr Seidel.“

 

„Es geht um den Anstand, wie springt er dann mit Geschäftskunden an wenn er es noch nicht einmal für Nötig hält uns abzusagen.“

 

„Darauf kann ich ihnen keine Antwort geben, ich habe jedenfalls noch nicht mitbekommen das sich irgendwer über ihn beschwert hat.“

 

Friedrich nickte daraufhin nur missmutig und ließ seinen Blick zu David und Lisa schweifen.

„Wenigstens hat David endlich eine solide Frau gefunden.“

 

„Ja anscheinend,“ antwortete Agnes kurz angebunden und beobachtete wie David Lisa an sich zog und sie küsste.

 

 

Genau in diesem Moment betrat eine weitere Peron, die große Halle der Villa. Begrüßte Laura freundlich und schritt dann auf Agnes und Friedrich zu.

 

„Friedrich,“ sprach Richard seinen Vater an, „Alles Gute zum Geburtstag.“

 

„Danke,“ brummte Friedrich, „ Von Pünktlichkeit hältst du wohl nichts.“

 

„Hast du mal aus dem Fenster gesehen, es schneit und dementsprechend sind die Straßen.“

 

„Dein Bruder hat es trotz kostbarer Fracht pünktlich hierher geschafft.“

 

„Kostbare Fracht? Hat er dir etwas eine Vase zum Geburtstag gekauft?“

 

„Er hat seine Freundin mitgebracht, ein sehr nettes Mädchen.“

 

„Ach,“ begann Richard sarkastisch, „Die, die er auf der Haute Coture Show in Paris aufgegabelt hat? Und ihr glaubt wirklich das diese Beziehung länger hält als seine anderen?“

 

„Ja, du musst die beiden nur mal beobachten.“ Nickte Friedrich und nickte in Richtung der Beiden. Sie lösten sich gerade voneinander und sahen sich tief in die Augen. Lisa strahlte David an, verschränkte ihre Hände mit seinen und hauchte ihm nochmals einen kleinen Kuss auf die Lippen, dann drehten sie sich gemeinsam um und sahen Richard.

Aus Lisas Gesicht wich sämtliche Farbe und sie drückte Davids Hand, das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Er sollte es doch nicht so erfahren, doch jegliche Hoffnung das er sie vielleicht noch nicht gesehen hätte verschwanden als sie sah wie sich sein Gesichtsausdruck verschloss, er total dicht machte und die Hände zu Fäusten ballte.

 

Nur mit letzter Willenskraft konnte Richard verhindern, das ihm der Mund offen stand. Das war Lisa, seine Lisa. Er warf einen kurzen Blick zu Agnes, die aber nur die Schultern zuckte und ihn Mitleidig ansah. Von innen biss er sich auf die Unterlippe, bis er den metallischen Geschmack des Blutes schmeckte, dann schüttelte er den Kopf. Er musste wieder einen klaren Gedanken fassen, doch in seinem Kopf herrschte Chaos und das einzige was er wollte war seine Faust im Gesicht seines Bruders zu versenken. Zielstrebig steuerte er auf die Beiden zu, besann sich im letzten Moment jedoch und rannte hinaus zu seinem Wagen. Tränenblind sprang er hinter das Steuer und fuhr mit quietschenden Reifen ungeachtet des schlechten Wetters davon.

 

 

Kapitel 15

 

 

Lisa beobachtete wie Richard rasend vor Wut die Villa verließ, sie klammerte sich an Davids Hand und sah ihn dann traurig an. Warum war Richard hier? Obwohl die Antwort auf die Frage wusste sie doch, es waren viele Mitarbeiter von Kerima hier. Sie hätte damit rechnen müssen. Sie senkte den Blick wieder und atmete tief durch, sie wollte David und seinen Eltern nicht den Abend verderben. Doch ersterer zog sie schon in Richtung Wintergarten, führte sie zu einem Stuhl und zwang sie mit sanfter Gewalt sich zu setzten.

 

„Ich...ich“ begann sie stocken, „Ich wollte nicht das er es so erfährt.“ Brachte sie schließlich heraus und konnte nicht mehr verhindern das ihr die Tränen über die Wangen liefen.

 

„Schsch,“ kniete David sich vor sie und nahm sie in den Arm, „Es ist nicht deine Schuld, ich hätte wissen müssen das er auch eine Einladung bekommen hat, aber er ist sonst auch nie aufgetaucht.“

 

„Aber, aber ich,“ begann Lisa erneut.

 

„Es ist nicht deine Schuld Schatz, bitte. Wenn dann ist es meine....“

 

„Deine?“ fragte sie erstaunt nach.

 

„Meine, Richard bekommt als Familienmitglied immer eine Einladung. Zu jeder Feier, aber bis jetzt ist er nie gekommen.“

 

„Familienmitglied?!“  Die Einladung zum Geburtstag seines Vaters!  Lisas Augen weiteten sich erschrocken.

 

„Ja, ich...ich...also ich verdänge es die meiste Zeit, aber, aber er, also Richard ist mein Halbbruder.“ Senkte David den Blick und biss sich auf die Unterlippe. „Ich hätte dir das eigentlich schon von Anfang an sagen müssen, aber nun ja. Unser Verhältnis ist nicht das Beste und er ist für mich nicht mein Bruder, ich sehe ihn nicht so und eigentlich nun ja,“ zuckte er mit den Schultern, „Richard ist nun mal Richard, immer auf Streit aus und...und es ist für uns nun mal nicht einfach mit ihm.“

 

Geschockt sah Lisa ihn an, dann löste sie ihre Hand aus seiner und nahm ihn in den Arm. Auch wenn sie eigentlich nur die gute Seite in Richard kannte, so wusste sie ganz genau welches Ekelpaket er auf der Arbeit war und wenn er mal über seine Familie gesprochen hatte, was äußerst selten der Fall war, dann waren es auch nie nette Dinge gewesen.

 

„Bist, bist du jetzt nicht sauer?“ fragte David schüchtern nach.

 

„Nein, ich...ich kann euch da schon irgendwie verstehen. Ich kenne Richards schlechte Seite auch und wenn er euch nur die zeigt, dann, dann ist das wohl normal.“

 

„Ich hätte dir das trotzdem früher sagen müssen, aber ich konnte nicht. Ich wollte dich damit nicht belasten.“

 

„Ist schon gut, das hätte meine Entscheidung auch nicht beeinflusst.“

 

„Wirklich nicht?“

 

„Wirklich nicht, ich liebe dich David, so wie du mich liebst und das obwohl ich sehr wahrscheinlich von deinem Bruder schwanger bin.“ Senkte nun sie wieder den Blick.

 

„Nun ja, im Grunde genommen bleibt es ja in der Familie und auf eine Oma wie Sophie kann der Krümel gut verzichten.“ Konnte David sich ein Grinsen nun nicht mehr verkneifen.

 

„Da könntest du Recht haben, so wie Richard von ihr ab und an gesprochen hat. Da ist mir deine Mutter als Oma lieber.“ Lächelte nun auch Lisa wieder leicht.

 

„Sollen wir wieder reingehen?“ fragte David nun, „Natürlich nur wenn du noch willst nachdem was passiert ist.“

 

„Das ist eine gute Idee, lass uns den Abend genießen.“

 

Er lächelte sie an, half ihr vom Stuhl auf, legte einen Arm um ihre Taille und führte sie zurück in die Halle, sofort auf die Tanzfläche, wo gerade Listen to your Heart von Roxette spielten.

 

 

 

Richard achtete gar nicht auf die schlechten Straßenverhältnisse, in diesem Moment war ihm einfach alles egal und er hatte nur noch ein Ziel vor Augen. Mit den Gedanken war er allerdings immer noch in der Villa Seidel, musste immer wieder an die ihm gebotene Szene denken. David und Lisa wie sie sich küssten, sich verliebt ansahen.

 Ich habe die Liebe meines Lebens kennen gelernt!  hörte er die Stimme seines Bruders säuseln und dann wie er erzählte was für eine tolle Frau er in Paris getroffen hatte. Nie im Leben hätte er gedacht, dass seine Lisa diese Frau war. Er hatte ja noch nicht einmal darüber nachgedacht das Lisa zum selben Zeitpunkt wie David in Paris gewesen war. Es war für ihn einfach zu abwegig gewesen, das die beiden sich dort über den Weg gelaufen waren. Selbst als David ihm gesagt hatte, dass er die Verhandlungen mit Kowalski schon aufgenommen hatte, hatte er keinen Verdacht geschöpft. Warum auch? Lisa war doch eigentlich gar nicht der Typ, der sich erst in eine Affäre stürzte um dann mit ihm Schluss zu machen. Doch sie hatte es getan und er wusste das der Anblick der beiden an diesem Abend das Ende seiner 2 jährigen Beziehung gewesen war. Er hatte es in ihren Augen gesehen, dieses Leuchten, das sie hatte als sie David ansah und der Schock als sie ihn erblickte. Alles ergab auf einmal einen Sinn, das sie morgens so früh weg war, abends so spät wieder kam und das sie ihn von sich gestoßen hatte. Die Sache mit der Verhütung, sicher ein Kind von ihm würde David nie akzeptieren. Dann hatte sie auch die eine Nacht nicht bei Jürgen verbracht und es wurde ihm klar warum er sie nicht abholen sollte.

Wütend schlug er mit der Faust auf das Lenkrad, wodurch er die Kontrolle verlor, der Wagen begann auf der glatten Fahrbahn zu schlingern, drehte sich einmal um 360 Grad und erst im letzten Moment bekam Richard ihn zum Stillstand.

Zitternd fuhr er langsam weiter, es war nicht mehr weit bis zu seinem Ziel, bald wäre er da und dann war endlich alles egal.

 

 

Agnes hatte genau beobachtet wie Richard die Villa verlassen hatte, nun war sie sich sicher, das es sich bei Davids neuer Freundin um Richards Lisa handelte und so wie er reagiert hatte waren die beiden wohl noch nicht getrennt. Doch so wie sie Richard kannte war das jetzt auch erledigt, er würde sie ziehen lassen und sich ganz von seinen Mitmenschen abkapseln, so wie damals als er erfahren hatte das Friedrich Seidel sein Vater war. Erst Lisa hatte ihn wieder auftauen lassen.

Wütend war sie in die Küche gegangen und bearbeitete gerade eine Gurke, als Laura eintrat und sich suchend umsah.

 

„Ach hier sind sie Agnes,“ ging sie auf sie zu und lächelte sie an, „Aber sie müssen doch nicht hier aushelfen, sie sind heute unser Gast.“ Legte sie ihr Vorsichtig die Hand auf den Arm.

 

Statt einer Antwort schnaubte Agnes nur, sie war immer noch geladen und Stocksauer, auf David und auf Lisa. Was hatten die beiden sich nur dabei gedacht und selbst wenn Lisa nichts von den doch eher komplizierten Verhältnissen gewusst haben sollte, so wusste David ganz genau das Richard sein Bruder war und es passte zu  ihm das er ihn so vor der Familie und den anderen Angestellten demütigte.

 

„Kommen sie Agnes, sie sollten mit uns feiern.“ Versuchte es Laura erneut.

 

„Nein, danke!“ schnaubte diese jedoch nur.

 

„Alles in Ordnung Agnes? Ist irgendetwas vorgefallen? Hat Richard sich mal wieder von seiner besten Seite gezeigt? Das ist doch kein Grund die Gurke so auseinander zu hacken. Was soll das überhaupt geben?“

 

„Gurkensalat.“ Antwortete Agnes immer noch kurz angebunden.

 

„Gurkensalat?“ fragte Laura überrascht.

 

„Gurkensalat,“ nickte Agnes, „ Für David!“

 

„David? Aber...“

 

„Er mag doch gar keine Gurken! Genau deshalb,“ sah Agnes auf, „Es war keineswegs Richard der sich heute daneben benommen hat, wie sie alle immer glauben.“

 

Laura spürte das hinter Agnes Wut mehr stecken musste, nochmals legte sie ihre Hand auf deren Arm und deutete dann auf den Esstisch, der in der Küche stand.

„Wollen sie mir vielleicht erzählen was passiert ist?“

 

„Ich weiß nicht ob das wirklich Sinn macht Frau Seidel. Ich kenne die Einstellung ihrer Familie Richard gegenüber.“

 

„Bitte Agnes, ich weiß das Verhältnis zwischen uns und Richard ist nicht das beste, aber ich bin bereit mir ihre Sicht der Dinge anzuhören.“

 

Agnes seufzte auf, Laura Seidel war immer eine offene Frau gewesen und wenn sie nicht wusste was da anscheinend für ein Spiel hinter ihrem Rücken gespielt wurde, so hatte sie als Mutter doch ein Recht die Wahrheit zu erfahren. Sie hackte das letzte Stück Gurke, nahm eine Schüssel und setzte sich damit an den Tisch bevor sie zu erzählen begann.

 

 

Mit Kraftlosen Schritten ging er über die nun vom Schnee bedeckte Anlage, bis er schließlich vor einem mittleren Gebäude stehen blieb. Langsam hob er den Blick, las die Inschrift und berührte sanft mit seiner Hand die dort eingemeißelten Buchstaben.

 

„Hallo Vater,“ begann er und in seiner Stimme schwangen die Tränen mit, „ich weiß, ich war lange nicht hier. Es tut mir auch Leid, aber ich dachte ich hätte endlich mein Glück gefunden. Aber da habe ich mich wohl getäuscht, wie so oft in meinem Leben. Was würde ich dafür geben das du wirklich mein Vater wärst, das du nicht bei diesem bescheuerten Absturz ums Leben gekommen wärst. Ich vermisse dich so, du warst der einzige, der immer zu mir gehalten hat, der mich verstanden hat. Ich...ich habe gedacht ich hätte erneut so eine Person gefunden, die Frau mit der ich mein Leben verbringen wollte und nun? Es ist alles kaputt, er..er hat wieder einmal alles kaputt gemacht. Warum bekommt er immer alles was er will? Warum darf ich nicht glücklich sein? Warum nicht? Warum hassen mich denn alle so? Ich habe ihnen doch nichts getan, was kann ich denn dafür das Mutter mit Friedrich....warum bin ich denn Schuld?“ konnte er die Tränen nicht mehr zurück halten, „ Was habe ich denn falsch gemacht um so bestraft zu werden? Ich liebe sie doch, ich liebe sie aufrichtig, von ganzen Herzen und er...er nimmt sie mir weg, beansprucht sie für sich und sie....sie fällt auf ihn rein, sie liebt ihn, das habe ich in ihren Augen gesehen...ich...ich habe doch schon, ich wollte ihr doch einen Antrag machen. Mariella hat mit mir den Ring ausgesucht in New York, warum ist sie denn so weit weg? Ich...sie ist doch die einzige die mich so liebt wie ich bin, der ich vertrauen kann. Ich kann das so nicht mehr Vater, ich kann einfach nicht mehr. Ich will auch gar nicht mehr, wofür denn? Es hat doch alles keinen Sinn und so sehe ich wenigstens dich wieder. Ich liebe dich Papa.“

 

All alone I didn´t like the feeling

All alone I sat and cried

All alone I had to find some meaning

In the center of the pain I felt inside

 

 

Körper lief, dann umfasste ihn eine gnädige Schwärze und er spürte nichts mehr.


Kapitel 16

 

„Das ist der Stand der Dinge, soweit ich bescheid weiß.“ Schloss Agnes ihre Ausführungen und sah Laura forschend an.

 

„ Das...das...das wusste ich alles nicht.“ Stotterte diese geschockt, „Und diese Lisa war wirklich Richards Freundin?“

 

„Ja,“ nickte Agnes, „Ich war einmal bei ihnen, da waren sie gerade zusammengezogen und Richard wollte sie mit einem besonderen Essen überraschen. Ich habe ihm damals bei der Zubereitung geholfen. Lisa hat ihn verändert, sie hat sein wahres ich zum Vorschein gebracht. Er ist nicht so wie er sich immer gibt, hinter dieser harten, zynischen Schale steckt ein liebenswerter, sensibler und vor allem verletzlicher Kern, den er einfach nur schützen will.“

 

„Und...und sie sind sich sicher, das er nicht wusste, das sie nun mit David zusammen ist?“

 

„Ich vermute sogar, dass er gar nicht wusste, das sie sich von ihm getrennt hat oder trennen will. Seine Reaktion wo er sie eben gesehen hat und auch in der Firma. Er hat mich sogar gefragt, ob ich nicht noch ein paar Rezepte für ihn hätte, da er einen perfekten Abend für sie gestalten wolle. Sie hätten sich seit er aus den Staaten zurück sein nicht so oft gesehen und er wolle das wieder gut machen.“

 

„Was ja auch kein Wunder ist, wenn sie nebenbei schon mit David zusammen war.“ Verdunkelte sich nun Lauras Miene. Sie hatte diese auf den ersten Blick so freundliche und schüchterne junge Frau herzlich in ihre Familie aufgenommen. Hatte gehofft sie würde David endlich erwachsen werden lassen, da dieser nach der Trennung von Mariella erst recht über die Strenge geschlagen hatte. Doch nun hatte sie da so ihre Zweifel, es sah eher so aus als hätten sich dort, die beiden Richtigen gefunden.

 

„Lisa ist eigentlich nicht so,“ schien Agnes ihre Gedanken gelesen zu haben, „Ehrlich gesagt kann ich das, was ich heute Abend gesehen habe, immer noch nicht ganz glauben. Ich hätte nie gedacht, dass sie Richard so etwas auch nur antun könnte.“

 

„Sie vielleicht nicht, aber David. Kein Wunder, das Richard so schnell aufgebrochen ist, ich könnte es auch nicht mit ansehen wenn Friedrich sich so offen Sophie zuwenden würde.“

 

„Hmm,“ nickte Agnes nur, „Und das schlimme ist, ich kann ihn jetzt so gar nicht einschätzen. Ich weiß nicht wie Richard nun reagieren wird, welche Seite den inneren Kampf gewinnt. Dazu war das Gespräch, welches er mit Friedrich kurz vorher hatte, sicher nicht förderlich.“

 

Kurz seufzte Laura daraufhin auf, sie verstand Agnes nun. Ihr Blick fiel auf die Gurken und ein leichtes Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. „Lassen Sie uns eine extra große Portion machen Agnes,“ griff sie nach dem Messer und begann ebenso wie Agnes vorher wütend das Gemüse zu bearbeiten.

 

 

Mit angewiedertem Gesicht beobachtete David, der gerade mit Lisa tanzte, wie seine Mutter zusammen mit Agnes aus der Küche kam, eine große Schüssel Gurkensalat in der Hand und diesen nun auf das Buffet stellte und den anderen Salat dann mitnahm.

Überhaupt schien sich die Stimmung der beiden verändert zu haben. Agnes schickte ihm ein grinsen und deutete auf den Salat, während seine Mutter Lisa taxierte und dann Kopfschüttelnd zu den anderen Gästen ging.

Was sollte das denn jetzt? Sie wussten doch das er keine Gurken mochte, aber Salat liebte.

Er bemühte sich weiterhin im Takt zu bleiben, doch so ganz wollt es ihm nicht mehr gelingen. Er sah Agnes und seine Mutter wie sie bei Sabrina standen und mit ihr redeten, allerdings nicht ohne immer wieder fast abfällige Blicke zu ihnen hinüber zu schicken.

 

Auch Lisa schien dies nun zu bemerken, sie versteifte sich in seinen Armen und blickte dann zu ihm hoch.

 

„David?“ fragte sie.

 

„Ja?“

 

„K...also können wir vielleicht gehen?“ fragte sie dann schüchtern.

 

Er sah sie nur an, nickte kaum merklich und zog sie von der Tanzfläche zielstrebig in Richtung Ausgang. Draußen angekommen zog er sie wieder in seine Arme, führte sie zu seinem Wagen. Sie sprachen kein Wort, erst als er die Türe schloss sah er sie wieder an.

 

„Es tut mir Leid,“ flüsterte er.

 

„Nein,“ brachte sie hervor, „Ich...ich fühlte mich nur nicht mehr wohl.“

 

„Ich weiß. Ich habe die Blicke auch gesehen, aber bitte mach dir deswegen keinen Kopf. Meine Mutter mag dich und daran wird sich so schnell auch nichts ändern.“ Hauchte er ihr einen Kuss auf den Mund bevor er den Wagen startete und das Gelände der Villa verließ.

 

 

 

Richard fror erbärmlich als die Dunkelheit um ihn herum verblasste und langsam einem Grauton wich. Wo war er? Er fühlte einen weichen Untergrund unter sich, ein Bett? Wie kam er denn nach Hause und warum war ihm so schrecklich kalt? Blinzelnd öffnete er die Augen, das helle Licht, welches ihm entgegenstrahlte blendete ihn. Schnell kniff er die Augen wieder zusammen, versuchte sich innerlich auf die Helligkeit vorzubereiten, dann öffnete er sie langsam wieder.

Verschwommen erkannte er eine weiße Decke mit Neonlampen, seit wann hatte er Neonlampen? Vorsichtig drehte er den Kopf, ließ seinen Blick schweifen und langsam wurde er auch klarer. Das war doch ein Krankenzimmer, wieso war er im Krankenhaus?

 

„Ah Herr von Brahmberg,“ hörte er eine unbekannte Stimme, „ Schön das sie wieder wach sind, wie geht es ihnen?“

 

„Kalt,“ stieß er hervor.

 

„Wenn es nur das ist, dann bringen wir ihnen gleich noch eine weitere zusätzliche Decke. Ihre Temperatur ist fast wieder normal, ihnen dürfte also bald wieder wärmer sein.“

 

 Temperatur wieder normal? Zusatzdecke? die Worte hallten in seinem Kopf wieder und so langsam gesellten sich auch Bilder dazu. Friedrichs Geburtstag, die Feier, David und Lisa, sein Vater, der Friedhof.

„Was ist passiert?“ fragte er dann jedoch.

 

„Sie sind umgekippt und man hat sie erst einige Stunden später gefunden. Sie waren unterkühlt und haben eine leichte Gehirnerschütterung.“

 

Richard nickte nur schwach, „Wann kann ich nach Hause?“ er wusste das er Montag bei Kerima wieder auf der Matte stehen musste. Wenn er nicht kam würde David sofort zu Friedrich rennen und dieser war nach seinem überstürzten Abgang von der Feier bestimmt noch schlechter auf ihn zu sprechen als er es sowieso schon war.

 

„Also zwei Tage möchte ich sie noch zur Beobachtung hier behalten. Sie haben 24 Stunden durchgeschlafen und die Gefahr einer Lungenentzündung ist auch noch nicht ausgeschlossen.“

 

„24 Stunden?“ Kniff er erneut die Augen zusammen, sein Blick verschwamm schon wieder, „Aber...aber dann ist ja...also dann ist heute Sonntag?“

 

Der Arzt nickte nur und kontrollierte die Infusion. „Ich muss nach Hause.“ Versuchte Richard sich zitternd aufzusetzen.

 

„Herr von Brahmberg, ich kann sie nicht entlassen.“

 

„Dann gehe ich auf eigene Verantwortung.“ Gab dieser jedoch nur patzig zurück.

 

„Hören sie wir haben ihre Eltern verständigt, sie wissen bescheid und werden bestimmt alles für sie regeln.“

 

„Einen Scheiß werden die beiden tun,“ fauchte Richard nur, „Machen sie meine Papiere fertig, ich gehe freiwillig und zwar sofort.“

 

Der Arzt seufzte auf, gegen seinen Willen konnte er seinen Patienten nicht hier behalten. Somit verließ er das Zimmer, ließ den Arztbrief fertig machen und kam nach einer halben Stunde wieder.

 

Richard hatte derweil seine Sachen wieder angezogen, entriss ihm praktisch die Papiere. Nickte nur kurz als der Arzt die Krankschreibung erwähnte und verließ die Station. Vor dem Krankenhaus stieg er in ein Taxi und ließ sich zum Friedhof fahren wo sein Wagen stand. Dann machte er sich auf den Weg zurück in seine Wohnung.

 

 

Friedrich war am Samstag telefonisch über Richards zustand informiert worden und er kochte vor Wut. Was bildete der Kerl sich denn ein? Erst einfach so die Feier zu verlassen und sich dann Krankschreiben lassen, so ging das nicht. Bei Kerima stand zu viel Arbeit an, die Nacharbeitungen von Paris und den Staaten, sowie die neue Kollektion.

Deswegen war er Sonntags in die Klinik aufgebrochen um seinem Sohn klar zu machen, das er Montags gefälligst bei Kerima zu erscheinen hatte und sich nicht wegen einer kleinen Erkältung sofort einweisen lassen musste. Doch dort hatte man ihm mitgeteilt das Richard schon wieder zu Hause war. Nun stand er seit fast einer Stunde vor seiner Türe und klingelte zum wiederholten male Sturm.

 

Richard kannte den Mann, der da seine Klingel misshandelte nur zu gut. Er verlangsamte seinen Schritt, doch er konnte nicht verhindern ihn irgendwann zu erreichen. Ohne ein Wort zu sagen drängte er sich an ihm vorbei und schloss mit zittrigen Fingern die Türe auf. Friedrich folgte ihm und kaum hatte er die Türe hinter sich geschlossen explodierte er auch schon.

 

„Aber sonst geht es dir noch gut?!“ schrie er, „Lässt dich wegen einer kleinen Erkältung einweisen, wo du doch genau weißt wie viel Arbeit bei Kerima liegt! Und das alles nur weil du David sein Glück nicht gönnst! Wie oft ist er denn für dich in die Bresche gesprungen weil du wegen einer Frau früher weg bist? Aber das war ja so was von klar Richard, nur weil du nie eine Frau halten kannst, kannst du anderen ihr Glück nicht gönnen! Ich erwarte von dir, dass du morgen früh bei Kerima bist! Und Gnade dir Gott wenn du nicht auftauchst!“

 

Richard hatte während des Wutausbruchs seines Vaters, seinen Mantel über das Sofa geschmissen und sich ans Fenster gestellt. Niemand sollte sehen, das er mühe hatte die Tränen zu unterdrücken, Friedrich sollte nicht sehen wie hart ihn seine Worte trafen.

„Keine Sorge Vater,“ presste er dann hervor, „Ich werde morgen im Büro sein.“

 

„Ich werde kontrollieren ob du da bist!“

 

„Tu was du nicht lassen kannst und jetzt verschwinde aus meiner Wohnung!“

 

Eine Antwort bekam er darauf nicht mehr, nur ein unterdrücktes schnauben, dann fiel die Türe mit einem lauten Knall wieder ins Schloss.

 

All alone I came into this world

All alone I will someday die

Solid stone is just sand and water, baby

Sand an water, a million years gone by

 

Kurz zuckte er zusammen, dann schleppte er sich in sein Schlafzimmer und vergrub sich bis zu den Haarspitzen unter der Daunendecke. Er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und seine Gedanken drifteten wieder zu seinem vermeintlichen Vater, Claus von Brahmberg, ab. 


Kapitel 17

 

Vollkommen abgekämpft und verschwitzt erschien Richard Montags morgens bei Kerima. Seinen Wagen hatte er nach drei Ausparkversuchen, bei denen er jedes Mal um ein Haar den Begrenzungspfeiler gerammt hätte, entnervt in der Tiefgarage seines Wohnhauses stehen gelassen. Wenn er schon nicht in der Lage war aus dieser doch recht großen Parklücke rauszukommen, was sollte es dann erst in den zum Teil doch engen Straßen geben? Doch auch die Taxifahrt war nicht wirklich erholsam gewesen und nun war er einfach nur froh heil angekommen zu sein. Er schloss sein Büro auf, stellte die Aktentasche neben den Schreibtisch und gab der Türe nur einen kleinen Stoß, so das sie fast lautlos zufiel.

 

Agnes beobachtete ihn Argwöhnisch vom Catering aus, sie hatte nicht damit gerechnet das er heute hier auftauchen würde. Nicht nachdem was Laura ihr in einem ihrer langen Telefonate am Wochenende erzählt hatte. Er sollte doch in der Klinik liegen, runzelte sie die Stirn und goss Kaffee in seinen Becher, um sich dann auf den Weg in sein Büro zu machen.  Dort schlug ihr sofort ein Schwall heißer Luft entgegen und sie sah wie Richard an der Regelung der Heizung stand. Anscheinend fror er, denn obwohl die Heizung bis zum Anschlag aufgedreht war zitterte er wie Espenlaub.

 

„Wie geht´s dir?“ fragte sie trotzdem, immerhin wusste sie offiziell nicht das er über das Wochenende in der Klinik gewesen war, und stellte den Becher auf dem Schreibtisch ab.

 

Richard sah auf, zuckte mit den Schultern und ließ sich in seinen Sessel fallen. Kurz seufzte er auf, „Es geht schon, sonst wäre ich nicht hier!“ blaffte er Agnes schroffer an als gewollt.

 

Diese spürte das er nicht reden wollte und sie kannte ihn gut genug um zu wissen, das nachbohren in diesem Fall zwecklos war. Das würde nur in einem riesigen Streit enden, weswegen sie nun mit den Schultern zuckte und das Büro verließ.

Wieder am Catering angekommen atmete sie erst einmal tief durch, die Luft in seinem Büro war zum schneiden. Schnell goss sie sich ein Glas Wasser ein und wollte gerade zum trinken ansetzten, als David am Tresen auftauchte.

 

„Morgen Agnes, ich brauche für heute Mittag Schnittchen und Champagner.“ Lächelte er sie an.

 

„Hast du etwas zu feiern?“ fragte sie jedoch nur desinteressiert.

 

„Ja! Lisa und ich geben heute offiziell bekannt das wir ein Paar sind.“ strahlte er nun.

 

„Aha, Lisa ist die Kleine von der Feier deines Vaters richtig?“

 

„Genau Agnes, sie ist die Frau meines Lebens,“ begann David wieder zu schwärmen.

 

„Na wenn du meinst,“ zog Agnes eine Augenbraue hoch, „also die Schnittchen so wie immer?“

 

„Nein, mach ruhig was besonderes. Unsere Eltern kommen um Elf, dann sollte alles fertig sein.“ Wandte er sich ab und verschwand in seinem Büro.

 

„Was besonderes kannst du haben!“ grummelte Agnes noch und begann mehrere Gurken für die Schnittchen klein zu hacken. Das würden schon besondere Schnittchen werden.

 

 

 

Richard hingegen kämpfte sich durch den Vormittag, es wollte ihm einfach nichts wirklich Produktives gelingen. Immer wieder verschwammen die Zahlen vor seinen Augen und von Minute zu Minute wurde ihm immer heißer, bis er es irgendwann nicht mehr aushielt und die Klimaanlage einschaltete. Er spürte den kalten Luftzug, der durch sein Büro strich, lockerte die Krawatte und schloss die Augen. Vielleicht hätte er doch auf den Arzt hören sollen, sein Hemd klebte ihm inzwischen am Körper und Schwindel ergriff ihn. Zudem konnte er gar nicht zu Hause bleiben, David brachte alleine doch eh nichts auf die Reihe und Friedrich würde bestimmt kontrollieren kommen, ob er auch wirklich hier war.

Er hatte den Gedanken noch nicht ganz zuende gedacht, da flog die Türe auf und sein Vater baute sich vor seinem Schreibtisch auf.

 

„ Ah gut du bist da!“ schüttelte er sich, als sein Körper auf die Temperatur im Büro reagierte, „Aber sag mal spinnst du?! Mitten im Winter die Klimaanlage voll aufzudrehen?! Weißt du was das an Strom frisst?!“ Anscheinend nicht!“ polterte Friedrich los, war mit ein paar schnellen Schritten an der Regelung und schaltete die Heizung wieder ein.

 

„Ja ich weiß wie viel das kostet, aber das bist du selbst Schuld. Wie du ja weißt bin ich Krankgeschrieben, aber nur für dich hocke ich  trotzdem hier!“

 

„Du und dein jämmerlicher Schnupfen! Stelle dich Herrgottnochmal nicht so an Richard! Und übrigens erwarte ich von dir, dass du dich heute ausnahmsweise mal anständig verhälst! Einen Eklat wenn David offizielle seine neue Lebenspartnerin vorstellt können wir nicht gebrauchen!“

 

Der letzte Satz seines Vaters zog Richard den Boden unter den Füßen weg, ihm kam es vor als hätte er einen Schlag in die Magengrube bekommen. Sein Herz krampfte sich bei den Gedanken an das gesagte schmerzhaft zusammen. Er würde sie heute offiziell als seine Freundin vorstellen. Jegliche Hoffnung, die er bis dahin noch gehabt hatte schwand in diesem einen Moment, mit diesem einen Satz. Dabei hatte Lisa es bis jetzt nicht für nötig gehalten ihn vom Ende ihrer Beziehung zu unterrichten, aber sie stellte sich schon als Davids neue vor.

Das war nicht mehr seine Lisa, die Frau, die er gekannt hatte und liebte würde so etwas nie tun. Oder doch? Hatte er sich wirklich so in ihr getäuscht? Nein, schüttelte er den Kopf, das konnte nicht sein. Das musste Davids Einfluss sein, Lisa würde so etwas nie tun.

 

„Haben wir uns verstanden?!“ holte Friedrich ihn in die Wirklichkeit zurück.

 

„Keine Sorge alter Mann,“ erwiderte er matt, „Ich habe hier genug zu tun.“

 

 

 

Rätselnd traten dann um kurz vor elf die Plenskes, Jürgen und Rokko aus dem Aufzug. Lisa hatte sie hier her bestellt weil sie ihnen etwas sagen wollte, aber warum ausgerechnet bei Kerima? Sie wandten sich in Richtung Catering, wo man sie bereits erwartete und so langsam schlich sich ein Lächeln auf Jürgens Gesicht. Hatte er es doch noch geschafft sie zu fragen, schoss es ihm durch den Kopf und das Grinsen verbreiterte sich. Die Türe zu Richards Büro wurde geöffnet und ein Mann um die 60 trat heraus, Friedrich Seidel, wie Rokko feststellte. Nun wurde auch er neugierig, Jürgen hatte ihm erzählt das Richard Lisa einen Antrag machen wollte, war es nun so weit? Gaben die beiden nun öffentlich ihre Verlobung bekannt?

Plötzlich ebbte das Stimmengewirr ab und ein Mann betrat den Catwalk, Rokko klärte die anderen kurz auf, das es sich dabei um David Seidel handelte und ließ seinen Blick dann wieder durch das Foyer wandern, auf der Suche nach Lisa, doch sie war nirgends zu sehen.

 

„Es freut mich das ihr alle heute dieser kurzfristigen Einladung gefolgt seid,“ begann er und sein Blick richtete sich auf Richards Büro, wo dieser müde in der Türe lehnte, „ Einige werden es sich seit der Feier von Freitag schon gedacht haben und nun möchte ich es gerne offiziell machen. Ich möchte euch meine wunderschöne Freundin Lisa Plenske vorstellen, die Frau, die ich über alles Liebe und ohne die mein Leben keinen Sinn mehr hätte.“ Wandte er sich nach hinten und Lisa trat hinter dem Vorhang hervor. Sie ging auf ihn zu, er nahm sie in die Arme und küsste sie. Tosender Applaus brach um sie herum aus.

 

Richard zuckte zusammen, sie hatte es wirklich getan, sie hatte ihn bewusst verletzt und gedemütigt. Kurz traf sich sein Blick mit dem von Jürgen, Rokko und Bernd, dann wandte er sich ab, schlich zurück in sein Büro und vergrub seinen Kopf in den Händen. Eine innere Kälte breitete sich in ihm aus und unwillkürlich begann er zu zittern. Seine Hand griff nach der Regelung für die Heizung, drehte sie voll auf, wobei sein Blick an dem Bild von Claus hängen blieb.

 

I will see you in the light of a thousand suns

I will hear you in the sound of the waves

I will know you when I come, as we all will come

Through the doors beyond the graves

 

Jürgen bemerkte als Erster, das Bernd das Glückliche Paar mit durchdringendem Blick fixierte, die Hände hatte er zu Fäusten geballt. Richards Anblick war ihm durch und durch gegangen. Der Junge sah schlecht aus, sehr schlecht und er wollte nicht wissen wie sein Schnattchen sich von ihm getrennt hatte, wenn sie es noch nicht einmal für nötig hielt ihre Eltern davon zu unterrichten. Gerade wollte er wütend auf sie losstürmen, da hielt Jürgen ihn zurück.

 

„Lass mal Bernd, ich denke wir sollten erst einmal nach Richard schauen.“

 

„Hast Recht Decker, um den Jungen scheint sich hier ja keiner zu kümmern.“ Schnaubte Bernd und noch bevor Jürgen oder Rokko reagieren konnten war Bernd in Richards Büro verschwunden. Natürlich fiel ihm die unnatürlich heiße Temperatur sofort auf, er blieb neben dem Schreibtisch stehen legte Richard Väterlich die Hand auf die Schulter.

„Komm her mein Junge,“ zog er ihn dann hoch in seine Arme, „Du hast...mein Gott du glühst ja wie Helgas neues Ceranfeld.“

 

Doch Richard schien das alles gar nicht mehr wirklich zu registrieren, schlaff ließ er sich zurück in seinen Sessel fallen und sah die kleine Gruppe, die sich nach dem eintreten von Jürgen und Rokko in seinem Büro versammelt hatte nur aus leeren Augen an.

 

Kapitel 18

 

Wirklich wohl fühlte Lisa sich nicht in ihrer Haut. Gerade stand sie mit David, dessen Vater und ihrer Mutter am Catering und nahm die Glückwünsche der Mtiarbeiter entgegen. Sie kannte hier doch keinen, aber alle kannten David und noch schlimmer alle kannten Richard. Das einzig bekannte Gesicht neben ihrer Mutter war Agnes, doch diese hielt sich zurück und öffnete eine neue Sektflasche.

Ihr Blick wanderte immer wieder unruhig hin und her, wo waren denn nur ihr Vater, Rokko und Jürgen? Sie blieb an Richards Büro hängen, verwarf den aufkeimenden Gedanken jedoch sofort wieder. Was sollten die Drei denn dort machen?

 

 

Bernd und Jürgen sahen sich derweil kurz nickend an. Richard musste hier raus, er gehörte eindeutig ins Bett und nicht ins Büro, das hatte auch Rokko erkannt. Er kniete vor ihm, versuchte ihn zu überreden, vergebens.

Nur mit Blicken sprachen sich die Drei schließlich ab und Jürgen startete einen letzten Versuch.

 

"Komm Richard, du gehörst nach Hause ins Bett."

 

"Nein," kam es nur schwach zurück, "Ich habe noch viel zu tun."

 

"Gar nix haste zu tun Junge, außer das de wieder Gesund wirst." warf Bernd ein und legte ihm eine Hand auf die rechte Schulter.

 

"Nein, ich muss....das muss heute noch fertig werden."

 

"Das kann David auch fertig machen." warf Rokko nun ein.

 

"David? Der kann das nicht und...und außerdem hat er heute keine Zeit." wurde Richards stimme zum Ende hin immer schwächer und er schloss müde die Augen.

 

Bernd und Jürgen wussten, dass das nun ihre Chance war. Sie packten ihn unter den Schultern und hoben ihn so hoch.

"Na los Junge. Wir bringen dich nach Hause."

 

 

Gerade als sich Richards Bürotüre öffnete stieß Laura mit einem Tablett frischer Schnittchen zu der kleinen Gruppe um ihren Sohn. Sie sah wie zwei Personen ihn stützen mussten und lenkte die Aufmerksamkeit ihrer Männer auf sich.

"Die müsst ihr unbedingt einmal probieren," lächelte sie aufgesetzt in die Runde und hielt David das Tablett unter die Nase.

 

"Danke Mutter," bediente er sich und biss herzhaft hinein. Laura ließ ihren Blick nicht von ihm, beobachtete ihn ganz genau. Sie sah wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte bis man ihm seinen Ekel deutlich ansah.

 

"Schmecken sie nicht?" fragte sie dann noch nach und musste sich ein Grinsen verkneifen, "Agnes hat sich solche Mühe gegeben, da du ja etwas besonderes wolltest."

 

"Da sind ja Gurken drauf," brachte David den Würgreiz unterdrückend hervor.

 

"Wirklich?" sah Laura ihn erstaunt an, "Aber du musst zugeben auf gute Schnittchen gehören nun einmal Gurken mein Junge."

 

"Da muss ich ihrer Mutter recht geben," mischte sich nun auch Helga ein, "Gurken sind bei so etwas viel besser als Tomaten."

 

"Mama!" zischte Lisa, während sie David eine Hand auf den Arm legte.

 

"Ist doch wahr Mäuschen," grummelte Helga nun beleidigt bevor sie sich suchend im Foyer umsah. "Wo ist denn der Papa schon wieder abgeblieben?"

 

"Ich weiß es nicht," erwiderte Lisa genervt, "Rokko und Jürgen sind ja auch schon weg."

 

"Wie die auch schon? Na dann, du kennst die Drei doch, die hocken bestimmt bei Jürgen im Kiosk über einer Flasche Bier."

 

"Hmm," machte Lisa nur udn blieb mit ihrem Blick schließlich an der nun geöffneten Bürotüre hängen.  War er also doch hier  dachte sie sich und sah David fragend an.

 

 

Nachdem Bernd, Jürgen und Rokko Richard bei sich zuhause erst einmal in die heiße Wanne und danach ins Bett verfrachtet hatten, saßen sie nun im Wohnzimmer und hielten eine Art Kriesenrat ab. Vor allem Bernd konnte nicht verstehen wie seine Lisa, sein Schnattchen, Richard so etwas antun konnte. Er hatte in seinen Augen lesen können wie in einem Buch, hatte den ganzen Schmerz gesehen und Richards leise geflüstertes, warum, benötigte er schon gar nicht mehr als Bestätigung seines Verdachtes.

Jürgen war ebenso geschockt, nur Rokko schien das alles schon vermutet zu haben, denn er hielt sich bis jetzt aus der Diskussion zurück.

 

„ Ich kann es immer noch nicht ganz glauben was Lisa getan hat. Dann war sie also mit David Seidel in Paris während Richard hier saß und auf sie wartete.“ Schüttelte Jürgen den Kopf, „Das hätte ich ihr nie zugetraut, sie hat sich verändert, warum habe ich das nicht gesehen?“

 

„Wie hätteste denn das sehen wollen Jürgen?“ wandte Bernd ein, „Ich hab es doch auch nicht gesehen, die beiden waren doch noch so glücklich, wo sie letztens bei uns waren, bevor der Junge los ist zu seiner Geschäftsreise.“

 

„Jedenfalls weiß ich jetzt warum ich ihr ein Alibi geben sollte,“ knurrte Rokko nur. Er saß an Richards Laptop und rief gerade seine Emails ab, wobei ihm eine besonders ins Auge stach. Es war eine Anfrage von Kerima wann man denn mit ersten Ergebnissen rechnen könne. Wahrscheinlich gar nicht solange Lisa sich mit eurem Geschäftsführer zu Schäferstündchen anstatt Meetings trifft, schoss es ihm durch den Kopf. Er klickte die Mail zu und fuhr den Laptop herunter, darüber würde er mit Richard in Ruhe sprechen, sobald dieser wieder einigermaßen fit war.

 

„Des ist ja sowieso die Höhe ist das!“ polterte Bernd weiter, „Das sie, sie um ein Alibi bittet. So hab ich das Kind nicht erzogen, hab ich nicht!“

 

„Ganz ruhig Bernd,“ legte Jürgen ihm seine Hand auf den Arm, „Das wissen wir, aber wir wollten doch eigentlich überlegen was wir jetzt tun können.“

 

 

Zu einem wirklichen Ergebnis kamen sie jedoch nicht, sie waren sich nur einig, das sie Richard nun nicht alleine lassen würden. Er war krank und er brauchte Hilfe, einen Arzt, doch er weigerte sich. Sie beschlossen, das sie noch bis zum morgigen Abend abwarten wollten und wenn sein Zustand dann nicht besser war, dann konnte er sich auf den Kopf stellen, aber sie würden einen Arzt holen.

Gerade war Bernd in der Küche verschwunden um Tee auf zusetzten als man den Schlüssel im Schloss hörte. Erstaunt blickten Jürgen und Rokko hoch in Richtung Türe und trauten ihren Augen kaum als sie sahen wer da herein kam.

 

Unsicher betrat Lisa das Wohnzimmer, sie hatte zwar Richards Wagen in der Tiefgarage gesehen, aber sie hatte nicht damit gerechnet, das Jürgen und dazu auch noch Rokko hier waren. David folgte ihr auf dem Fuße und hielt ihre Hand. Sie musste schlucken, sie wollte doch nur ihre Sachen holen und auch kurz mit Richard sprechen, überhaupt was machte ihr bester Freund und ihr Chef hier? Fehlte nur noch dass, ungläubig glitt ihr Blick zur Küche aus der gerade ihr Vater trat. Was machten die drei hier?

 

„Was willst du denn hier Elisabeth?“ fand Bernd als erstes seine Sprache wieder.

 

„Ich komme meine Sachen holen,“ antwortete Lisa leise und betrachtete ihre Schuhspitzen, „Und ich muss noch einmal mit Richard reden.“

 

„Das geht jetzt nicht,“ die Stimme ihres Vaters klang kalt.

 

„Hören sie Herr Plenske,“ ergriff nun David das Wort, wobei er neben Lisa trat und sie in seine Arme zog, „Das ist doch eine Sache zwischen Lisa, Richard und mir. Sie braucht ihre Sachen und wir müssen da noch einige Missverständnisse klären.“

 

„Ach das war alles ein großes Missverständnis?“ brachte nun Jürgen hervor, „Sicher man vergisst ja schon mal sich zu trennen bevor man eine neue Beziehung bekannt gibt.“

 

David schüttelte nur mit dem Kopf, wenn sie hier jetzt noch weiter mit diesen Dreien diskutieren würden, dann würden sie hier nie weg kommen, „Wissen sie was, wir holen jetzt Lisas Sachen, sagen was zu sagen ist und dann gehen wir wieder und lassen sie alleine.“ Zog er Lisa an der Hand hinter sich her, öffnete die Türe zum Schlafzimmer und schob sie hinein, bevor er die Türe von innen wieder verschloss.

 

Bernd wollte ihnen sofort hinterher stürmen, wurde jedoch von Rokko aufgehalten.

„Lassen wir sie erst einmal, wenn Lisa schlau ist packt sie nur schnell ihre Sachen und dann verschwinden sie wieder. Richard schläft und solange sie ihn nicht wecken sollten wir das auch nicht tun.“

 

 

Richard war von den Stimmen im Wohnzimmer geweckt worden, nur mühsam konnte er sich orientieren. Immer noch fühlte er sich als wäre er von einem Laster überfahren worden, sein Kopf dröhnte. Kurz stöhnte er auf, dann drehte er sich auf die Seite und sah direkt in die Gesichter, der Menschen, die er am liebsten nie in sein Leben gelassen hätte.

 

Kapitel 19

 

Er musste schlucken, was wollten sie denn jetzt noch von ihm? Konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Waren es noch nicht genug Demütigungen, die er ertragen sollte?

„Was wollt ihr denn noch hier? Habt ihr noch nicht genug?“ versuchte er spitz zu fragen, doch aus seiner Kehle kam nur ein krächzendes Flüstern.

 

„Ich brauche noch meine Sachen,“ erwiderte Lisa, „Und wir sollten da noch einige Dinge klären.“

 

„Ich wüsste nicht was es da noch zu klären gibt.“ Drehte er sich wieder auf die andere Seite und schloss die Augen, „Nimm deine Sachen und lass mich einfach in Ruhe.“

 

David, der bis dahin schweigsam Lisas Sachen in ihre Reisetasche gepackt hatte sah nun auf. Musste sie es ihm wirklich sagen? Es musste doch keiner Wissen und er doch dann schon gar nicht. Kurz schüttelte er den Kopf, wollte ihr so signalisieren das es gut war und sie einfach packen und verschwinden sollten, doch sie beachtete ihn gar nicht.

 

„Es gibt da noch etwas was ich dir sagen muss,“ begann sie und ihr Ton war seltsam kühl.

 

„Tu was du nicht lassen kannst,“ flüsterte Richard immer noch von ihr abgewandt.

 

„Ich bin schwanger...“

 

„Gratuliere, dann steht einer weiteren Generation von Hirnlosen ja nichts mehr im Wege.“ Unterbrach er sie.

 

„Es ist von dir, aber mit dem Hirnlos hast du vielleicht Recht.“

 

Ruckartig wandte er sich wieder Lisa zu, der Raum verschwamm vor seinen Augen. Ein Kind, sein Kind, sein Baby. Hatte er vielleicht doch noch eine Chance? Er Kniff die Augen zusammen, wollte endlich wieder klar sehen, in ihren Augen lesen.

Doch als es ihm endlich gelang sah er darin, dass alle Hoffnung vergebens war.

 

„Du dachtest doch jetzt nicht wirklich das ich deswegen zu dir zurück komme oder? Du bist sein Erzeuger, mehr nicht. Mein Baby wird einen Liebevollen Vater bekommen und ich werde nicht zulassen, das du mir das kaputt machst.“

 

Richard schluckte dann schloss er die Augen wieder, in seine Ohren hörte er sein eigenes Blut rauschen, er spürte die Tränen in seinen Augen. Ein Baby, das was sie sich doch immer gewünscht hatten und nun sollte er nicht an seinem Leben Teilhaben dürfen?

 

David biss sich auf die Lippen, ja er hatte ihn Leiden sehen wollen, aber hatte er das auch so gewollt? Ja er hatte es so gewollt und irgendwie auch wieder nicht. Er fühlte sich gerade alles andere als Wohl in seiner Haut. Sie waren schon viel zu lange im Schlafzimmer und draußen vor der Tür hockte der Vater seiner Freundin, deren Chef und ihr bester Freund und achteten bestimmt mit gespitzten Ohren auf jedes Geräusch. Es wurde Zeit zu gehen, Lisas Sachen hatte er, sie hatte Richard von dem Baby erzählt, was wollte sie denn noch?

„Lisa?“ fragte er deswegen leise.

 

„Einen Moment noch David.“

 

Er seufzte auf, beeil dich einfach, dachte er nur und nahm die Tasche schon einmal vom Boden.

 

„Eins muss ich dir noch sagen Richard, es ist aus, ich möchte dich nie wieder in meiner Nähe sehen und schon gar nicht in der Nähe meines Kindes oder meiner Familie.“ Damit drehte sie sich rum und ging auf die Türe zu.

 

„Ach! Wirklich, da wäre ich jetzt so gar nicht drauf gekommen Lisa!“ bündelte Richard seine letzten Kräfte und warf ihr und David die Nachttischlampe hinterher.

 

 

 

 6 Monate später

 

Immer noch geschockt irrte David durch die Straßen Berlins. Er konnte nicht fassen was sich in dieser doch relativ kurzen Zeit alles verändert hatte. Nachdem Lisa Richard damals klar gemacht hatte, dass in ihrem Leben und in dem seines Kindes kein Platz für ihn war, war er von heute auf morgen verschwunden. Zwar noch nicht sofort in dieser einen Nacht, aber eine Woche später, nachdem Bernd, Rokko und Jürgen ihre Belagerung bei ihm aufgegeben hatten in der Annahme das es ihm wieder etwas besser ging und er sich halbwegs gefangen hatte.

Er hatte es dann als erster bemerkt, als er an diesem Morgen einige Akten aus Richards Büro holen wollte und dort nichts mehr an seinen eigentlichen Besitzer erinnerte. Zurückhaltend hatte er Agnes darauf angesprochen, welche aus allen Wolken gefallen war und sofort seine Mutter verständigte. Laura war dann auch sofort zu Kerima gekommen und zusammen hatten sich die beiden Frauen auf zu seiner Wohnung gemacht. Dort hatten sie mehrere Briefe vorgefunden, einen für Jürgen, Bernd und Rokko, einen für Friedrich und einen für sich selbst. David selber wusste nur was in dem zweiten Brief an seinen Vater stand, nämlich das Richard seinen Posten bei Kerima aufgab und sein Stimmrecht im Vorstand Jürgen Decker übernehmen würde. Er hatte Friedrich und David gratuliert, das sie endlich das bekommen hatten was sie immer haben wollten. Kerima in ihrer Hand.  Was in dem Brief an seine Mutter und Agnes stand wusste er nicht, aber beide redeten nur noch das nötigste mit ihm und Lisa beachteten sie gar nicht mehr. Er wusste das Lisa das nahe ging und trotzdem konnte er sie nicht mehr wirklich verstehen.

Eine Woche später bekam sie dann von Rokko Kowalski die Kündigung aufgrund von unüberbrückbaren Differenzen. Natürlich hatte er ihr sofort einen Job bei Kerima besorgt, sie sogar zur  Zweiten Geschäftsführerin gemacht und wie er es vorhergesehen hatte harmonierten sie wirklich hervorragend miteinander. Doch die Kollegen nahmen es unterschiedlich auf, vor allem da Agnes sie nicht wirklich freundlich Willkommen geheißen hatte und Jürgen in der Aufsichtsratsitzung auch noch gegen sie Stimmte. Etwas woran sie immer noch knabberte, Jürgen war doch eigentlich ihr bester Freund.

Aber waren das wirklich die Gründe für ihr Verhalten? Noch vor zwei Stunden hatten sie es sich auf der Couch gemütlich gemacht, wollten ein wenig ausspannen. Das Baby war jedoch sehr aktiv gewesen und gab zum ersten mal mehr als nur einen sanften Tritt oder Boxhieb von sich. Er selber fand es faszinierend dieses Wunder so spüren zu dürfen. Denn auch wenn es nicht sein Kind war, so hatte er doch eine Beziehung zu dem Ungeborenen Wesen aufgebaut. Im Gegensatz zu Lisa, die sich versteifte und die Hände auf ihren Bauch presste. Es soll aufhören, hatte sie geschrieen, immer wieder bis das Kleine wirklich ruhe gab. Erschrocken hatte er sie angesehen, das konnte sie doch nicht ernst meinen, doch sie hatte ihm erklärt das sie das nicht mehr könne, dass das nicht ihr Kind wäre und sie nur noch wolle das es vorbei wäre. Sie redete von Adoption und weggeben des Kleinen nach der Geburt. Natürlich hatte er nachgefragt ob sie das wirklich so meinte wie sie das nun sage oder ob das wieder die Hormone wären, woraufhin sie ihn nur wütend angeblafft hatte das sie dieses Kind nicht großziehen werde und sich dann im Schlafzimmer eingeschlossen.

 

Und nun irrte er einsam durch die Straßen und wusste nicht wohin. Ihm war klar, das es ihr wirklich ernst war mit der Adoption und zum ersten Mal viel ihm auf das bisher nur er Sachen für das Kleine gekauft hatte. Einer Eingebung folgend löste er den Blick von dem gepflasterten Bürgersteig und sah auf. Erst jetzt bemerkte er, das er vor der Villa seiner Eltern stand. Kurz schüttelte er den Kopf, wollte den Gedanken, der ihm durch den Kopf schoss beiseite schieben, doch dann überlegte er es sich anders. Er musste das jetzt tun, er konnte nicht zulassen das Lisa das Baby wirklich zur Adoption freigab. Dieses Kind hatte einen Vater, und dieser würde sich sicher um es kümmern wollen. Er konnte doch nicht zulassen das es lieblos abgeschoben wurde zu irgendwelchen Adoptiv- oder Pflegeeltern oder noch schlimmer in ein Heim. Und auch wenn er nicht wusste wo Richard war, so war er sich sicher, das dieser sich um sein Kind kümmern wollte wenn er nur die Chance dazu hätte. Zielstrebig setzte er einen Fuß vor den anderen bis er vor der Türe stand, er klingelte und wartete das man ihm öffnete.

 

 

 

Mariella sah auf, als sie Schritte in der Halle vernahm, das konnte nur ihr Bruder sein. Sie war überrascht gewesen als er vor gut einem halben Jahr wie aus dem Nichts mit gepackten Koffern vor ihrer Türe gestanden hatte. Damals hatte er mehr als schlecht ausgesehen und sich sofort ins Gästezimmer zurückgezogen. Er wollte alleine sein und erst mit und mit hatte er sich ihr und Lars geöffnet, erzählt was geschehen war. Natürlich hatte er bei ihnen bleiben können, immerhin waren sie seine Familie und Platz hatten sie auch genug.

Nach einiger Zeit hatte Lars ihn dann auch endlich überreden können mit ihm in die Stadt auf ein Bier zu fahren, Richard musste unter Leute, da waren sie sich einig, und da traf er auf einen alten Studienfreund, der ihn an seinen Jugendtraum, die Musik, erinnerte. Und wie der Zufall es gewollt hatte suchte eben jener Freund einen neuen Sänger für seine Band, sonst würden sie ihren Plattenvertrag nicht erfüllen können.

Richard hatte sich zwar Bedenkzeit erbeten und war dann am nächsten Morgen doch sofort ins Tonstudio gefahren um mit einem Vertrag und einem kleinen Lächeln auf den Lippen zurück zu kehren. Nie würde sie dieses erste zaghafte Lächeln nach fast einem Monat vergessen, auch wenn es seine Augen nicht erreicht hatte, aber immerhin begann er wieder am allgemeinen Leben teilzunehmen. Er hatte wieder eine Aufgabe und diesmal ging er vollkommen in ihr auf. Zwar zog er sich zu Hause immer noch oft zurück, aber immer öfter schnappte er sich auch einfach nur die Gitarre und verschwand für einige Stunden im Keller um neue Songs zu schreiben, welche er ihr nachher vorstellte und nach ihrer Meinung fragte.

In einer Woche würde es dann auch endlich soweit sein und die erste Single seiner Band würde veröffentlicht werden. Mariella selber hatte es sich nicht nehmen lassen die PR für sie zu übernehmen und freute sich genauso ängstlich auf diesen Tag wie ihr Bruder.

Heute war noch einmal ein letztes Fotoshooting gewesen, doch sie selber musste noch an dem Konzept für das Album basteln, so das Richard und seine Jungs diesmal ohne sie auskommen mussten.

 

„Ich bin wieder da Ella!“ steckte er den Kopf durch die Türe ihres Arbeitszimmers.

 

„Und wie wars?“ fragte sie und stand auf um ihn zu begrüßen.

 

„Ganz gut,“ nahm er sie in den Arm und ihr Blick fiel auf das Durchsichtige Pflaster an der Innenseite seines Unterarms.

 

„Richard was...?!“ wollte sie ihn Fragen was passiert sei, als sie das Tattoo darunter erkannte, „Du hast dich tätowieren lassen?!“

 

“Ja,” nickte er mit dem Kopf und grinste sie an, “Mir war danach.” Hielt er ihr den Arm hin, so dass sie es sich ansehen konnte.

 

 DESTINY stand dort in großen verschlungenen Buchstaben, der Titel ihrer ersten Single.

 

Kapitel 20

 

Nervös saß er auf der Couch seiner Eltern und wartete auf seine Mutter. Eigentlich war er sich sicher das Richtige zu tun und doch beschlichen ihn langsam aber sicher Zweifel. Laura war nicht gut auf Lisa zu sprechen, was wenn sie ihm jetzt auch nicht helfen würde? Aber würde sie wirklich zulassen das Richard nie die Chance hätte sein Kind zu sehen? Sie war seine einzigste Hoffnung Richard zu finden, sonst würde er nicht verhindern können das Lisa das Baby einfach so weggab.

Er hörte Schritte in der Halle und als er aufsah betrat Laura das Wohnzimmer.

 

„ Was verschafft mir denn so spät noch die Ehre deines Besuches?“ fragte sie und ließ sich in dem Sessel ihm gegenüber nieder. Eine ziemlich kühle Begrüßung wie er fand und doch konnte er sie ein wenig verstehen. Allerdings machte es ihm das nicht gerade leichter, seine Bitte zu formulieren.

 

„Ich...ich muss mit dir reden Mutter,“ begann er und sah wie sie eine Augenbraue hob, „es geht um Lisa.“ Setzte er dann noch hinterher.

 

„Bist du also doch noch zur Vernunft gekommen?“

 

David senkte den Blick auf den Teppich, „Irgendwie schon.“ Murmelte er, dann sah er wieder auf, „Ich muss Richard finden Mutter.“ Er sah wie sie ihn unterbrechen wollte, doch er schüttelte nur mit dem Kopf und sprach weiter, „Sie will das Baby weggeben...und...und also das...das kann ich doch so nicht zulassen oder? Ich...ich meine Richard ist doch der Vater und...und er hat doch auch Rechte.“

 

„Sie will was?!“ war die Stimme seiner Mutter gefährlich ruhig, „David, sag bitte das, das nur ein schlechter Scherz ist!“

 

„Nein,“ schüttelte er den Kopf, „Es ist ihr Ernst. Sie sagt sie kann das nicht, sie will dieses Kind nicht. Und...nun ja...also ich dachte da...also weil Richard doch der Vater ist...und Lisa muss das ja auch nicht erfahren...also er würde sich doch bestimmt kümmern oder?“

 

Laura schwieg und in David stieg ein ungutes Gefühl hoch. Was wenn sie auch nicht wusste wo er war oder wenn sie wusste das er sich nicht kümmern wollte oder sich nicht kümmern konnte? Er war damals praktisch über Nacht verschwunden, hatte nur ein Paar Briefe hinterlassen und in dem an seinen Vater hatte verständlicherweise nicht drin gestanden wohin er gehen würde.

 

„Ich weiß nicht ob er im Moment Zeit für ein Kind hat,“ erlöste sie ihn aus der nicht mehr auszuhaltenden Stille, „aber ich denke das er sein Kind sicher nicht im Stich lassen wird. Die Frage ist nur wie willst du das Lisa beibringen?“

 

„Gar nicht, sie will doch nichts mehr mit ihm zu tun haben und wenn sie das Kind direkt nach der Geburt zur Adoption freigibt dann erfährt sie ja auch nicht an wen. Es ist nur so das sie Morgen einen Termin in der Charite hat und dort will sie dann alles klären. Deswegen muss ich wissen wie ich Richard erreichen kann, ich muss mit ihm sprechen, damit ich morgen nach dem Termin noch einmal alleine mit dem Arzt reden kann.“

 

„Wenigstens scheinst du wieder halbwegs vernünftig zu handeln,“ nickte sie und griff nach dem Telefon, „Ich werde einmal telefonieren.“ Stand sie auf und verließ die Halle.

 

Ein wenig erleichtert lehnte er sich auf dem Sofa zurück, seine Mutter war bereit ihm zu helfen, das war ein Schritt in die richtige Richtung. Die Zeit verstrich und es erschien ihm wie eine Ewigkeit bis Laura endlich wieder das Zimmer betrat. Er versuchte in ihrem Gesicht zu lesen wie das Telefonat gelaufen war, doch er konnte nichts erkennen.

 

„ Mariella erwartet das du dich meldest sobald du genaues weißt und sie versucht es Richard beizubringen.“ Antwortete sie auf seine unausgesprochene Frage.

 

„Mariella? Ist er etwa...er ist bei Mariella?!“

 

„Was dachtet ihr denn wo er hin ist? Wer ist ihm denn noch geblieben außer Mariella?“

 

David schluckte, „Danke Mutter, es bedeutet mir sehr viel das du sofort reagiert hast.“ Stand er auf und verließ die Villa um einiges erleichtert. Der erste Schritt war getan.

 

 

Doch nie im Leben hätte er damit gerechnet, das der letzte Schritt der schwerste werden würde. Er hatte sich das so einfach vorgestellt, einfach über Mariella mit Richard kommunizieren und das war´s. Doch Mariella sah das erst gar nicht ein und meinte bei ihrem letzten Telefonat zwar das sie gegenüber Richard mal etwas angedeutet hatte, aber er ihm sein Vorhaben doch bitte selber erläutern sollte.

Nun stand er vor der Villa in Boston und traute sich nicht die Klingel zu betätigen, dabei erwartete Mariella ihn und doch hatte er Angst vor der direkten Konfrontation mit ihr und vor allem vor der mit Richard. Er musste all seine Willenskraft aufbringen um endlich seinen Finger auf die gewünschte Stelle zu legen und so die Klingel auszulösen.

Lisa hatte er etwas von einer Geschäftsreise nach New York erzählt und wirklich gelogen war das nicht, er war in New York gewesen, jedoch nur einen Tag.

So in Gedanken bemerkte er nicht wie die Türe geöffnet wurde und blickte dann überrascht in das Gesicht seiner EX.

 

„Da bist du ja endlich,“ fiel auch ihre Begrüßung relativ kühl aus, „Komm rein, Richard kommt später, er ist noch beschäftigt.“

 

„Also wenn...wenn ich ungelegen komme...“ begann er doch ein Blick von Mariella ließ ihn verstummen.

 

„Nicht so beschäftigt wie du jetzt denkst!“ zischte sie und ging voran in eins der Gästezimmer im unteren Stockwerk, wo er seine Reisetasche abstellte. „Ich denke vor einer Stunde brauchen wir nicht mit ihm zu rechnen,“ begann sie dann wieder auf dem Weg ins Wohnzimmer, in dem auch Lars saß und in einem Buch las, „ in der Zeit werde ich dich auf den neuesten Stand bringen und wehe dir du sagst nachher auch nur ein falsches Wort.“ Funkelten ihre Augen ihn eisig an.

Ihre Gedanken gingen zurück zu den letzten Wochen, die Single hatte eingeschlagen wie eine Bombe und seitdem jetteten Richard und seine Jungs von einer Stadt zur nächsten um sie weiter zu promoten und einige Infos über das bald erscheinende Album zu geben, dem sie gerade in dem zu einem Tonstudio umfunktionierten Keller den allerletzten Schliff gaben. Sie hatte ihn dabei größtenteils begleitet, sich jedoch von den Partys größtenteils ferngehalten. Ein Fehler wie sie bald feststellen musste, denn Richard begann über die Stränge zu schlagen, war mehr betrunken als nüchtern und auch immer öfter einfach nur zugedröhnt. Da war ihr klar geworden, das er in seiner Musik zwar voll und ganz aufging, mit seinem alten Leben jedoch noch nicht ganz abgeschlossen hatte. Das dieses immer noch wie ein dunkler Schatten über allem hing und wenn sie ehrlich zu sich war dann setzte sie in David und seinen Plan mit dem Baby ihre letzte Hoffnung das Richard sich wirklich noch einmal fangen würde. Sie hatte auch versucht mit John und Steven, den beiden anderen Jungs der Band zu reden, musste dabei aber feststellen, dass die Beiden sich ähnlich verhielten und solange es keine negative Presse gab oder es sich anderweitig auf ihren beginnenden Erfolg auswirken würde keine Bedenken hatten.

Gerade wollte sie also beginnen David eine Einblick zu geben, als sie die Kellertüre hörte und kurz darauf die Haustüre. Überrascht drehte sie sich um, als sie zwar Schritte in der Halle hörte, die aber plötzlich verstummten. In der Flügeltüre zum Wohnzimmer stand Richard, in einem Ärmellosen schwarzen Shirt, zerrissener Blue Jeans und starrte David mit unergründlichem Blick an, welcher allerdings eher irritiert zurücksah.

 

War das wirklich Richard, der da in der Türe lehnte? Mit den in alle Richtungen abstehenden Haaren, dem Shirt und zerrissener Jeans, einer Tätowierung am rechten Unterarm?

 

„Was will der denn hier?“ löste er sich nach, für allen anderen, gefühlter Ewigkeit vom Türrahmen und schritt langsam auf den freien Sessel neben Lars zu.

 

Unsicher sah David nun zu Mariella, welche ihm aber nur einen auffordernden Blick zuwarf. Jedoch nicht ohne die stumme Warnung das er ja nichts Falsches sagen sollte. Er schluckte, wartete bis Richard sich hingesetzt hatte und knetete derweil nervös seine Hände.

 

„Also ich...ich bin eigentlich hier um mit dir zu reden.“ Sagte er dann schließlich und konnte ein zittern in seiner Stimme nicht unterdrücken.

 

„Mit mir? Wie komme ich denn zu der Ehre? Willst du mir jetzt etwa erzählen wie toll es mit ihr ist? Wie sehr ihr euch auf MEIN Kind freut? Hast du dein Ziel etwa immer noch nicht erreicht?!“ griff er nach einer Packung Zigaretten auf dem Wohnzimmertisch, die David bis dahin noch gar nicht aufgefallen war, nahm eine hinaus und zündete sie sich an bevor er weiter sprach, „Kerima gehört euch Seidels, ihr könnt mit der Firma tun und lassen was ihr wollt. Das interessiert mich alles nicht und wenn ihr sie in Schutt und Asche legt.“

 

„Es geht nicht um Kerima und auch nicht um Lisa und mich.“ Begann David, wurde dann aber von Richards Handy unterbrochen. Dieser zog es aus der Hosentasche seiner Jeans und warf ein Blick auf das Display, dann reichte er es an Mariella weiter.

 

„Geh du ran Ella, wenn David sich schon den weiten Weg macht.“ Mariella ergriff das Handy und verließ das Wohnzimmer, auch sie kannte diese Nummer. „ Wenn es also weder um Kerima noch um deine supertolle Beziehung geht, warum bist du dann hier?“

 

„Es geht um das Baby, nein hör mir erst zu.“ Setzte er nach als er sah wie Richard ihn unterbrechen wollte, „Sie will es nicht, sie will es zur Adoption freigeben, aber das halte ich nicht für Richtig. Es ist auch dein Kind und du hast auch Rechte. Ich habe ohne ihr wissen mit ihrem Arzt gesprochen, nachdem sie den Termin für den Kaiserschnitt gemacht hat. Wenn du einen Vaterschaftstest machen lässt und deine Vaterschaft bewiesen wird, dann kannst du dich kümmern, wenn du willst.“

 

„Das hört sich alles ziemlich einfach an David, du hast also mit ihrem Arzt gesprochen. Hält der nichts von Schweigepflicht?“ blieb Richard skeptisch.

 

„Du kennst unsere Beziehungen zur Chartié,“ konterte David, „Verdammt Richard, das ist Ernst. Sie will es zur Adoption freigeben! Ich erkenne sie nicht wieder.“

 

„Das wundert mich nicht, ich habe sie ja wohl auch nicht gekannt.“ Hielt Richard seinem Blick stand, was David dazu brachte entnervt aufzustöhnen.

 

„Sag mir einfach ob du dein Kind großziehen willst oder nicht?“ Flüsterte er dann fast.

 

„Die Frage erübrigt sich. Ich bin nicht so kalt wie sie, oder wie ihr immer gedacht habt. Auch wenn ein Kind gerade nicht in meine Lebensplanung passt, werde ich mein Kind nicht im Stich lassen. Wann ist der Entbindungstermin und muss ich dafür nach Berlin?“

 

„In 2 Monaten, am 25.05. und ja du müsstest in Berlin sein.“

 

Richard schwieg, das würde knapp werden am 31. Mai war der Release Tag ihres Albums, aber er musste es tun. Er durfte sein Baby nicht im Stich lassen wenn es seine Mutter schon tat. „OK, ich werde da sein.“ Nickte er dann und über Lars Gesicht, der bis jetzt still zugehört hatte huschte ein kleines Lächeln. „Also dann, ich habe noch einiges zu erledigen und umzuplanen bis dahin.“ Erhob Richard sich, „ich melde mich bei dir oder Laura.“ Wollte er das Zimmer verlassen als er Mariella blass, aber lächelnd in der Türe erblickte. Auch Lars und David bemerkten sie nun.

 

„Alles....“ begannen Lars und Richard gleichzeitig, doch Mariella unterbrach sie.

 

„Destiny hat Gold!“ fiel sie ihrem Bruder um den Hals.


Kapitel 21

 

Verwundert beobachtete David wie Mariella Richard um den Hals fiel und Lars ihm ebenfalls brüderlich auf die Schulter klopfte. So ganz konnte er das sich ihm bietende Bild nicht einordnen. Wer war Destiny? Und was hatte das mit Richard zu tun?

Zögerlich ging er einen Schritt auf die kleine Gruppe zu, überlegte es sich dann aber doch anders und blieb stehen wo er war.

 

„Ähm wer ist denn Destiny? Und worin Gold?“ sprach er und sein Gesicht war ein einziges Fragezeichen.

 

Doch sie schienen ihn nicht zu hören, sondern beglückwünschten Richard weiterhin zu seinem Erfolg. Erst ein Klingeln an der Türe ließ sie in die Wirklichkeit zurückkehren und Mariella verschwand wieder in der Halle um zu öffnen. Kurz darauf betraten zwei Männer das Wohnzimmer und die Prozedur ging von vorne los. Wieder wurde Richard von einem Arm in den nächsten geschoben, während Lars eine Flasche Champagner öffnete.

David konnte gar nicht so schnell gucken ,wie sich das Wohnzimmer in einen Partyraum verwandelte. Plötzlich lief der Fernseher und von irgendwoher beschallte Rockmusik den Raum. Mariella sah er gar nicht mehr und auch Lars und Richard schienen ihn vergessen zu haben, einer der beiden Typen drückte ihm ein Glas Champagner in die Hand, um kurz darauf heftig mit ihm anzustoßen.

Scheinbar schien mit diesem Anruf eine Spontanparty ausgelöst worden zu sein, immer mehr Leute versammelten sich in dem doch geräumigen Zimmer, so das er sich irgendwann am Rand wiederfand und immer noch keine Antwort auf seine Frage hatte. Im Gegenteil verwirrte ihn das Gesehene immer mehr.

Es musste irgendetwas mit Richard zu tun haben, denn er konnte sich beim besten willen nicht vorstellen, das zu Mariellas und Lars Freundeskreis tätowierte Rocker gehörten. Obwohl sie wirkten nicht deplaziert und schienen sich gut zu Unterhalten. Irgendwer deutete auf den Fernseher und die Musik verstummte, alle Blicke waren nun darauf gerichtet und Lars stellte den Ton wieder an.

David traute seinen Augen nicht, da war Richard im Fernsehen zusammen mit den beiden anderen Typen, war das wirklich ein Musikvideo?

 

 I know the light ain´t always upon me

Sometimes the night takes me inside it

Destiny, destiny

 

Er sah eine Totalaufnahme seines Bruders in einem Ähnlichen Outfit wie er auch jetzt trug, er stand im Halbschatten den Blick fest in die Kamera gerichtet

 

Gimme something I´ve been wanting

Take my feelings to the sky

Gimme something, I´ve been wondering

Give my feelings wings to fly

Destiny, is to be by your side

 

Die Szene änderte sich, die beiden Anderen stießen zu ihm, zogen ihn hinaus auf die belebte Straße, die Sonne schien, Menschen hasteten an ihnen vorbei, während sie zielstrebig auf eine blonde Frau zugingen, die auf einer Bank saß

 

You are the light shining beside me

I need you by all night and all day

Destiny, destiny

 

Richard sah sehnsüchtig zu ihr hinüber, sie schenkte ihm ein Lächeln beachtete ihn aber sonst nicht weiter.

 

Gimme something I´ve been wanting

Take my feelings to the sky

Gimme something, I´ve been wondering

Give my feelings wings to fly

Destiny, is to be by your side

 

Stand er nun wieder im Halbschatten, die anderen Beiden im Hintergrund. Es passierte noch mehr, aber David konnte sich nicht von Richard und dem Ausdruck in seinen Augen losreißen. Die Musik klang aus, der Name der Band und der Titel wurden eingeblendet.

 

JRS – Destiny prangte dort in großen Lettern und endlich fiel auch bei David der Groschen. Dieser Song schien Gold geholt zu haben und somit auch Richard. Dunkel erinnerte er sich an ihre gemeinsame Schulzeit, auch dort hatte Richard immer gerne mit seinen Freunden Musik gemacht, bis Sophie es ihm verboten hatte. Neid kroch in ihm Hoch, sein Bruder hatte sich seinen Kindheitstraum erfüllt und war damit nun auch noch erfolgreich. Erst hatte er die bessere Frau, jetzt ging er in seiner neuen Aufgabe auf. Irgendwie passte das David gar nicht den Kram, doch bevor er irgendwie unüberlegt handeln konnte zog eine Gruppe dreier Typen seine Aufmerksamkeit auf sich. Die kannte er doch auch irgendwoher und so wie sie zum Teil von den anwesenden Gästen angehimmelt wurden mussten auch sie irgendwie bekannt sein. . Immer noch klammerte er sich an sein Glas, so als würde irgendetwas passieren wenn er es abstellen würde. Auf der anderen Seite hatte er gar keine Ahnung wo er es denn abstellen könnte. Alle Tische waren belegt, überall standen frische und benutzte Gläser rum, von irgendwo her waren auch Chipstüten gekommen und anderes Knabberzeug.

Als er noch mit Mariella zusammen gewesen war hätte es so etwas in ihrer Wohnung nie gegeben und er hätte es sich wagen sollen nach einem Männerabend mit Max alles einfach so stehen und liegen zu lassen bevor sie wieder nach Hause kam.

Da musste es dann wieder aussehen wie geleckt. Und nun? Nun verursachte sie selber Quasi dieses Chaos ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Gerade stand sie bei Richard, der sich angeregt mit einem der Drei Typen unterhielt, scheinbar ging es um die Singel oder so, denn Mariella beteiligte sich rege am Gespräch. Wortfetzen wie PR fast fertig und wenn das Album auch so einschlägt drangen zu ihm hinüber. Er umklammerte sein Glas noch fester, trank den letzten Schluck auf Ex und entschied sich das es wohl besser wäre die Party ohne großes Aufsehen und vor allem ohne unüberlegte Handlungen zu verlassen.

 

Richard fühlte sich wie überfahren, erst  Nachricht das ihre Single Gold geholt hatte und nun diese Spontanparty und das alles nach Davids Nachricht das er sein Kind großziehen sollte, weil Lisa es sonst zur Adoption frei gäbe. Es war alles etwas viel auf einmal gewesen und so hatte er auch dem in plötzlichen Massen fließenden Alkohol schon mehr als zugesagt. Immer wieder hatte er versucht einen Blick auf David zu erhaschen, zu sehen wie er diese Nachricht aufnahm. Er hatte vermeiden wollen, das dieser davon erfuhr, vielleicht überlegte er es sich jetzt ja auch wieder anders, wo er wusste was er nun machte. Wenn er wusste das er nicht nur bei Mariella auf dem Sofa saß und Däumchen drehte. Einen Rockstar als Vater würde wohl nicht in Davids Bild eines Führsorgenden Vaters passen.

Doch immer wenn er ihn grade entdeckt hatte kam jemand anders auf ihn zu, wollte ihm gratulieren oder sonst was von ihm. Viele der anwesenden Leute kannte er selber noch nicht wirklich, es waren Freunde von John und Steven. Gerade als ihr Song im TV kam wollte er zu ihm hinüber gehen als sich sein Produzent zu ihm stellte.

 

„ Damit hattet ihr wohl nicht gerechnet das der Song so einschlägt oder?“ fragte er.

 

„ Nein nicht wirklich, also ich zumindest nicht.“ Gab Richard zu und versuchte David weiterhin nicht aus den Augen zu verlieren.

 

„ Ich hab es euch doch gleich gesagt. Ihr habt Talent ihr seid verdammt gut. Ihr müsst nur immer an euch und eure Musik glauben, dann schafft ihr auch noch den ganz großen Durchbruch.“

 

„Nun ja wir glauben ja an uns, ohne geht es nicht. Aber das es sofort so einschlägt, das hätte ich nicht gedacht.“

 

„Das haben wir damals auch nicht gedacht und dann schlug unsere Single ein wie eine Bombe. Damit mussten wir auch erst einmal fertig werden und wenn man es dann realisiert hat, dann ist es doch immer noch so als würde man träumen.“

 

„Mir hat man damals eingeredet Träume wären Schäume und ich habe lange Zeit danach gelebt. Träume waren verboten und ich habe mich daran gehalten.“ Zuckte Richard mit den Schultern und sah Mariella auf sich zukommen.

 

„Mariella,“ begrüßte nun auch sein Produzent seine Schwester, „Wir haben uns auch lange nicht mehr gesehen. Was macht die Presse?“

 

„Hallo Billie, Lars hat mir gesagt, dass ihr auch hier seid.“ Gab sie ihm je einen Kuss rechts und links auf die Wange. „Die Presse steht Kopf, im Positiven Sinne.“ Begannen sie ein Gespräch über die PR-Strategie für das neue Album.

 

Richard klinkte wieder aus dem Gespräch aus, seine Augen suchten den Raum nach seinem Bruder ab. Er entdeckte ihn in der nähe der Türe und musste beobachten wie er versuchte sich aus dem Staub zu machen. Wie in Trance beobachtete er jeden Schritt und kehrte erst wirklich ins jetzt zurück als eine Frage an sein Ohr drang.

 

„Wer ist denn der Typ, der dich immer beobachtet hat und nun versucht ungesehen zu verschwinden?“ drangen Billie Joes Worte an sein Ohr.

 

 

Auch David schien die Frage gehört zu haben, denn er blieb stehen und drehte sich um. 

„Das?“ fragte Richard nach und deutete mit dem Kopf auf ihn, „Das ist mein Halbbruder, der Ex-Verlobte meiner Schwester, der mir die Frau meines Lebens ausgespannt hat und nun mit ihr nicht mehr wirklich klarkommt. Kurz gesagt, der Grund warum ich überhaupt hier stehe!“


Kapitel 22

 

 

Immer noch fühlte er sich von allen Seiten beobachtet wenn er an diese Szene zurück dachte, dabei saß er inzwischen wieder in seinem Büro bei Kerima und niemand ausser Lisa war bei ihm. Sie schien ihm irgendetwas zu erklären, doch er hörte ihr nicht wirklich zu, Dieser Abend war von da an ein einziges Spießrutenlaufen gewesen. Immer wieder hatte man ihn auf Richards Satz angesprochen und wie dieser ihn gemeint hatte. Mariella und Lars waren ihm dabei keine große Hilfe gewesen, sie hatten sich weiter mit ihren Gästen unterhalten, ihn praktisch sich selbst überlassen und Richard war irgendwann verschwunden, dann nach einiger Zeit aber wieder da. Der Abend verlief immer feucht fröhlicher und er hatte immer noch versucht das ganze einzuordnen. Es passte einfach nicht zu Mariella und Lars und doch wirkten sie so als täten sie ihr Leben lang nichts anderes. Irgendwann hatte er es dann doch geschafft halbwegs unbemerkt ins Gästezimmer zu kommen, er hatte die Tür hinter sich verriegelt und sich so wie er war auf das Bett geworfen. Richard hatte also seinen Jugendtraum wahr gemacht und war auch noch erfolgreich. Was wäre wohl aus ihnen geworden, wenn Sophie ihm damals nicht verboten hätte Musik zu studieren? Was wäre gewesen wenn Richard sich nicht immer mit ihm hätte messen müssen und vor allem was wäre gewesen wenn Claus nicht so früh gestorben wäre? Wenn er noch leben würde? Hätten sie sich dann diesem Konkurrenzkampf aussetzten müssen oder hätte er erkannt das sein Sohn so nur unglücklich wurde? Das alles waren Fragen, die ihm seitdem nicht mehr aus dem Kopf gingen, sie beschäftigten ihn bei Kerima, zu Hause, auf Außenterminen, ja sie verfolgten ihn bis in den Schlaf. Er wusste das dies ein Ende haben musste und doch fand er einfach kein Gegenmittel. Der Geburtstermin rückte derweil auch immer näher und die letzten Monate flogen praktisch an ihm vorbei. Doch auch wenn er Interesse an Lisa und ihrem Zustand zeigte, sie schloss ihn aus, war einfach nur froh das sie es bald überstanden hatte und wieder in ihr normales Leben zurückkehren konnte. Er schüttelte darüber schon nicht einmal mehr den Kopf, verstand es nicht und wollte es auch nicht verstehen. Ihr Arzt hatte ihm erklärt das Lisa wohl unter Depressionen litt, diese auf das Kind und ihre gescheiterte Beziehung projizierte und somit ihr Verhalten erklärt, doch so ganz wollte David das nicht glauben. Auf seine Frage wie das dann nach der Geburt sein würde konnte man ihm nämlich keine Antwort geben. Es könne sein das Lisas Depressionen wirklich mit dem Kind und somit mit Richard zusammenhingen oder aber es gab einen anderen Grund und es würde so weiter gehen bis sie sich professionelle Hilfe hole. Kurz seufzte er auf, gelangte somit wieder ins hier und jetzt, er sah auf und blickte direkt in ihre blauen Augen. Morgen würde er sie in die Klinik bringen, übermorgen würde der Kaiserschnitt stattfinden und dann musste er sich entscheiden. Wie sollte es dann weiter gehen? Konnte er so tun als sein nichts gewesen? Lisas Eltern hatten den Kontakt zu ihrer Tochter ziemlich eingeschränkt und sie glaubte tatsächlich, das es damit zu tun hatte das das Kind von Richard war.

Seine eigenen Mutter sprach immer noch kein Wort mit ihr und auch ihr bester Freund Jürgen ließ ihr Verhältnis immer mehr abkühlen, doch sie sah nicht ein das dies an ihrem Verhalten lag. Wie lange würde er es noch an ihrer Seite aushalten?

 

 

Richard setzte die Sonnebrille auf als er hinaus in die Ankunftshalle trat. Nicht nur in den USA hatte ihre erste Single eingeschlagen wie eine Bombe, auch in Europa war sie fast überall von 0 auf 1 geschossen und nun warteten alle sehnsüchtig auf das Album. Deswegen hatte er nicht wie geplant von Boston nach Berlin fliegen können, sondern war mit  John und Steven schon drei Tage früher nach München aufgebrochen um Interviews für diverse Sendungen zu geben. Etwas, das ihm zwar nicht  behagte, er aber nicht ändern konnte. Immerhin war Mariella dabei gewesen und somit waren allen fragen die seine Vergangenheit betrafen einen Riegel vorgeschoben worden. Auch wenn Spekulationen aufkamen, er war R nicht Richard von Brahmberg.

Laura erwartete ihn schon, sie hatte es sich nicht nehmen lassen ihn in der Villa einzuquatieren. Friedrich war nicht da, David hatte ihn wieder bei Kerima eingespannt und ihn für diese Woche auf Geschäftsreise geschickt, da er Lisa nur ungern allein lassen wollte und Friedrich hatte nicht lange gefackelt. Zwischen ihm und Laura herrschte eh Funkstille. Schnell kam sie nun auf ihn zu, nahm ihn in den Arm und für einen Moment wackelte seine Selbstbeherrschung. Tränen bildeten sich in seinen Augen, warum nur konnte ihn niemand wirklich lieben? Warum musste er immer für einen großen Teil der böse sein? Er war froh die Sonnenbrille aufgesetzt zu haben, aus den Augenwinkeln sah er wie eine Gruppe junger Mädchen immer wieder auf ihn deutete, er schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter. Wechselte in Sekunden schnelle wieder in den unnahbaren Rockstar und ließ sich von Laura nach draußen führen. Je weniger Leute ihn erkennen würden umso besser, hier war die Gefahr einfach zu groß als Richard von Brahmberg erkannt zu werden.

 

„Bist du sehr Müde?“ fragte Laura dann als sie im Auto saßen, „Oder sollen wir erst etwas essen gehen?“

 

„Danke Laura es geht schon,“ wiegelte er ab, auch wenn er die letzte Nacht fast nicht geschlafen hatte, „ aber essen gehen muss auch nicht sein.“

 

„Verstehe,“ nickte sie, „Ich hatte auch nicht ans Wolfhardts gedacht, eher privat. Es gibt einige die sich freuen dich noch mal wieder zu sehen.“

 

„Das wage ich zu bezweifeln,“ zuckte er mit den Schultern.

 

„Du wirst schon sehen Richard,“ legte sie kurz ihre Hand auf seinen Oberschenkel, „ Nicht alle glauben Lisa oder stehen hinter ihr, im Gegenteil. Und wir sind unheimlich stolz auf dich, das du dich um das Kleine kümmern willst, trotz deiner Karriere.“

 

„Blieb mir eine andere Wahl?“ seufzte er, „Es ist mein Kind und ich kann doch nicht zulassen das sie es einfach weggibt. Wir...wir haben uns doch damals so sehr ein Kind gewünscht und dann...dann....“ brach er ab.

 

„Ist schon gut, wir verstehen dich,“ lenkte Laura den Wagen in die Auffahrt der Villa Seidel, „Na komm, grübeln bringt uns allen nur graue Haare.“ Öffnete sie die Fahrertüre und stieg aus.

 

„Warum redest du eigentlich immer in der Mehrzahl? Ich meine ich bin froh das du mir glaubst, aber wer denn noch?“

 

„Das wirst du gleich sehen, komm den Koffer holen wir später aus dem Wagen.“ Zog sie ihn mit sich, öffnete die Türe und schob ihn dann bestimmt in den Salon.

 

 

„ÜBERRASCHUNG!!!!!!!!!!!!!!!“ tönte es ihm entgegen und nun konnte er die Tränen nicht mehr zurück halten. Es waren nicht viele Personen anwesend, aber er hätte nicht gedacht das ausgerechnet sie ihn so empfangen würden.

Agnes, Bernd, Jürgen und Rokko standen mitten im Raum und grinsten ihn an, Agnes hielt eine Torte in der Hand, die Anderen hielten Plakate mit dem Cover seiner Single hoch.

 

„Willkommen zu Hause,“ flüsterte Laura ihm zu und nahm ihn erneut in die Arme.

 

„Na da kannst du ja froh sein das hier keine Paparazzi lauern, so wird das nix mit dem Rockstarimage.“ War Jürgen als erster bei ihm und klatschte ihm freundschaftlich auf die Schulter.

 

„Mensch Jürgen, nun lass den Jung doch erst einmal rein kommen.“ Mischte sich da auch schon Bernd ein, der ihn von Jürgen weg zu einem Stehtisch lotste, auf dem Agens inzwischen die Torte abgestellt hatte.

 

„Danke,“ brachte er dann endlich über die Lippen, „Danke, ich...also ich hätte nicht gedacht...“

 

„Wer denkt denn auch schon?“ unterbrach Rokko ihn, „Und nun fang dich mal wieder immerhin hast du ein Image zu pflegen.“ Ließ er seinen Blick einmal an Richard rauf und runter gleiten, „Wenn deine Mutter dich in diesem Aufzug sehen könnte, die würde vor Schreck wohl aus ihren Manolos kippen.“

 

„Welche Mutter?“ fragte Richard jedoch nur zurück und entledigte sich seiner Lederjacke, „Und außerdem würde sie nicht nur aus ihren viel zu teuren Schuhen kippen, wahrscheinlich würde sie eher einen Herzinfarkt bekommen.“ Nahm er dankend das Glas Champagner an, das Jürgen ihm reichte, wodurch die anderen nun auch sein Tätowierung  sehen konnten.

 

„Na dann, auf den großen und den kleenen Rockstar.“ Hob nun auch Bernd sein Glas, Agnes kam um den Tisch, nahm ihn kurz in den Arm, stieß dann ebenfalls mit ihm an und Richard wusste das er auch in Berlin noch eine Heimat hatte.

 

Kapitel 23

 

 

 

Die Tage in Berlin taten ihm sichtlich gut, er schaffte es sich zu entspannen, genoss die Fürsorge von Laura und Bernd, die ihm versuchten die Mutter und vor allem den Vater zu ersetzen. Traf sich in der Villa mit Jürgen und Rokko und konnte so wenigstens eine Zeitlang verdrängen was geschehen war. Der Kontakt zu David hielt sich in Grenzen, zwar wollte dieser sich ebenfalls mit ihm treffen, doch Richard lehnte ab. Wenn David nicht gewesen wäre, dann wäre er vielleicht noch glücklich mit Lisa und sie würden sich gemeinsam auf ihr Kind freuen. Überhaupt sein Kind. Morgen sollte es soweit sein, morgen sollte er es das erste Mal in den Arm nehmen können, morgen würde sich sein Leben erneut ändern. Er hatte noch keine Ahnung wie er das alles unter einen Hut bekommen sollte. Seine Karriere, sein Kind, sein Leben. Es würde eine Menge Verantwortung auf ihn zukommen, er musste für das kleine Wesen da sein und zum ersten Mal schlichen sich Zweifel in seine Gedanken. Wie sollte er das alles schaffen? Gerade jetzt wo das Album herauskommen würde, wo die USA Tour anstand und nicht nur das. Auch in Europa waren sie gefragt, bekamen Einladungen zu TV-Shows und Musik Events. Würde er das mit einem Baby überhaupt noch realisieren können? Er konnte es doch nicht einfach mitnehmen, das würde nicht gehen, aber zu hause bleiben konnte er auch nicht. Nicht wenn er seinen Traum wirklich ganz verwirklichen wollte. Das gerade war das Leben was er sich immer erträumt hatte, musste er ihn jetzt endgültig begraben, wo er doch gerade Wirklichkeit geworden war? Würde er das überhaupt können? Oder würde er einfach weiter machen wie vorher? Konnte er vielleicht wieder zurück in sein altes Leben? Das des kühlen Geschäftsmannes, irgendwo in einer Firma in den USA? Wo sollte er überhaupt mit dem Kleinen wohnen? Ewig konnte er nicht bei seiner Schwester bleiben, Mariella hatte doch auch Familie und sie wünschte sich mit Lars ein Kind. Da würde er doch dann nur stören. Er wusste das Mariella irgendwann eine gute Mutter sein würde, aber würde er seinem Kind ein guter Vater sein? Würde es ihn vielleicht hassen, weil er der Grund war das seine Mutter es nicht wollte?

Seine Gedanken begannen sich im Kreis zu drehen und immer wieder landeten sie bei Lisa, ein Blick auf die Uhr verriet ihm das es spät war, das er sich hinlegen sollte, aber er konnte nicht. Da war diese Innere Unruhe, diese Nervosität die er nicht kannte und vor allem diese ganzen Gedanken, die er nicht mehr ordnen, nicht mehr verdrängen konnte.

Zielstrebig griff er nach dem Block auf dem kleinen Tisch, vielleicht half es seine Gedanken aufzuschreiben, sie in greifbare Worte zu fassen. Wie von selbst setzte der Kugelschreiber auf dem Papier auf und die ersten Worte flossen nur so hinauf.

 

 Alone in this house again tonight
I got the TV on, the sound turned down and a bottle of wine
There's pictures of you and I on the walls around me
The way that it was and could have been surrounds me
I'll never get over you walkin' away

 

Er erinnerte sich an seine zeit mit Lisa, was sie ihm bedeutet hatte und was nun daraus geworden war. Was aus ihm geworden war, wegen ihr. Er spürte den gleichen Schmerz wie damals, sein Blick schweifte ruhelos durch den Raum, blieb an der Flasche Whiskey auf dem Sideboard stehen. Konnte er es riskieren? Nein heute nicht, aber morgen vielleicht. Er sah wieder hinab auf das Blatt Papier, er hatte Blind geschrieben, seine Emotionen und Gedanken in weitere Worte gepackt ohne sie auszusprechen.

 

 I've never been the kind to ever let my feelings show
And I thought that bein' strong meant never losin' your self-control
But I'm just drunk enough to let go of my pain
To hell with my pride, let it fall like rain
From my eyes
Tonight I wanna cry

 

Ein dicker Kloß bildete sich in seinem Hals, würde er diese Worte je aussprechen können? Wie von selbst fiel die erste Träne auf das Blatt, neben seine Worte, dann noch eine und noch eine.

 

 Tonight I wanna cry

 

Nur noch heute, nur noch diese eine Nacht, danach musste er stark sein. Sich um sein Kind kümmern, heute konnte er sich noch einmal diese Schwäche erlauben.

 

 Tonight I wanna cry

 

 

 

Nervös zog David sich um, Lisa wollte nicht das er mit in den OP kam, aber er wollte dabei sein. Er hätte dieses Kind wie sein eigenes angenommen wenn sie nur gewollt hätte und irgendwie fühlte er sich dem Kleinen gegenüber schuldig. Seine Mutter hatte auf eine Vollnarkose bestanden, wollte nichts von seiner Geburt mitkriegen. Was war das denn dann für ein Start ins Leben? Wenn niemand da war, der sich um einen sorgte, dem man nicht egal war? Zuerst hatte er Richard fragen wollen, ob dieser nicht bei der Geburt dabei sein wollte, diese Idee dann aber nach einem Telefonat mit Mariella verworfen. Zwar sprach diese immer noch nur das allernötigste mit ihm, aber hier ging es um ihre Nichte oder ihren Neffen und vor allem um ihren Bruder. Nochmals hatte sie ihm klar gemacht, das er froh sein könne das Richard sich kümmern würde und das er für Lisa verantwortlich sei und nicht ihr Bruder. Auch die Erwähnung der Vollnarkose brachte Mariella nicht von ihrem Standpunkt ab, zwar gab sie ihm keine genaue Begründung für das warum, aber er akzeptierte ihre Meinung. Wenn sie er für besser hielt das er nicht im OP war, dann war das wohl auch so.

Zögernd folgte er schließlich der Schwester und setzte sich an dem ihm zugewiesenen Platz an Lisas Kopf, sie war schon narkotisiert, es sah aus als würde sie einfach nur schlafen. Kurz lugte er über das grüne Tuch, das zwischen ihrem Bauch und ihrem Oberkörper gespannt war. Der Arzt nickte ihm kurz zu, dann begann er damit Lisas Kind auf die Welt zu helfen.

Die eigentliche OP bekam er dann gar nicht mit, er konzentrierte sich voll auf Lisa und beobachtete angespannt die Monitore. Er war gegen die Vollnarkose gewesen, sie barg nun einmal Risiken und er war der Meinung das man die nicht einfach so eingehen sollte. Egal ob Routineeingriff oder nicht. Solange es eine andere Möglichkeit gab, würde er sie nehmen. Lisa hatte sich jedoch nicht davon abbringen lassen und vielleicht war es wirklich besser so. Sie hatte das ungeborenen Wesen in ihrem Bauch immer wieder angeschieen, weiterhin Kaffee in normalem Maße getrunken, genauso wie sie nicht auf das Glas Wein beim Essen oder dem Champagner auf Empfängen verzichtet hatte. Nein es war besser das sie nun schlief, wer weiß was sie sonst von sich gegeben hätte.

Ein Schrei riss ihn aus seinen Gedanken und wie von selbst sprang er auf.

 

„Herzlichen Glückwunsch zum Neffen,“ sah der Arzt ihn auffordernd an. David wusste nicht was er jetzt von ihm wollte. Er sah wie die Hebamme den Säugling abnabelte und dann mit ihm zu ihm kam.

 

„Kommen Sie Herr Seidel,“ forderte sie ihn dann auf, „ Bringen wir den jungen Mann zum Kinderarzt und dann hoffentlich zu seinem Vater.“

 

 

Richard saß zusammen mit Laura vor der Säuglingsstation und wartete. Warum dauerte das so lange? War etwas mit seinem Kind? Gab es irgendwelche Komplikationen bei dem Kleinen? All seine Gedanken waren darauf fixiert, das eventuell etwas mit Lisa sein könnte daran dachte er gar nicht. Endlich trat eine Schwester auf sie zu, bat sie ihr zur folgen. Sie führte sie in einen kleinen Raum und dort war es. Sein Baby, friedlich lag es in seinem Bettchen und schlief. Ein Arzt trat auf ihn zu, wieder kroch diese Angst in ihm hoch.

 

„Herzlichen Glückwunsch,“ lächelte er ihn an, „Ihr Sohn ist Kerngesund und schon ein fittes Kerlchen. Er wiegt 3268 Gramm bei einer Länge von 48 cm. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen wenn sie ihn heute schon mit nach Hause nehmen. Haben sie denn alles Vorbereitet?“

 

„Haben wir,“ antwortete Laura an Richards Stelle, dieser war noch ein Stück näher an das Bettchen getreten und betrachtete seinen Sohn liebevoll.

 

„Gut, dann würde ich sagen lassen wir den jungen Mann noch ein wenig akklimatisieren und in 3 Stunden können sie ihn dann mitnehmen.“ Ging sein Blick wieder zu Richard, der nun in einem der Sessel saß und von der Schwester den Kleinen in den Arm gelegt bekommen hatte, „Wie soll er denn heißen?“

 

„Adrian,“ flüsterte Richard, „Adrian Balthazar von Brahmberg.“

 

Kapitel 24

 

Richard konnte sich gar nicht an seinem schlafenden Sohn satt sehen, immer wieder strich er im zärtlich über die kleine Wange, die kleinen Finger. Dies war die letzte gemeinsame Nacht für 4 Wochen. Morgen würde er zurück in die USA fliegen, ohne Adrian. Die Veröffentlichung des Albums stand an und er hatte ein mehr als volles Programm. Zuerst hatte er versucht das alles noch zu verschieben, nur um zwei Wochen, aber das ging nicht. Es war alles schon groß angekündigt und es jetzt zu verschieben war nicht ratsam. Sie mussten den Erfolg der Single nutzen, das Album promoten und die zweite Auskopplung direkt hinterher schieben. So lief das nun mal, das war normal und er konnte nicht mal eben die Spielregeln ändern. Mariella und Billie hatten ihm das eindeutig klar gemacht und ehe er sich versehen würde wären die vier Wochen rum. Doch so ganz konnte er das nicht glauben, das würden die längsten Wochen seines Lebens werden. Er würde so viel verpassen, dabei war Adrian das einzigste für ihn und er war doch auch das einzigsten für den kleinen. Er war doch sein Vater, alles was er noch hatte und nun musste er ihn alleine lassen. Ob er ihm das je verzeihen würde? Er wusste das diese Gedanken abwegig waren, immerhin war Mariella gestern gekommen, sie würde sich zusammen mit Laura um den Kleinen kümmern und dann mit ihm nach Boston kommen. Adrian war in guten Händen, das wusste er und doch fühlte er sich schuldig. Vorsichtig nahm er ihn aus seinem Bettchen, legte sich mit ihm zusammen in das große Bett seines Zimmers in der Villa, hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. Dann schloss auch er endlich die Augen um noch ein wenig Schlaf zu finden.

 

 

Mariella und Laura saßen noch zusammen in der Halle auf dem Sofa und tranken eine Tasse Tee. Beide hatten sie beobachtet wie liebevoll Richard mit Adrian umging, wie er sich sorgte, wie er alles verschieben, ja sogar abblasen wollte nur um für ihn da zu sein. Es hatte sie einiges an Überzeugungskraft gebraucht um ihn davon abzuhalten, auch wenn sie ihn nur zu gut verstehen konnten. Adrian war das einzigste neben seiner Musik was ihn im Moment am Leben hielt. Mariella hatte von seinen Alkoholexzessen auf verschiedenen Partys berichtet und darüber das sie sich immer noch Sorgen um ihren großen Bruder machen würde. Sie setzte ihre ganze Hoffnung in Adrian und Vater und Sohn nun wieder zu trennen, wenn auch nur auf Zeit, brach auch ihr das Herz, aber es ging nun einmal nicht anders und in einem Monat war der Spuk erst einmal vorbei und Richard konnte zu Hause in dem kleinen Tonstudio arbeiten. Da würde er auch genug Zeit für Adrian haben. Zwar stand auch noch eine Tour ins Haus, doch sie wollten erst einmal den Erfolg des Albums abwarten und dann planen ob sie sofort als Headliner gehen würden oder als Vorgruppe und erst wenn das entschieden war konnten sie sich Gedanken um das drum herum machen. Mariella sah kein Problem darin den Kleinen im Moment mit zu nehmen, sie wollte eh dabei sein, würde sich kümmern können und so musste sich Richard nicht schon wieder trennen.

 

„Hast du mit ihm denn schon einmal über ein Kindermädchen gesprochen?“ fragte Laura dann.

 

„Ja habe ich,“ entfuhr Mariella ein Seufzer, „Er lehnt das total ab, will sein Kind nicht abschieben. Dabei meinen wir das doch gar nicht so, aber auf der anderen Seite kann ich ihn auch verstehen, nachdem was Lisa ihm angetan hat. Jetzt hat er die Chance wenigstens seinen Sohn großzuziehen, für ihn da zu sein und ich denke er hat einfach nur Angst das Lisa ihm Adrian doch wieder wegnehmen könnte wenn sie irgendwie erfährt das er kein guter Vater ist.“

 

„Sie wird gar nicht wissen das Adrian bei ihm ist, sie wird ja noch nicht einmal wissen wie er heißt.“

 

„Meinst du David hält das durch?“ zog Mariella eine Augenbraue nach oben, „ Ich kann ihn einfach nicht mehr einschätzen, zuerst demütigt er ihn so und dann kommt er angekrochen. Mich würde es nicht wundern wenn er ihr irgendwann alles beichtet und sie dann bei uns vor der Türe steht und ihr Kind verlangt.“

 

„Dieses Szenario will ich mal nicht herbeischreien, aber du hast Recht. David ist ein Risikofaktor.“

 

„Eben und wenn er sehen würde das es Adrian bei Richard trotz Karriere an nichts fehlt dann wäre das besser. Dann hätten wir auch was in der Hand wenn sie auf Sorgerecht klagen sollten.“

 

„Das will ich ihnen aber nicht Raten,“ verfinsterte sich nun Lauras Miene, „ Sie haben schon genug schaden angerichtet, alle beide.“

 

„Nun ja Lars hätte da schon jemanden an der Hand. Seine Cousine hat ihr Architekturstudium geschmissen und sie hat bei ihm schon angefragt ob er nicht was für sie wüsste. Sie könnte mir bei der PR helfen, in meiner Agentur und sie könnte sich um Adrian kümmern wenn Richard keine zeit hat.“

 

„Aber das wäre doch die Ideale Lösung und noch dazu nicht wirklich eine Fremde Person.“

 

„Ja das wäre es. Caren wird in vier Wochen mit mir nach Boston fliegen und dann werden wir alle noch mal mit Richard reden. Wer weiß vielleicht sieht er ja ein das, das die beste Lösung wäre.“

 

„Das wird er bestimmt,“ unterdrückte Laura ein Gähnen, „Komm Mariella, lass uns zu Bett gehen, einfach nur grübeln bringt nichts und ab morgen kann ich meinen Enkel für einen Monat verwöhnen.“

 

„Verwöhn ihn nicht zu sehr, denn ich bin diejenige, die das dann vor Richard verantworten muss.“ Lachte Mariella, stand auf und ging ebenfalls in den Gästetrakt.

 

 

Früh erwachte Richard wieder, Adrian hatte in der Nacht zweimal nach der Flasche verlangt und eigentlich fühlte er sich wie gerädert und doch konnte er nun nicht mehr Schlafen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, das er noch eine Stunde mit Ruhe liegen bleiben konnte, doch alles in ihm war in Aufruhr. Er nahm Adrian hoch legte ihn wieder in sein Bettchen und huschte schnell in das angrenzende Badezimmer, die Türe ließ er offen, er wollte hören wenn sein Sohn ihn brauchte. Er duschte schnell, zog sich an, rasierte sich nur notdürftig und war keine halbe Stunde nachdem er aufgestanden war fix und fertig angezogen. Sein Blick fiel auf den Block mit dem Angefangenen Song, sollte er ihn zuende bringen? Würde er ihn je spielen? Konnte er diese Worte, die dort bis jetzt standen überhaupt über die Lippen bringen? Sein Blick glitt zu seinem schlafenden Sohn, irgendwann würde er nach seiner Mutter fragen, irgendwann würde er die Wahrheit wissen wollen. War es dann nicht besser wenn er seine Gefühle, seinen Schmerz jetzt verarbeitete? Ihn aufschrieb?

Wie von selbst griff er nach dem Kuli, vielleicht würde Adrian so einmal besser verstehen können.

 

Would it help if I turned a sad song on
"All By Myself" would sure hit me hard now that you're gone
Or maybe unfold some old yellow lost love letters
It's gonna hurt bad before it gets better
But I'll never get over you by hidin' this way


 

Noch einmal las er sich den Text durch, blieben seine Augen an einer Stelle hängen.

 

 Tonight I wanna cry

 

Diese Nacht würde er wieder weinen, aber diesmal weil er Adrian zurück gelassen hatte und er sich deswegen schuldig fühlte.

Er nahm den kleinen wieder Hoch, zog ihn vorsichtig an und ging dann mit ihm hinunter in den Salon. Laura war schon wach und angezogen, sie sah erstaunt auf als sie die beiden erblickte und lächelte dann.

 

„Guten Morgen ihr zwei, Kaffee?“

 

„Einen bitte,“ grinste Richard, setzte sich mit Adrian auf das Sofa und betrachtete ihn einfach nur. Dieses kleine Wesen hatte innerhalb von noch nicht einmal 5 Tagen sein Leben auf den Kopf gestellt. Er sah erst wieder auf als Laura die Tasse vor ihm abstellte. „Danke.“

 

Laura nickte nur und setzte sich neben ihn, „Mariella müsste auch gleich runter kommen,“ sagte sie dann.

 

„Ich weiß,“ antwortete Richard ohne die Augen von seinem Sohn zu nehmen, „ Aber am liebsten würde ich hier bleiben.“

 

„Das kann ich verstehen, es ist immer schwer seine Kinder alleine zu lassen. Aber so ist es das beste und du wirst sehen, die 4 Wochen werden so schnell vergehen.“

 

„Ja, aber ich werde so viel verpassen.“

 

„So viel nun auch wieder nicht. Er wird ein wenig größer sein und schwerer wenn Mariella mit ihm nach Boston kommt, aber sonst wird sich nicht viel ändern. Wenn du Glück hast dann hat er schon einen richtig festen Rhythmus.“

 

„Und was ist wenn er sich einsam fühlt? Er hat doch nur noch mich.“

 

„Nein Richard, er hat nicht nur noch dich. Er hat uns, Mariella, Bernd, Jürgen, Rokko, Agnes und mich. Er wird sich nicht einsam fühlen.“

 

„Und wenn er mich nicht mehr erkennt nach dem Monat?“

 

„Er wird dich wieder erkennen, du bist seine Bezugsperson Richard und er ist noch so klein, er wird das gar nicht richtig mitbekommen.“

 

„Ich hoffe es, ich fühle mich so schlecht Laura. Ich bin ein schlechter Vater.“

 

„Nein das bist du nicht Richard! Du bist ein alleinerziehender Vater, der arbeiten muss, aber du bist kein schlechter Vater. Du bist der beste Vater, den sich Adrian wünschen kann.“ Nahm sie ihn in den Arm.

 

„Wirklich nicht?“

 

„Wirklich nicht. Du konntest nicht wissen das Lisa ihn zur Adoption freigeben wollte, deine Termine standen schon so lange und du hast hart dafür gekämpft. Die Situation ist so wie sie ist und wir alle werden das beste daraus machen.“

 

„Danke,“ lehnte er seinen Kopf an ihre Halsbeuge, „Ich wüsste nicht was ich ohne euch machen würde.“

 

„Dafür musst du uns nicht danken Richard,“ hörten sie nun Mariellas Stimme hinter ihnen. Richard löste sich von Laura, er wusste das es nun Zeit war aufzubrechen. Er drückte Adrian noch einmal an sich, sog seinen Babyduft auf, küsste ihn zart auf die Stirn und gab ihn dann an Laura weiter.

 

„Passt mir gut auf ihn auf.“ Flüsterte er mit Tränen in den Augen, ließ die kleine Hand los und wandte sich zum gehen. Wenn er es nun länger hinauszögern würde, dann würde er alles noch über den Haufen schmeißen und das konnte er John und Steven nicht antun. Es war auch ihr Erfolg, nicht nur seiner und ewig konnte und wolle er Mariella und Lars nicht zur Last fallen. Er musste für sich und Adrian sorgen können, allein.


Kapitel 25

 

 

„Schläft er?“ hob Richard den Kopf und sah fragend zu der Person, die gerade sein Badezimmer betrat.

 

„Ja, er wollte nur noch etwas trinken.“ Antwortete eine ruhige Stimme, die Person ließ den Bademantel fallen. Er verfolgte jede Bewegung, sah wie sie zu ihm in die Wanne kletterte, „Wo waren wir stehen geblieben?“

 

„Wir wollten entspannen.“ Wurde seine Stimme rau, er schloss die Augen als er ihre warmen Hände auf seinem Rücken, an seinem Nacken spürte.

 

„Genau, entspann dich. Du hattest einen harten Tag.“ Flüsterte sie in sein Ohr und er ließ sich treiben.

 

 

2 Jahre waren nun seit Adrians Geburt vergangen und er hätte nie zu träumen gewagt das sie so problemlos, so harmonisch verlaufen würden. Vor 4 Wochen waren sie Umgezogen, alle zusammen, an die Westküste nach Oakland in die nähe von San Fransisco. Er hatte nun sein eigenes Haus, doch Mariella und Lars lebten nur zwei Straßen weiter und dann war da ja auch noch Caren.

Als Mariella damals mit ihr aus dem Flieger stieg und sie mit nach Boston brachte hätte er seine Schwester am liebsten eine geknallt. Er hatte sich klar und deutlich gegen ein Kindermädchen ausgesprochen, doch Caren hatte es geschafft sich in sein Herz und in das von Adrian zu schleichen. Er hatte gedacht nie wieder lieben zu können, doch sie hatte ihm das Gegenteil bewiesen, auch wenn es nicht so wie mit Lisa war. Wenn Caren nicht seine große Liebe war, sie gab ihm Halt, sie war für ihn da und er versuchte ihr soviel an Liebe zurück zu geben wie er nur konnte. Niemals hätte er es für möglich gehalten das dies wirklich für eine Dauerhafte Beziehung reichen könnte, hatte sich am Anfang sehr zurückgehalten, doch schnell hatte er gemerkt das er sich ganz oder gar nicht auf sie Einlassen durfte, allein schon Adrian zuliebe, der Caren wie eine Mutter liebte. Was hatte er da noch für eine Wahl gehabt? Und nun? Nun saßen sie zusammen in der riesigen Wanne, sie hatte den Whirlpool eingeschaltet und massierte seinen verspannten Nacken und das wo er sich doch eigentlich um sie kümmern sollte. Die Arbeit an dem neuen Album ließ ihn die meiste Zeit des Tages im Studio verbringen, Adrian nahm er öfter schon mal mit, damit er ihn nicht zu sehr vernachlässigte, aber Caren? Sie sah er nur Abends, meist spät Abends wenn Adrian schon im Bett lag und dann war er selber schon so KO das er fast im stehen einschlief. So ging das nicht, es war schon nicht fair, das er sie nicht von ganzen Herzen lieben konnte weil Lisa es immer noch besetzt hielt, weswegen er heute die anderen dazu angetrieben hatte das Tagespensum schneller abzuarbeiten, damit er einmal früher nach Hause kam, auch wenn dieser Status nur noch ein bis zwei Wochen andauern würde. Er wollte sie nicht so vernachlässigen, nicht in ihrem Zustand.

Er schnurrte, öffnete die Augen wieder und entwand sich ihren Händen, zog sie zu sich nach vorne und legte seine Hände auf ihren deutlich gewölbten Bauch. Noch einen Monat dann war es soweit, dann würde er sein zweites Kind in die Arme nehmen können.

Noch so eine Tatsache, die er nie für möglich gehalten hätte.

 

„Morgen nehme ich mir frei,“ nuschelte er an ihrem Hals und begann kleine Küsse auf ihn zu Hauchen.

 

„Nein das wirst du nicht tun,“ erwiderte sie ernst, „ Du wirst das Programm jetzt durchziehen, ich möchte dich nämlich nicht aus dem Studio hohlen wenn es soweit ist.“

 

„Bis dahin sind wir fertig.“

 

„Kinder, vor allem Babys halten sich nicht immer an Termine.“

 

„Wieso?“ fuhr er erschrocken hoch, „ Hast du schon wehen?“ tatstete seine Hände über ihren Bauch.

 

„Nein, aber es liegt schon richtig und ziemlich tief. Niemand kann dir eine Garantie geben, das es nicht vielleicht schon in 2 oder 3 Wochen zu uns will.“

 

„Aber das ist doch zu früh.“ Hörte man immer noch den schreck in seiner Stimme.

 

„Nein, das ist normal.“ Drehte sie sich zu ihm um und gab ihm einen Kuss, „Adrian kam doch auch 3 Wochen vor dem errechneten Termin und er war Kerngesund.“

 

„Das war ein geplanter Kaiserschnitt!“ verdunkelte sich seine Miene als er sich an Adrians Geburt erinnerte, daran wie David ihm die Nachricht überbrachte Lisa wolle seinen Sohn zur Adoption freigeben. Lisa! Da war sie wieder, in seinen Gedanken, vor seinem inneren Auge und in seinem Herzen.

 

„Ich wollte damit nur sagen, das es normal wäre wenn unser Baby früher zu uns möchte.“ Antwortete Caren, doch sie sah das er wieder einmal mit den Gedanken woanders war. Sie wusste das Adrians Mutter immer noch durch seinen Kopf geisterte und sie wusste auch das wenn er so Abwesend war sie nicht mehr an ihn herankommen würde. Traurig hauchte sie ihm noch einen Kuss auf den Mund dann stieg sie aus der Wanne, wickelte sich wieder in den Bademantel und ging ins angrenzende Schlafzimmer um sich anzuziehen.

 

 

Mariella saß noch auf dem Sofa in ihrem neuen Haus, Lars war schon zu Bett gegangen, doch sie konnte einfach noch nicht schlafen. Sie freute sich so sehr für Richard, das er in Caren endlich wieder eine Liebe gefunden hatte und doch war da immer noch dieses ungute Gefühl. Sie konnte es nicht beschreiben, aber ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass Richard Lisa nie vergessen würde, das sie immer in seinem Kopf und vor allem in seinem Herzen bleiben würde und somit nie genug Platz für jemand anderen war. Sie griff nach den Papieren auf dem Tisch, es waren die neuen Songs, die JRS gerade aufnahmen. Einer davon war schon als Single veröffentlicht. Wieder einmal las sie sich die Texte durch und das Gefühl wurde stärker. Die neue Single, so gut sie auch war und so erfolgreich, sie machte ihr Angst. Immer wieder las sie die Zeilen durch.

 

 I have to block out thoughts of you, so I don't lose my head
They crawl in like a cockroach leaving babies in my bed
Dropping little reels of tape to remind me that I'm alone
Playing movies in my head that make a porno feel like home
There's a burning in my pride, a nervous bleeding in my brain
An ounce of peace is all I want for you, Will you never call again?
And will you never say that you love me just to put it in my face
And will you never try to reach me, it is I that wanted space

 

 

 

 

Hate me today
Hate me tomorrow
Hate me for all the things I didn't do for you
Hate me in ways, yeah ways hard to swallow
Hate me so you can finally see what’s good for you

 

 

I'm sober now for 3 whole months, it's one accomplishment that you helped me with.
The one thing that always tore us apart is the one thing that I won't touch again.
In my sick way I want to thank you for holding my head up late at night
While I was busy waging wars on myself, you were trying to stop the fight
You never doubted my warped opinions on things like suicidal hate
You made me compliment myself when it was way too hard to take
So I'll drive so fucking far away that I'll never cross your mind
And do whatever it takes in your heart to leave me behind

 

 

Hate me today
Hate me tomorrow
Hate me for all the things I didn't do for you
Hate me in ways, yeah ways hard to swallow
Hate me so you can finally see what’s good for you

 

 

And with a sad heart I say bye to you and wave
Kicking shadows on the street for every mistake that I have made
And like a baby boy I never was a man
Until I saw your blue eyes cry and I held your face in my hand
And then I fell down yelling "Make it go away!"
Just make her smile come back and shine just like it used to be
And then she whispered "How can you do this to me?"

 

 

Hate me today
Hate me tomorrow
Hate me for all the things I didn't do for you
Hate me in ways, yeah ways hard to swallow
Hate me so you can finally see what’s good for you
...for you
...for you
...for you

 

 

Sie wusste nicht wen Richard meinte, meinte er Lisa oder meinte er Caren. Wer sollte ihn hassen? Lisa tat es ja nun schon, blieb nur noch Caren, aber sie war doch auch sein einziger Halt neben Adrian und ihr selber. Für Mariella war das alles nur ein hin und her, ein Gemisch aus Lisa und Caren und das machte ihr Angst.

Er würde doch bald zum zweiten Mal Vater werden und diesmal würde es eine natürliche Geburt werden. Er würde dabei sein, Caren unterstützen, helfen und schließlich das tun was alle jungen Väter tun. Er würde sein Baby abnabeln, es waschen und anziehen und vom ersten Schrei an eine Bindung aufbauen. Anders als bei Adrian, aber genauso intensiv und genauso liebevoll.

Doch auch Mariella blieb nicht verborgen das es in der jungen Beziehung kriselte. Caren würde gerne Heiraten, Richard nicht, dann waren da immer noch seine Alkoholexzesse und von den Drogen konnte er immer noch nicht die Finger lassen. Dazu seine neuestes Tätowierung. „FOREVER YOUR`S“ stand nun auf seinem linken Unterarm, wieder ein Songtitel aus dem neuen Album und ein Lied das eindeutig an Lisa gerichtet war. Überhaupt fiel ihr auf, das die meisten Songs, die er seit Adrians Geburt geschrieben hatte eine tiefere Bedeutung hatten, das sie sich oft um Lisa drehten oder um Caren, aber Lisa dominierte.

Eigentlich gab es nur einen wirklichen Song, der eine einzige Liebeserklärung an Caren war, doch dieser würde nicht auf dem Album erscheinen. Er würde wenn es gut lief auf einer Limited Edition erscheinen, aber sonst nirgendwo. Richard hatte sich auch noch nicht entschieden ob er ihn je live spielen würde, er war der Meinung das er nicht das potential dazu hätte und Mariella wusste das Caren das verletzt hatte. Sie konnte nur hoffen das die beiden sich irgendwie zusammenraufen würden. Sie wusste das Richard Gefühle für Caren hatte, sie wusste auch das die beiden ein glückliches Paar sein könnten wenn ihr Bruder es zulassen würde. Dieser eine Song war der Beweis dafür, doch die Worte, die er auf Papier gebracht hatte, hatte er ihr nie so gesagt und Mariella war sich sicher das er sie ihr nie so sagen würde. Eine Tatsache, die sie bekräftigte ihn zu überzeugen diesen Song auf jeden Fall in das Live Programm mit aufzunehmen. Caren würde es verstehen und sie wusste das Richard sich damit schwer tat seine Gefühle auszusprechen, das er sie lieber in Songs verarbeitete.

Mariella unterdrückte ein Gähnen, legte die Papiere wieder auf den Tisch und machte sich auf den Weg in das obere Stockwerk. Es war spät und morgen hatte auch sie wieder einen harten Tag. Caren hatte ihr sonst immer wieder bei der PR von zu Hause aus geholfen, doch nun hatte Richard das unterbunden, sie praktisch in Mutterschutz geschickt.

 

 

 

Richard saß vor seinem Laptop, nachdem er aus der Wanne gestiegen war hatte er einfach nicht das Bedürfnis zu Caren ins Bett zu gehen. Kurz hatte er noch nach Adrian geguckt und sich dann in das Arbeitszimmer verkrochen. Nun saß er hier und surfte im Internet auf den Seiten der Berliner Presse, er suchte gezielt nach Artikeln über Lisa und was er lesen musste gefiel ihm nicht. Lisa plante eine Familie mit David, sie schien wieder ganz die alte zu sein und auf den Fotos, die er fand strahlte sie mit der Berliner Sonne um die Wette. Er verspürte einen Stich im Herzen, warum hatte sie ihm das dann angetan? Sie hätten doch schon längst eine Familie sein können. Er stand auf ging zu dem kleinen Tresor, der in der hinteren Wand hinter einem Bild versteckt war und öffnete ihn. Dort lag nur eine kleine Schatulle, er nahm sie hinaus und ließ sie aufklappen. Der Ring von Tiffanys lag darin, das Licht der Lampe brach sich in dem Stein, warf so einen kleinen Strahl auf die Papiere die auf dem Schreibtisch lagen. Er ging hinüber hob das erste Blatt hoch. Es waren Mariellas Vorschläge für ihre erste Welttournee und der Lichtstrahl erhellte den Namen einer Stadt.

Berlin!


Kapitel 26

 

 

„Guck mal hier David, ist er nicht süß?“ fragte Laura ihren Sohn und hielt ihm ein Bild hin. Es zeigte Richard mit einem Baby auf dem Arm, wie er es verliebt ansah.

 

„Hmm, wie heißt er denn?“ antwortete David nur abwesend. Richard war nun also zum zweiten mal Vater geworden, hatte nun zwei Söhne und er selber? Seine Karriere bei Kerima war OK, das Unternehmen florierte wie noch nie , auch sein Liebesleben mit Lisa war in Ordnung, es füllte ihn aus und doch war da diese Leere in ihm wenn er dieses Bild betrachtete. Er hatte sie schon damals auf Adrian gefreut und dann war Lisa in diese Depressionen verfallen, dazu Friedrich und Helga, die kein gutes Haar an Richard ließen. Etwas, was ihm eigentlich nichts ausgemacht hatte, wenn sie dadurch Lisas negative Gefühle dem Baby gegenüber nicht noch bestärkt hätten. Nun war Adrian bei Richard und er?

Sicher wünschte er sich Kinder, aber mit Lisa? Er wusste nicht ob sie wirklich die Frau war mit der er Kinder zeugen wollte, zeugen konnte. Immer wieder schlichen sich die Bilder von vor knapp 2 ½ Jahren vor sein Auge. Wie sie das ungeborene Baby anschrie, wie sie es ablehnte. Er würde es nicht ertragen wenn sie bei seinem Baby auch so reagieren würde. Auch wenn Lisa erst vor einer Woche zu ihm gekommen war und sie zusammen über Kinder geredet hatten, irgendwie fühlte David in der Zwickmühle seiner Gefühle gefangen. Er liebte Lisa, aber Kinder mit ihr? Irgendwie prallten da zwei Gefühle aufeinander und er konnte sie nicht vereinen, obwohl es doch eigentlich so einfach war.

 

„Gabriel Damian,“ hörte er die Stimme seiner Mutter und er sah von dem Bild auf. Richard schien bei seinen Söhnen ein Muster in der Namensgebung zu verfolgen. Erst Adrian Balthazar , wobei der Zweitname für Gott beschütze sein Leben stand und nun Gabriel, Mann Gottes und Damian was für bändigen oder auch Erfolg stand. David war sich sicher, das Richard genau diese Namen mit bedacht gewählt hatte. Starke Namen mit Bedeutung für seine Söhne, damit sie im Leben zurecht kamen, damit sie allein durch ihre Erscheinung präsent waren. Namen, die den beiden Stärke geben würden.

Ob Lisa auch so denken würde? Ganz zu Anfang bevor die Depressionen anfingen hatten sie einmal kurz über Namen gesprochen, sie fand Fabian und Cecilia schön. Von Zweitnamen hielt sie nichts, fand sie peinlich.

 

„Ein schöner Name,“ antwortete er seiner Mutter.

 

„Finde ich auch, er hat sich da mit Caren richtig Gedanken drüber gemacht, genauso wie bei Adrian.“

 

„Hmm, hat Mariella sich eigentlich schon wegen der Daten gemeldet?“

 

„Hat sie und du willst dann wirklich dahin?“

 

„Ja, wann sehe ich sie sonst schon mal? So oft bin ich geschäftlich nicht in den USA.“

 

„Du weißt aber schon das Mariella dann arbeiten muss.“

 

„Ja das weiß ich, ich wollte die beiden nur noch mal sehen.“ Sah er auf und gab das Bild seiner Mutter zurück. Diese beobachtete ihn kritisch.

 

„ Ich sage das jetzt nur einmal David,“ begann sie, „ Wenn du nur Interesse zeigst um Lisa Adrian zurück zu bringen dann kannst du dich warm anziehen. Das werde ich nicht zulassen!“

 

„Wie? Lisa? Adrian? Wie kommst du denn jetzt da drauf.”

 

„Bei deiner Freundin weiß man nie. Vielleicht hat sie es sich ja wieder anders überlegt, jetzt wo sie doch wieder ein Kind will.“

 

„Woher?“

 

„Es stand groß in der Presse David, mach einfach mal die Augen auf.“

 

„Es stand in der Presse das sie ihr Kind wieder haben will?!“ fragte er geschockt nach.

 

„Nein, aber das sie eine Familie gründen will.“

 

„Achso, ja wir haben darüber gesprochen. Also über ein Baby, aber nun ja mal sehen.“

 

„Mal sehen? Was mal sehen David?!“

 

“Ich weiß nicht ob ich ein Kind mit ihr will, ich meine bei Adrian damals. Die Depressionen, ich würde es nicht aushalten wenn sie mein Kind plötzlich auch nicht mehr will.“

 

Laura antwortete ihm darauf nicht, sah ihn einfach nur an.

 

„Sagst du dazu gar nichts?“

 

„Was soll ich dazu sagen? Du weißt was ich von ihr halte und du weißt auch das ich dir deine Aktionen von damals nicht verziehen habe, nicht verzeihen kann.“

 

„Verstehe,“ senkte er den Blick, „Danke für die Bilder von Adrian und dem kleinen.“ Steckte er 3 Bilder in die Innentasche seines Jacketts und stand auf.

 

„Richard hat sie für dich geschickt. Ich verstehe zwar nicht warum, aber wenn er es so will.“

 

„Er hat jetzt sein Leben, er hat abgeschlossen.“

 

„Wenn du meinst, wir sehen uns am Samstag zum Essen.“

 

„Bis Samstag Mutter,“ gab er ihr einen Kuss auf die Wange und verließ die Villa.

 

Im Wagen legte er die CD ein, die ebenfalls in dem für ihn bestimmten Umschlag war. Es war das neue Album, in Deutschland würde es erst Ende Monat erscheinen. An einer roten Ampel las er sich kurz die Titel durch.

Hate me kannte er, ebenso Choose to be me, aber die anderen. Er drückte auf Play und fuhr mit Absicht einen größeren Umweg. Er wollte die Lieder in Ruhe hören, zu Hause konnte er das nicht. Er wollte Lisa nicht auf den Gedanken bringen nach Richard zu suchen, warum auch immer. Der letzte Track begann zu spielen als er in die Tiefgarage seiner Wohnung fuhr. When did your heart go missing, einer der vielen Stücke die eindeutig an Lisa gingen.

 

 I'm waitin', waitin' for nothin'
You're leavin', leavin' me hangin'

When did your heart go missin'? (x2)

I treat you like a princess
But your life is just one big mess

When did your heart go missin'? (x2)

Things were so good
We had a little dream
A little dream together
Buy a house, settle down, do our thing
But you disappeared on me
And your heart, your heart went missin'
I don't know how to find it
I don't know where it is
I don't know where your heart went
It was here just the other day
Now it's gone
I'm gonna call the police
Call the investigator, the heart investigtor

 

Hörte er Richards Stimme und wusste das seine Worte, die er zu seiner Mutter gesprochen hatte gelogen waren. Richard hatte noch lange nicht abgeschlossen.


Kapitel 27

 

 

Richard war nervös, immer wieder tigerte er in seiner Suite auf und ab. Seit 3 Jahren hatte er diese Stadt gemieden wie die Pest und nun? Nun hatte er darauf bestanden hier den Tourabschluss zu machen. Eine riesen Show zu liefern, für die Fans und für sich selbst. Sie waren nun ein Jahr unterwegs gewesen, jeden Tag in einer anderen Stadt, jeden Monat in einem anderen Land, er konnte nicht mehr, war ausgepowert und sehnte sich nach zu Hause, nach Ruhe und Erholung, er sehnte sich nach seiner Familie. Vielleicht wäre es doch besser gewesen Berlin links liegen zu lassen, das große Finale in München oder Köln zu feiern, aber er hatte es nicht getan. Oft darüber nachgedacht, ja, aber dann doch nicht den Mut gefunden Mariella und den anderen zu sagen das er das nicht könnte.

Er ließ sich auf das Sofa fallen, griff nach der Flasche Whiskey, seine Hände zitterten als er sich das Glas einschenkte. Nur noch heute Abend, nur noch heute und morgen würde er schon wieder im Flieger nach Hause sitzen, betete er sich immer wieder im stillen vor, doch es nützte nichts. Er stand wieder auf, das Glas in der Hand, nahm er seine unruhige Wanderung durch das Zimmer wieder auf. Sein Blick blieb an der Kommode hängen, dort hatte die Bilder aufgestellt. Eins von Adrian, eins von Gabriel und eins mit den beiden und Caren, wie sie die beiden auf dem Schoß hatte und in die Kamera lächelte. Er nahm das Bild von Adrian hoch. Ihn vermisste er so sehr, das letzte mal hatte er ihn vor einem halben Jahr in London gesehen, als Caren mit den Kindern zu einer Show gekommen war. Danach hatte Mariella zwei Freie Tage eingeplant, die sie zusammen verbrachten. Damals hatte er jeden Moment in sich aufgesogen um den Rest der Tour davon zu zehren, doch nun wünschte er sich nichts sehnlicher als seine Söhne um ihn, die ihn auf andere Gedanken brachten und Caren, die ihm den Halt gab, den er gerade hier benötigen würde.

Ganz Berlin musste inzwischen wissen das er, Richard von Brahmberg, wieder in der Stadt war. Überall hingen Plakate mit dem aktuellen Promobild, die das Konzert ankündigten. Und zu seinem Entsetzten hatte er bei einer Rundfahrt sehen müssen, das ein riesiges davon direkt gegenüber von Kerima hing, unübersehbar für diejenigen die dort täglich ein und aus gingen.

Mariella hatte versucht in zu beruhigen, das dies normal wäre und früher oder später hätten sie es eh erfahren. Um es weiter zu verheimlichen waren sie zu Erfolgreich, vor allem in Deutschland. Die Karten für die heutige Show waren innerhalb von 4 Stunden ausverkauft gewesen und auch die VIP Karten hatten nicht viel länger gebraucht.

Die VIP Karten, noch so eine Sache, die ihm auf dem Magen lag. Mariella hatte den Preis ziemlich hoch angesetzt, da in ihnen auch der Backstagebereich und die After Show Party mit inbegriffen war. Nun hatten sie einen Preis, den sich ein Teenager nicht so ohne weiteres leisten konnte. Er wusste das Laura, Bernd, Jürgen, Rokko, Agnes und David eine bekommen hatten, aber wer noch? Die Plakate hingen schon eine Weile, was also wenn Lisa, Friedrich oder sogar seine Mutter erscheinen würden? Er konnte sich ihnen nicht stellen, es ging einfach nicht.

Ein Klopfen an der Türe ließ ihn aufschrecken, schnell kippte er den Whiskey hinunter und rang sich ein Herein ab.

 

„Bist du fertig?“ steckte Mariella ihren Kopf zur Türe herein, „Wir müssen los.“

 

„Fertig nicht, aber das werde ich heute auch nicht sein.“ Zuckte er mit den Schultern, warf sich die Lederjacke über und folgte seiner Schwester zum Tourbus.

 

„Hey was machst du denn für ein Gesicht?“ begrüßte Steven ihn.

 

„Mir ist einfach nicht gut heute.“ Antwortete er wahrheitsgemäß und ließ sich auf den Sitz fallen.

 

„Ach komm schon Alter,“ mischte sich nun auch John ein, „Du machst doch nicht so kurz vor dem Finale schlapp.“

 

„Ich weiß nicht ob ich das hier kann....“ begann er.

 

„Na, na ,na,“ unterbrach Steven ihn, „Sicher kannst du das. Ist doch Scheißegal ob deine Familie hier ist oder nicht. Du brauchst sie nicht, du hast dein eigenes sehr Erfolgreiches Leben und genau das wirst du ihnen heute zeigen!“

 

„Eben, du bist stärker als sie Richard, zeig es ihnen endlich. Zeig ihnen das sie keine Macht mehr über dich haben.“ Fügte John hinzu.

 

„Die beiden haben Recht Richi,“ setzte Mariella sich neben ihn, „Du hast hart für diesen Erfolg gearbeitet und den werden sie dir nicht nehmen. Den lässt du dir nicht nehmen! Schon gar nicht von ihr!“

 

„Ach Ella,“ seufzte er und sah aus dem Fenster, „Ihr habt ja alle Recht, nur wenn sie da ist, dann...dann weiß ich nicht....“

 

„Ich will kein weiß ich nicht mehr von dir hören OK? Du gehst da nachher raus und zeigst Berlin warum dich die ganze Welt vergöttert und was sie verloren haben.“

 

Richard musste schlucken, so energisch hatte er Mariella noch nie erlebt, er brachte nur noch ein nicken als Antwort zustande.

 

„Gut.“ Nickte nun auch sie, „Also Jungs, ihr wisst wie es abläuft heute. Wir haben einige VIP´s und gerade denen werden wir eine Show der Extraklasse bieten. Sie wird praktisch damit anfangen, das wir aus dem Bus steigen.“

 

„Wie viel Zeit zum umziehen haben wir?“ fragte Steven

 

„ Reicht euch eine halbe Stunde? Oder muss ich sie länger beschäftigen?“

 

„Halbe Stunde reicht oder Richard?“

 

„Sicher, ich bin so gut wie fertig.“  Mit den Nerven  setzte er in Gedanken hinzu, doch er wusste auch das er sich das nicht anmerken lassen durfte. Nicht jetzt und auch nicht später, er war Profi durch und durch.

 

Kurz bevor sie die Halle erreichten atmete er noch einmal tief durch. Jetzt war es also soweit, jetzt gab es kein zurück mehr. Er straffte die Schultern und ging betont lässig, wie immer, an den Absperrungen vorbei auf die Hintertüre zu. Einige Fans standen hinter den Absperrungen, fingen an zu kreischen als sie sie sahen. Er lächelte schrieb Autogramme und ließ sich fotografieren. Das gehörte dazu, das war sein Job und diesmal lenkte es ihn ab.

 

„Richard! Richard! Hey Richard!” hörte er immer wieder, doch auf einmal schien eine Gruppe sich in den Kopf gesetzt haben um jeden Preis der Welt seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Das gekreische hörte sich irgendwie gespielt an.

„RICHARD ich liebe dich!!!!“ auch das war eigentlich normal, doch dieses war so übertrieben gerufen worden das er sich ein Lachen verkneifen musste. Er drehte sich um und sah Hannah, Timo und Kim direkt hinter der Absperrung stehen. „Richard!“ kreischte Kim erneut und diesmal konnte er nicht anders, er musste lachen. Er ging zu den dreien hinüber und begrüßte die beiden Mädels mit Küsschen auf die Wange, was die Menge drum herum wieder zum kreischen brachte.

 

„Was macht ihr denn hier draußen?“ fragte er dann.

 

„Wir haben keine Karten mehr bekommen.“ Antwortete Kim, „Da haben wir beschlossen das wir uns hier hin stellen, damit wir dich wenigstens mal sehen.“

 

„Wie keine Karten bekommen? Deine Mutter ist doch auch hier.“

 

„Ja, aber Friedrich hat mir die Kreditkarte gesperrt und die normalen waren schon vergriffen.“

 

„Na dann, wartet mal, ich schau mal was ich machen kann. Bei der netten Begrüßung.“ Zwinkerte er und zog sein Handy aus der Innentasche seines Jacketts um Mariella anzurufen.

Ein Blick auf seine Armbanduhr sagte ihm dann das er noch gut 10 Minuten bis zum Warm Up hatte. Nun ja das würde er schaffen, das Adrenalin war in seiner Blutbahn. Die Fans und vor allem die Einlage von Hannah und Kim hatten dazu beigetragen, das er die negativen Gedanken verdrängen konnte. Er sah nicht nach Rechts und nicht nach Links als er durch die gut 20 VIP Gäste zur Garderobe ging. Er spürte nur die Blicke von Lisa und Friedrich, aber auch das war ihm egal. Sie wollten eine Show? Er würde ihnen eine Show liefern. Er tauschte die Schwarze Jeans gegen eine zerrissene Blue jeans aus, das Shirt und die Lederjacke gegen ein kurzärmeliges Schwarzes Hemd, brachte die Frisur mit Gel in Form und nahm noch einen großen Schluck aus der Whiskeyflasche, die auf einem Abstelltisch stand, dann trat er wieder hinaus.

John und Steven hatten sich schon für das Warm Up bereit gemacht und als John ihn sah spielte er die ersten Takte an.

Richard zog kurz eine Augenbraue nach oben, dann nahm er sich seine E-Gitarre und gab ihm das Zeichen das er bereit war. Der neue Song, den sie zusammen auf dieser Tour geschrieben hatten war perfekt für dieses Warm Up.

 

 

 I'm through with standin' in line
To clubs I'll never get in
It's like the bottom of the ninth
And I'm never gonna win
This life hasn't turned out
Quite the way I want it to be
(Tell me what you want)

I want a brand new house
On an episode of Cribs
And a bathroom I can play baseball in
And a king size tub big enough
For ten plus me
(Yea, So what you need)

I need a credit card that's got no limit
And a big black jet with a bedroom in it
Gonna join the mile high club
At thirty-seven thousand feet
--(Been there done that)--

I want a new tour bus full of old guitars
My own star on Hollywood Boulevard
Somewhere between Cher and
James Dean is fine for me
(So how you gonna do it?)

I'm gonna trade this life for fortune and fame
I'd even cut my hair and change my name

 

Bis jetzt hatte er mit dem Rücken zu den Gästen gestanden, doch nun drehte er sich um. Suchte den Blickkontakt und fand ihn bei Lisa und Friedrich.

 


 'Cause we all just wanna be big rockstars and
Live in hilltop houses driving fifteen cars
The girls come easy and the drugs come cheap
We'll all stay skinny 'cause we just won't eat
And we'll hang out in the coolest bars
In the VIP with the movie stars
Every good gold digger's
Gonna wind up there
Every Playboy bunny
With her bleach blonde hair
And well...

Hey, hey, I wanna be a rockstar
Hey, hey, I wanna be a rockstar

I wanna be great like Elvis without the tassels
Hire eight body guards that love to beat up assholes
Sign a couple autographs
So I can eat my meals for free
(I'll have the quesadilla, on the house)

I'm gonna dress my ass
With the latest fashion
Get a front door key to the Playboy mansion

Gonna date a centerfold that loves to
Blow my money for me
(So how you gonna do it?)

I'm gonna trade this life
For fortune and fame
I'd even cut my hair
And change my name

'Cause we all just wanna be big rockstars and
Live in hilltop houses driving fifteen cars
The girls come easy and the drugs come cheap
We'll all stay skinny 'cause we just won't eat
And we'll hang out in the coolest bars
In the VIP with the movie stars
Every good gold digger's
Gonna wind up there
Every Playboy bunny
With her bleach blonde hair
And we'll hide out in the private rooms
With the latest dictionary of
Today's who's who
They'll get you anything
with that evil smile
Everybody's got a
Drug dealer on speed dial, well
Hey, hey, I wanna be a rockstar

 

Während der ganzen Zeit sah er die beiden an, bereitete sich so auf das unvermeidliche vor. Er würde sich nicht den ganzen Abend verstecken können und inzwischen wollte er es auch nicht mehr. Er würde ihnen zeigen das er stark war und vor allem würde er Lisa zeigen was er von ihr hielt.

 
I'm gonna sing those songs
That offend the censors
Gonna pop my pills
From a Pez dispenser
Get washed-up singers writing all my songs
Lip sync 'em every night so I don't get 'em wrong

Well we all just wanna be big rockstars
And live in hilltop houses driving fifteen cars
The girls come easy and the drugs come cheap
We'll all stay skinny 'cause we just won't eat
And we'll hang out in the coolest bars
In the VIP with the movie stars
Every good gold digger's
Gonna wind up there
Every Playboy bunny
With her bleach blond hair
And we'll hide out in the private rooms
With the latest dictionary of
Today's who's who
They'll get you anything
with that evil smile
Everybody's got a
Drug dealer on speed dial,well

Hey, hey, I wanna be a rockstar
Hey, hey, I wanna be a rockstar

 

Bei den letzten Zeilen zog er seine Augenbraue wieder hoch, löste den Blick von Lisa und sah nur noch Friedrich an. Beide schienen nicht damit gerechnet zu haben, das er so praktisch die Konfrontation suchte. Kurz war es ruhig in dem Raum, dann brandete Applaus auf. Doch Richard zuckte nur mit den Schultern und hörte auf die nächsten Takte. Die Fans in der Halle machten sich mehr als bemerkbar, die Vorgruppe spielte schon. Einen Song würden sie noch schaffen und John hatte genau den Richtigen ausgesucht, jetzt bloß nichts langsames. Sie mussten in Stimmung bleiben. Er legte seine Gitarre beiseite, es war Zeit für ein bisschen Show.

 

 

 I'm waking up at the start of the end of the world,
but its feeling just like every other morning before,
Now I wonder what my life is going to mean if it's gone,

The cars are moving like a half a mile an hour and I

started staring at the passengers who're waving goodbye
can you tell me what was ever really special about me all this time?

 

Ging er zu Laura, sah sie fragend an, dann wandte er sich ab, drehte sich einmal um die eigene Achse und stand vor David.


But I believe the world is burning to the ground
oh well I guess we're gonna find out
let's see how far we've come
let's see how far we've come
Well I, believe, it all, is coming to an end
oh well, I guess, we're gonna pretend,
let's see how far we've come
let's see how far we've come

 

Sprang er weiter zu Jürgen und Rokko

I think it turned ten o'clock but I don't really know
then I can't remember caring for an hour or so
started crying and I couldn't stop myself
I started running but there's no where to run to
I sat down on the street, took a look at myself
said where you going man you know the world is headed for hell
say all goodbyes if you've got someone you can say goodbye to

 

Stellte er sich hinter die beiden, legte ihnen die Arme über die Schultern und richtete seinen Blick wieder auf Lisa.

I believe the world is burning to the ground
oh well I guess we're gonna find out
let's see how far we've come (right now)
let's see how far we've come

Well I, believe, it all, is coming to an end
oh well, I guess, we're gonna pretend,
let's see how far we've come
let's see how far we've come

 

Fast so als hätte er sich vor irgendetwas erschrocken sprang er von den beiden weg, direkt auf Lisa zu.

It´s gone gone baby its all gone
there is no one on the corner and there's no one at home
well it was cool cool, it was just all cool
now it's over for me and it's over for you

 

Trat er dicht an sie heran, tippte mit einem Finger auf ihre Brust. Lisa war unfähig sich zu rühren, starrte ihn nur an.

 


well its gone gone baby its all gone
there's no one on the corner and there's no one at home
well it was cool cool, it was just all cool
now it's over for me and it's over for you

 

Er drehte sich wieder weg, ging zu John und Steven und beendete den Song.

I believe the world is burning to the ground
oh well I guess we're gonna find out
let's see how far we've come
let's see how far we've come
Well I, believe, it all, is coming to an end
oh well, i guess, we're gonna pretend,
let's see how far we've come, again
let's see how far we've come
let's see how far we've come
let's see how far we've come
let's see how far we've come
let's see how far we've come
let's see how far we've come
let's see how far we've come

 

Erneut brandete Applaus auf, als er endete, Richard nahm ihn zwar war doch wirklich registrieren tat er ihn nicht. Jetzt war er bereit, jetzt konnte es losgehen, er spürte die Aufregung, wie jedes mal vor einem Auftritt. Diese Zwei Songs hatten schon ziemlich viel von ihm verlangt, aber genau das war es was er gebraucht hatte. Er lockerte noch einmal die Schultern, dann ging er zu Mariella. Jetzt war er bereit wirklich alles durchzuziehen.

 

„Steht die Leitung?“ fragte er sie leise. Doch Mariella schüttelte nur den Kopf. „Was?! Warum denn nicht? Ella bitte, ich…”

 

„Es tut mir leid Richard, aber wir kriegen keine Verbindung.“ Legte sie ihm die Hand auf den Arm.

 

„Verdammter Mist!“ fluchte er, „Ich hätte das heute durchgezogen.“

 

„Das kannst du immer noch.“ Flüsterte Mariella ihm ins Ohr und lächelte ihn an. Gerade wollte er ihr eine patzige Antwort geben, da hörte er wie das Gemurmel der Gäste größer wurde. Er runzelte die Stirn, sah Mariella fragend an, als er eine ihm nur zu bekannte Stimme hörte.

 

„Daddy!“ er drehte sich um und sah Adrian auf ihn zu rennen.


Kapitel 28

 

 

Im ersten Moment konnte er gar nicht reagieren, er starrte den Kleinen nur an, fing ihn mechanisch auf und hob ihn hoch.

„Hey,“ flüsterte er dann, „Wie kommst du denn hier her?“

 

„Caren!“ strahlte Adrian ihn an und drehte sich in die Richtung aus der er gekommen war. Richard folgte seinem Blick. Da stand sie, noch ziemlich abseits mit Gabriel auf dem Arm und kam langsam auf ihn zu. Immer noch zu keiner Regung fähig starrte er nun sie an, wie sie auf ihn zuschritt, ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

 

„Überraschung gelungen?“ fragte sie ihn dann leise als sie vor ihm stand.

 

„Und...und wie,“ stotterte er, „Du hast das geplant?“

 

Caren nickte nur, „Ich konnte dich doch gerade hier nicht alleine lassen.“ Wobei sie das Wort hier besonders betonte.

 

„Danke,“ flüsterte er immer noch und zog sie mit dem rechten Arm an sich, „Woher wusstest du?“

 

„Ich kenne dich Richard und ich liebe dich. Ich wusste doch wie schwer es dir hier fallen würde. Da konnte ich dich doch nicht alleine lassen.“

 

„Danke,“ hauchte er erneut, zog sie nun ganz an sich und küsste sie zärtlich.

 

„Und jetzt gehst du da raus und zeigst ganz Berlin wer du wirklich bist.“ Lächelte sie ihn an, als er sich von ihr löste.

 

Ein breites Grinsen umspielte nun seine Lippen, „So was ähnliches hat Mariella auch schon zu mir gesagt.“

 

„Und sie hat Recht, worauf wartest du also noch.“ Trat sie einen Schritt von ihm weg das er Adrian wieder abstellen konnte.

 

Richard stellte seinen Sohn wieder auf den Boden ging vor ihm in die Hocke und strich ihm zärtlich durch die braunen Haare. „Wünsch mir Glück Kumpel.“ Drückte er ihn noch einmal, dann stand er auf und verschwand in dem Gang zur Bühne. Er hatte gar nicht bemerkt wie die anderen Gäste schon ihre Plätze eingenommen hatten, nur Laura und Bernd standen noch in dem Raum und warteten auf Caren und die Kinder.

 

 

Lisa verzog während der gesamten Show immer mal wieder das Gesicht. Und so was sollte Musik sein? Für sie war das einfach nur Rumgehopse untermalt mit Geschrei. Wie David sich für so etwas begeistern konnte war ihr ein Rätsel, aber das es vielleicht an Richard liegen könnte, auf den Gedanken kam sie nicht. Sie seufzte kurz auf als dieser ihr wieder einmal von der Bühne aus einen undefinierbaren Blick zuwarf. Er sollte sie in Ruhe lassen, ein für alle mal aus ihrem Leben verschwinden. Es war so schön gewesen mit David in der Zeit wo Richard wie vom Erdboden verschluckt war und nun tauchte er wieder auf und spielte den leidenden Rockstar. Als ob Richard auch nur ansatzweise das Talent dafür mitbringen würde. Das Gekreische der Fans nervte sie von Minute zu Minute mehr und auch das David sich inzwischen zu seiner Schwester gesellt hatte fand sie alles andere als witzig. Wie konnte er sie hier nur alleine lassen? Einzig Friedrich stand jetzt noch bei ihr und schaute ebenso finster drein.

Diesem gingen ähnliche Gedanken wie Lisa durch den Kopf, auch er fragte sich wie gerade Laura darauf kam, das sie unbedingt in dieses Konzert musste und das was hier produziert wurde auch noch als Musik bezeichnete. Überhaupt wäre er viel lieber in eine Oper gegangen, doch als er das Plakat gegenüber von Kerima gesehen hatte, da konnte er nicht anders. Es wäre äußerst ungünstig wenn Richard nun wieder auftauchen würde, gerade jetzt wo Lisa und David eine Familie planten. Er wartete genauso wie Lisa darauf das David ihr endlich einen Antrag machen würde. Doch sein Herr Sohn ließ damit auf sich warten, er hatte einmal versucht ihn dezent darauf hinzuweisen, doch David schien es zu ignorieren. Und auch wenn er sich ziemlich sicher war das David nichts plante so hoffte doch auch Friedrich das David insgeheim einen romantischen Antrag vorbereiten würde. Heute Abend zum Beispiel, so auf der Bühne. Richards Gesicht dabei würde er jedenfalls zu gerne sehen. Im Gegensatz zu den anderen hatte Lisa ihm die Wahrheit erzählt warum sie das Kind abgegeben hatte und er hatte ihr dabei auch zugestimmt. Ein Kind von diesem Nichtsnutz hätte nur Ärger gebracht. Auf noch so einen Bastard konnten sie gut und gerne verzichten. Sicher wollte er Enkel haben, aber doch von seinem Sohn und nicht von dem Mann, der sich einfach so in seine Familie geschlichen hatte. Friedrich wusste schon warum er Richard nie akzeptiert hatte. Wer wusste denn schon mit wem Sophie neben Claus und ihm noch im Bett gewesen war und wer wirklich Richards leiblicher Vater war. Er war es jedenfalls nicht, davon war er fest überzeugt.

Die Band machte eine Pause, Richard machte seine Scherze mit dem Publikum und Lisa und Friedrich nutzen diese Gelegenheit um sich ein Stück weiter zu entfernen.

Doch David und Laura machten ihm einen Strich durch die Rechnung, denn die beiden kamen mit diesem Kind auf dem Arm zu ihnen. Wie konnte David sich nur dazu herablassen den Babysitter für Richards Brut zu miemen?

 

„Wo wollt ihr beide denn hin? Das Konzert ist noch nicht vorbei.“ Begann dann Laura.

 

„Es ist mir hier vorne ein wenig zu Laut.“ Antwortete Friedrich patzig und Lisa nickte nur.

 

„Zu laut? So ein Unsinn, wir sind auf einem Konzert Friedrich. Da ist das ganz normal.“

 

„Ganz normal? Das hier ist doch keine Musik und überhaupt was gebt ihr euch mit dieser Brut ab?“

 

„Friedrich!“

 

„Vater!“ mischte sich nun auch David ein. „Mit wem ich mich abgebe und mit wem nicht ist immer noch meine Sache.“

 

„Ich finde dein Vater hat Recht David,“ mischte sich nun Lisa in einem arroganten Ton ein und sah Adrian kalt an, „ Er hat bestimmt Läuse oder sonst was.“ Trat sie noch einen Schritt zurück.

 

Richard hatte die Szene von der Bühne aus, aus den Augenwinkeln beobachtet. Immer noch beschäftigte er sich mit den Fans, doch innerlich würde er David am liebsten seinen Sohn vom Arm reißen. Was ging er mit ihm zu Lisa und Friedrich? Das konnte nicht gut gehen. Er versuchte Caren und Mariella unauffällig ein Zeichen zu geben. Doch Mariella hatte die Szene auch beobachtet und war schon auf dem Weg zu der kleinen Gruppe.

 

„Lisa,“ nickte sie ihr kalt zu, sie hatte den letzten Satz mit angehört, „Friedrich,“ nickte sie dann auch ihrem Fastschwiegervater zu und wandte sich an David. „Caren möchte mit den Kindern kurz zurück hinter die Bühne. Gabriel hat Durst.“

 

„Me too.“ Beugte sich Adrian zu Mariella rüber und sie nahm ihn David vom Arm, nicht ohne ihm noch einen bösen Blick zu zu werfen. Dann verschwand sie mit dem kleinen.

 

„Ihr seid echt nicht mehr ganz dicht oder?“ fauchte David die beiden an als Mariella weg war. „ Wie könnt ihr so etwas nur vor einem Kind sagen?“

 

„Ach ich bitte dich David, er ist Richards Sohn. Da kann man nichts anderes erwarten.“ Antwortete Lisa und Friedrich nickte nur.

 

 Und deiner! , lag es David auf der Zunge doch er behielt es für sich. Allerdings öffnete ihm das die Augen über Lisa und seinen Vater wieder ein Stück mehr. Mit so einer kalten Person wollte er keine Kinder haben. Er schüttelte nur den Kopf, dann wandte er sich ab und ging zu den anderen zurück.

Laura folgte ihm, drehte sich dann aber nochmals um.

 

„Ich würde ihnen nahe legen sich einen Termin bei einem Psychiater machen zu lassen.“ Lächelte sie Lisa dann an, „Sie scheinen an Wahrnehmungsstörungen zu leiden.“ Und noch bevor Lisa oder Friedrich reagieren konnten war sie verschwunden.

 

Den Rest des Konzertes kochten Friedrich und Lisa schweigen vor sich hin. Sie brauchten keine Worte, sie wussten das sie das gleiche dachten und Friedrich nahm sich vor später ein ernstes Wort mit seiner Frau zu reden.

Die letzten Töne verklangen, die Band verließ die Bühne und die beiden waren erleichtert das es vorbei war. Doch die Fans forderten lautstark nach einer Zugabe. Lisa seufzte auf, sie wollte einfach nur nach Hause.

Das Licht in der Halle wurde noch weiter gedämmt, der Spot richtete sich auf eine Person, die auf dem kleinen Steg, der in die Fans ragte stand. Richard war alleine zurück gekehrt.

 

 Na toll, was hat er nun vor? wurde Lisa mulmig als sie sah, das er sie fixierte.

 

„This is a special Song, for a very special Person,” begann er und auf der Videowand wurden Bilder eingespielt, von ihm und Caren. Bilder, die sie als glückliches Paar zeigten, mit einem Baby, dann mit einem Kleinkind und Caren eindeutig schwanger. Dann schon zu viert in einem Krankenhaus, anscheinend kurz nach der Geburt des zweiten Kindes. Es waren eindeutig private Bilder und Lisa musste schlucken. Warum zur Hölle war er so glücklich? Er sollte nicht glücklich sein.

 

 

There's something that I can't quite explain
I'm so in love with you. You'll never take that away
And if I've said a hundred times before. Expect a thousand more
You'll never take that away

Well, expect me to be calling you to see if you're okay when I'm not around
Asking if you love me. I love the way you make it sound
Calling you to see:
Do I try too hard to make you smile? To make us smile?

Well I will keep calling you to see:
If you're sleeping, are you're dreaming?
If you're dreaming, are you dreaming of me?
I can't believe you actually picked me

I thought that the world had lost its way. (It's so hard sometimes)
Then I fell in love with you. (Then came you. Then came you)
And you took that away. (Its not so difficult. The world is not so difficult)
You take away the old, show me the new,
And I feel like I can fly when I stand next to you.
So while I'm on this phone, a hundred miles from home,
I'll take the words you gave, and send them back to you

I only want to see if you're okay when I'm not around.
Asking if you love me, I love the way you make it sound.
Calling you to see:
Do I try too hard to make you smile? To make us smile?

Well I will keep calling you to see:
If you're sleeping, are you're dreaming?
If you're dreaming, are you dreaming of me?
I can't believe you actually picked me

Well I will keep calling you to see:
If you're sleeping, are you're dreaming?
If you're dreaming, are you dreaming of me?
I can't believe you actually picked me

Well I will keep calling you to see:
If you're sleeping, are you're dreaming?
If you're dreaming, are you dreaming of me?
I can't believe you actually picked me

 

Als Richard endete sah er schon lange nicht mehr zu Lisa, während des ganzen Songs über hatte er Caren fixiert, die inzwischen direkt vor ihm stand. Er half ihr auf die Bühne, wusch ihr sanft mit dem Daumen die Tränen aus dem Gesicht.

 

„I love you Caren,“ sprach er immer noch in das Mikrofon, „Du bist eine wundervolle Frau, eine wundervolle Mutter. Mein Leben hat ohne dich keinen Sinn, du gibt’s mir die Kraft, die ich brauche, du bist immer für mich da, hilfst mir aus dem Tal wenn ich keinen Ausweg mehr sehe. Und vor allem hast du mir wieder gezeigt was wahre Liebe ist. Ich liebe dich so sehr das es wehtut, so sehr das ich keinen Tag mehr ohne dich sein möchte.

Caren, would you marry me?”

 

“Ja,” hauchte sie so das man es nur schwach verstehen konnte, “Ja ich will Richard!“

 

Er griff in die Tasche seiner Jeans, zog eine kleine Schatulle heraus und öffnete sie. In ihr war der Ring von Tiffanys. Vorsichtig holt er ihn hinaus und steckte ihn ihr an den linken Ringfinger, bevor er sie Leidenschaftlich küsste.


Kapitel 29

 

Müde stand er vor dem Gitterbettchen, immer noch ging er jede Nacht in dieses Zimmer, immer noch wollte er nicht wahr haben was geschehen war. Wieder war es ihnen gelungen ihn zu zerstören, wieder war er am Boden und diesmal konnte er sich einfach nicht davon erholen. Obwohl war er nicht selber schuld? Wie hatte er auch denken können das es für ihn einmal glatt laufen würde? Das alles gut werden würde. Wie hatte er nur so naiv sein können. Der Zeitpunkt des Antrages war schon falsch gewesen, alles was er sich so schön ausgedacht hatte war nichts anderes als ein verzweifelter Versuch gewesen sein Leben in die richtige Bahn zu lenken und er hatte versagt. Es war ihm nicht gelungen.

Wieder gingen seine Gedanken zurück zu dem Abend in Berlin, dem Abend an dem er ein neues Leben beginnen wollte und kläglich scheiterte.

Caren und er hatten nach der Show noch ausgiebig gefeiert und erst als die Kinder von der Nanny abgeholt wurden hatten sie sich kurz getrennt, da Adrian einfach nicht zu überzeugen war das er nun ins Bett sollte. Caren hatte gemeint, dass er doch einfach in der Garderobe hingelegt werden könne sobald ihm die Augen zufielen, doch er war dagegen gewesen. Er hatte mit seinem Sohn noch eine Abschiedsrunde gedreht und ihn dann ins Auto gesetzt, doch als er zurück kam stand David bei Caren. Sie unterhielten sich, sie lachte und David strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Diese Szene ließ bei ihm sämtliche Sicherungen durchbrennen. Außer sich vor Wut war zu den beiden gestürmt, hatte Caren von David weggerissen und David wütend angefunkelt. Dieser hatte zwar schlichtend die Hände gehoben, doch er dachte damals nicht im Traum daran ihn diesmal so ohne weiteres davon kommen zu lassen. Seine Augen suchten den Saal nach Lisa ab, doch sie schien schon nicht mehr da zu sein, genauso wie Friedrich, also konzentrierte er sich wieder ganz auf seinen Bruder. Er machte ihm deutlich das er gefälligst seine dreckigen Finger von seiner Frau zu haben lasse und er es nicht noch einmal zulassen würde das David ihm die Frau nahm, die er liebte. Er hätte jetzt Lisa und wenn er mit ihr nicht glücklich war, so war das sein Problem und nicht das seiner Frau.

Caren selber hatte die Szene schweigend verfolgt und ihn dann immer noch ruhig in die Garderobe gezogen, dort war sie dann explodiert.

Sie würde sich von ihm nicht vorschreiben lassen mit wem sie sich unterhalten würde und mit wem nicht und wenn er mit David ein Problem hatte so wäre das nicht ihr Problem. Er wäre nett und charmant und sie würde sich einfach nur gut mit ihm verstehen und er, Richard, sollte nicht vergessen, dass er es seinem Bruder zu verdanken habe, das Adrian bei ihm war und nicht bei Wildfremden adoptiv Eltern. Er hatte patzig etwas erwidern wollen, doch Caren schnitt ihm das Wort ab und betonte nochmals deutlich was sie von seinem Verhalten hielt und das er dies doch bitte unter Kontrolle bringen sollte wenn er wirklich eine gemeinsame Zukunft mit ihr haben wollte.

Er hatte nur noch geschluckt und genickt, allein der Gedanke Caren wegen seiner Eifersucht zu verlieren war nicht zu ertragen und so hatte er sie in die Arme genommen und sich entschuldigt. Hatte ihr versichert, das er einsah, das er zu weit gegangen war, daraufhin lächelte sie ihn an, drückte ihm einen Kuss auf den Mund und zog ihn wieder hinaus. Der Saal hatte sich merklich geleert und auch von David war nichts mehr zu sehen.

Für ihn war dies eindeutig besser so gewesen, auch wenn er Caren versprochen hatte das er sich beherrschen würde, eine Garantie konnte er niemandem geben.

Die restlichen zwei Tage in Berlin verliefen dann auch wieder genauso harmonisch wie er sich das vorgestellt hatte. Er zeigte Caren sein Berlin und sie fuhr mit ihm zum Friedhof um nach Claus Grab zu sehen. Er erzählte ihr das dieser für ihn immer sein Vater bleiben würde, das er mit Friedrich nie warm geworden war und dieser das wohl auch nicht wollte. Sie hörte ihm einfach nur zu und hielt seine kalte Hand während er mit Claus sprach.

Doch zurück in den Staaten holte sie der Alltag schnell wieder ein, auch wenn JRS nun erst einmal eine kreative Pause einlegten, so war Richard oft in dem Studio im Keller gewesen oder in seinem Arbeitszimmer. Einige Awards standen an und auch wenn er in Berlin noch geschworen hatte das sie nicht hingehen würden, am Ende brach er sein Wort und flog wieder um den halben Erdball. Er brauchte ab und an diesen Abstand, war immer noch nicht in der Lage zu viel nähe zu zu lassen. Er hatte immer gewusst, das dies falsch war, aber er konnte nichts dagegen tun. Er ging auch weiterhin zu einigen Partys und Caren saß zu Hause und passte auf Adrian und Gabriel auf.

Seine Schwester war die erste, die ihm versuchte den Kopf zu waschen, Mariella machte ihm unmissverständlich klar das er Caren verlieren würde wenn er so weiter machte wie bisher. Liebe und Antrag hin oder her. Daraufhin riss er sich zusammen, kümmerte sich um seine Söhne, verwöhnte Caren wo er nur konnte und vernachlässigte auch die Partys und Events. Um nichts in der Welt wollte er seine Familie verlieren, bis zu jenem verhängnisvollen Tag im November vor 14 Jahren.

 

Wie aus dem Nichts war David bei ihm aufgetaucht und obwohl er gesehen hatte das es ihm nicht besonders gut ging schrillten in seinem Kopf sämtliche Alarmglocken. Die ganzen Ängste waren von einem auf den anderen Moment wieder da, was wollte David hier? Warum tauchte er gerade jetzt auf wo er wieder mehr Zeit im Studio verbringen musste um an seinem inzwischen 5ten Album zu arbeiten? Wollte er ihm an Ende doch noch Caren ausspannen? Ihre Hochzeit war für den Frühling des nächsten Jahres geplant, sollte das alles jetzt umsonst gewesen sein?

Nur wiederwillig hatte er ihn hineingebeten, eigentlich wollte sein Bruder auch zu Mariella, doch diese war mit Lars und den Zwillingen Constance und Chelsea zu Besuch in Boston.

Schon die Begrüßung zwischen seiner Verlobten und seinem Bruder passte ihm nicht, doch er schwieg, Caren zu liebe. Gabriel und Adrian beobachteten den Neuankömmling eher skeptisch und so verließ Richard zwar mit einem mulmigen Gefühl das Haus in Richtung Tonstudio, aber er zwang sich dazu ruhig zu bleiben. Caren würde sich nicht auf David einlassen, schon gar nicht wenn die Kinder im Haus waren.

Trotzdem konnte er sich nicht wirklich konzentrieren, was auch John und Steven auffiel. Immer wieder vergaß er den text oder las ihn falsch ab. Traf selbst den Ton von alten, schon tausend mal gespielten Stücken nicht, so das sie ihn schließlich nach einer Stunde entnervt nach Hause schickten. Sauer auf sich selber schloss er die Haustüre auf, es war alles ruhig, nur von oben hörte er Adrian und Gabriel im Kinderzimmer spielen. Sofort schärften sich all seine Sinne wieder und wie von Selbst ging er auf das Wohnzimmer zu. Die Türe war nur angelehnt gewesen und so konnte er ungesehen einen Blick hinein werfen.

Caren und David saßen auf dem Sofa, sie umarmten sich, Caren strich ihm immer wieder über den Rücken und David vergrub seinen Kopf in ihrer Halsbeuge.

Das war mehr als Richard ertragen konnte, wie von der Tarantel gestochen war er damals ins Zimmer gestürmt, hatte David von Caren losgerissen und seine Faust in dessen Gesicht versenkt. Er hatte es gewusst, David konnte ihn einfach nicht glücklich sehen und deswegen machte er sich nun an seine Verlobte ran. Erst Lisa, nun Caren, warum fielen sie alle nur auf diesen Blender rein?

 

Verzweifelt hielt er sich an den Gitterstäben des Bettes fest, die Erinnerung zog ihm immer noch den Boden unter den Füßen weg. Das war er gewesen, der Anfang vom Ende. Er hatte Caren vorgeworfen genauso zu sein wie Lisa, sie hatte ihn gefragt was zur Hölle ihn geritten hatte und dann hatte ein Wort das andere ergeben. Das David nur hier war, weil er eigentlich einen Rat von Mariella wollte, da Lisa ihn erpresste sein Baby abzutreiben, damit er bei ihr blieb, bekam er erst später mit. Zu blind war er vor Wut gewesen und damit hatte er jegliche Basis für eine Beziehung zu Caren zerstört. Zwei Tage später war sie weg, als er nach den Aufnahmen nach Hause kam fand er nur noch einen Zettel auf der Anrichte in der Küche, auf dem sie ihm mitteilte, das sie ihn verlassen würde, das sie so nicht mit ihm Leben könnte. Sie hätte sich geirrt, ihre Liebe würde nicht reichen um seine fehlende auszugleichen. Er würde sie nicht lieben, er würde sich einfach nur an sie klammern und sie zu seinem Besitz erklären und das sie das nicht mehr konnte, nicht mehr wollte. Gabriel hatte sie mitgenommen und Adrian war bei Mariella.

 

„Dad?“ holte ihn eine Stimme zurück in die Wirklichkeit, inzwischen war er auf den Fußboden gerutscht. „Komm hoch Dad,“ griffen nun zwei starke Arme unter seine Schultern und hievten ihn hoch, „Es ist spät und der Flieger geht in ein paar Stunden.“

 

„Der Flieger,“ murmelte er nur und stütze sich auf seinen Sohn, „Adrian flieg alleine.“

 

„Das geht nicht Dad, das ist euer Konzert. Es ist das letzte von JRS in Europa und ich weiß das du ihnen eine fantastische Abschiedsshow geben wirst.“ Er roch den Alkoholschwangeren Atem seines Vaters, ließ den Blick durch das Kinderzimmer seines Halbbruders schweifen. Hier hatte sich in den letzten 14 Jahren nichts verändert, er hatte seinen Vater öfter in diesem Zimmer gefunden, doch noch nie in so einem desolaten zustand wie heute. Er hatte immer gewusst das sein Vater Caren geliebt hat, das er es nur nicht so zeigen konnte und dann war diese Sache mit Onkel David gewesen. Er hatte immer noch Kontakt zu ihm, auch wenn Richard das nicht wusste, genauso wie zu Gabriel. Doch Caren hatte jeglichen Kontakt zu Richard unterbunden und Gabriel, der nicht viele Erinnerungen an seinen Vater hatte, liebte seinen Stiefvater als wäre es sein leiblicher. Adrian wusste, das wenn Richard dies herausbekommen würde, er total zusammenbrechen würde. Er stand ja jetzt schon kurz davor.

 

„Nur noch einmal,“ flüsterte Richard und seine Augen fixierten eine Imaginären Punkt an der Wand. „Nur noch einmal und dann ist es vorbei.“

 

„Ja Dad, dann ist es vorbei,“ schob er ihn sanft hinaus und in sein Schlafzimmer, als er die Türe hinter seinem Vater schloss lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken und sein Gefühl sagte ihm das es diesmal anders werden würde als die letzten male.

 

Kapitel 30

 

 

Fast alles war genauso wie bei ihrem Ersten Berlin Konzert, es würde wieder eine After Show Party geben, es gab geladene Gäste und VIP´s , alles also ganz normal?

Nein, nichts war normal, das musste auch Adrian schnell feststellen, sein Vater verbarrikadierte sich direkt nach der Ankunft in seiner Suite und leerte die Minibar, er erschien nicht zum Soundcheck und als er ihn dann endlich dazu bringen konnte die Suite zu verlassen sah er schrecklich aus. Unrasiert und mit tiefen Ringen unter den kleinen Augen, das Gesicht eingefallen und hager wirkend. Langsam aber sicher machte er sich vorwürfe, das er John und Steven unterstützt hatte ihr letztes gemeinsames Konzert in Berlin zu geben. Er hatte nicht gedacht das es seinen Vater so sehr mitnehmen würde, hatte in Jugendlicher Naivität die Augen davor verschlossen, das Richard hier seine Frau und er seine Stiefmutter verloren hatte. Oft hatte er sich das Video des Antrages angesehen und sich als er noch jünger war immer wieder gefragt warum sie ihn und seinen Vater nach so einem Antrag noch verlassen konnte. Doch je älter er wurde, desto mehr bekam er mit und irgendwann hatte er Mariella und seinen Vater soweit, dass sie ihm die ganze Geschichte erzählten. Richard hatte ihm damals sogar freigestellt seine Mutter kennen zu lernen wenn er das denn wollte, doch irgendetwas hatte ihn immer davon abgehalten. Sie wollte ihn nicht, er verspürte nicht das Bedürfnis diese Person kennen zu lernen, auch wenn sie inzwischen mit seinem Onkel verheiratet war. Er konnte nur hoffen, das sie heute nicht anwesend war. Richard würde eine Begegnung mit ihr in seinem Zustand nicht verkraften. Seine Gedanken wanderten zurück nach Hause, zu jenem Abend, an dem er Richard in Gabriels Zimmer vorgefunden hatte, betrunken und verzweifelt.

Adrian wusste, das er selber der Grund war warum sein Vater noch nicht ganz aufgegeben hatte. Er hatte ihm eine Kindheit ermöglicht, eine Zukunft, doch nun war er erwachsen, würde nach dem Sommer aufs College gehen, ihm standen alle Türen offen, dafür hatte Richard gesorgt. Und gerade deswegen beschlich ihn je näher sie der Halle kamen ein ungutes Gefühl. Fast so als würde sich etwas großes zusammenbrauen, etwas, was er nicht aufhalten konnte, was niemand mehr aufhalten konnte. Etwas, was schon seit 14 Jahren in Bewegung war und nun ausbrach.

Schweigend erreichten sie die Halle, schweigend traten sie auf den roten Teppich, schweigend erfüllte Richard Autogrammwünsche und immer noch schweigend betrat er seine Garderobe. Er teilte sich schon länger keine mehr mit John und Steven, irgendwann waren über seine Eskapaden ihre Freundschaft in die Brüche gegangen. Sie konnten einfach nicht mehr miteinander, etwas was sich auch in ihrem letzten Album wiederspiegelte und so beschlossen sie einen Schlussstrich zu ziehen.

 

Neugierig sah Adrian sich in dem Saal um, einige der VIP´s standen dort um die Stehtische herum und genossen den Cateringservice, John und Steven gesellten sich dazu, unterhielten sich. Er sah seine Großmutter Laura und seinen Opa Bernd, beide mit ihren Ehepartnern, er sah David, er sah Jürgen, Rokko und Agnes und er sah Lisa. Seine Miene verdunkelte sich, was wollte seine Mutter hier? Sie war doch der Grund, das sein Vater nicht glücklich sein durfte, nicht glücklich sein konnte. Er wandte den Blick ab, suchte Mariella und blieb an einer Person hängen, die sich gerade mit einem Jungen unterhielt, der vielleicht 4 Jahre Jünger war als er. Konnte das sein? War er wirklich hier? Seit der Einladung hatte er nichts mehr von ihm gehört. Schnell ging er einen Schritt näher, wollte ganz sicher sein, da sah er wie Richard von der anderen Seite aus auf die beiden Personen zuging. Auch er sah ungläubig aus, so als sähe er eine Fatahmorgana, als würden seine Sinne ihm einen Streich spielen und wahrscheinlich dachte er genau das.

 

Der junge Mann spürte die Blicke auf sich ruhen, kurz sah er nach rechts und erkannte seinen Bruder. Er lächelte ihm kurz zu, dann siegte der Drang nach links zu schauen, direkt in die grünen Augen seines Vaters.

Gabriel wich einen Schritt zurück, er hatte nicht viele Erinnerungen an ihn, aber das er so schlecht aussah, hatte Adrian nicht erzählt. Er presste die Lippen aufeinander, ging dann wieder auf ihn zu bis er schließlich vor ihm stand.

 

„Gabriel?“ flüsterte Richard nur und in seiner Stimme klang Ungläubigkeit mit.

 

Gabriel nickte nur, er konnte in den Augen seines Vaters lesen wie in einem offenen Buch. Seine Mutter sprach nicht viel über ihn, eigentlich gar nicht. Doch nun sah er zum ersten Mal den Schmerz, den dieser wohl empfand seit seine Mutter ihn verlassen hatte. Er konnte nicht anders, er überbrückte die letzte Distanz zwischen ihnen und umarmte ihn.

 

„Dad,“ flüsterte er nun auch und spürte etwas feuchtes an seinem Nacken.

 

„Gabriel, ich...ich...“ löste Richard sich von ihm und besah sich seinen Sohn genau.

 

„Schon gut Dad, Adrian hat es mir erklärt und Tante Mariella.“

 

„Ich wollte das so nie.“

 

„Ich weiß Dad, ich weiß.“ Nickte Gabriel beruhigend, „Ich bin nicht sauer auf dich, wie denn auch? Damals war ich noch zu klein und heute kenne ich die Wahrheit.“

 

„Du...du bist groß geworden.“

 

„Nun ja ich schätze das sollte ich auch,“ grinste er von einem Ohr zum anderen

 

„Weiß deine Mutter das du hier bist?“

 

„Gott bewahre nein!“ verdrehte er die Augen, „Das hat jetzt nichts mit dir zu tun,“ schob er dann schnell hinterher, „Ich weiß auch nicht, sie ist so...so immer will sie genau wissen wo ich bin, mit wem ich wo bin und überhaupt habe ich eigentlich Hausarrest.“

 

„Hausarrest?“ zog Richard eine Augenbraue hoch und sein Blick wanderte zwischen Gabriel und Adrian hin und her.

 

„Dami, hier kommt wohl mehr nach dir.“ Grinste Adrian nur, „Na los zeig ihm warum du eigentlich zu Hause auf deinem Zimmer sitzen müsstest.“ Forderte er dann seinen kleinen Bruder auf. Dieser zog die Ärmel des weißen Hemdes, welches er trug ein Stück nach oben, so das man zwei Tätowierungen über seinen Pulsadern sehen konnte.

Rage auf dem rechten und Love  auf dem linken Handgelenk.

Richard schluckte kurz, dann nickte er seinem jüngsten zu, er kannte den Song aus dem diese Worte kamen und er kannte die Bedeutung, genauso wie Caren. Da war es kein Wunder das sie ihm Hausarrest verpasst hatte.

 

„Können wir Richard?“ tauchte wie aus dem nichts Steven neben ihnen auf, „Sonst gibt das heute gar nichts mehr.“

 

„Schon gut, schon gut, ich komme ja schon!“ grummelte Richard, griff nach seiner Wasserflasche und drückte Gabriel noch einmal an sich, „Ich liebe dich mein Junge,“ flüsterte er, dann verschwand er Richtung Bühne.

 

 

Die Show war wiedererwarten ein voller erfolg, mit den Jahren waren auch die Fans älter geworden und doch gab es auch dieses mal wieder kreischende Teenies. Adrian verfolgte es vom unteren Bühnenrand zusammen mit Gabriel, Laura, Bernd und Mariella. David war mit seinem Sohn Fabian bei Jürgen, Rokko und Agnes während Lisa und Friedrich zusammen mit Helga etwas abseits standen. Chelsea und Constance hatten sich unter die Fans gemischt um ihrem Onkel zu zujubeln.

 

Immer wieder nahm Richard einen großen Schluck aus der Wasserflasche, er hatte sie zur Hälfte mit Gin gefüllt und zu anderen hälfte mit Tonic Water, dazu noch ein wenig der Spezialmischung. Er brauchte das um dies hier durchzustehen, kurz nach beginn der Show hatte er Lisa und Friedrich entdeckt, spürte ihre Blicke die ganze Zeit über auf sich. Es ging dem Ende zu, das letzte Stück und dann noch eine Zugabe, da würde er heute nicht drum herum kommen. Die letzten Akkorde verhallten, das Licht ging aus und er stolperte zum Bühnenaufgang, leerte den restlichen Inhalt der Flasche in einem Zug und torkelte wieder hinaus. Als er wieder in der Mitte der Bühne, auf dem Steg zwischen den Fans, zum stehen kam richtete sich der Spot auf ihn. Mechanisch begann er zu spielen, seine Finger wurden schwer, er traf nicht jeden Ton, doch das schien niemanden zu kümmern.

 

 

 Another turning point, a fork stuck in the road
Time grabs you by the wrist, directs you where to go
So make the best of this test, and don't ask why
It's not a question, but a lesson learned in time

It's something unpredictable, but in the end it's right.
I hope you had the time of your life.

So take the photographs, and still frames in your mind
Hang it on a shelf in good health and good time
Tattoos of memories and dead skin on trial
For what it's worth it was worth all the while

It's something unpredictable, but in the end it's right.
I hope you had the time of your life.

It's something unpredictable, but in the end it's right.
I hope you had the time of your life.

It's something unpredictable, but in the end it's right.
I hope you had the time of your life

 

Er spielte die Schlussakkorde, konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, der Jubel der Fans wurde zu einem überdimensionalen Rauschen, sein Blick trübte sich. War das wirklich ein Tunnel, der da auf ihn zukam?

Mein Junge hörte er eine bekannte Stimme flüstern, dann wurde ihm schwarz vor Augen und mit einsetzen des Pyroeffektes schlug er auf der Bühne auf.

 

 

 THE END 

 

  

 

 

 

Epilog

 

 

„Verdammt noch mal David was fällt dir denn ein? Gerade jetzt wo wir nicht wissen wie es mit Kerima weitergeht kommst du mit einer Scheidung um die Ecke?!“ tobte Lisa durch den Konferenzraum.

 

„Der Zeitpunkt für eine Scheidung ist doch nie gut!“ gab David genervt zurück, er hatte jetzt keine Lust auf eine Diskussion mit seiner noch Ehefrau. Gleich würden die ersten Mitglieder zur Vorstandssitzung erscheinen, auf der es um Richards Anteile ging und was dies für Kerima zu bedeuten hatte.

 

„Jetzt tu doch nicht so, als wäre es nicht schon schlimm genug das dein Sohn Schwul ist!“

 

„Fabian ist immer noch unser Sohn und wenn er Schwul ist, dann ist er es halt! Das können wir nicht ändern!“

 

„Und ob wir das ändern können, keine Cent wird er von uns sehen wenn er sich nicht besinnt!“

 

„Du bist doch wirklich nicht mehr ganz Dicht! Er ist dein Sohn!“

 

„Nein, so etwas ist nicht mein Sohn!“

 

David schüttelte nur noch mit dem Kopf, falls er noch irgendeinen Zweifel wegen der Scheidung gehabt hatte, nun hatte er keinen mehr. Wie konnte sie nur so Gefühllos sein? Er hätte es wissen müssen, schon seit Damals als sie Adrian ablehnte. Aber er konnte auch nicht zulassen das sie sein Kind abtrieb, also war er geblieben, hatte sich von ihr erpressen lassen, doch nun war es genug. Sollte sie sehen wie sie weiterhin klar kam, er würde sie nicht mehr unterstützen. Sie saß nur im Vorstand weil sie mit ihm verheiratet war, das würde sich auch bald ändern. Er hatte auf seine Mutter gehört und einen Ehevertrag vor der Hochzeit aufgesetzt, den sie auch unterschrieben hatte. Ihr würde keine einzige Aktie von ihm bleiben.

„Weißt du Lisa, vielleicht ist es besser so. Fabian bleibt bei mir, zu dir will er nicht und ich finanziere ihm seine Schullaufbahn und sein Designstudium.“

 

„Jetzt will er auch noch Design studieren?! David du musst das unterbinden!“

 

„Ich muss gar nichts Lisa. Ich diskutiere mit dir nicht mehr darüber, du hörst von meinem Anwalt und dann werden wir weitersehen.“ Setzte er sich auf seinen Platz und wartete. Jeden Moment konnten die Restlichen Mitglieder eintreffen. Gestern war Richards Beerdigung gewesen, noch nicht einmal dort hatten es Lisa und sein Vater für nötig gehalten aufzutauchen. Bei Lisa war er deswegen ganz froh, aber Friedrich konnte er das nicht verzeihen. Selbst Sophie war gekommen und hatte um ihren Sohn getrauert und das obwohl sie seit fast 25 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm hatte.

Es war Richards Wunsch gewesen neben Claus begraben zu werden, Adrian hatte an dem Abend seines Zusammenbruchs, sein Tagebuch in der Suite gefunden, dort hatte er alles aufgeschrieben. David war der einzige der davon wusste, er war auch der einzige der wusste das Adrian und Gabriel gerade bei einem Berliner Notar waren. Er konnte nur hoffen, das es schnell gehen würde und sie noch vor Ende der Sitzung kommen würden. Er selber hatte keine Ahnung was Lisa und sein Vater planten in Bezug auf Richards Anteile.

Die Türe öffnete sich und die ersten Mitglieder traten in den Konferenzraum, sie verteilten sich noch in losen Gruppen, bedachten Lisa und David mit einem freundlichen nicken. Niemand der anwesenden Herren schien es abwegig zu finden, das David einen schwarzen Anzug trug, nur Lisa war dagegen gewesen das er ihn anzog.

Erneut öffnete sich die Türe und Friedrich, Hugo, Mariella und Sophie betraten den Raum, es konnte also losgehen.

 

Sofort eröffnete der Vorsitzende die Sitzung, es stand nur ein Punkt auf dem Plan. Was ist mit Richards Anteilen? Sofort entbrannte eine Diskussion darüber wer wohl der Erbe sein würde. Die meisten Favorisierten Sophie und Mariella, doch sie winkten ab. Mariella hatte selber genug Aktien und Sophie rechnete nicht damit, das ihr Sohn sie in seinem Testament bedacht hatte.

Irgendwann waren sie dann soweit, das sie die Aktien einfach von dem neuen Besitzer aufkaufen würden, diese Idee kam von Lisa und Friedrich und alle ausser David schienen sich darüber zu wundern.

 

„Sie wissen schon das, das nicht so einfach möglich sein wird Frau Seidel?“ fragte einer der Bankiers.

 

„Das wird schon gehen.“ Antwortete Lisa jedoch nur hochnäsig, „An wen soll er denn vererben wenn nicht an seine Schwester oder seine Mutter? Dann bleibt ja nur noch eine Bank übrig und ich denke entweder wird diese mit uns zusammen arbeiten oder verkaufen.“

 

„So einfach wie sie sich das Vorstellen wird es nicht gehen. Wir sollten uns erst einmal in Ruhe mit den jeweiligen Personen zusammen setzten und uns ihre Meinung anhören und dann zusammen weiter überlegen was das beste für Kerima ist.“

 

 

„Das sehe ich ganz genauso,“ hörte man plötzlich eine Stimme von der Türe her, niemand hatte bemerkt wie diese sich geöffnet hatte und Adrian und Gabriel eingetreten waren.

 

„Was will der denn jetzt hier?“ fragte Lisa nur und funkelte Adrian wütend an, „Dies ist eine Vorstandssitzung, da platzt man nicht einfach so rein!“

 

„Ich weiß, aber da es hier um unseren Anteil an den Kerima Aktien geht, denke ich haben wir ein Recht hier zu sein.“

 

Lisa und Friedrich wechselten einen Blick dann grinsten sie überheblich.

 

„Nun gut,“ begann Friedrich nun, „ Dann können wir ja direkt zum Thema kommen. Setzt euch, verkauft ihr zum gerade gültigen Kurs?“

 

Adrian und Gabriel wechselten einen Blick während sie sich setzten, dann ergriff Adrian wieder das Wort. „Nein das werden wir nicht!“

 

„Und ob ihr verkaufen werdet,“ schnaubte Lisa, „Ihr seid doch noch halbe Kinder, ihr könnt hier nicht einfach so reinplatzen und Unternehmer spielen.“

 

„Und ob wir das können und um den Sachverhalt endlich klarzustellen. Ich habe das Stimmrecht für Gabriel, da er noch nicht volljährig ist und ich denke nicht daran meine Aktien zu verkaufen. Im Gegenteil, mir steht rechtmäßig ein Platz bei Kerima zu und den werde ich auch einfordern, spätestens nach meinem Studium.“ Machte er eine kurze Pause, sein Blick fixierte Lisa, „Mutter!“

 

Es war totenstill im Konferenzraum, man hätte ohne Probleme eine Stecknadel fallen hören können. Dann räusperte sich einer der Bankiers.

 

„Entschuldigung, sie haben sich noch nicht vorgestellt.“

 

„Adrian von Brahmberg,“ antwortete er ruhig und zeigte dann auf seinen Bruder, „Und mein Bruder Gabriel.“

 

Wieder stille, dann lachte Lisa schrill auf, „Da kann ja jeder kommen.“

 

„Nein da kann nicht jeder kommen,“ ergriff Mariella zum ersten Mal das Wort, „Es sind Richards Söhne und Adrian ist auch deiner.“

 

„So ein Quatsch, wo habt ihr diese Hochstapler aufgegriffen Mariella?“ fragte Friedrich, „Das ihr so etwas überhaupt nötig habt.“

 

„Sie haben es nicht nötig,“ klang Davids Stimme ruhig durch den Raum, „Es ist wahr, Adrian ist Lisas Sohn, das Kind, das sie damals zur Adoption freigegeben hat. Nur hat der Leibliche Vater, in diesem Fall Richard, auch Rechte. Er hat ihn damals zu sich genommen.“

 

„Woher willst du das wissen?!“ keifte Lisa, all ihre Pläne stürzten an diesem Tag über ihr zusammen.

 

„Weil ich dabei war.“ Antwortete David immer noch ruhig.

 

„Nun gut,“ erhob sich der Vorsitzende nun, „Ich denke das wir dann hier fertig sind. Herr von Brahmberg, herzlich willkommen bei Kerima.“ Damit stand er auf und verließ gefolgt von den anderen den Saal.

 

Lisa hingegen starrte Adrian nur an, das sollte ihr Sohn sein? Nein, das hatten sich Sophie und Mariella nur schön ausgedacht. Das ging nicht, das durfte nicht sein.

„Dieser Bastard ist nie im Leben mein Sohn!“

 

Die Augen der verbliebenen richteten sich nun auf Lisa und Adrian, der ebenfalls aufgestanden war. Mariella sog scharf die Luft ein, sie wusste nicht wie Adrian darauf reagieren würde. Er hatte sich nie anmerken lassen was er über seine Mutter dachte, was er fühlte. Ganz langsam ging er nun auf Lisa zu, blieb dicht vor ihr stehen und beugte sich zu ihr hinunter, so das sein Gesicht nun nah vor ihrem war.

 

„Ich konnte auch immer auf so eine Mutter verzichten.“ Zischte er, „Und Fabian kann es auch. Du hast meinen Vater auf dem Gewissen, du und all die anderen Engstirnigen Idioten hier,“ holte er aus und deutete auf Friedrich, „Du bist herzlos und kalt und ich werde dir das Leben zur Hölle machen.“ Damit drehte er sich rum, nickte David zu und verließ zusammen mit Gabriel den Raum.

 

 

 

Es war ein regnerischer September Morgen, langsam lenkte er seine Schritte über die Grünanlage des Friedhofes bis er vor einem Grab zum stehen kam. Langsam ging er in die Hocke, strich zärtlich über den Grabstein.

 

„Hi Dad,“ flüsterte er dann, „ Ich wollte dich noch einmal besuchen kommen bevor ich wieder in die Staaten fliege. Ich habe alles geregelt, Gabriel wird erst einmal Abitur machen und dann will er weiter sehen. Er weiß noch nicht so genau was er danach machen will, aber so wie ich ihn kenne wird er in deine Fußstapfen treten. Er verbringt ja jetzt schon jede freie Minute mit seiner Band und ich weiß das sie es schaffen könne. Immerhin hat er dein Talent geerbt. Und ich, tja ich werde mein BWL Studium anfangen, so wie ich es geplant hatte. Jetzt weiß ich auch wofür ich es mache. Kerima ist ein großes Ziel, aber ich pack das schon. David hat ja soweit alles im Griff und Fabi wird wirklich Design studieren. Zusammen kriegen wir den Laden schon wieder ganz nach oben an die Spitze und....und ich kann dann auch öfter bei dir sein.

Du fehlst mir Dad,“ brach seine Stimme und er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, „Auch wenn ich weiß wo ich hinwill, ohne dich ist es schwer. Du warst doch immer für mich da, vom ersten Moment an. Ich wollte....wollte dir noch sagen das du nichts falsch gemacht hast, das wollte ich dir schon so lange sagen. Ich wäre nicht der, der ich heute bin ohne dich. Du warst ein Wunderbarer Vater, der beste den man sich vorstellen konnte. Auch wenn du viel unterwegs warst, um nichts in der Welt hätte ich tauschen wollen.“ Wusch er sich mit dem Ärmel über das Gesicht, „ Gabriel und ich, wir werden dein Erbe weiterführen und wir werden glücklich sein. Das verspreche ich dir.“ Etwas mühsam stand er auf, hielt sich an dem Grabstein fest und strich liebevoll über den Eingravierten Namen, „Ich liebe dich Dad,“ flüsterte er noch einmal, dann wandte er sich ab und machte sich auf den Weg zurück zu seinem Wagen.

Die Wolkendecke riss auf, der Regen versiegte und ein einzelner Sonnestrahl kitzelte ihn an der Nase. Er blickte hoch, sah eine einzelne weiße Wolke, die sich schneller bewegte als die anderen.

 

„Danke Dad,“ flüsterte er gen Himmel, dann öffnete er die Wagentüre und fuhr in Richtung Flughafen.

 

 

 
 
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