(Fortsetzungs-FF ! Bitte erst ViB 4, Broken und Hopeless lesen!)
Fallin`
Kapitel 1
Vorsichtig strich Lisa Gabriel über den doch schon kräftig vorhandenen Haarschopf, sie konnte immer noch nicht glauben, das Sabrina tatsächlich Mutter war. Obwohl in letzter Zeit konnte sie so vieles nicht glauben. Zu viel war passiert und doch hatte sich wie durch ein Wunder alles zum Guten gewendet. Wieder einmal erinnerte sie sich an diesen einen verhängnisvollen Nachmittag wo sie zusammen mit David in der Waldklinik gewesen war. Vor ihrem inneren Auge sah sie erneut wie Rokko die Waffe auf sie richtete, sie sah David, der beide Kugeln abfing.
David, sie war so froh das es ihm langsam wieder besser ging, die erste Kugel hatte ihn in den Bauch getroffen, die zweite saß in der Lunge. Nie würde sie vergessen wie er blutend in ihren Armen gelegen und ihr gesagt hatte das er sie immer lieben würde und immer bei ihr wäre. Zu ihrem Glück hatten einige Pfleger, unter anderem auch Kai die Schüsse gehört und waren sofort nach draußen geeilt, woraufhin Rokko die Flucht ergriffen hatte.
Rokko, noch immer war er auf der Flucht, noch immer hatten sie ihn nicht gefasst. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken und sie schmiegte Gabriel an sich. Da war sie wieder, die Angst das er zurück kommen könnte um endlich zu vollenden was er angefangen hatte.
Deswegen standen sowohl Lisa als auch David unter Personenschutz, Lisa viel das zwar nicht wirklich auf, weil die zuständigen Beamten das wirklich diskret machten, doch bei David im Krankenhaus sah das schon wieder anders aus. Dort saß immer jemand vor seiner Türe. Wieder erschauderte sie wenn sie an die ersten Wochen zurück dachte, sie hatte keine Hoffnung mehr gehabt, ja sie hatte sich und ihn aufgegeben und das schon wo er in ihrem Armen lag. Doch sie hatte sich geirrt, er hatte es geschafft, man hatte ihn gerettet, wenn es auch mehr als kritisch gewesen war am Anfang. In einer großen OP, in der man ihn zwei Mal wiederbeleben musste hatte man ihm die Kugeln aus dem Körper geholt und versucht zu retten, was noch zu retten war. Sie hatten ihm die Milz entfernt, eine Niere und einen Teil der getroffenen Lunge. Man hatte ihnen gesagt aufgrund der Schwere, der Verletzung sei dies ein gutes Zeichen, doch zuerst hatte sie es nicht wirklich glauben können, genauso wenig wie Laura Seidel. Beide Frauen waren in den ersten beiden Wochen, in denen die Ärzte David in ein künstliches Koma gelegt hatte, zusammengewachsen. Sie hatten zusammen an seinem Bett gewacht oder sich abgewechselt, bis Richard, Syd und auch Friedrich ihnen Ruhe und Erholung verordneten. Es war ihnen schwer gefallen zu Hause zu bleiben, alles in ihnen zog sie zu ihm, doch Friedrich hatte eisern darauf geachtet das sie auch einmal an sich dachten. In dieser Zeit hatte Lisa in der Villa Seidel gelebt, einfach damit man ein Auge auf sie haben konnte und sie nicht alleine war. Schnell hatte sie festgestellt, dass sie es in Syds Wohnung nicht aushielt, das ihr dort allein die Decke auf den Kopf fiel.
Doch jetzt sah es schon wieder anders aus, fünf Wochen war das ganze nun schon her und David ging es von Tag zu Tag ein bisschen besser. Zudem hatte Sabrina auch den kleinen Gabriel zur Welt gebracht und Lisa genoss jede Minute, die sie mit ihm verbringen konnte.
„Kannst du Gabriel schon anziehen?!“ rief Sabrina ihr aus dem Bad zu, wo Laura ihr half in ihr Brautkleid zu steigen.
„Ja sicher.“ Rief Lisa zurück und nahm den kleinen hoch um mit ihm zur Wickelkommode hinüber zu gehen.
Heute sollte es dann soweit sein, Richard und Sabrina würde heiraten. So ganz konnte Lisa das immer noch nicht fassen. Richard wollte tatsächlich die volle Familienpackung, obwohl er doch nie ein Familienmensch gewesen war.
`Da siehst du mal wie schnell sich die Zeiten ändern´ sagte sie zu sich selbst, während sie Gabriel frisch wickelte und ihm dann einen dunkelblauen, schlichten, aber irgendwie auch eleganten Strampler anzuziehen.
Richard saß derweil bei Syd im Wohnzimmer und spielte nervös an seiner Fliege rum. Immer noch hatte er ein flaues Gefühl in der Magengegend was die Hochzeit anging. Nicht das er Sabrina nicht lieben würde und auch Gabriel war sein ein und alles obwohl er wusste das es nicht sein Sohn war, es war mehr so das die Erlebnisse der letzten Wochen immer noch wie ein dunkler Schatten über ihm hingen. Er wusste schlicht und einfach nicht ob es wirklich der geeignete Moment für eine Hochzeit war. Doch Syd und auch David hatten ihn schließlich darin bestärkt am schon länger geplanten Termin festzuhalten.
„Du kannst das was geschehen ist nicht als Vorwand nehmen um deine kalten Füße zu überspielen.“ War Davids Kommentar zu dem ganzen gewesen, der ihm zwar stockend aber mit erstaunlich fester Stimme über die Lippen gekommen war.
Und so hatte er jeden von Richard aufgeführten Grund warum er die Hochzeit verschieben müsse abgeschmettert. Natürlich war David schon von Syd auf Richards Zweifel vorbereitet worden, doch auch so wusste er, das sein Bruder sein Glück mehr als verdient hatte. Wie oft war er in den letzten beiden Jahren für ihn da gewesen und nun konnte er sich endlich mal halbwegs revanchieren, auch wenn er im Moment im wahrsten Sinne des Wortes flach lag.
Daraufhin hatte Richard noch das Argument aufgebracht, das er nicht heiraten wolle solange David nicht kommen konnte, woraufhin dieser nur gelächelt hatte.
„Du wirst schon sehen Bruderherz, ich werde da sein und wenn ich hier ausbrechen muss.“ Waren seine Worte gewesen.
Richard schüttelte den Kopf und David hatte Recht behalten, er würde heute da sein, wenn auch nur zur Trauung und danach nur kurz beim Empfang, aber er würde da sein.
Er bemerkte nicht wie Syd zu ihm trat, bewaffnet mit einer Flasche Haarspray und einer Tube Haargel.
„So da lass mal den Starfriseur an deine Härchen.“ Witzelte er und holte Richard somit ins hier und jetzt zurück.
„Was?“ sah dieser auf und sah Syd wie er ihn angrinste, „Das ist nicht dein Ernst oder?“
„Und ob das man ernst ist oder willst du Sabrina so heiraten?“
„Lass mal ich mach das schon selber.“ Wollte Richard ihm die Sachen abnehmen.
„Nichts da, so nervös wie du bist siehst du nachher aus wie ein billiger Mafiosi. Vertrau mir einfach.“ Lächelte Syd und trat einen Schritt näher heran.
„Du weißt aber schon das wir keine Zeit haben dein Missgeschick noch von einem wirklichen Friseur wieder richten zu lassen?“ beäugte Richard ihn immer noch skeptisch.
„Glaub mir den wirst du nicht brauchen, wenn du jetzt endlich mal still sitzen bleiben würdest. Ich style dir doch nur die Haare, ich schnippel da schon nicht dran rum, keine Sorge.“ Drückte er Richard wieder auf das Sofa.
Richard seufzte nur auf, ließ Syd aber dann gewähren, eine andere Wahl hatte er auch gar nicht. Denn wenn er eins festgestellt hatte dann, das wenn Syd sich einmal was in den Kopf gesetzt hatte dann konnte man ihn nur sehr schwer, wenn überhaupt wieder bremsen. In dieser Hinsicht war er wie David, anscheinend eine Eigenschaft, die Laura jedem ihrer Sprösslinge vererbt hatte.
Kapitel 2
David drehte sich langsam um als er die Türe der Kirche gehen hörte, es waren neben ihm und Friedrich schon einige Gäste anwesend, doch er wartete eigentlich nur auf seinen Bruder. Als er ihn dann endlich sah wollte er aufstehen, doch sein Vater legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte ihn so bestimmt wieder auf die Bank zurück.
„Bleib sitzen David, sie kommen doch eh nach hier vorne.“ Sagte Friedrich.
„Aber....“
„Kein Aber Junge, du bist krank und du sollst dich nicht überanstrengen.“ Schüttelte Friedrich den Kopf, was auch Syd und Richard nicht entging. Richard begrüßte die anderen schon anwesenden Gäste kurz um dann schnellen Schrittes zu seinem Vater und seinem Bruder zu eilen.
„Hallo David,“ kniete er sich zu ihm hinunter, „Wie geht´s dir?“ umarmte er ihn vorsichtig.
„Danke bestens,“ gab David grinsend zurück.
„Hey kleiner, keine Falschaussagen bei einer Hochzeit.“ Grinste Syd ihn daraufhin an und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Nein wirklich,“ gab David zurück, „Ich weiß gar nicht warum die mich nicht eh gehen lassen.“
Richard und Syd schüttelten nur mit den Köpfen, aber das war typisch David und zeigte ihnen das es wirklich kontinuierlich Bergauf mit ihm ging. Auch ihnen saß der Schock, der letzten Wochen immer noch in den Knochen. Zu frisch waren die Erinnerungen an Kais Anruf und die Zeit des Wartens, Bangens und Hoffens ob er es schaffen würde.
„Na so schnell werden sie dich erst mal nicht rauslassen David,“ sagte Richard streng, doch ein lachen umspielte seine Augen, „Lass es ruhig angehen, du hast uns in letzter Zeit mehr als einen Schock eingejagt. Das reicht für die nächsten 10 Jahre.“
„Schade,“ murmelte David daraufhin nur.
„Was hast du gesagt?“ hakte Syd nach.
„Ich habe gesagt das ich das auch so sehe.“
„Ah ja,“ fing er sich trotzdem einen skeptischen Blick seiner Brüder ein, „komm Richi, gleich werden wir dich erst einmal unter die Haube bringen.“ Wandte er sich nun an Richard und die beiden gingen zum Altar. Die Kirche war inzwischen schon fast voll, es fehlten nur noch Lisa, seine Mutter, Mariella und Sabrina.
Mariella, sie war eigentlich Davids Überraschung für heute, es war das erste mal seit ihrem Umzug, das sie wieder in Deutschland war, auch wenn sie nach der Nachricht das er angeschossen wurde sofort hatte kommen wollen.
Die Türe wurde erneut geöffnet und Mariella betrat gefolgt von Lisa und Laura, die Gabriel auf dem Arm hatte die Kirche. Leise gingen die drei nach Vorne, Mariella und Laura nickten Richard und Syd zu während Lisa kurz zu David ging und ihm einen zärtlichen Kuss gab, dann stellte auch sie sich als Trauzeugin von Sabrina nach vorne.
David hingegen sah erstaunt auf die Person, die sich neben ihn setzte und ihn herzlich anstrahlte. Niemand hatte ihm gesagt das Mariella auch zur Hochzeit kommen würde, aber er hatte auch nicht nachgefragt.
„Mariella?“ fragte er leise, aber dennoch erstaunt.
„Hallo David,“ flüsterte sie zurück umarmte ihn kurz und erschrak als sie spürte wie dünn er war.
„Bist...bist du nur wegen der Hochzeit hier?“
„Nein,“ schüttelte sie den Kopf, „ich bleibe noch ein wenig. Ich kann Max und Sydney doch nicht alleine lassen wenn Richard auf Hochzeitsreise ist.“ Zwinkerte sie ihm zu und sah wie das Lächeln in seinem Gesicht immer Breiter wurde.
„Das heißt wir werden uns öfter sehen.“ Es war eine Feststellung und keine Frage.
„Sicher so oft es geht werde ich dich besuchen kommen.“
„Oder ich dich.“ Blitzte es in seinen Augen auf.
„David Seidel, du wirst schön brav bleiben.“ Ermahnte sie ihn lächelnd.
„Mariella, du weißt doch ich bin immer brav.“ Erwiderte er jedoch nur.
„Ja sicher und gerade deshalb erinnere ich dich noch einmal daran.“ Gab sie ihm freundschaftlich einen Klaps auf die Hand.
„Ach Mariella,“ seufzte er und lehnte seinen Kopf an ihre Schulter, „ich freue mich dich wieder zu sehen.“
„Ich freue mich auch das du es noch nicht geschafft hast das sie dich anketten.“ Lockerte sie die Situation sofort wieder auf.
„Na da sind so nette Schwestern, die würden es nicht übers Herz bringen mich anzuketten.“ Witzelte er.
„Lass das nicht Lisa hören mein Lieber. Und ich sage dir brich ihr ja nicht das Herz.“
„Das werde ich nicht, sie ist die Frau meines Lebens,“ warf er einen verträumten Blick hinüber zum Altar. Langsam glitten seine Gedanken vom eigentlichen Thema ab, er hatte nur noch Augen für Lisa. Nie hatte er sich gefragt ob er das Richtige getan hatte als er sich vor sie geworfen und die Kugeln abgefangen hatte. Er wusste das er das Richtige getan hatte, er könnte nicht damit Leben wenn es anders Ausgegangen wäre. Lisa war sein ein und alles, auch wenn sie ihm weh getan hatte, wie oft hatte er das in der weiter zurückliegenden Vergangenheit getan? Und er war ihr doch deswegen nicht mehr böse, im Gegenteil eigentlich müsste er sich auch deswegen bei ihr bedanken. Immerhin hatte er sich dadurch mit Richard ausgesprochen und er hatte einen neuen Halbbruder bekommen. Was wäre er jetzt wenn es Richard und Syd nicht gäbe? Fragte er sich, wahrscheinlich immer noch der Playboy, der die Herzen der Frauen brach, vor allem derer die ihm wirklich etwas bedeuteten. Er sah wie Lisa ihm zulächelte, er lächelte zurück und sah dann entschuldigend zu Mariella, doch diese hatte sich seiner Mutter und ihrem kleinen Neffen zugewandt.
Die Türen der Kirche wurden erneut geöffnet, die Musik setzte ein und Sabrina schritt lächelnd am Arm ihres Vaters den Mittelgang entlang. Richard, der vorher mit Syd zusammen David und Mariella beobachtet hatte, hatte nun nur noch Augen für seine Braut, zum ersten Mal sah er sie in ihrem Kleid. Hugo hatte es entworfen, das hatte er sich nicht nehmen lassen. Es war nicht strahlend weiß, sondern war in einem leichten beige gehalten. Zarte Perlen zierten die Corsage und den Rückenausschnitt, die Schleppe fiel sanft und war nicht zu lang. Sie trug ihre Haare Hochgesteckt und auch darin fanden sich die Perlen wieder. Richard konnte seinen Blick gar nicht von ihr lassen, sie sah einfach umwerfend aus. Für den Moment vergaß er all seine Sorgen, sie rückten in weite Ferne, es gab nur noch sie und ihn. Endlich hatte sie ihn erreicht, sie lächelte leicht. Der Pfarrer begann mit der Zeremonie, doch Richard hatte nur Augen für Sabrina. Draußen würde schon die Hochzeitskutsche auf sie warten, die sie zum Empfang bringen würde. Er sah wie Lisa sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel wischte, doch dann besann er seine Aufmerksamkeit auf die Worte des Pfarrers.
„Und so frage ich sie Richard von Brahmberg, wollen sie die hier anwesende Sabrina Hofmann zu ihrer rechtmäßigen Frau nehmen, sie lieben und ehren in guten, wie in schlechten Tagen? So antworten sie mit, ja ich will.“
Er sah ihr in die Augen, er lächelte und antwortete dann mit leicht zittriger Stimme.
„Ja, ich will.“
„Und so frage ich auch sie Sabrina Hofmann, wollen sie den hier anwesenden Richard von Brahmberg zu ihrem rechtmäßigen Mann nehmen, ihn lieben und ehren in guten, wie in schlechten Tagen? So antworten auch sie mit, ja ich will.“ Wandte der Pfarrer sich nun an Sabrina, während Syd aus seiner Innentasche des Jacketts die Ringe hervorholte.
Doch Sabrina zögerte, sie sah Richard an und plötzlich fuhren ihre Gefühle Achterbahn. Je länger die Stille andauerte, desto größer wurde die Anspannung in der Kirche. Konnte sie Richard heiraten? Beging sie da nicht gerade einen großen Fehler? Sie wusste er würde alles für sie tun, aber wollte sie das auch? Wollte sie ihm weiter etwas Vorspielen? Würde sie es geheim halten können wer der wirkliche Vater von Gabriel war? Und hatte Jürgen nicht auch ein Recht zu erfahren das er Vater war? Überhaupt spukte Jürgen auf einmal in ihrem Kopf herum, die Gemeinsame Nacht, ihre treffen in seinem Kiosk. Sie war sich nicht mehr sicher ob sie Richard wirklich aufrichtig liebte. Und die Frage des Pfarrers schnürte ihr die Kehle zu, sie fühlte sich plötzlich wie eingesperrt. Sie wusste alle Augen waren nun auf sie gerichtet, tränen stiegen in ihre und sie fasste ihre Entscheidung.
„Ich....“ begann sie, „Ich....es tut mir Leid Richi, aber ich kann nicht.“ Liefen ihr nun die Tränen über das Gesicht, „Ich...ich weiß nicht ob ich dich noch liebe und...und Gabriel ist auch nicht dein Sohn, es tut mir leid.“ Dann drehte sie sich um, nahm Laura Gabriel ab und rannte mit ihm aus der Kirche.
Kapitel 3
Richard hörte ihre Worte, doch er konnte es nicht glauben, Erstaunen und Ratlosigkeit zeichneten sich auf seinem Gesicht ab, als er ihr hinterher sah, unfähig irgendetwas zu sagen oder ihr gar Nachzulaufen.
Er sah wie sich ihre Familie erhob und ebenfalls die Kirche verließ, geschah das grade wirklich? Ließ sie ihn tatsächlich hier stehen, bei ihrer Hochzeit?
„Richard?“ hörte er Syd fragen, „Richard?“
Doch er konnte nicht reagieren, sein Blick war immer noch starr auf die Türe der Kirche gerichtet. Er spürte eine Hand auf seiner Schulter, er wusste es war Syd oder Lisa, er hatte nicht mitbekommen, wie die anderen Gäste nun auch aufstanden. Sein Vater begleitete sie nach draußen, Laura, Mariella, David, der von ihr gestützt wurde und Sophie traten zu ihnen.
Der Pfarrer räusperte sich kurz, dies war das erste mal das ihm so etwas passierte. Noch nie hatte eine Braut oder ein Bräutigam den jeweilig anderen vor dem Altar stehen lassen und er war nun auch schon fast 30 Jahre im Dienst. Der Pfarrer musste zugeben das er mit der Situation überfordert war, ihm fehlten die Worte. Er fing einen Blick von Syd auf, dieser nickte ihm zu und so zog er sich fürs erste zurück. Herr von Brahmberg war bei seiner Familie in guten Händen.
Mariella und Laura drängten David sanft auf die Stufen, so das er sich auf ihnen Niederließ. Sie wussten das er noch nicht so fit war wie er gerne sein wollte, doch sie hatten ihn auch nicht in der Bank sitzen lassen können.
Richard sah wie David auf ihn zukam, sein Blick folgte ihm, als er sich auf die Stufen setzte. Er begann zu zittern und ehe er sich versah, saß er neben ihm und vergrub den Kopf in seinen Händen. Auch Syd hockte sich nun zu ihnen, während Mariella, Laura und Lisa sich zurück zogen. David und Syd würden sich um Richard kümmern. Sie waren da jetzt fehl am Platz, nur Sophie schien das nicht zu bemerken, sie blieb vor ihrem Sohn stehen und schüttelte den Kopf.
„Wie konnte das nur passieren Richard?“ fragte sie ihn und in der Stille schien ihre Stimme doppelt so laut von den Wänden wiederzuhallen. „Wie konntest du nur zulassen, das diese Schlampe unsere Familie blamiert?“
David und Syd zogen nur scharf die Luft ein, beide wussten sie das Sophie vorher besser hätte überlegen sollen was sie sagte doch nun war es zu spät. Richards Kopf schnellte hoch, er starrte seine Mutter an und in seinen Augen sah man den Hass, den er für sie Empfand.
„Erklär mir bitte wie du das wieder gerade biegen willst? Du bist nicht David, der sich mit jeder ungestraft einlassen kann.“ Warf sie einen abfälligen Blick zu Lisa hinüber.
Nun sah auch David sie Hasserfüllt an, er machte Anstalten aufzustehen, doch Richard hielt ihn zurück. Langsam erhob er sich und stand nun direkt vor Sophie.
„Ich muss nichts wieder gut machen,“ sagte er und seine Stimme war gefährlich leise, „Und was dein Ansehen angeht, so ist das nicht mein Problem. Wenn du denkst das du heute dein Ansehen verloren hast, da kann ich dich beruhigen. Das hast du schon lange vorher verloren, nämlich genau an dem Tag als du angefangen hast zu saufen und wenn jemand das Ansehen unserer Familie in den Dreck zieht dann DU elende Säuferin!“ wurde er immer lauter.
Sophie sah ihn erschrocken an, doch sie fing sich schnell wieder, „Wag es nicht mich anzuschreien, ich bin immer noch deine Mutter.“
„Das sehe ich anders und jetzt verschwinde aus meinem Leben bevor ich mich vergesse.“ Ging er auf sie los und konnte nur mit Mühe von Sydney zurück gehalten werden.
Sophie sah ein, das sie im Moment bei Richard nichts ausrichten konnte. Sie schüttelte den Kopf, so wie er sich verhielt war er es nicht Wert ein von Brahmberg zu sein. Sollte er doch zurück zu diesen Seidel Weicheiern gehen und endgültig gesellschaftlich Absteigen, was kümmerte sie das? Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und verließ die Kirche.
Syd konnte Richard nun auch wieder loslassen, vorsichtig trat er vor ihn und sah ihn eine weile an, es schien als würde er durch ihn hindurchsehen.
„Komm,“ nahm er ihn dann in den Arm, „Komm Richi lass uns gehen.“ Sagte er dann sanft. Auch David hatte sich mit Mariellas und Lisas Hilfe wieder aufgerappelt und saß nun in dem Rollstuhl, der vorher an der Wand gestanden hatte.
Richard nickte nur, löste sich dann von Syd und ging auf den Ausgang zu, die Anderen folgten ihm. Als er die hälfte des Weges zurückgelegt hatte drehte er sich allerdings noch einmal um.
„Ich wäre jetzt gerne alleine,“ sagte er leise und ging dann weiter.
Die Anderen blieben stehen, schauten ihm hinterher bis er die Kirche verlassen hatte und setzten sich erst dann wieder in Bewegung, auch wenn sie sich Sorgen machten, sie würden seinen Wunsch respektieren. Als sie dann vor der Kirche standen, sahen sie gerade noch wie er um die Ecke verschwand.
Von Friedrich, der draußen auf sie gewartet hatte bekamen sie nun Fragende Blicke zugeworfen. Laura ging zu ihm hinüber, erklärte ihm was mit Sophie noch vorgefallen war und verabschiedete sich dann von Lisa, Mariella, David und Syd. Sie wussten ihren Sohn bei den Dreien in guten Händen und hatten beschlossen sich um das nun nicht mehr benötigte Catering zu kümmern.
Während Syd mit Mariella den Wagen vom Parkplatz holte, beugte Lisa sich zu David hinunter, sie nahm ihn kurz in den Arm, dann gab sie ihm einen Kuss auf die Nasenspitze, bevor sie ihm besorgt in die Augen sah.
„Mach dir jetzt bitte nicht zu viele Gedanken mein Schatz. Ich verspreche dir wir werden uns um Richard kümmern. Er ist jetzt nicht alleine.“
„Danke, aber ich wäre so gern für ihn da.“ Senkte er den Blick.
„Ich weiß mein Schatz, aber du kannst nichts dafür das du noch nicht wieder fit bist.“
„Er war immer für mich da wenn es mir schlecht ging, ich weiß genau wie er sich jetzt fühlt.“ Er sah auf und sah ihr direkt in die Augen, „Ich habe Angst Lisa, Angst das er jetzt etwas unüberlegtes tut. Angst das er daran zerbricht, so wie ich damals.“
„Das wird er nicht David, ich verspreche es dir.“ Umarmte sie ihn, sie wusste wie gern er jetzt für seinen großen Bruder da wäre, wie gern er sich endlich einmal für alles was dieser schon für ihn getan hatte revanchiert hätte.
Der Wagen hielt neben ihnen und sie half David beim Einsteigen während Syd den Rollstuhl im Kofferraum des Wagens verstaute.
Richard lief durch die Straßen Berlins, er wusste nicht wo er eigentlich hin wollte. Zuerst wollte er in seine Wohnung, doch dann lief er in die komplett andere Richtung. Dort waren ihre Sachen, die Sachen des Kleinen, sein Kinderzimmer. Er konnte jetzt nicht dorthin zurück. Wie von selbst schlug er den Weg zu Kerima ein, es war Samstag, dort wäre er alleine und niemand würde ihn so schnell dort suchen. Wie ein verrückter drückte er schließlich auf den Rufknopf für den Aufzug und nahm dann schließlich doch entnervt die Treppe. Oben angekommen führte ihn sein Weg am Empfang vorbei, kurz blieb er stehen. Das war Sabrinas Arbeitsplatz, würde er wieder mit ihr zusammenarbeiten können? Nein das konnte er nicht, langsam merkte er wie die leere einem Gefühl wich, einem altbekannten Gefühl. Entschlossen ging er in sein Büro, schaltete den PC an und grinste in sich hinein.
Niemand ließ ihn vor dem Altar sitzen, niemand, auch eine Sabrina Hofmann nicht und sie würde sich noch wünschen sie hätte ihn nicht so lange im dunkeln tappen lassen was ihre Gefühle anging. Sie würde sich noch wünschen ihm nie etwas vorgemacht zu haben.
Kapitel 4
Syd, Mariella und Lisa waren froh als sie David wieder wohlbehalten in seinem Zimmer abgeliefert hatten. Zwar wussten sie das er es nicht böse meinte, aber mit seinen Quengeleien konnte er einem den letzten Nerv rauben. Erst als Syd ihm gedroht hatte, das er ihn das nächste mal an den Rollstuhl festbinden würde hatte er Ruhe gegeben und war endlich still sitzen geblieben. Nun war er also wieder in seinem Bett, die Schwester hatte auch schon nach ihm gesehen und die Drei hatten wieder ein wenig ruhe.
Allerdings hing im Moment jeder seinen Eigenen Gedanken nach, die sich bei allen um Richard drehten. Sie kannten ihn gut genug um zu wissen, das alleine sein jetzt eigentlich das letzte war was er gebrauchen konnte. Nach der Auseinandersetzung mit Sophie konnte er ja nur auf dumme Gedanken kommen.
Vor allem David malte sich ein Horrorszenario nach dem nächsten aus was sich auch auf seinen Zustand nicht gerade positiv auswirkte. Er begann schneller aber auch kürzer zu atmen, schnappte zum Teil verzweifelt nach Luft, was den anderen natürlich nicht entging.
„Schatz was ist denn los?“ strich Lisa ihm da auch schon beruhigend durch die Haare.
„Ihr müsst....euch...jetzt um Richard....kü...kümmern,“ kam es stockend über seine Lippen während er weiter nach Luft rang, „Er....er...nicht....das....er....“ brach er dann jedoch ab.
Auch Mariella und Syd sahen ihn besorgt an, traten an das Bett heran und versuchten ihn zu beruhigen.
„Er wird nichts unüberlegtes tun Kleiner, dafür werde ich schon sorgen.“ Sagte Syd.
„Und er ist auch nicht alleine, er hat uns und deine Eltern. Wir werden ihn schon auffangen.“ Hatte Mariella sich auf die andere Seite des Bettes gesetzt und strich ihm beruhigend über den Rücken.
„Bitte....er....er....darf nicht....“ begann David von neuem.
„Das wird er nicht Schatz, wir werden uns alle um ihn kümmern.“ Meine Lisa nun und war Syd dabei einen Blick zu, dieser verstand sofort und holte einen Arzt.
Richard riss das Blatt aus dem Drucker, setzte seine Unterschrift drunter und grinste. Sie würde bezahlen, wirtschaftlich kein Bein mehr an den Boden bekommen. Niemand ließ ihn vor dem Altar stehen, niemand. Wie hatte sie nur die Maskerade so lange spielen können, wie konnte sie ihm verschweigen das da keine Gefühle mehr waren, wo er sich gerade Hals über Kopf in sie verliebt hatte? Er tat das Schreiben in einen Kuvert, stand auf und verließ sein Büro um in seine Wohnung zu fahren.
Dort angekommen musste er erst einmal tief durchatmen, beim Anblick der Babysachen von Gabriel stiegen Tränen in seinen Augen hoch, doch er zwang sich zur Ruhe, atmete tief durch, ging dann ins Schlafzimmer, zog eine große Reisetasche unter dem Bett hervor. Er hatte sie extra für ihre Flitterwochen gekauft, damit sie nicht zu viele Koffer mitnehmen mussten.
Die Flitterwochen, er setzte sich auf das Bett und starrte die Tasche an, die würde er jetzt auch nicht brauchen, allerdings war ja alles schon gebucht. Nun gut das dürfte nicht das Problem sein, dann musste er halt stornieren auch wenn er von seinem Geld so gut wie nichts wiedersehen würde. Er stand auf und stellte sich samt Tasche vor den Kleiderschrank, er öffnete die Türe und begann mechanisch Sabrinas Sachen in die Tasche zu werfen, als er damit fertig war ging er zur Wickelkommode und verfuhr genau so mit den Stramplern, Bodys und Jäckchen. Er sah sich in dem Zimmer um, das war nicht mehr sein Schlafzimmer, es schien ihm als wäre er hier nur zu Gast, er brachte die volle Tasche ins Wohnzimmer, kramte kurz in der Abstellkammer nach seinem Werkzeugkasten und als er ihn gefunden hatte machte er sich daran das Bettchen und die Kommode auseinander zu schrauben.
Leise schloss der Arzt die Türe zu Davids Zimmer und trat auf die kleine Gruppe, die auf dem Flur wartete zu. Kurz schüttelte er mit dem Kopf, sein Patient hatte ihn gebeten zu der Hochzeit seines Bruders zu dürfen, wogegen auch nicht wirklich etwas sprach, doch nun musste er seine Meinung revidieren.
„Herr London, Frau Plenske,“ wandte er sich nun an Lisa und Syd, diese standen auf und folgten ihm in Richtung seines Büros.
„Kann ich vielleicht wieder zu ihm?“ fragte Mariella allerdings noch.
„Ja, aber er darf sich nicht aufregen und am besten ist es wenn er jetzt schläft, also bitte nur kurz.“
Mariella nickte nur und verschwand wieder in Davids Zimmer, man hatte ihm eine Sauerstoffmaske angelegt und er hatte die Augen geschlossen. Leise setzte sie sich auf den Stuhl neben seinem Bett und beobachtete ihn einfach nur. Sie konnte verstehen das er sich Sorgen machte, aber er musste auch an seine eigene Gesundheit denken. Das er jetzt wieder ganz gesund wurde musste an oberster Stelle seiner Prioritäten Liste stehen.
Sie bemerkte nicht das David die Augen wieder geöffnet hatte und sie nun ebenfalls ansah.
„Kümmert euch um ihn Mariella,“ sagte er leise mit schläfriger Stimme, das Beruhigungsmittel begann zu wirken und er wusste das er die Augen nicht mehr lange offen halten konnte.
Mariella sah erschrocken auf sein Gesicht, sie hatte es sich nicht eingebildet, er versuchte sich an einem Lächeln, so als ob er sie beruhigen wollte.
„Schsch, David. Das werden wir, mach dir keine Sorgen.“ Strich sie ihm sanft einige Strähnen aus der Stirn, „Schlaf du jetzt, es war ein Anstrengender tag für dich, mit mehr Aufregung als gut für dich ist.“
„Der Tag hat doch gerade erst angefangen,“ stütze er sich auf die Ellbogen auf.
„David Seidel, du bist der unvernünftigste Kerl den ich kenne,“ sagte sie mit gespielter Empörung, „Denk doch bitte mal an dich, nur ein einziges Mal. Und wenn du das nicht kannst dann denk an Lisa. Sie macht sich schon genug Sorgen.“
„Ich weiß, aber sie braucht sich um mich keine Sorgen machen, sag ihr das bitte Mariella.“ Fielen ihm die Augen zu.
Lächelnd strich sie ihm noch einmal durchs Haar, „Sicher sag ich ihr das du Held.“ Flüsterte sie und ging dann so leise sie konnte wieder auf den Flur, wo Syd und Lisa schon wieder warteten.
„Es war nur die Aufregung,“ antwortete Syd auf ihre unausgesprochene Frage.
„Er schläft jetzt auch,“ antwortete Mariella und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Richard.
Doch dieser war schon längst wieder unterwegs, er war froh sich inzwischen einen BMW Kombi zugelegt zu haben, so passte wenigstens alles in den Wagen. Zielsicher steuerte er diesen nun durch Berlin. Er wusste genau wo Sabrina jetzt war und er würde ihr einen letzten Besuch abstatten.
Sabrina stand derweil immer noch in ihrem Brautkleid in Jürgens Kiosk, sofort hatte er sie natürlich gefragt was los sei, sie wolle doch heute Heiraten und dann war es nur so aus ihr herausgesprudelt. Das Gabriel gar nicht Richards Sohn sei und das sie sich in den letzten Monaten nur noch etwas vorgemacht hatte, das sie ihn nicht mehr lieben würde und sie sich nicht sicher war, ob sie ihn wirklich je richtig geliebt hatte oder ob sie nur wegen des Geldes mit ihn zusammen gewesen war. Das sie ihn vor dem Altar habe stehen lassen und nun hier sei weil sie ihn, Jürgen, lieben würde, das sei ihr nun klar.
Jürgen, der inzwischen Gabriel auf dem Arm hatte und seinen Sohn liebevoll ansah, hatte ihr zugehört, sie keinmal unterbrochen und auch jetzt wo sie mit ihren Ausführungen fertig war fand er keine Worte. Sabrina hatte zum ersten mal in ihrem Leben Rückrat bewiesen, wenn auch etwas spät, aber immerhin was zählte denn schon der Zeitpunkt? Wichtig war doch nur das sie jetzt hier war und hier bleiben wollte. Egal wie klein das Hinterzimmer war, hatte sie gemeint, so lange bis sie was größeres hatten würde es das schon tun. Nur Kindersicher müssten sie es schon machen.
Keiner von beiden hörte die Klingel, die einen neuen Kunden ankündigte und dementsprechend erschraken sie dann auch als Richard die schwere Reisetasche in den Kiosk warf, nur um wieder zu verschwinden und mit zwei Paketen wieder zu kommen.
„R....Ri....Richard....“ stotterte Sabrina nur und wusste sofort das es ein Fehler war überhaupt etwas gesagt zu haben.
Richard drehte sich Wutentbrannt zu ihr um, er warf die Pakete vor sie und stieg dann darüber. Sabrina wich instinktiv zurück bis sie mit dem Rücken zur Wand stand, hilflos sah sie zu Jürgen hinüber, doch dieser wusste auch nicht was er tun sollte, hatte er doch immer noch seinen Sohn auf dem Arm, den er nun vorsichtig auf den Boden hinter der Theke legte, sich die Sweatjacke auszog und Gabriel dann wieder vom Boden auf die Jacke zu legen. Als er wieder aufsah stand Richard vor Sabrina und drückte ihr die Luft ab.
„Niemand erlaubt sich so mit mir umzuspringen, du Schlampe!“ schrie er sie an, „Hast du gehört? Niemand, warum hast du das getan? Na los antworte mir!“
„Lass sie los!“ schrie nun Jürgen und versuchte Richard von ihr wegzuziehen, „Richard, lass sie los!“
Wütend ließ er sie daraufhin los und wandte sich Jürgen zu.
„Du....Du bist doch an allem Schuld! Du hast sie geschwängert und dich dann deiner Verantwortung entzogen!“ war Richard blind vor Wut.
„So ein Quatsch, ich wusste das doch gar nicht und bevor du jetzt sagst ich hätte deine Hochzeit ruiniert, ich war genauso überrascht wie du als sie hier auftauchte.“ Warf Jürgen einen besorgten Blick zu der hinter die Theke gerobbte Sabrina. „Richard bitte, ich kann dich verstehen, aber so bringt das doch nichts. Reagiert euch beide erst einmal eine Nacht ab und dann reden wir da vernünftig drüber.“
„Abreagieren? Ich brauche mich nicht abreagieren.“ Schnaubte Richard, „Mit dir bin ich fertig!“ schmiss er den Umschlag mit der Kündigung auf die Theke. Dann stürmte er aus dem Kiosk, doch er ging nicht zu seinem Wagen, der direkt davor geparkt stand, sondern lief ziellos in eine Richtung, bis er die Gasse erreichte. Es begann zu dämmern, er blieb stehen, stütze die Hände auf die Knie, er rang nach Luft, stolperte in die Gasse und ließ sich dann an einer Häuserwand hinunter rutschen. Sein Blick war leer, genauso leer wie er sich fühlte, bis auf den Schmerz, den er plötzlich in seiner Brust vernahm. Er wusste nicht was es war, es war ihm auch egal. Alles war egal, Sabrina war weg und er war fertig mit ihr.
Kapitel 5
Nachdem die Drei bei Richard mehrmals Sturmgeklingelt hatten und die Türe immer noch verschlossen blieb, zog Syd den Zweitschlüssel aus seiner Jacketttasche. Irgendetwas sagte ihm, das nichts in Ordnung war und sie da nun hinein mussten. Er erinnerte sich an Richards Erzählungen wie er David damals nach der Taufe auf der Begrenzungsmauer seiner Dachterrasse gefunden hatte. Warum hatten sie alle auch nur ein Faible für solche Wohnungen? Richards lag auch unter dem Dach, ebenfalls mit kleiner Terrasse und einer Mauer. So schnell er konnte schloss er die Türe auf, sprintete die Treppe hoch und stürmte dann in die Wohnung.
„Richard? Richard wo bist du?“ rief er, doch eine Antwort blieb aus. „Verdammt, bitte nicht, bitte lass ihn nicht auf der Terrasse sein.“ Flehte Syd und öffnete die Balkontüre. Er trat hinaus, er sah dunkle Wolken aufziehen, doch von Richard keine Spur. Die Terrasse lag nach hinten heraus, von der Straße hätte man ihn nicht sehen können wenn er hier gewesen wäre. Vorsichtig ging er zu der Mauer, ängstlich beugte er sich hinüber um nach unten sehen zu können. Er schloss die Augen, schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dann öffnete er sie und stieß einen erleichterten Seufzer aus. Kein Richard zu sehen, er war nicht hier draußen gewesen.
Langsam ging er wieder hinein, er sah Lisa aus der Küche kommen.
„Wo ist Mariella?“ fragte er.
„Ich bin hier!“ kam es aus dem Schlafzimmer, irgendetwas in ihrer Stimme klang beunruhigend. Sofort rannte er ins Schlafzimmer, Mariella stand vor dem geöffneten Kleiderschrank. „Ihre Sachen sind weg, ebenso Gabriels....“ begann sie.
„Sie wird sie geholt haben.“ Wandte Lisa nun ein.
„Das glaube ich nicht, das Bettchen ist weg und die Wickelkommode.“ Wies Mariella auf die leere Ecke neben dem Bett.
„Du denkst er...aber wo ist er damit hin?“ überlegte Syd.
„Zu Jürgen,“ sagte Lisa tonlos, „Er wird die Sachen zu Jürgen gebracht haben.“
„Zu Jürgen?“ fragte nun Mariella, „Aber warum denn ausgerechnet zu Jürgen?“
Lisa setzte sich auf das Bett bevor sie anfing zu erzählen, eigentlich war es ja nur eine Vermutung und trotzdem war sie sich sicher.
„ Jürgen hat mir damals von seiner Nacht mit Sabrina erzählt,“ begann sie, „Es war zu dem Zeitpunkt als Richard noch eine Intrige nach der anderen gesponnen hat und sein einziges Ziel war alleiniger Geschäftsführer zu werden. Er und Sabrina hatten sich gestritten, sie ist dann zu Jürgen und da ist es wohl passiert. Ich nehme an Gabriel ist Jürgens Sohn, entstanden in dieser einen Nacht.“
„OK angenommen dem wäre so, woher weiß Richard das?“
„Ich habe keine Ahnung ob er es weiß. Was Sabrina anging darüber hat er eigentlich nur mit David geredet. Ich weiß nur das er weiß, das Sabrina sich früher immer bei Jürgen ausgeheult hat. Er wird annehmen das sie auch jetzt bei ihm ist.“
Mariella und Syd nickten, Lisas Erklärung klang plausibel. Sie verließen die Wohnungen und machten sich auf den Weg zum Kiosk. Sie hofften das Richard nicht ausgerastet war. Jeder kannte seine andere, dunkle Seite, die in den letzten beiden Jahren dem Familienmenschen gewichen war, und keiner von ihnen konnte sich ausmalen wie sie nun wieder zum Vorschein kommen würde.
Jürgen starrte immer noch auf die Türe, ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Es war nicht klug sich mit Richard von Brahmberg anzulegen. Langsam ging er wieder hinter den Tresen und hockte sich zu Sabrina hinunter. Er nahm sie in den Arm und versuchte sie zu beruhigen.
„Schsch, es wird alles wieder gut. Er wird sich wieder beruhigen, er ist im Moment einfach nur verletzt und durcheinander.“
„Nein wird er nicht,“ hielt sie ihm die Kündigung unter die Nase, „er hat mich rausgeschmissen. Ich...ich...hätte ich doch nur viel Früher den Mut gehabt ihm die Wahrheit zu sagen.“ Schluchzte sie.
Jürgen betrachtete sich das schreiben, er wusste das Richard es sich nicht so einfach machen konnte.
„So einfach kann er dich nicht rausschmeißen, du bist im Mutterschutz. Wir werden gleich morgen damit zu Max gehen....“
„Nein, es ist wohl besser so. Jeden Tag mit ihm zu arbeiten und ihm in die Augen zu sehen, das könnte ich nicht. Ich habe Angst Jürgen, Angst davor was er jetzt macht. Du kennst ihn, er ist unberechenbar.“
„Na den Richard, den ich in letzter Zeit kennen gelernt habe regt sich auch wieder ab.“
„Ja, aber der alte Richard nicht.“
„Er wird nicht wieder der alte werden. Das werden David und Sydney nicht zulassen.“
„David, was kann der den im Moment schon verhindern? Der liegt doch selber auf der Schnauze und raubt den anderen den letzten Nerv weil er unbedingt nach Hause will.“
„Na vielleicht schafft er es ja gerade mit seiner Ungeduld Richard von seinen Gedanken abzulenken. Wenn ich das richtig mitbekommen habe dann stehen seine Brüder für Richard an erster Stelle.“
Sabrina schwieg darauf erst einmal, sie beobachtete ihren Sohn beim schlafen in ihren Armen. Sie erinnerte sich daran wie David damals vor der Türe gestanden hatte und wie die Zwei das erste mal in ihrem Leben vernünftig miteinander geredet hatten. Wie fertig Richard war in dem halben Jahr in dem David wie vom Erdboden verschluckt gewesen war, an seine Sorgen als er rausfand das sein kleiner Bruder vollkommen abgestürzt zu sein schien, an die Zeit wo David entführt war und schließlich wieder das Bangen und Hoffen im Krankenhaus als er Lisa das Leben gerettet hatte. Erst jetzt viel ihr auf das David an Richards Veränderung einen großen Anteil hatte. Nein er hatte nicht nur einen großen Anteil daran, er war es gewesen, der Richard geändert hatte und zwar in dem Moment in dem er sich ihm gegenüber verletzt gezeigt hatte.
„Vielleicht hast du recht.“ Sagte sie dann leise, „Vielleicht ist Davids Sturkopf im Moment das was Richard braucht um nicht in sein altes Schema zurück zu fallen.“ Langsam stand sie auf und ging zu der Reisetasche hinüber, sie öffnete sie und sah das sie Gabriels und ihre Sachen enthielten. Sie brauchte die Pakete nicht mehr öffnen um zu wissen was sich darin befand.
Richard saß immer noch in der Gasse, inzwischen hatte es angefangen zu regnen, doch es interessierte ihn nicht, es war ihm egal wenn er sich hier draußen den Tod holen würde. Er hatte sein komplettes Leben auf den Kopf gestellt für die Familie und was war der Dank? Er lachte kehlig auf, Dank, wie konnte er nur Dank erwarten? Diese ganze ich bin der liebe nette Richard Nummer hatte ihm nichts als Schmerzen bereitet. Er lehnt den Kopf zurück und sah plötzlich David vor sich, wie sie damals auf dem Sofa gesessen und geredet hatten. David war es gewesen, der diesen Menschen in ihm geweckt hatte, doch nun war David nicht da, diesmal würde er ihn nicht von Dummheiten abhalten können. Moment, Dummheiten? Das war doch Davids Spezialgebiet, wie kam er nur auf solche Gedanken. Obwohl die Aussicht von der Dachterrasse, wenn er auf der Mauer saß. Er schüttelte den Kopf, nein das ging nicht. Das wäre feige und Richard von Brahmberg war nicht feige. Er sah sich in der Gasse um, erst jetzt realisierte er, das es die Gasse war in der David damals von Kowalski entführt wurde.
Kowalski, Richards Augen funkelten als er an ihn dachte, der lief doch immer noch frei herum. Wie gern würde er ihm jetzt hier in dieser Gasse gegenüberstehen. Bilder aus den letzten Wochen zuckten vor seinem inneren Auge, David kurz nach der OP, Lisa die Blutbeschmiert und zitternd in der Notaufnahme gesessen hatte. Richard wusste, er brauchte ein neues Ziel und was war besser um dieses Gefühl der Leere und diesen Schmerz in der Brust loszuwerden als Rache an Rokko Kowalski?
Mariella erkannte den Wagen ihres Bruders vor dem Kiosk, sofort hielt Syd in zweiter Reihe an. Sie sprangen aus dem Auto und betraten den Kiosk. Sie sahen Sabrina mit Gabriel und Jürgen, aber von Richard keine Spur.
„Richard?“ fragte Syd nur als sein Blick auf die Reisetasche fiel.
Sabrina nickte nur, was Mariella veranlasste sie in den Arm zu nehmen, während Lisa zu Jürgen ging.
„Wo ist er hin?“
„Er ist raus, keine Ahnung wohin.“ Antwortete ihm Jürgen, als Sabrina nur mit der Schulter zuckte.
„Danke, weit kann er nicht sein, sein Wagen steht ja noch vor der Türe.“ Drehte Syd sich rum, „Ich werde nach ihm suchen, wartet ihr hier falls er zurück kommt.“ Verschwand er in die regnerische Nacht.
Er wusste nicht warum, aber sein Weg führte ihn Zielsicher in die Gasse, in der David entführt worden war. Es war als würde ihn ein unsichtbares Band dorthin führen. Er betrat die Gasse und sah sich kurz um, fast in der Mitte hockte eine Gestalt an eine Hauswand gelehnt. Schnellen Schrittes rannte er auf denjenigen zu, er wusste es war Richard. Vorsichtig ging er vor ihm in die Hocke und erschrak als er den Ausdruck in dessen Augen sah. Sie waren leblos und kalt, den Blick starr geradeaus gerichtet schien er durch ihn hindurch zu sehen.
Kapitel 6
„Richard? Mein Gott Richard ist alles in Ordnung mit dir?“ fragte Syd besorgt und fasste Richard an den Schultern.
Dieser reagierte Reflexartig und stieß Syd von sich weg, so das dieser das Gleichgewicht verlor und unsanft auf dem Boden landete.
„Du,“ begann Richard und sah erst jetzt das es Syd war, der da nun vor ihm lag, „Syd?“ fragte er dann überrascht.
„Ja,“ rappelte dieser sich wieder hoch, „was dachtest du denn wer ich bin?“
„Nichts...ich...ich war nur in Gedanken...“ versuchte Richard vom Thema abzulenken, es war besser wenn die anderen nicht wussten was er vor hatte.
„Das habe ich bemerkt. Was machst du denn hier draußen bei dem Regen? Du holst dir noch den Tod.“ Hielt Syd ihm nun die Hand hin.
„Ich musste Nachdenken.“ Gab Richard nur zurück, nahm die Hand dann an und zog sich hoch.
„Kann es sein das ihr Seidel irgendein Gen habt um euch in Haarige Situationen zu bringen? Komm lass uns nach Hause gehen.“ Wollte er ihn in den Arm nehmen, doch Richard ließ es nicht zu.
„Ich möchte immer noch alleine sein Syd!“ sagte er scharf.
„Ja sicher und ich bin der Weihnachtsmann, komm Richi, wir wissen wie du dich jetzt fühlst.“
„Ach gar nichts wisst ihr,“ schnaubte Richard, ließ sich jedoch von Syd wieder Richtung Straße führen.
Da Sydney ihn nicht wieder mit Sabrina und Jürgen konfrontieren wollte, schob er ihn einfach in den Wagen, setzte sich dann hinters Steuer und zog sein Handy aus der Tasche. Er rief Lisa an und bat sie hinauszukommen, er habe Richard gefunden. Die beiden ließen dann auch nicht lange auf sich warten. Richard gab Mariella seine Schlüssel, so das diese zusammen mit Lisa seinen Wagen nehmen konnte, dann startete Syd den Motor und fuhr los.
David saß inzwischen im Schneidersitz auf seinem Bett, immerhin hatte er den ganzen Nachmittag verschlafen, und grübelte darüber nach wie es Richard nun wohl ging. Er hatte die Ellbogen auf seine Oberschenkel und das Gesicht in die Hände gestützt. Er war so in Gedanken versunken, das er gar nicht merkte, wie die Schwester mit dem Abendessen eintrat.
„Herr Seidel was machen sie denn da?“ fragte sie ihn, als sie ihn da so sitzen sah.
„Was?!“ schreckte er hoch, „Ich? Nichts, ich denke nur ein wenig nach.“
„Ah ja, sie wissen ja keine Aufregung. Guten Appetit wünsch ich ihnen.“ Wandte sie sich wieder zum gehen.
„Ähm....“hielt er sie jedoch zurück.
„Ja?“ drehte sie sich fragend um.
„Also ich ähm...nun ja also wenn sie nicht wollen das ich vor Langeweile sterbe wäre ein Telefon nicht schlecht.“ Setzte er seinen Dackelblick auf, das Fernsehprogramm kannte er schon in und auswendig und etwas wirklich interessantes kam eh nicht.
„Ein Telefon? Und was wollen sie damit?“
„Na Telefonieren was denn sonst.“
Die Schwester seufzte hörbar und kam an das Bett zurück, „Herr Seidel hören sie, eigentlich ist der Fernseher schon zu viel, sie dürfen sich im Moment wirklich nicht aufregen, sie haben heute Nachmittag gesehen wozu das führen kann. Ich glaube nicht das der Arzt ihnen ein Telefon erlaubt.“
„Ich möchte doch nur meine Freundin anrufen, bitte.“ Ließ er seinen ganzen Charme spielen.
Erneut seufzte die Schwester auf, „Na gut ich werde mal sehen was ich machen kann.“ Verließ sie das Zimmer um kurze Zeit später mit einem Telefon wieder zu kommen, „Aber nur ihre Freundin, wenn Dr. Heinrichs das rausbekommt habe ich die erste dicke Abmahnung in meiner Personal Akte stehen.“
„Versprochen,“ hauchte David ihr einen Kuss auf die Wange und sah lächelnd wie sie rot anlief, diese Schwester hatte er am haken, sie würde ihm keinen Wunsch mehr abschlagen können. Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte hob er kurz den Deckel vom Tablett ab und rümpfte kurz die Nase, eine Scheibe Weißbrot ohne Rand und Hüttenkäse, wer aß denn so was? Er tat den Deckel wieder über das Tablett und schaute dann in das Kännchen, die Hoffnung auf Kaffee würde er wohl schnell wiederbegraben können, der Duft von Kamillentee stieg ihm in die Nase, wollten die ihn hier vergiften?
Er griff nach dem Telefon, doch anstatt Lisas wählte er Richards Handynummer, er musste wissen wie es ihm ging.
Erstaunt blickte Richard auf sein Handy, als dieses zu klingeln begann, wer wollte denn jetzt was von ihm. Vor Fünf Minuten waren sie in seiner Wohnung angekommen und diskutierten gerade darüber das Mariella bei ihm blieb, damit er nicht auf dumme Gedanken käme. Die Nummer, die auf dem Display leuchtete war ihm gänzlich unbekannt.
„Willst du nicht rangehen?“ fragte Mariella ihn dann, „Vielleicht ist es wichtig?“
„Ja genauso wichtig wie wenn in China ein Sack Reis umfällt.“ Antwortete er barsch.
„Richard bitte, weißt du wer es ist?“
„Nein!“
„Dann geh ran oder ich mach es,“ versuchte sie ihm das Handy abzunehmen.
„Ist ja schon gut,“ hob er dann doch ab und kam aus versehen an den Knopf für den Lautsprecher, „von Brahmberg?“
„Ah ich dachte schon du gehst gar nicht mehr ran.“ Hörten nun alle Davids Stimme.
„David?!“ fragte Richard ungläubig
„Genau der bin ich.“ Konnte man sein Grinsen durch den Hörer hören.
„Wie zur Hölle kommst du an ein Telefon?“
„Na ich hab gefragt und dann hat man es mir gegeben.“
„David! Wie hast du das Angestellt?“
„ Wie ich gesagt habe, ich habe gefragt. Aber eigentlich wollte ich wissen wie es dir geht?“
„Wie...wie es mir geht?!“ fragte Richard erstaunt, „Mir geht es gut David wirklich.“ Antwortete er dann schnell als er die Blicke von Mariella und Lisa auffing.
„Sicher?“ hakte David nach.
„Ja sicher, ich meine wer ist denn schon Sabrina? Sie wollte doch eh immer nur mein Geld sonst nichts, ich kann froh sein sie los zu sein.“ Versuchte er seine Stimme locker klingen zu lassen.
„Wenn ich mich recht erinnere hast du sie geliebt, also mach mir nichts vor Richi.“
Mariella und Lisa sahen sich erstaunt an, sie hatten zwar auch geglaubt das Richard eventuell Gefühle für Sabrina entwickeln könnte, aber er war auch oft genug sehr barsch ihr gegenüber gewesen. Aber anscheinend wusste David mehr als sie und so warteten auch sie gespannt auf Richards antwort.
„Ähm ich...also das musst du missverstanden haben...ich also das war doch nur wegen dem Kleinen....“ stotterte Richard nun und versuchte den Lautsprecher wieder auszustellen.
„So habe ich das, ich zitiere dich mal, `Ich liebe sie David und das obwohl ich genau weiß das, das Baby nicht von mir ist´, also raus mit der Sprache wie geht es dir?!“
Richard schluckte, David hatte gerade unwissend sein Gefühlsleben den anderen Preisgegeben, etwas was Richard immer versucht hatte zu vermeiden.
„Es geht schon....ich....also Mariella ist hier und Syd und Lisa....du musst dir also keine Sorgen machen.“ Brachte er dann hervor.
„Gut,“ klang Davids Stimme nun ruhig, anscheinend war er mit dieser Antwort zufrieden, „Ich hoffe das Stimmt auch, sonst steh ich schneller bei dir auf der Matte als du gucken kannst.“
„David! Wag es ja nicht!“ kam es da aus vier Mündern und David brach am anderen Ende der Leitung in ein Lachen aus, das sich allerdings schnell in ein Husten verwandelte.
„Alles in Ordnung?“ fragte nun Richard besorgt.
„Ja...“ keuchte David, „Geht schon wieder, ich....sollte.....dann auch...mal auflegen....“ wurde er immer wieder von leichteren Hustenanfällen unterbrochen.
„Schlaf gut David und keine Dummheiten.“ Ermahnte Richard ihn noch.
„Ja ich habe verstanden,“ hatte David sich wieder beruhigt, „Bis morgen dann.“
„Bis morgen.“ Huschte ein Lächeln über Richards Gesicht, dann war nur noch ein Tuten aus der Leitung zu hören.
David lehnte sich im Bett zurück, wenn die anderen bei Richard waren brauchte er sich wirklich keine Sorgen um ihn zu machen. Die Drei würden mit Adleraugen darauf achten das er keinen Unsinn anstellte. Er legte das Telefon auf den Nachttisch und klingelte dann nach der Schwester, er wusste das sie es wieder mitnehmen würde und er wollte auch nicht das sie Ärger wegen ihm bekam.
Sofort kam sie auch ins Zimmer gestürzt.
„Was gibt es denn Herr Seidel?“
„Nichts, ich wollte nur sagen ich brauche das Telefon heute nicht mehr und das Tablett können sie auch wieder mitnehmen.“
Sie steckte das Telefon in die Tasche ihrer Hose und hob dann den Deckel des Tabletts hoch.
„Aber sie haben ja noch gar nichts gegessen.“ Sagte sie und ein Blick in die Tasse sagte ihr, das er den Tee auch nicht angerührt hatte, „Oder getrunken.“
„Nun ja, wer isst denn auch schon so was?“ fragte er, „Hüttenkäse auf Weißbrot.“ Verzog er das Gesicht, „Und dann auch noch Kamillentee.“
„Aber sie müssen doch etwas essen.“
„Ja, aber ganz bestimmt nicht das. Haben sie nicht etwas anderes?“
„Tut mir leid, aber etwas anders kann ich ihnen nicht bringen, aber ich kann für morgen Abend vermerken, das sie eine leichte Suppe wie am Mittag kriegen.“
„Und was kann ich dann jetzt essen?“ fragte er und setzte erneut den Dackelblick auf.
„Nun ja, ich kann ihnen höchstens noch ein paar Zwieback bringen und anstatt des Tees stilles Wasser.“
Zwieback und Wasser? Wo bin ich denn hier? Dachte er sich, doch dann nickte er. Zwieback war besser als das was jetzt vor ihm stand und Hunger hatte er schon wie er zugeben musste.
Kapitel 7
Mariella spürte wie ihr Bruder sich neben ihr im Bett von einer auf die andere Seite wälzte, ein Blick auf den Wecker verriet ihr, das es schon nach fünf in der Früh war. Verschlafen, drehte sie sich zu ihm um, sie war froh das sie sich durchgesetzt hatte und mit ihm in einem Bett schlief. Richard drehte sich gerade wieder von ihr Weg und hustete. Ob er sich gestern Erkältet hat? Fragte sie sich als er leise Aufstöhnte und nach etwas auf dem Nachttisch griff um sich die Nase zu putzen. Anscheinend, er war aber auch bis auf die Knochen nass gewesen und eh sie ihn dann aus den nassen Klamotten raus hatten. Kein Wunder das er nun nicht schlafen konnte.
„Richard? Geht´s dir gut?“ fragte sie und konnte nicht verhindern, das ihre Stimme verschlafen klang.
„Alles bestens,“ kam es murrend zurück, „außer das mein Schädel gleich explodiert.“
Sie setzte sich im Bett auf und schaltete die kleine Lampe auf dem Nachttisch neben ihrer Seite des Bettes an, dann drehte sie sich wieder zu ihm um und erschrak. Seine Wangen waren gerötet und Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Sie legte ihm eine Hand darauf.
„Mein Gott Richard du glühst ja!“ entfuhr es ihr entsetzt und mit einem Satz war sie aus dem Bett hinaus und im Bad verschwunden um nach einem Thermometer zu suchen. Dann ging sie zu ihm zurück, das er keine Wiederworte gab bestärkte sie nur in der Annahme, das es ihn richtig erwischt hatte. Besorgt blickte sie auf das Thermometer, 40,5°C. Erneut stand sie auf und überlegte ob sie ihn nicht zum Arzt bringen sollte, auf der anderen Seite hatte sie ihn einmal im Bett. Sie beschloss es erst einmal mit Hausmitteln zu versuchen und verschwand erneut im Bad um Wadenwickel vorzubereiten.
Lisa und Syd hatten es sich am Morgen in seiner Wohnung gemütlich gemacht, es war Sonntag und die Arbeit rief erst morgen wieder. Sie überlegten was sie mit dem, nach dem Platzregen von gestern, nun wieder Sonnigen Tag anfangen könnten. Für Lisa stand auf alle fälle fest, das sie im Nachmittag bei David vorbeischauen wollte. So wie er am Abend als er Richard angerufen hatte klang ging es ihm schon wieder besser und so konnte sie mit ihm vielleicht eine Runde durch den Klinikpark spazieren. Syd fand dies eine gute Idee und bot ihr an sie hinzufahren.
„Nicht jetzt, ich lass ihm noch ein bisschen Schonfrist. Vielleicht sollten wir vorher bei Richard und Mariella vorbeischauen?“
„Gute Idee,“ rappelte Syd sich von der Couch hoch, „Wir könnten ja Brötchen holen und zusammen frühstücken.“
„Ja,“ nickte Lisa und stand ebenfalls auf, „das ist die Idee würde ich sagen. Ich zieh mich eben an und dann können wir los.“
„Mach das,“ grinste Syd, der schon Geduscht hatte, „Ich warte auch ganz brav auf dich.“
„Spinner,“ warf Lisa mit einem Sofakissen nach ihm bevor sie im Bad verschwand.
Verwundert sah Mariella im späten Vormittag auf als es an der Tür klingelte, sie ging zur Gegensprechanlage und drückte dann auf. Syd und Lisa kamen mit dem Aufzug hoch.
„Guten Morgen ihr zwei.“ Begrüßte sie die beiden.
„Morgen Mariella, wir dachten, wir bringen die Brötchen mit und plündern dann gemeinsam Richis Kühlschrank.“ Grinste Syd ihr entgegen.
„Ah ja eigentlich eine gute Idee, kommt doch rein.“ Trat sie zur Seite und ging vor in die Küche. Die anderen folgten ihr.
„Wo ist denn Richard?“ fragte Lisa, als sie ihn nirgendwo entdecken konnte.
„Er liegt im Bett und schläft. Anscheinend hat er sich gestern eine dicke Erkältung eingefangen, heute früh hatte er 40,5 Fieber.“
„Oh,“ sagte Lisa nur, „Wenn wir das gewusst hätten....“
„Ach was, woher denn?“ wiegelte Mariella ab, „Und ihr stört ja auch nicht.“
„40,5 Fieber,“ sagte Syd allerdings besorgt, „Sollen wir ihn zum Arzt bringen?“
„Nein erst einmal nicht. Ich habe ihm Wadenwickel gemacht und ihm eine Aspirin gegeben. Als ich vor einer Stunde noch mal messen war, war es auch auf 40° gesunken. Nur wenn es wieder ansteigt sollten wir das in betracht ziehen.“
„Gut, dann lass ich euch mal werkeln hier und schaue mir die Nachrichten an.“ Grinste Syd wieder und verschwand im Wohnzimmer.
„Typisch Mann,“ schüttelten Lisa und Mariella nur mit dem Kopf und machten sich dann daran den Tisch zu decken sowie Rührei und Kaffee zu kochen.
Richard hörte die Stimmen aus seiner Küche, schwerfällig öffnete er die Augen. Was war denn das auf seiner Stirn? Er tastete danach und hob dann einen kühlen Waschlappen hoch. Leicht schüttelte er den Kopf und schmiss ihn dann auf den Boden, er setzte sich auf und sah die Wadenwickel. Ein seufzen entfuhr seinen Lippen, da hatte seine Schwester ja das komplette Programm aufgefahren. So schlimm war es dann nun auch nicht, es war eine einfache Erkältung, er schwang die Beine über die Bettkante, wartete bis der sofort einsetzende Schwindel wieder nachließ und stand vorsichtig auf.
Sydney sah vom Fernseher auf als er Geräusche aus Richards Schlafzimmer vernahm, kurz darauf wurde auch schon die Türe geöffnet.
„Richard.“ Entfuhr es ihm erstaunt, „Was machst du denn hier?“
„Ich wohne hier, wenn ich mich recht erinnere.“ Ließ er sich auf das Sofa nieder.
„Ja aber ich dachte du wärst krank.“
„Und deswegen darf ich mein Schlafzimmer nicht verlassen? Ich habe eine kleine Erkältung mehr nicht.“
„40,5°C Fieber ist für mich schon eine große Erkältung.....“
„40,5°? Wann soll das denn gewesen sein?“
„Heute früh, jetzt fang du bitte nicht auch noch so an wie David. Kurier das vernünftig aus.“
„Werde ich Sydney, wart ihr heute schon bei David?“ versuchte Richard aber dann das Thema zu wechseln.
„Gut, aber ich werde ein Auge auf dich haben,“ sah Syd ihn scharf an bevor er fortfuhr, „Bei David? Nein heute noch nicht, aber Lisa fährt im Nachmittag zu ihm.“
Richard nickte nur, wenn er ehrlich war fühlte er sich nach den paar Schritten und Worten schon wieder KO. Wenn er morgen wieder Arbeiten und seinen Plan verfolgen wollte würde es wohl das beste sein, seine Aktivitäten heute auf das mindeste zu beschränken. Er bat Syd ihm die Decke zu geben und streckte sich dann ganz auf dem Sofa aus, die anderen würden ihm heute wohl jeden Wunsch von den Augen ablesen, vor allem seine Schwester.
David war langweilig, draußen war das schönste Wetter und er lag hier rum und konnte Däumchen drehen. Zudem hatte sich herausgestellt, dass heute Vormittag die Stationsschwester dienst hatte und an der prallte sein Charme ab. Er schaffte es einfach nicht sie um den Finger zu wickeln. Wenigstens gab es zum Frühstück ein Brötchen mit Gelee und nicht schon wieder Weißbrot mit Hüttenkäse. Er seufzte kurz auf und sah dann zum Fenster, wie gern würde er jetzt ein paar dieser Sonnenstrahlen genießen. Vorsichtig stand er auf und öffnete das Fenster, ein warmer Wind wehte hinein. Kurz war er versucht einfach durch die Türe nach draußen zu spazieren, doch er wusste das ihn die Schwester sobald sie ihn entdecken würde sofort wieder zurück ins Bett stecken würde, außerdem saß vor seiner Türe immer noch ein Polizist, der würde ihn auch nicht einfach so gehen lassen. Etwas mühsam setzte er sich auf die Fensterbank, streckte dann die Beine aus und ließ sich einfach so die Sonne ins Gesicht scheinen. Seine Gedanken begannen um Richard zu kreisen, doch er verdrängte seine Sorge. Mariella war bei ihm und würde aufpassen, immerhin kannte sie Richard auch schon seit 27 Jahren. Er schloss die Augen und hielt den Kopf noch mehr in die Sonne, es tat gut und so stellte er sich vor er würde mit Lisa draußen im Park sitzen. Er bemerkte die Gestalt nicht, die vom Park aus zu seinem Zimmer hochguckte und grinste als sie ihn erkannte.
Kapitel 8
„Syd?“ kam Lisa leise fragend ins Wohnzimmer und erstarrte als sie Richard auf der Couch liegen sah.
„Ja?“ drehte Syd sich zu ihr um, „Was gibt´s?“
„Äh Frühstück ist fertig,“ starrte sie aber immer noch Richard auf der Couch an.
„Frühstück,“ murmelte Richard und öffnete die Augen, „Das ist heute hier ja ein Service.“ Setzte er sich langsam auf.
„Äh ja ich...also...“ stammelte Lisa, doch Richard kam schon auf sie zu.
„Morgen Lisa,“ grüßte er sie kurz und ging dann weiter in Richtung Küche.
Lisa starrte ihm hinterher, erst als Syd sie am Arm berührte kam sie wieder in die Wirklichkeit zurück.
„Ich dachte er schläft.“
„Er ist vor ein paar Minuten ins Wohnzimmer gekommen, anscheinend geht´s ihm ein wenig besser.“ Zuckte Syd nur mit den Schultern, hakte Lisa unter und ging mit ihr in die Küche wo Mariella mit Richard diskutierte.
„Du gehörst ins Bett Richard.“ Hörten sie, sie gerade sagen.
„Och Mariella, ich habe Hunger und was will ich alleine im Bett? Ich lege mich auch nachher wieder auf die Couch.“
„Also diese Quengelei muss eindeutig von Friedrichs Seite kommen,“ unterbrach Sydney die Situation, „Lass ihn einfach sein Brötchen essen Mariella und dann geht er bestimmt wieder brav auf die Couch. Oder Richard?“
Richard warf ihm nur einen bösen Blick zu, setzte sich dann an den Tisch und schwieg. Vielleicht sollte er nach dem Frühstück einfach einen auf armen kranken Richard machen, dann würde Mariella sich schon wieder beruhigen und wenn das nicht half dann konnte er noch den Bruch mit ihrer Mutter anführen. Moment was dachte er sich denn da? Das waren doch Davids Methoden. Er lachte kurz auf, was wie bei David gestern sofort in ein Husten überging und schüttelte den Kopf. Sein kleiner Bruder hatte ganz schön auf ihn abgefärbt oder waren das wirklich die Seidel Gene wie Sydney immer wieder bemerkte?
Die Person im Park schüttelte den Kopf, das war typisch David Seidel dort oben. Na ja dann wollte er ihn mal überraschen, dachte er sich und machte sich auf den Weg in Richtung Eingang. Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde immer breiter als er sich Davids Gesicht vorstellte wenn er ihm Gegenüberstand.
Dieser hingegen versuchte sich derweil in eine noch bequemere Position auf der Fensterbank zu bringen und öffnete erschrocken die Augen als er mit der rechten Hand ins leere fasste. Er hatte doch glatt vergessen, das er am offenen Fenster saß. Wenn die Schwester oder der Arzt zur Visite gekommen wären in der Zeit hätten sie ihn wohl ans Bett gefesselt. Schnell sprang er von der Fensterbank und setzte sich in den Stuhl unters Fenster, so bekam er immer noch genug Sonne ab.
Das Frühstück bei Richard verlief relativ ruhig, Richard selber hatte nur zwei mal von seinem Brötchen abgebissen und war dann freiwillig auf die Couch zurückgekehrt. Er hatte beschlossen heute wo er es endlich mal konnte alle Register des Seidel´schen Charmes zu ziehen, der ich bin ein armer kranker Richard Nummer inklusive. Dementsprechend langsam war er auch wieder zum Sofa geschlurft was seine Schwester sofort dazu brachte ihm hinterher zu gehen und zu fragen ob denn alles in Ordnung wäre und sie ihm noch etwas bringen könne.
„Meinen Tee?“ hatte er gefragt und dabei versucht Davids Dackelblick zu imitieren, anscheinend erfolgreich denn Mariella war sofort in die Küche gelaufen und mit einer Tasse sowie der Teekanne wiedergekommen. Allerdings hatte sie auch darauf bestanden nochmals Fieber zu messen. Es war immer noch hoch, aber auch wieder ein wenig gesunken, nur noch 39,8°C. Richard hatte nicht protestiert als sie ihm erneut einen kalten Lappen und Wadenwickel brachte.
Langsam ging er über die Flure des Krankenhauses, er wusste genau wo sich Davids Zimmer befand, trotzdem hatte er es nicht eilig. Weglaufen konnte er schließlich nicht. Er sah den Polizisten vor der Türe sitzen, ging zielstrebig auf ihn zu, nickte kurz zum Gruß als er bei ihm ankam. Sein nicken wurde erwidert, er klopfte an und betrat das Zimmer.
Besorgt kam Mariella wieder in die Küche und sah in fragende Gesichter.
„Ich glaube er ist wirklich krank,“ seufzte sie, „ Er gibt ja noch nicht mal Wiederworte.“
„Das ist doch nur Taktik,“ lachte Syd auf als er sah wie Lisa die Stirn ebenso kraus zog wie Mariella.
„So ein Quatsch,“ wiegelte Lisa jedoch ab, „Wie kommst du denn bitte da drauf?“
„Wisst ihr an wen er mich im Moment erinnert? An meinen kleinen Bruder Namens David, der wickelt euch doch wenn es ihm nicht gut geht auch immer um den Finger damit er alles bekommt was er will.“
„David wickelt uns nicht um den Finger!“ protestierten sie gleichzeitig
„Ach nein? Wenn David dich heute Nachmittag fragt ob du ihm ein Stück Kuchen holst und seinen berühmt berüchtigten Blick aufsetzt schmilzt du doch wie Eis in der Sonne.“ Neckte er Lisa.
„Das stimmt doch gar nicht.“ Maulte Lisa und zog eine Schnute.
Syd musste den Blick von ihr abwenden, auf einmal waren die Schmetterlinge wieder da, wie konnte das denn jetzt passieren? Er war doch über sie hinweg? Oder doch nicht? Aber er wusste doch das zwischen ihnen nichts mehr laufen würde. Das konnte er seinem Bruder nicht antun. Das konnte er seiner Familie nicht antun. Richard würde ihn hassen wenn er David weh tun würde. Nein er würde ihn nicht hassen, er würde ihn umbringen.
Erschrocken zuckte David zusammen als er die Türe hörte, er warf einen Blick zur Türe hinüber und musste grinsen. Er hätte ja mit jedem gerechnet aber nicht mit ihm.
„Hallo David wie geht es dir?“ sprach er ihn an.
„Hallo Kai, mir geht´s prima, könnte nicht besser sein.“ Wuchs Davids grinsen noch mehr an.
„Ich weiß du scheinst Krankenhäuser und Kliniken magisch anzuziehen.“ Lachte Kai.
„Ja sicher, da gibt es so nette Schwestern. Außer in der einen wo du arbeitest, deswegen war ich da auch nur einmal.“
„Lass das ja nicht deine Frau hören, du Schlitzohr. Welche Schwester hast du denn schon mit deinem unbeschreiblichen Charme bestochen?“
„Noch gar keine.“
„David, ich kenne dich, selbst bei mir hast du das gemacht!“
„Bei dir?! Daran kann ich mich gar nicht erinnern, da muss ich benebelt gewesen sein.“
„Du willst doch nur nicht zugeben, das du auch eine schwäche für mich hast.“
„Schscht, nicht so laut, wenn das die Schwestern hier mitkriegen.“
„Was denn hast du Angst sie könnten plötzlich resistent gegen dich werden?“
„Genau, dann kann ich meine Taktik das Klo runterspülen.“
„So jetzt aber mal wieder ernst David wie geht´s dir?“
„Es geht wirklich schon, ich langweile mich hier zu Tode. Darf nicht rumlaufen, hab kein Telefon, ist da ist ja selbst in eurem Knast für mehr Unterhaltung gesorgt.“
„Nun ja, ich kenne ja deine Akte ein wenig und den verlauf, also jegliche Art von Aufregung solltest du wirklich vermeiden.“
„Danke das sagen sie mir hier jedes Mal....“
„David, du willst doch so schnell wie möglich hier raus oder?“
„Ja sicher, je länger ich hier bleiben muss, desto größer ist die Chance das ich nachher bei euch in der Psychiatrie lande.“
„Dann halte dich an die Anweisungen, glaub mir dann geht es schneller vorbei als du denkst. Eigentlich ist es ein Wunder das du schon wieder von Intensiv runter bist, du hast damals verdammt viel Glück gehabt das er euch bei uns auf dem Parkplatz aufgelauert hat und wir dich sofort versorgen konnten bis der Hubschrauber eintraf.“
„Ihr habt mich versorgt?“ fragte David ungläubig, das hatte ihm noch keiner erzählt, das letzte was er wusste war wie Kowalski die Waffe gezogen hatte.
„Ja, was ist das letzte an was du dich erinnerst?“
„ Das ich mit Lisa zum Wagen gehen wollte und dann das Kowalski plötzlich vor uns stand und eine Waffe gezogen hat.“
„Gut, hör zu David ich erzähle dir das nur wenn du mir versprichst dich nicht aufzuregen.“ Ermahnte Kai ihn, er wusste das sie David nicht erzählt hatten das er Lisa das Leben gerettet hatte.
„OK versprochen, aber warum erzählst du mir das?“
„Damit du endlich kapierst wie viel Glück du hattest.“
„Das weiß ich doch.“
„Nein David, das weißt du nicht. Wenn du das wüsstest dann würdest du brav im Bett liegen.“ Dachte Kai an Dr. Vanderbroecks Worte, nachdem dieser einen Anruf von Davids behandelndem Arzt bekommen hatte. Nur deswegen war er ja hier, weil er ihm diese Aufgabe übertragen hatte, weil er sich auch privat gut mit David verstand und durch seine Arbeit in der Klinik wusste Kai wie er es ihm beizubringen hatte.
„OK dann schieß mal los.“
„Kowalski hat die Waffe gezogen, da erinnerst du dich richtig, aber er hatte es diesmal nicht auf dich abgesehen,“ begann er und sah wie David etwas einwenden wollte, „Lass mich ausreden OK.“ Hob er die Hände, woraufhin David nickte, „ Gut er wollte Lisa treffen, wenn er sie nicht haben konnte dann sollte sie keiner haben. Du hast die erste Kugel abgefangen, die dich in den Bauch traf. Doch Kowalski ergriff daraufhin nicht die Flucht, er wollte sein Ziel unbedingt erreichen. Er zielte erneut auf Lisa und drückte ab, du hast dich in die Schusslinie geworfen. Wir haben keine Ahnung wie du das geschafft hast, aber du hast es geschafft. Die zweite Kugel traf dich in die Lunge. Wir hatten schon den ersten Schuss gehört und sind sofort hinaus, als Kowalski uns sah hat er die Flucht ergriffen. Ein paar sind hinter ihm her, aber er war schon weg. Du lagst in Lisas Armen, warst noch bei Bewusstsein. Du hast ihr gesagt das du sie immer lieben würdest. Wir haben dich dann Erstversorgt und den Hubschrauber geordert, noch auf dem Parkplatz haben wir dich für die OP vorbereitet, so das sie dich hier sofort Operieren konnten. Verstehst du David? Hätte er euch woanders aufgelauert wäre es zu spät gewesen. Dein Schutzengel muss an dem Tag überstunden geschoben haben so knapp war es. Riskier jetzt nicht wieder alles nur weil du Ungeduldig bist.“ Schloss Kai seine Ausführung.
David reagierte nicht, das hatte er nicht gewusst. Er wusste das er sehr viel Glück gehabt hatte, aber das es so knapp gewesen war nicht. Er schluckte, er hatte seiner Lisa das Leben gerettet.
„Ich...ich habe ihr das Leben gerettet?“ fragte er kaum hörbar.
„Und deins fast dabei verloren, ich weiß das du sie über alles liebst und sie liebt dich genauso.“
„Das...das wusste ich nicht...ich...ich meine das es so...so knapp war.“ Stotterte er.
„Jetzt weißt du es,“ sagte Kai in ruhigem Ton, „Sieh mich mal an David.“
David sah auf, „Wir wollen alle nur das du siehst was für Glück du hast, niemand macht dir Vorwürfe das deine Geduld nicht die beste ist.“
„Ich weiß,“ nickte David, er stand auf und blickte aus dem Fenster über den Park, irgendwie sah er ihn auf einmal mit ganz anderen Augen, „Kai?“ fragte er und drehte sich langsam wieder um.
„Ja?“
„Danke das du mir die Augen geöffnet hast.“
„Gern geschehen Kumpel.“ Lächelte Kai, „Und da wir das nun hinter uns haben musst du mir erzählen ob die Schwestern hier alle so nett sind wie die unten an der Anmeldung.“
Davids Augen leuchteten wieder auf und er setzte sich zurück ins Bett bevor er Kai die Vorzüge von weiblichem Pflegepersonal erklärte.
Kapitel 9
Der Vormittag bei Richard verlief weitgehend ruhig, Mariella und Lisa versuchten etwas zu Mittag zu kochen was auch für Richard gut war. Am besten war ihrer Meinung nach eine Hühnersuppe, doch so etwas oder die Zutaten dafür suchten sie in der Küche vergeblich. Schließlich gaben sie auf und entschieden sich etwas zu Essen zu bestellen. Richard selber war das ziemlich egal, er lag auf der Couch und verschlief den Vormittag, Syd war bei ihm und hatte sozusagen den Job der Krankenschwester übernommen. Immer wenn Richard einmal kurz aufwachte und etwas brauchte war er zur Stelle, sonst zappte er durch das Sonntägliche Fernsehprogramm.
Nach dem Mittagessen wollte er Lisa eigentlich zu David fahren, doch sie hatte nur mit dem Kopf geschüttelt und gesagt das sie die Bahn nehmen würde, sie wollte das er sich um Richard kümmerte, damit Mariella in der Villa Seidel ihren Koffer holen konnte. Zu dritt hatten sie beschlossen das es wohl das beste war, wenn Mariella in der Zeit in der sie in Deutschland weilte bei Richard wohnte. Außerdem würde David sich dann auch nicht so viele Sorgen machen, war dabei das ausschlaggebende Argument gewesen.
„Ist gut Lisa, aber ich hole dich dann heute Abend ab.“ Meinte Syd nur noch bevor Lisa zur Türe raus verschwand.
David war in der Zwischenzeit wieder alleine, nachdem er sich noch eine Weile mit Kai unterhalten hatte musste dieser auch wieder zu seiner Schicht in die Waldklinik aufbrechen. Nun saß er auf seinem Bett und grübelte über das was geschehen war nach. Wie konnte er nur so leichtsinnig sein? Alles was er riskiert hatte wieder aufs Spiel setzten? Lisa, Syd und Richard wieder in Sorge um ihn bringen? Er wusste das es so nicht weiter gehen konnte, er hatte Kai gebeten das Fenster wieder zu schließen bevor er gegangen war. Zugluft war nun auch nicht das wahre, das wusste er. Kais Worte hatten ihn getroffen, an seinem wundem Punkt und er wusste genau warum ausgerechnet Kai ihm das gesagt hatte. Sie hatten Angst er könnte trotz alledem wieder Dummheiten begehen, in seiner ersten Gefühlslage die Kontrolle verlieren und so ganz unrecht hatten sie damit nicht. Bei jedem anderen, der ihm das Mitgeteilt hätte wäre wohl eine Kurzschlussreaktion die Folge gewesen. Doch Kai hatte es verstanden ihn gezielt abzulenken. Er atmete tief durch, er durfte sich auch jetzt nicht gehen lassen, langsam sank er immer tiefer in sein Kopfkissen. Wenn er doch nur wüsste wann sie ihn hier wieder rauslassen würden oder wie es weitergehen sollte, dann hätte er etwas worauf er hinarbeiten konnte, aber so.
Ein Seufzer entfuhr seinen Lippen und er bemerkte nicht wie die Türe geöffnet wurde.
„David?“ fragte Lisa mit leichter Sorge im Unterton als sie nachdem auf ihr Klopfen niemand reagiert hatte das Zimmer betrat.
Erschrocken drehte er den Kopf in Richtung Türe, wer sprach ihn da an, doch dann erkannte er Lisa.
„Lisa,“ sagte er un dein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, „Schön das du da bist.“ Setzte er sich wieder auf.
Lisa ging nun zum Bett hinüber und setzte sich ans Fußende, sie lächelte ihn an.
„Wie geht es dir heute mein Schatz?“ fragte sie ihn.
„Ganz gut soweit, Kai war heute morgen hier.“ Lächelte er nun auch, nahm ihre Hand und zog sie zu sich um sie vorsichtig in den Arm zu nehmen.
„Kai? Hat er...ich meine also ist ja nett das er dich besucht.“ Stammelte Lisa, sie hoffte das Kai ihm nichts erzählt hatte.
David spürte das sie Angst hatte er könne etwas unüberlegtes tun wenn er wüsste was Kai ihm erzählt hatte, sanft strich er ihr durchs Haar.
„Ja er hat mir erzählt was wirklich geschehen ist Lisa,“ begann er und sah wie sich Sorge in ihre Augen schlich, „Ich weiß jetzt wieder alles von dem Zwischenfall, mach dir bitte keine Sorgen. Wir haben darüber geredet und es geht mir gut.“
„Er hat was?! Aber...aber....“
„Schsch, mach dir keine Sorgen Lisa. Ich habe verstanden wie knapp es wirklich war und ich weiß das ich das jetzt nicht durch meine Ungeduld aufs Spiel setzten sollte. Warum habt ihr mir denn nicht schon viel früher gesagt warum ihr dieses Theater aufzieht?“
„Wir wollten doch nur...also wir kennen dich doch und du startest doch gerne gefährliche Alleingänge und....“
„Ich verstehe,“ unterbrach er sie, „Und ich gebe zu wenn ihr mir so etwas gesagt hättet, ich hätte euch nicht geglaubt.“
„Aber Kai hat es geschafft das du ihm glaubst?“
„Ja, du kennst ihn doch. Wo er kam saß ich am Fenster und habe überlegt was ich denn als nächstes tun könnte um hier raus zu kommen. Du weißt das mir hier die Decke auf den Kopf fällt, aber nun habe ich verstanden warum ich alles so langsam angehen soll.“
„Du wolltest also hier raus?“ fragte sie ihn, „Wo wolltest du denn hin?“
„Nun ja eigentlich ist ja so schönes Wetter draußen und ich hocke hier in meinem Bett und drehe Däumchen.“
„Na ich glaube gegen eine kleine Runde im Park hat niemand etwas einzuwenden.“ Lächelt sie ihn an.
„Wirklich? Das wäre schön.“
„Ja wirklich unter einer Bedingung.“
„Und die wäre?“
„Du läufst nicht.....“
„Ach wollen sie mich etwa tragen Frau Plenske?!“ fragte er und setzte sein berühmtes Lächeln auf.
„Spinner,“ schlug sie ihm leicht gegen den Arm, „Da vorne steht ein Topmoderner Rollstuhl, in den setzt du dich jetzt und dann können wir los.“
Sie sah das David es eigentlich missfiel, aber er setzte sich ohne eine Wiederwort hinein.
Sydney war langweilig, Richard schlief, Mariella war immer noch mit seinem Wagen bei den Seidels und im Fernsehen lief auch nichts. Genervt stand er von der zweiten Couch auf und ging im Wohnzimmer auf und ab, ob er sich einfach eins von Richards Wirtschaftsmagazinen zum lesen nehmen sollte? Nein, es war Wochenende und er hatte keine Lust sich mit Arbeit zu beschäftigen. Die anderen Bücher in dem Regal sprachen ihn auch nicht wirklich an, Wirtschaftskrimis, Thriller, Dokumentationen, das war alles nichts. Sein Blick fiel auf einen Reiseführer, `Traumstrände der Welt´, das musste noch von Sabrina sein. Vorsichtig nahm er ihn aus dem Regal und begann gedankenverloren darin zu blättern. Karibik, ja das war doch was, kilometerlange weiße Sandstrände, glasklares Wasser, Palmen und Sonnenschein. Er bemerkte gar nicht wie er sich wieder auf die Couch setzte und in seinen Gedanken versank. Er sah sich und Lisa an diesem Strand, wie sie im Sonnenuntergang spazieren gingen, sie sich an ihn schmiegte.
Sein Blick lag immer noch auf dem Bild als er eine Bewegung im Augenwinkel wahrnahm. Richard drehte sich gerade von einer auf die andere Seite und fiel dabei halb von der Couch woraufhin er erschrocken die Augen aufriss.
„Na, du Langschläfer.“ Musste Syd grinsen, doch den Gedanken an Lisa und die Karibik konnte er nicht ganz verdrängen.
„Sehr witzig,“ murmelte Richard nur, setzte sich wieder auf die Couch und griff nach seiner Tasse. „Igitt der ist ja kalt.“ Verzog er das Gesicht.
„Soll ich dem Herrn denn noch einmal frischen Tee nachgießen?“ musste Syd nun doch lachen und nahm die Thermoskanne
„Danke,“ sagte Richard nachdem die Tasse wieder gefüllt war, Wo sind denn Lisa und Mariella?“ fragte er dann als er sich wieder zurück lehnte.
„Lisa ist bei David und Mariella holt ihren Koffer aus der Villa Seidel.“ Blätterte er wieder durch den Reiseführer
„Sie holt ihren Koffer? Jetzt sag nicht sie will hier wohnen.“
„Doch genau das will sie,“ sagte Syd gleichgültig, sein Blick fiel auf den bericht über die Malediven, ein Teil davon war rot umrandet und er wusste sofort das Richard und Sabrina dorthin ihre Flitterwochen machen wollten.
„Sydney das kannst du mir nicht antun, Mariella ist ganze 4 Wochen in hier.“
Doch Sydney hörte nicht, er starrte auf das Bild der Malediven, was würde Richard jetzt mit der Reise machen? Würde er sie einfach stornieren? Aber dann wäre ja das Geld weg. Wieder kamen ihm Gedanken an Lisa in den Sinn, er schüttelte den Kopf, sie war glücklich mit David und er war über sie hinweg. Oder doch nicht? Lag es vielleicht daran das sie im Moment zusammen wohnten, das sie wieder Tag und Nacht in seinem Kopf war? Das musste es sein, aber wie konnte er das ändern? Er konnte und wollte Lisa nicht dazu drängen zu ihren Eltern zu ziehen. Außerdem waren Bernd und Helga im Moment auf zweiter Hochzeitsreise, die sie von Lisa, David und den Seidel zur Silberhochzeit geschenkt bekommen hatten. Hochzeitsreise, wieder glitt sein Blick zu dem Bild, dann sah er auf und schaute Richard fragend an.
„Hast du was gesagt?“
„Ja habe ich,“ grummelte dieser, „Ich habe gesagt das du mir das nicht antun kannst das meine Schwester sich hier 4 Wochen lang einquartiert.“
„Achso nun ja, das konnte ich ihr nicht ausreden,“ wiegelte er ab während seine Gedanken zu einem ganz anderen Thema rasten.
„Bist du überhaupt bei der Sache Syd?“ wurde Richard langsam sauer und setzte sich neben Syd, „ Was hast du da überhaupt?“ nahm er ihm den Reiseführer weg und starrte dann ebenfalls auf das Bild und den rot umrandeten Text. Er musste schlucken, die Hochzeitsreise, an die hatte er ja gar nicht mehr gedacht. Eigentlich wollten er und Sabrina ja am nächsten Freitag fliegen. Für eine Stornierung war es nun zu spät, dann würde er überhaupt nichts von seinem Geld wiedersehen.
„Verdammt!“ entfuhr es ihm, „Die Reise.“
„Die Reise?“ horchte nun auch Sydney wieder auf.
„Ja die Hochzeitsreise, das Geld kann ich vergessen.“ Funkelten Richards Augen.
„Und wenn jemand anders fährt?“ fragte Syd nun und wusste plötzlich wie er die ganze Sache angehen musste.
„Wer denn? Max und Yvonne?“
„Lisa und David.“
„Lisa und David? Wie soll das denn gehen? Hast du vergessen das David im Krankenhaus liegt?“
„Nein, habe ich nicht. Das wäre doch eine schöne Überraschung für die Beiden. David geht es doch schon etwas besser und fragen kostet ja nichts. Wenn der Arzt nein sagt können wir immer noch überlegen wer sonst noch fahren kann. Die Namen sind ja schnell geändert.“
„Nun ja,“ begann Richard leise, wurde von einem Hustenanfall kurz unterbrochen und fuhr dann fort, „verdient haben die beiden so einen Urlaub nach allem was geschehen ist ja schon.“
„Gut wenn ich Lisa heute Abend abhole schaue ich vorher bei Dr. Heinrichs oder Dr. Lorenz vorbei und frage nach.“ Nahm Syd Richard den Reiseführer aus der Hand und drückte ihn in die Kissen zurück, „Und du ruhst dich jetzt weiter aus, damit du wieder fit wirst. Denn das ich den Laden alleine Schmeiße kannst du dir abschminken.“ Grinste er ihn an.
„Das musst du auch nicht, glaub mir spätestens Dienstag steh ich wieder auf der Matte.“ Blitzte es in Richards Augen auf, was Sydney allerdings falsch deutete. Richard ging es in diesem Moment nicht mehr nur um Kerima, nein es ging ihm vielmehr darum das er in Ruhe nach Kowalski suchen konnte und seinen kleinen Bruder in sicherer Entfernung wusste.
Kapitel 10
Lisa und David genossen die Sonnenstrahlen, die ihnen ins Gesicht schienen. Sie hatten es sich auf der Wiese im Park gemütlich gemacht. David lag auf dem Rücken, Lisa auf der Seite und strich ihm sanft über den Bauch. Er schloss die Augen, warum konnte es nicht immer so sein? Oder noch besser noch, nur sie beide alleine an einem weißen Sandstrand irgendwo in der Südsee, im Hintergrund rauschten das Meer, sie lagen im Schatten der Palmen. Ein Seufzer entfuhr seinen Lippen, was Lisa sofort aufhorchen ließ.
„Alles in Ordnung? Hast du schmerzen? Sollen wir wieder rein?“ fragte sie besorgt.
„Nein es ist alles in Ordnung Lisa, wirklich.“ Öffnete er die Augen und lächelte sie an.
„Sicher? Du weißt das du mir nichts vorspielen musst.“
„Ich spiele dir nichts vor, mir geht es gut, ich habe nur nachgedacht.“
„Über die Entführung und Rokko?“ fragte Lisa vorsichtig.
„Was? Nein, nein wie kommst du denn jetzt da drauf?“
„Ich meine nur, du redest kaum darüber.“
„Es gibt da nichts zu reden Lisa,“ ging sein Blick in die Ferne, „Es ist vorbei.“
„David, ich weiß das dich das noch beschäftigt auch wenn du das nie zugeben würdest.“
„ Lisa bitte, lass uns einfach das schöne Wetter genießen.“ Sah er sie wieder an, er wollte nicht über den Keller, die Demütigungen und seine Gefühle reden, geschweige denn über Rokko Kowalski. Es war schlimm genug das dieser Typ immer noch frei herum lief und Lisa jederzeit etwas antun konnte, ohne das er in der Lage war sie zu beschützen.
„Du darfst das nicht in dich hineinfressen David, wir sind doch alle für dich da.“ Legte sie vorsichtig ihren Kopf auf seine Brust.
„Das tue ich schon nicht, versprochen.“ Vergrub er sein Gesicht in ihren Haaren, während er mit seiner Hand sanft über ihren Arm fuhr. Sie trug ein Ärmelloses Shirt und eine ¾ Jeans, dazu Sandalen. Wieder einmal fiel ihm auf, wie wunderschön sie war. Er stütze sich auf seine Ellebogen womit er sie veranlasste ihren Kopf zu heben.
„Bin ich dir zu schwer?“ fragte sie sofort.
„So ein quatsch,“ funkelte er sie verliebt an, „Im Gegenteil in den letzten Wochen ist aus dir ja ein richtiges Leichtgewicht geworden.“ Näherte er sich ihr und küsste sie, erst vorsichtig, leicht. Er zog sich genauso schnell wieder zurück und schaute ihr in die Augen. „Ich wünschte du würdest heute bei mir bleiben.“ Flüsterte er in ihr Ohr.
„David jetzt übertreib nicht gleich wieder wenn es dir ein wenig besser geht,“ ermahnte sie ihn liebevoll, „Du bist immer noch im Krankenhaus.“
„Leider,“ seufzte er und ließ sich wieder ins Gras sinken, „Ich wäre so gerne Tag und Nacht bei dir.“ Schmunzelte er dann.
„Das weiß ich doch,“ gab sie ihm einen leichten Kuss auf die Nasenspitze, „Und wenn du jetzt schön brav bist, dann darfst du bestimmt bald nach Hause.“
„Apropos nach Hause,“ wurde seine Miene dann wieder ernst, „Wo soll ich dann überhaupt hin? Ich meine ich habe doch nichts mehr außer den paar Sachen, die ich hier habe.“
„Wie wäre es wenn wir erst mal wieder in die Villa deiner Eltern gehen?“
„Bist du verrückt?! Zu meiner Mutter?! Auf keinen Fall, sie wird mich nur von morgens bis abends bemuttern, andauernd ins Zimmer kommen und fragen ob ich noch etwas brauche, ob sie mir noch einen Tee bringen soll oder noch etwas zu essen. Sie wird mich fragen ob es genug Kissen im Bett sind und diese bei jedem Besuch aufschütteln. Willst du mir das wirklich antun Lisa?“
„Sie meint es doch nur gut und es wäre immer jemand in deiner nähe wenn du etwas brauchst.“
„Ich weiß, das sie es nur gut meint, nur macht sie mich damit verrückt. Ich bin kein Kleines Kind mehr und außerdem wohnt Mariella die nächsten 4 Wochen doch dort.“
„Als ob die Villa nicht noch mehr Platz hätte und nein Mariella wohnt die nächsten 4 Wochen bei Richard.“
„Bei Richard?“ fragte er erstaunt nach, „Was hat er denn angestellt, das ihr ihm das antut?“
„Gar nichts, er hat sich nur gestern eine dicke Erkältung eingefangen und da wir euch Seidels ja kennen haben wir beschlossen, das Mariella ein Auge auf ihn hat.“
„Wo hat er sich denn bei dem Wetter eine Erkältung geholt?“ fragte David skeptisch nach.
„Hat es hier etwa nicht wie aus Eimern gegossen gestern im späten Nachmittag?“
„Keine Ahnung, da habe ich geschlafen.“ Zuckte David mit den Schultern.
„Siehst du, er hat Sabrina ihre und Gabriels Sachen in den Kiosk gebracht und dann ist er durch den Regen gelaufen. Er war vollkommen durchnässt als Syd ihn gefunden hat und heute morgen lag er dann mit Fieber im Bett als wir zum Frühstück vorbeigefahren sind.“
„Und Mariella spielt Krankenschwester?“ lachte David los, diesmal musste er zwar auch Husten, jedoch nicht so schlimm wie am Abend zuvor.
„Sie spielt nicht die Krankenschwester,“ setzte Lisa sich entrüstet auf, „Sie kümmert sich nur um ihn, er ist wirklich krank David, er gibt keine Wiederworte mehr.“
„Er gibt keine Wiederworte?“ hakte David nach und setzte sich nun ebenfalls auf.
„Ja, er ist zum Frühstück aufgestanden, hat zweimal von seinem Brötchen abgebissen und ist dann freiwillig zurück zum Sofa geschlurft und wenn ich geschlurft sage dann meine ich geschlurft. Heute Mittag ist er gar nicht erst von der Couch aufgestanden, er meinte nur er habe keinen Hunger hat sich rumgedreht und ist sofort wieder eingeschlafen.“
„OK wenn er das tut dann ist er wirklich krank.“ Gab David nach, „Aber trotzdem möchte ich nicht zu meinen Eltern.“ Setzte er seinen Dackelblick auf.
Lisa stockte, genauso hatte doch Richard heute morgen geguckt, war an Sydneys Vermutung dann vielleicht doch etwas dran? Sie musste lächeln.
„David Seidel kann es sein das du ein unverbesserlicher Charmeur bist?“
„Ich?“ fragte er gespielt entsetzt, „Wie kommst du denn da drauf?“
„Diesen Blick kenne ich nur zu gut und der muss bei euch in der Familie liegen.“
„In der Familie? Wie meinst du denn das jetzt?“
„Och nur so.“ grinste sie und sah dann auf ihre Uhr, „So spät schon, Syd kommt mich ja gleich abholen.“ Sprang sie auf.
„Lisa Plenske du bist mir noch eine Antwort schuldig,“ zog er sie wieder zu sich herunter, wobei sie das Gleichgewicht verlor und halb auf ihn fiel. Kurz blieb ihm die Luft weg, doch er besann sich darauf die Ruhe zu bewaren und so war es auch schnell wieder vorbei.
„David!“ sprang Lisa jedoch sofort wieder auf, „Hast du dir weh getan?“
„Nein, geht schon.“ Keuchte er und lächelte dann, „Setz dich doch bitte wieder, Syd wird uns schon finden.“ Deutete er dann neben sich ins Gras.
Lisa seufzte kurz auf, sie kannte Davids Dickschädel und eigentlich hatte er recht, wenn die Schwester Syd sagte das sie im Park waren konnte er sie gar nicht verfehlen.
Kapitel 11
Als Mariella gegen frühen Abend wieder zu Richard zurück kehrte, hatten dieser und Syd schon einen Plan geschmiedet wie sie den Arzt überzeugen konnten um David und Lisa die Reise zu schenken. Richard ging es auch schon ein wenig besser, das Fieber wurde von Mariella nur noch als erhöhte Temperatur eingeordnet und so beschloss sie diese Nacht im Gästezimmer zu verbringen was Richard wieder ein lächeln entlockte.
„Na endlich Schwesterchen, ich dachte schon jetzt mutierst du zur Krankenschwester.“ Sagte er.
„ Glaub ja nicht das ich kein Auge mehr auf dich haben werde,“ gab sie lächelnd zurück, „Du wirst das auskurieren und zwar gründlich.“
„Jawohl Madam,“ grinste er nur, langsam konnte er auch wieder klare Gedanken fassen und so war es ihm eigentlich ganz recht das er den morgigen Tag alleine zu Hause verbringen würde, da konnte er in Ruhe sein weiteres Vorgehen planen.
Sydney verabschiedete sich nur grinsend, er konnte sich ausmalen was die beiden sich im Laufe des Abends noch an den Kopf werfen würden. Zielstrebig lenkte er den Wagen in Richtung Krankenhaus, dort angekommen ging er auch direkt auf die Station und machte sich auf die Suche nach dem Arzt. Die diensthabende Schwester teilte ihm dann mit das Dr. Lorenz Dienst hätte und sich im Ärztezimmer befand. Entschlossen ging er dorthin und klopfte an die Türe.
„Herein,“ hörte er und steckte seinen Kopf durch die Türe.
„Guten Tag Dr. Lorenz.“ Begrüßte er ihn.
„Ah guten Tag Herr London, nehmen sie doch Platz,“ wies er auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch, „was führt sie denn zu mir?“
„Es geht um meinem Bruder,“ begann Syd, „ich weiß er sollte noch nicht so bald entlassen werden, aber wir hätten da eine Überraschung für ihn und seine Freundin.“
„Eine Überraschung?“ zog Dr. Lorenz eine Augenbraue hoch, „Um was für eine Überraschung handelt es sich denn?“
„Nun ja sein andere Bruder wollte ja gestern Heiraten, wie sie vielleicht wissen wurde daraus ja nichts und jetzt haben wir ein Problem mit der Hochzeitsreise und da dachten wir, das wäre das Richtige für David und Lisa.“
„Sie wollen ihnen sozusagen die Reise schenken, weil sie nicht mehr stornieren können?“
„Ja genau das hatten wir vor.“
„Wo soll es denn hingehen?“
„Auf die Malediven,“ antwortete Syd und sah den Arzt fragend an.
„Die Malediven, das ist wirklich eine schöne Idee, aber ich glaube das wird nichts werden. Ihr Bruder muss sich noch schonen und da kann ich so einer weiten Reise nicht zustimmen, er muss auf seine Ernährung achten und ich weiß nicht ob die Hotelküche dafür geeignet ist, zudem der lange Flug, der Stress pur ist.“
„Dr. Lorenz bitte,“ sagte Syd, „Lisa und David hätten diese kleine Insel hier, „ deutete er auf einen Traumstrand in dem Prospekt, das er dabei hatte, „ganz für sich alleine, dort gibt es nur eine Suite, das Personal kann sich ganz auf die Wünsche und Besonderheiten einstellen, es ist kein Problem vorab festzulegen welche Speisen er nicht essen darf, wir könnten sogar ganze Menupläne angeben. Die beiden haben in der letzten Zeit so viel Durchgemacht es täte beiden gut und wie sie schon meinten würde die Reise sonst verfallen.“
„Nun gut, dann wäre das Essen also kein Grund, aber da ist immer noch der Flug.“
„Sie werden First Class fliegen, wir können bei der Fluggesellschaft angeben, das sie so weit wie möglich vorne sitzen, damit sie mehr Beinfreiheit haben....“
„Herr London, ich weiß das sie ihrem Bruder und seiner Freundin damit nur etwas gutes tun wollen, aber so ein Flug birgt für ihren Bruder im Moment zu viele Risiken.“
„Dr. Lorenz,“ begann Syd erneut und setzte nun alles auf eine Karte, „Sie kennen doch meinen Bruder, denken sie wirklich das er es noch lange hier aushält? Das letzte mal war er gerade ein paar Stunden aus dem Koma erwacht und er wollte nach Hause, es ist eigentlich schon ein wunder, das er noch nicht gesagt hat das er geht.“
Dr. Lorenz seufzte kurz auf, in dieser Familie wurde Sturheit wohl durchgehend weitervererbt, „Hören sie Herr London, wir stehen in ständigem Kontakt mit Dr. Vanderbroeck aus der Waldklinik und um genau das zu verhindern, nämlich das er nach Hause will war heute Morgen Herr Larssen hier und hat mit ihm geredet.“
„Glauben sie mir, Kai Larssen hat zwar einen guten Draht zu David, aber wenn er sich wirklich in den Kopf setzt das er nach Hause will, dann setzt er das auch durch.“
„Sie reden so lange auf mich ein bis ich zustimme kann das sein?“ fragte er.
„Kann man so sagen, was wäre denn wegen dem Flug, da kann man vielleicht etwas machen.“
„Es geht sich nicht so sehr um den Flug, sondern um den Start und die Landung. Ihr Bruder könnte Probleme beim Atmen bekommen was wiederum zu Panik führen kann, er bräuchte dann Dringend Sauerstoff und ein Beruhigungsmittel.“
„Und sie könne da wirklich gar nichts machen?“
„Doch,“ seufzte der Arzt, „Er kann vor dem Flug eine Beruhigungstablette nehmen, den Sauerstoff bräuchte er nur im absoluten Notfall und dafür könnten wir ihm auch etwas mitgeben. Ich werde eine Liste zusammenstellen was er Essen darf und was nicht. Wann soll es denn Losgehen?“
„Freitag Morgen.“
„Freitag Morgen schon? Nun gut, ich werde ihnen die Liste morgen ins Büro faxen, ihren Bruder werden wir dann Mittwoch morgen entlassen.“ Gab er klein bei.
„Danke,“ sagte Syd und stand auf, „Ich wusste sie würden nicht nein sagen.“
„ Gegen sie kommt man auch nicht an,“ lächelte er, „Ihr Bruder und seine Freundin sind übrigens draußen im Park falls sie nicht im Zimmer sein sollten.“
„OK dann werde ich mich mal auf die Suche machen.“ Verließ Syd das Büro.
Lisa und David lagen immer noch auf der Wiese im Park, langsam ging die Sonne unter, doch das bemerkten sie gar nicht. Zu sehr waren sie mit sich selber beschäftigt, Lisa lag an Davids Seite gekuschelt und strich ihm immer wieder sanft über seinen Arm hin zu seinem Bauch, während er seine Hand durch ihre Haare wandern ließ nur um dann ihren Rücken hinunter zu fahren. Lisa begann leicht zu zittern als die Sonne fast weg war und es sich merklich abkühlte.
„Ist dir Kalt?“ fragte David nach und zog sie enger an sich heran.
„Es geht schon noch.“ Gab sie zurück doch David sah sie nur scharf an.
„Komm lass uns reingehen, sonst bist du morgen auch noch krank.“ Richtete er sich auf.
„Dann kann ich mich ja zu Richard legen.“ Lachte sie und half ihm auf.
„Muss ich eifersüchtig werden Frau Plenske,“ grinste er sie an und setzte sich wieder in den Rollstuhl.
„Ich weiß nicht, Richard hat schon was.“ Grinste sie worauf hin sie sich einen entrüsteten Blick einfing.
„Das wagst du nicht.“ Grinste er sie an.
„Stimmt Richard kann dir nicht das Wasser reichen außerdem glaube ich denkt er im Moment an alles nur nicht an eine neue Beziehung.“
„Ja er sollte sich mit Syd zusammen tun, die beiden hängen doch eh immer aufeinander.“ Lachte David und sah wie Syd um die Ecke kam, „Ah siehst du wenn man vom Teufel spricht.“
„Na ihr beiden,“ hatte Syd sie da auch schon erreicht, er sah das Lisa in ihrer Ärmellosen Bluse leicht zitterte, sofort zog er seine Jacke aus und hängte sie über ihre Schultern, „Lisa du frierst ja.“
„Ach was, so schlimm ist es nicht.“ Wehrte sie ab.
„Keine Wiederrede, ich bringe euch jetzt wieder rein, ich habe noch eine Überraschung für euch und da dürft ihr uns jetzt nicht noch krank werden.“
„Eine Überraschung?“ fragte David, „Was denn?“
„Das erzähle ich euch drinnen,“ nahm Syd Lisa in den Arm und beschleunigte seinen Schritt.
In Davids Zimmer angekommen ließ er Lisa schnell wieder los, es hatte sich gut angefühlt sie in den Armen zu halten und doch wusste Syd das es falsch war. Er musste unbedingt wieder einen klaren Kopf bekommen. Es kam ihm gelegen das die beiden nun für 10 Tage in Urlaub fahren würden, abstand würde ihm nur gut tun.
„Also was ist nun die Überraschung?“ fragte Lisa nachdem sie David zurück ins Bett geholfen hatte, sie saß auf der Bettkante und Syd musste kurz den Blick abwenden.
„Also David darf am Mittwoch hier raus,“ begann er.
„Am Mittwoch schon? Das...das ist ja super.“ Unterbrach David ihn.
„Ja aber das hat auch seinen Grund, Richard benötigt die Hochzeitsreise ja nun nicht mehr und da haben wir uns gedacht das ihr beide sie antreten solltet.“
Er beobachtete wie sich ungläubiges Erstaunen in ihren Gesichtern breit machte, keiner der Beiden sagte etwas darauf.
„Na hat es euch die Sprache verschlagen?“ fragte er grinsend.
„Du...du meinst die Reise auf...auf die Malediven?“ fragte Lisa
„Genau die meine ich. Ich habe eben mit Dr. Lorenz gesprochen es ist alle geklärt ihr müsst nur noch fliegen und genießen.“
„ A...aber ich habe doch gar keine Sachen.“ Stotterte David.
„Darüber musst du dir auch nicht den Kopf zerbrechen, Lisa wird schon was passendes für dich finden nicht wahr?“
„Äh ja..klar sicher werde ich das, aber...aber ich kann doch jetzt nicht einfach in Urlaub fliegen....“ stotterte diese nun.
„Doch ihr könnt, es ist sozusagen eine Anordnung der Geschäftsleitung.“
Niemand sagte darauf was, doch Syd und Lisa sahen wie es hinter Davids Stirn rotierte, er hatte irgendetwas vor das sah man ihm an nur was das konnten sie nicht sehen. Plötzlich schwang er die Beine wieder aus dem Bett, ging leicht wackelig zum Schrank und holte seine Sachen hinaus.
„Äh David was machst du da?“ fragte Lisa
„Ich packe mein Hab und Gut zusammen, ihr glaubt doch nicht das ich bis Mittwoch hier bleibe. Außerdem will ich selber einkaufen.“
„David jetzt sei Vernünftig, ich bin froh das ich Dr. Lornez zu der Reise überreden konnte.“ Warf Syd ein.
„Hast du schon vergessen was Kai dir heute gesagt hat?“ warf nun Lisa ein.
„Nein, aber...aber...“ merkte nun auch David das er wohl lieber bis Mittwoch blieb um den Urlaub nicht zu gefährden. Doch er kannte sich selber zu gut um zu ruhig zu bleiben.
„Also ab zurück ins Bett mit dir.“ Sagte Lisa streng und er gehorchte, sie setzte sich zu ihm und sah ihn liebevoll an. „Es sind doch nur noch drei Tage Schatz, die gehen schnell rum und ich komme dich auch jeden Tag besuchen.“ Gab sie ihm einen leichten Kuss.
„Ok, aber nur wenn du die Einkäufe mitbringst.“ Lächelte er leicht.
„Versprochen und jetzt schlaf mein Schatz, es war ein Langer Tag.“
„Das mit dem schlafen muss ich mir noch überlegen,“ murmelte er und grinste sie dann an, „Ich denk an dich.“
„Ich auch an dich,“ verabschiedete sie sich von ihm mit einem erneuten Kuss, dann ging sie mit Syd aus dem Zimmer.
Glücklich ließ David sich in die Kissen fallen und zog sich die Decke bis ans Kinn, er würde mit Lisa auf die Malediven fliegen. Sein Blick ging in die Ferne und in seinem Traum sah er sich schon mit ihr den weißen Sandstrand entlang spazieren, den Sonnenuntergang beobachten, bei einem Romantischen Candellight Dinner auf der Terrasse. Er bemerkte gar nicht das ihn die Müdigkeit übermannte und lächelnd schlief er ein.
Kapitel 12
Die Tage vergingen wie im Flug, was Sydney nur recht war, er konnte die wieder aufkeimenden Gefühle für Lisa nicht einordnen, wollte sie verdängen doch es klappte nicht. Jeden Abend ertappte er sich dabei wie er sie heimlich beobachtete und sich wünschte sie würde in der Nacht zu ihm rüberkommen, doch das tat sie nie. Mittwoch morgens hatten sie zusammen David aus dem Krankenhaus abgeholt, er war zwar immer noch etwas wackelig auf den Beinen, doch er weigerte sich gegen den Rollstuhl und so ließen sie ihm seinen Willen. Syd hatte geglaubt, das wenn David wieder da war seine Gefühle auch aufhören würden Achterbahn zu fahren, doch dem war nicht so. So verzog er sich Abends nachdem er von der Firma kam meistens in sein Arbeitszimmer und nahm dort auch das Abendessen ein, als Ausrede meinte er nur er hätte durch Richards Ausfall viel zu tun.
David entging das komische Verhalten seines Bruders natürlich nicht und so schlich er sich Donnertags Abends als Lisa schon schlief zu Syd, der immer noch im Arbeitszimmer saß.
„Kannst du mir mal verraten was eigentlich mit dir los ist?“ kam David dann auch direkt zur Sache.
Syd sah erschrocken auf, er war gerade in die Bewerbungsmappen für die neue PR Kraft vertieft gewesen, „Was? Was soll den los sein? Und warum liegst du nicht im Bett?“
„Weil ich noch nicht Müde bin Papa,“ sagte David, doch sein Ton war ernst, „Komm schon Syd, denkst du ich merke nicht das etwas nicht stimmt? Was ist los?“
„Es ist nichts womit du dich im Moment belasten solltest David.“ Versuchte Syd ihm auszuweichen.
„Wenn es nach euch ginge würdet ihr mich doch eh in Watte packen, mir geht es doch wieder gut also raus mit der Sprache oder ich hetzte Richard auf dich.“ Grinste er nun.
Für einen kurzen Moment trat wirklich Angst in Sydneys Augen bis er merkte das David das nur so gesagt hatte um ihn zum reden zu bringen. Er atmete einmal tief durch, er konnte ihm doch nicht sagen das seine Gefühle für Lisa auf einmal wieder da waren, das ging einfach nicht.
„Ist es wegen den Firmen?“ fragte David.
Ja, ist es. Ich weiß da im Moment einfach nicht wo mir der Kopf steht.“ Log er dann um weiteren unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen, morgen würden David und Lisa in den Urlaub fliegen und er konnte sich beruhigen.
„Und warum sagst du dann nichts? Worum geht es denn genau? Vielleicht kann ich dir ja was helfen.“
„Gar nichts dergleichen wirst du tun Kleiner,“ sah Syd ihn drohend an, „Du schonst dich und genießt ab morgen den Urlaub ist das Klar?“
„Ja, ja ich liebe euch auch,“ gab David sarkastisch zurück.
„Hör zu David, ich möchte dich nicht damit belasten OK? Du solltest dir darüber im Moment einfach keinen Kopf machen. Wenn ich euch morgen zum Flughafen gebracht habe werde ich bei Richard vorbeischauen und gucken wie es ihm geht und wenn er wieder halbwegs fit ist lass ich ihm ein paar Unterlagen da.“
„Na das hört sich schon besser an,“ stand David wieder vom Schreibtisch auf, auf den er sich gesetzt hatte, „Aber jetzt ab in die Koje mit dir.“ Hielt er ihm die Hand hin.
„Sorry, ein wenig muss ich noch tun.“ Wiegelte Syd ab.
„Keine Wiederrede, auch du musst morgen früh fit sein um mich zum Flughafen zu kutschieren.“
Syd seufzte und gab dann nach, zusammen verließen sie das Arbeitszimmer und legten sich hin, es würde eh eine kurze Nacht werden.
Richard stand an der Türe zu seinem Gästezimmer und lauschte den gleichmäßigen Atemzügen seiner Schwester. Er musste sicher sein das sie tief und fest schlief um seinen Plan endlich um zu setzten. Heute wollte er sich mit einigen Informanten treffen, die ihm Auskünfte über den Verbleib von Rokko Kowalski geben konnten. Richard wusste das dieser Kerl bei der Polizei einfach zu gut wegkommen würde wenn sie ihn schnappten. Er sollte durch die gleiche Hölle gehen wie David und Lisa, nur das es für ihn kein Happy End geben würde. Leise schlich er sich in sein Arbeitszimmer und öffnete den Tresor, er traute den Leuten mit denen er sich traf nicht. Es waren immerhin noch Kontakte aus seiner Zeit als er noch der fiese Intrigant war. Er steckte die Waffe ein und verließ so leise wie möglich die Wohnung sicher war einfach sicher.
Er ging die Treppen hinunter in die Tiefgarage, ein Blick auf die Uhr sagte ihm das ab nun 2 Stunden Zeit hatte, sonst lief er Gefahr das Mariella wieder wach sein könnte wenn er zurück kam.
Sydney fand keine Ruhe, immer wieder drehte er sich von eine Seite auf die andere, schließlich gab er entnervt auf blieb auf dem Rücken liegen. Was war das denn jetzt? Warum konnte er denn jetzt noch nicht mal mehr schlafen? Er wusste diesmal lag es nicht an Lisa, es war mehr eine innere Unruhe, als würde irgendetwas nicht stimmen. Kalt lief es ihm den Rücken runter als er an David dachte und die zeit wo er entführt war. Da hatte es auch so angefangen, ob es ihm nicht gut ging? Bevor er weiter nachdachte schwang er schon die Beine aus dem Bett und stand an der Türe, er versuchte so leise wie möglich zu sein. Vorsichtig öffnete er die Türe zum Gästezimmer, er hörte einen tiefen gleichmäßigen Atem und einen der stoßweise kam. Hatte sein Gefühl ihn also doch nicht getrogen, gerade als er in das Zimmer gehen wollte setzte David sich auf.
„Syd?“ murmelte er leise.
„Ja,“ flüsterte er zurück.
„Was machst du hier?“
„Ich...ich habe kein gutes Gefühl.“ Gab er dann unsicher zurück.
David nickte im Halbdunkeln nur, stand dann ebenfalls auf und ging mit Syd ins Wohnzimmer um Lisa nicht zu wecken.
„Ich auch nicht,“ sagte er dann als er sich auf das Sofa setzte.
„Ich kann es aber nicht einordnen David, ich weiß das irgendwas nicht stimmt nur was?“
„Es kann nur Richard sein, ich meine dir geht´s gut, mir geht´s gut, bleibt nur er übrig.“
„Ob wir da mal nachschauen sollten?“ fragte Syd
„Nein, Mariella ist doch bei ihm, wahrscheinlich hat er nur wieder etwas Fieber oder so.“ schüttelte David den Kopf
„Hast du denn am Wochenende auch etwas gespürt?“ fragte Syd nach.
„Nein, gar nichts, deswegen war ich so erstaunt wo Lisa meinte er wäre krank.“
„Ich auch nicht, was wenn es nicht daran liegt das er krank ist?“
„Woran denn sonst? Ich meine schau doch mal auf die Uhr Syd es ist drei Uhr Nachts, er wird in seinem Bett liegen und schlafen.“
„Aber warum spüren wir dann das etwas nicht stimmt?“
„Ich weiß es nicht.“ Zuckte David mit den Schultern, „Ich weiß nur das mich das vom schlafen abhält.“
Richard stand in einer dunklen Gasse in Berlin, es war windig und so zog er sich die Jacke enger um den Körper, er sah zwei Gestalten auf sich zukommen, seine Informanten. Er fröstelte doch er ließ sich nichts anmerken. Als sie ihn erreicht hatten drückten sie sich in den Schatten einer Hauswand. Richard trat einen Schritt auf sie zu, sie hatten sich nicht verändert, offen trugen sie ihre Waffen in der Hose. Er schluckte kurz, er musste das ganze äußerst Vorsichtig angehen, man wusste nie was für Spielchen sie trieben. Er hielt seine Waffe weiterhin unter der Jacke versteckt, er spielte hier nicht mit offenen Karten. Langsam streckte er ihnen einen Zettel entgegen woraufhin er im Austausch einen anderen bekam. Er steckte ihn ein drehte sich rum und verließ die Gasse, dabei merkte er nicht das er von einer dritten Person verfolgt wurde.
Kapitel 13
Lisa wurde am nächsten Morgen von ihrem Wecker aus den schönsten Träumen gerissen, leicht verwirrt setzte sie sich auf und war im nächsten Moment hellwach. Die Seite neben ihr im Bett war leer, aber da hatte gestern doch noch David gelegen? Schnell sprang sie auf, zog sich ihren Morgenmantel über und ging ins Wohnzimmer, in ihrem Kopf malte sie sich schon ein Schreckensbild nach dem anderen aus. Was wenn es David in der Nacht schlechter gegangen wäre und er nun irgendwo in der Wohnung lag. Was wenn er in der Nacht Hilfe gebraucht hätte? Warum hatte er sie denn nicht geweckt? Erstaunt blieb sie dann jedoch in der Türe zum Wohnzimmer stehen, da lagen sie auf der Couch, obwohl lagen das falsche Wort war, sie hingen auf der Couch. David und Syd, tief schlafend, aneinander gelehnt. Lisa schüttelte den Kopf, was hatte das denn nun zu bedeuten? Ein Blick auf die Uhr sagte ihr aber, das auch die beiden so langsam in die Gänge kommen mussten, wenn sie den Flieger nicht verpassen wollten. Sie grinste kurz dann gab sie beiden einen Kuss auf die Stirn.
„Aufstehen ihr Murmeltiere,“ flötete sie vergnügt und schwebte dann in die Küche um Kaffee zu kochen. Nachdem sie die Maschine angemacht hatte ging sie zurück, nur langsam schienen beide Männer zu realisieren wo sie waren. Verschlafen starrten sie Lisa hinterher, die gerade mit ihrem Kulturbeutel im Badezimmer verschwand.
„Au, au, au,“ machte David derweil und streckte sich, die Nacht auf dem Sofa war nicht gerade bequem gewesen.
„Alles Ok mit dir?“ sprang Syd sofort hellwach auf, „Hast du schmerzen?“
„Geht schon, keine Sorge Syd. Ich könnte nur eine kleine Rückenmassage gebrauchen.“ Wanderte sein Blick in Richtung Bad.
„Na dann,“ grinste dieser nun auch wieder, „Vielleicht kriegst du sie ja.“ Sah er nun auch lächelnd zum Bad hinüber.
„Ich glaube das kann ich vergessen, es ist halb 5 wir sollten uns auch fertig machen. Lisa reißt uns den Kopf ab wenn wir den Flieger verpassen sollten.“
„Da hast du Recht,“ stand Syd auf und machte sich auf den Weg in sein Schlafzimmer an der Türe drehte er sich noch einmal um, „ Wegen heute Nacht,“ begann er, „Ich werde der Sache mal auf den Grund gehen nachdem ich euch abgesetzt habe.“
„Mach das,“ stand David auch vom Sofa auf, „ und wenn etwas sein sollte dann ruf uns bitte an.“
„David,“ begann Syd in drohendem Tonfall, „Ihr zwei werdet euren Urlaub genießen hast du mich verstanden? Keine Gedanken an was wäre wenn etc. versprochen?“
„Ja ist ja schon gut.“
„Versprochen?“ hakte Syd jedoch nach.
„Ja versprochen,“ seufzte David und verschwand dann zu Lisa ins Bad.
Richard war auf dem Weg nach Hause, auf dem Weg zu seinem Auto war ihm mehrmals schwindelig geworden. Er wusste nicht warum genau, doch die wieder stärker werdenden Hustenanfälle ließen ihn vermuten das er wieder Fieber bekam. Wackelig ließ er sich dann schließlich hinter das Steuer seines Wagens fallen und atmete tief durch. Das wäre Geschafft, er zog die Waffe aus der Jacke und steckte sie ins Handschuhfach. Er begann zu zittern, versuchte es unter Kontrolle zu bekommen doch es war vergebens. Er atmete tief durch und startete den Motor, er dachte gar nicht daran sich umzusehen, nachdem seine Informanten aus dem Blickwinkel verschwunden waren, war die Sache für ihn erledigt. Ahnte er ja nicht das sie ein doppeltes Spiel mit ihm spielten.
Vorsichtig fuhr er los, einen Unfall würde Mariella und Syd sofort darauf bringen das er etwas vor hatte und dann würde es nicht lange dauern bis sie rausfanden das es Rokko war, an dem er nun Rache wollte. In ihm war wieder dieses Eigenartige Gefühl das er von Früher kannte und das er oft in seinem Hass und seiner Eifersucht auf David in Intrigen ausgespielt hatte. Doch wie sollte er jetzt damit umgehen? Rokko war nicht da, zumindestetens im Moment nicht. Er entschied sich zu Hause darüber weiter den Kopf zu zerbrechen, sonst lief er Gefahr das Mariella entdeckte das er weg gewesen war. Vorsichtig lenkte er den Wagen durch die Straßen ohne zu ahnen das er es seinem Verfolger damit einfacher machte.
Dieser lachte in sich hinein, er hatte bemerkt das der von Brahmberg unvorsichtig war. Sie spielten ihm alle in die Hände, das war ja schon fast zu einfach, warum hatte er sich überhaupt die ganze Mühe gemacht und sein Äußeres geändert? Selbst die Polizei kam nicht auf die Idee ihn hier zu suchen, auch sie fielen auf die von ihm gelegten falschen Spuren rein. Anscheinend hatte er es hier mit absoluten Stümpern zu tun, doch sollte ihm das nicht recht sein? So konnte er in Ruhe und ohne Hast seinen Plan weiter durchführen. Lange würden Lisa und David den Polizeischutz nicht mehr genießen können und wenn die erst einmal abgezogen waren würde er vollenden was einmal begonnen hatte. So leicht hatte man es ihm noch nie gemacht, er erinnerte sich dunkel an eine Frau die ihm sein Herz gestohlen hatte, inzwischen fragte er sich wie sie das überhaupt geschafft hatte, doch auch damals war es so gewesen das sie sich gegen ihn entschieden hatte. Sie hatte bezahlt dafür, teuer mit dem Leben ihres Mannes, nie hatte man ihm etwas nachweisen können und so würde es auch diesmal wieder sein, seine Spur führte nach Südamerika, er hatte mehrere Alibis, alles so gut wie Wasserdicht. Man würde zwar ihn hinter der Sache vermuten, aber man würde ihm nichts beweisen können. Nur dieser von Brahmberg konnte ihm in die Parade fahren wenn er denn auf der Höhe gewesen wäre, doch dem war ja auch nicht so. Fast war ihm das ganze schon ein wenig zu langweilig, vielleicht sollte er noch abwarten einfach nur weiter beobachten und erst zuschlagen wenn er wieder würdige Gegner hatte. Er lachte kurz auf, würdige Gegner, die hatte er noch nie gehabt und auch ein Richard von Brahmberg war es nicht. Warum also warten?
Er grinste als er sah wie Richard schwankend aus seinem Wagen stieg, sie waren inzwischen vor seiner Wohnung angekommen und Richard hatte die erstbeste Parklücke angesteuert und sich nicht die Mühe gemacht den Wagen wieder in die Tiefgarage zu stellen. Ein leuchten erschien in seinen Augen als er sah das Richard kurz vor der Türe sich an der Wand festhalten musste um nicht der Länge nach hinzuschlagen. Anscheinend war er mehr als angeschlagen und wenn er dann so weitermachte würde es ein leichtes sein ihn auszuschalten. Ihm kam eine neue Idee warum seine ganze Energie auf David und Lisa verschwenden? Mit diesem von Brahmberg hatte er ja auch noch ein Hühnchen zu rupfen.
Lisa sah auf den schlafenden David neben sich, der Start war gut verlaufen, sie hatte seine Hand genommen währenddessen, doch David hatte sie nur angelächelt. Kurz nach dem Start war er dann eingeschlafen. Lisa wunderte sich warum sie ihn überhaupt mit Syd auf dem Sofa vorgefunden hatte, doch beide hatten sich darüber mehr oder weniger ausgeschwiegen. Sie hätten die Zeit vergessen war die einzige Antwort, die sie bekommen hatte. Sie beschloss Davids Beispiel zu folgen und den Flug zu genießen, wann war sie jemals First Class geflogen? Zudem kümmerte sich eine der Stewardessen nur um sie und David. Den Champagner hatte sie zwar abgelehnt, David durfte ja auch keinen Trinken, aber dafür hatte sie das Angebot einer Flasche stillen Wassers angenommen. Noch einmal sah sie zu David hinüber, wie süß er doch aussah wenn er schlief, so als könne er kein Wässerchen trüben. Vorsichtig griff sie wieder nach seiner Hand und lehnte dann den Kopf an seine Schulter. Genießen, sprach eine Stimme in ihrem Kopf, Genieß es einfach Lisa, denk nicht mehr über Berlin und Rokko nach. Du bist auf dem Weg in einen wahren Traumurlaub. Sie spürte noch wie David im Schlaf ihre Hand fest umklammerte, öffnete kurz die Augen um sicherzugehen das es ihm gut ging und glitt dann ebenfalls in Reich der Träume hinab.
Kapitel 14
David und Lisa kamen endlich auf der Insel angekommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, Syd hatte ihnen nur das Ziel genannt, aber nicht gesagt das sie die Insel ganz für sich alleine hatten. Es gab hier nur diese Eine Suite, bestehend aus einem riesigen Wohnzimmer, in dem zwei bequeme Sessel und ein großes Sofa standen, ein Flachbildschirm hing an einer der Wände und von der großen Fensterfront aus konnte man auf die Terrasse gehen an die sich sofort der Pool anschloss. Das Wohnzimmer ging fließend in einen kleineren Essbereich über, eine Tür führte ins Schlafzimmer. Ihnen stockte der Atem, das Bett war riesig und darüber hing ein schlichter weißer Himmel, den man zum Schutz vor Mücken zuziehen konnte. Auch hier hing ein Flachbildschirm an der Wand, das Schlafzimmer war in hellen Tönen gehalten, neben dem Bett standen an jeder Seite ein Nachtschrank, in einer Ecke standen zwei Sessel und ein kleiner Tisch sowie eine Minibar. Beim öffnen derselbigen stellte sich heraus das sie den Namen Minibar gar nicht verdient hatte, das war ein kompletter Kühlschrank aufgefüllt mit Stillem Wasser, Säften und Joghurts. Sie brauchten eine Weile bis sie realisiert hatten, das dies kein Traum war, sondern die schönste Wirklichkeit. Kein Wunder das Richard hier seine Flitterwochen hatte verbringen wollen. Es war einfach ein Traum, die Angestellten hatten auf der Rückseite der Anlage ein eigenes kleines Haus für sich wo sich auch die Küche befand. Ein Telefon verband sie direkt mit ihrem Butler, der Tag und Nacht für sie zu erreichen war und ihnen jeden Wunsch sofort erfüllte.
Erschöpft von dem langen Flug ließ Lisa sich auf das Bett fallen und sog die Eindrücke des Zimmers in sich auf. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, diese Überraschung war Syd und Richard wirklich gelungen. Sie stützte sich auf die Ellebogen und sah in Davids braune Augen, sie leuchteten wieder, strahlten in kindlicher Freude.
„Es ist wunderschön hier.“ Sagte sie leise und lächelte ihn an.
„Ja, das ist es.“ Gab er zurück und setzte sich neben sie.
„Ich kann das irgendwie noch gar nicht fassen, das wir beide hier ganz alleine sind.“
„Nun ja ganz alleine stimmt so nun auch nicht,“ grinste er und nahm sie in den Arm.
„Ja, aber die Angestellten sind doch in ihrem Haus, ich meine hier in der Suite und der Pool und der Strand, das alles nur für uns.“ Erschien ein funkeln in ihren Augen.
„Oh haben sie etwa schon Pläne geschmiedet was man alleine auf einer Insel alles machen kann Frau Plenske?“ setzte David sein allseits bekanntes Lächeln auf.
„Nein Herr Seidel sie etwa?“ gab sie gespielt erbost zurück.
„Mir fallen da so einige Sachen ein,“ beugte er sich zu ihr hinunter und gab ihr einen sanften Kuss während seine Hände langsam auf Wanderschaft gingen.
„David, du sollst dich noch schonen,“ drückte sie ihn sanft von sich und versuchte so seinen Berührungen zu entfliehen.
„Ich denke mal das gehört doch zum schonen dazu oder?“ kam er allerdings wieder näher, er küsste sie Leidenschaftlich und drängte sie so auf den Rücken. Er lag nun halb auf ihr und wusste genau wo er sie berühren musste das sie ihm nicht mehr wiederstehen konnte. Zaghaft spürte er ihre Hände an seinem Rücken, wie sie leicht unter sein T-Shirt glitten. Er stöhnte auf, wie sehr hatte er das die letzten Wochen vermisst? Wie sehr hatte er Lisa vermisst. Seine Hände glitten unter ihr Shirt, er spürte wie ihr Wiederstand schmolz, das auch sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte und ehe sie sich versahen lagen ihre Kleidungsstücke neben ihnen auf dem Boden um das Bett verteilt. Liebevoll sah er ihr in die Augen, so als wolle er sie beruhigen, wollte ihr zeigen das es ihm wirklich wieder gut ging. Dann streifte er ihr den Slip vom Körper und drang sanft in sie ein. Kurz dachte er noch über ihr Erlebnis mit Rokko nach, wollte sich schon wieder zurück ziehen, doch sie schüttelte den Kopf, gab ihm einen Leidenschaftlichen Kuss und hauchte ihm ein „Ich liebe dich“ ins Ohr.
Gerade als Richard wieder unter die Decke schlüpfte hörte er den Wecker im Gästezimmer, hatte er wirklich so lange vom Treffpunkt nach Hause gebraucht? War es wirklich schon so spät? Er wusste nicht wo, aber irgendwann in der Nacht hatte ihn sein Zeitgefühl verlassen, das Bett drehte sich und obwohl er die Decke fast bis über die Ohren gezogen hatte zitterte er vor Kälte. Ein Stöhnen entfuhr ihm woraufhin die Türe zum Schlafzimmer geöffnet wurde.
„Richard?“ fragte Mariella leise als sie das Zimmer betrat, sie hatte geglaubt ein Stöhnen vernommen zu haben und hatte sich deshalb nur schnell den Seidenen Bademantel über ihr Negligé gezogen.
Er antwortete nicht, stellte sich schlafend, doch seine Schwester konnte er nicht täuschen. Sie trat ans Bett und legte besorgt eine Hand auf seine Stirn.
„Mein Gott du glühst ja wieder,“ setzte sie sich auf die Bettkante und weckte ihn sachte, „Richard aufwachen, komm wir müssen noch mal Fieber messen.“
Mühsam öffnete er die Augen, „ Jetzt?“ fragte er mit belegter Stimme.
„Ja jetzt, du glühst.“ Nahm sie das Thermometer vom Nachtschrank, 40,1 °C zeigte es an. Sie sprang auf und holte frische Wadenwickel aus dem Bad, Richard wollte protestieren, aber er schaffte es nicht. Er fühlte sich schwach und ausgelaugt, vielleicht hätte ich meinen Nächtlichen Ausflug auf morgen verschieben sollen, dachte er sich und sah wie seine Schwester nach dem Telefon griff.
„Was machst du da?“ fragte er.
„Ich rufe einen Arzt an, so geht das nicht weiter.“
„Ich brauche keinen Arzt,“ antwortete er müde.
„Keine Wiederrede Richard! Du bist krank und gehörst zu einem Arzt.“
Vollkommen gerädert erschien Sydney schließlich gegen Neun bei Kerima, die anderthalb Stunden Schlaf auf dem Sofa waren nicht wirklich erholsam gewesen und dann hatte er auch noch im Stau gestanden als er auf dem Rückweg vom Flughafen war. Wenigstens wusste er das Lisa und David sicher im Flugzeug saßen, zumindestens das hatte geklappt. Zielstrebig ging er zu Agnes ins Catering und bestellte einen Kaffee, extra stark. Gerade wollte er in Davids Büro verschwinden da kam Max auf ihn zu.
„Ah Syd gut das du da bist, wir zwei sind heute alleine.“ Kam Max sofort zur Sache.
„Alleine? Wie meinst du das?“ fragte er nach und schloss die Bürotüre hinter sich.
„Mariella rief vor einer halben Stunde krank, Richard liegt wohl mit einer Lungenentzündung im Bett und sie bleibt heute bei ihm.“
„Lungenentzündung? Er hat eine Lungenentzündung? Na das erklärt einiges.“ Seufzte Syd und ließ sich in den Sessel fallen.
„Ich habe mich auch gewundert, am Montag hieß es doch er hätte nur eine Grippe.“
„Ja das dachten wir auch und eigentlich ging es ihm auch schon wieder etwas besser.“
„Nun ja Mariella meinte er bekommt jetzt Antibiotikum und das sie Montag wohl wieder hier sein würde.“
Syd nickte nur, seine Gedanken glitten ab zur letzten Nacht, dann war es doch nichts wirklich schlimmes gewesen weshalb er und David dieses Gefühl hatten. Es war wirklich ´nur` eine Lungenentzündung. Sicher war auch das nicht gerade erfreulich, aber Syd hatte sich in der Nacht ein Horrorszenario nach dem anderen Ausgemalt. Nun war er schon wesentlich beruhigter und sah wieder zu Max auf.
„Gut dann würde ich sagen lass uns mal Ranklotzen damit wir beide hier noch vor Mitternacht rauskommen. Willst du die PR oder die Finanzen?“
„Wenn du mich so fragst, am liebsten keins von beiden, aber ich denke ich nehme die Finanzen. Mit PR kenne ich mich nicht wirklich aus.“ Verließ er das Büro woraufhin auch Syd sich in die Arbeit stürzte. Es ist nichts passiert, flüsterte immer wieder und wunderte sich warum das komische Gefühl trotzdem blieb.
Kapitel 15
Er versuchte sich so gut es ging in die Arbeit zu stürzen, doch es wollte ihm nichts wirklich gelingen. Um sich abzulenken beschäftigte er sich mit den neuesten Ideen von L.Ex. doch auch dort geisterten seine Brüder immer wieder in seinem Kopf rum. Sydney seufzte auf, dieses komische Gefühl in der Magengegend wollte einfach nicht verschwinden. Irgendetwas war im Busch, da spürte er, doch er konnte beim besten Willen nicht genau sagen was es war. Er war nicht davon überzeugt das es Richards Lungenentzündung war, da musste noch etwas anderes sein. Die Frage war nur, waren er und David die einzigen, die es bemerkten oder spürte Richard das auch? Und wenn ja was war es das sie es alle drei spürten? Oder hatte das jetzt gar nichts mehr mit gestern zu tun? Irgendwie war es intensiver, so als läge ihm ein besonders fettes Essen im Magen, wie ein Stein.
„Verdammt,“ fluchte er als er bemerkte das er sich selber aus dem Konzept gebracht hatte. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und atmete tief durch, dann griff er zum Hörer und rief in der Filiale von L.Ex an, sie sollten ihm die neuesten Umsatzzahlen der Zweigstellen, sowie die neuen Konzepte für die bevorstehende Wintersaison zuschicken. Mit diesen Sachen hatte er sich schon einmal ablenken können, damals als Lisa ihn wegen David verlassen hatte. Obwohl Ablenkung? Damals war er nach New York geflohen, war vor seinen Gefühlen weggelaufen und nun? Selbst wenn er feststellen sollte das es irgendwo nicht lief, jetzt konnte er nicht weg. Gerade waren sie dabei die Zentrale von L.Ex von London nach Berlin zu verlegen, dazu fiel Richard bei Kerima aus und David war auch nicht da. Und selbst wenn er es gewesen wäre, Syd hätte einen Teufel getan und David wieder mit in die Arbeit eingespannt. Er wartete die Email gar nicht mehr ab, nahm seinen Laptop und die Akten für das neue PR Konzept und machte sich auf den Weg.
Er musste raus, frische Luft schnappen und unter Leute. Er musste wissen was dieses Gefühl zu bedeuten hatte.
„Wenigstens denke ich jetzt nicht mehr an Lisa,“ murmelte er als er in der Tiefgarage vor seinem Wagen stand. Er bemerkte die dunkle Gestalt nicht, die sich in den Schatten versteckte und seine Worte gehört hatte. Er sah das funkeln nicht als die Augen der Gestalt kurz aufleuchteten und er hörte auch das leise kehlige lachen nicht. Er ließ den Motor an und fuhr aus der Tiefgarage, vielleicht stellte sich ja heraus das alles ganz Harmlos war, dass das Gefühl nur durch Richards Krankheit ausgelöst worden war und nichts weiter zu bedeuten hatte. Hoffte er zumindestens.
Beunruhigt drehte Lisa sich zu David um, während ihr Atem sich schon länger wieder beruhigt hatte ging seiner immer noch Stoßweise. Vorsichtig strich sie ihm über den Bauch, sie sah die Narbe von der OP und machte sich Vorwürfe, sie hätte nicht mit ihm schlafen dürfen. Er war noch nicht wieder so weit, das war für ihn doch Hochleistungssport und jegliche Art von Sport war im Moment verboten.
„Es ist alles in bester Ordnung,“ schien er ihre Gedanken erraten zu haben und lächelte sie an.
„Nichts ist in Ordnung David, wir hätten das nicht tun sollen.“ Sagte sie streng.
„Ach was,“ wiegelte er ab, „ Es geht schon wieder.“ Setzte er sich auf und gab ihr einen leichten Kuss.
„David bitte bleib liegen.“
„Mir geht es wirklich gut Lisa, ich bereue es nicht.“ Schwang er die Beine aus dem Bett und stand langsam auf. Ein komisches Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit, langsam ließ er sich zurück aufs Bett sinken.
„Das sehe ich, komm leg dich wieder hin mein Schatz.“ Drückte sie ihn in die Kissen zurück, „Ich hole dir ein Glas Wasser.“
Er wiedersprach ihr nicht, auch wenn er wusste das es nichts mit seiner Aktivität zu tun hatte. Irgendetwas musste in Berlin vor sich gehen, es musste in einem Zusammenhang mit Syd oder Richard stehen.
„Wir sollten vielleicht mal in Berlin anrufen und sagen das wir gut angekommen sind.“ Sagte er dann nachdem Lisa zum Bett zurückgekehrt war und er einen Schluck getrunken hatte.
„Ja das sollten wir wohl,“ griff sie nach dem Telefon und wählte Syds Nummer, doch es ging niemand ran, „Er ist wohl noch in der Firma,“ zuckte sie mit den Schultern.
„Probier es doch bei Richard,“ sagte er, „Er muss ja zu Hause sein.“
Statt einer Antwort wählte sie Richards Nummer, schon nach dem zweiten Klingeln hob jemand ab.
Mühsam steuerte Syd seinen Wagen durch den Berliner Verkehr, wieder regnete es, es schien ihm als hinge seit der geplatzten Hochzeit ein Tief über der Stadt von der Sonnigen Ausnahme am Wochenende einmal abgesehen. Da er sich aufs fahren konzentrieren musste bemerkte er den Dunklen Mercedes nicht, der ihm zielstrebig folgte. Das Thema Rokko Kowalski bestand für ihn schon gar nicht mehr, Syds Meinung nach hatte sich diese kleine miese Ratte schon längst ins Ausland abgesetzt. Er wunderte sich das Richards Wagen vor der Türe und nicht in der Tiefgarage stand, doch wirklich etwas dabei denken tat er sich nicht. Vielleicht war Mariella mit dem Wagen über Tag schnell zur Apotheke gewesen oder ähnliches. Er stellte seinen Wagen dahinter ab und sah zu das er zum Haus hinüber kam.
Rokko grinste als er sah wohin Syds Weg ihn führte, kurz hatte er gedacht er müsse sich nun zwischen Syd und Richard entscheiden, doch die beiden machten es ihm richtig einfach. Richard hatte ihm in der Nacht schon in die Hände gespielt, wenn er Glück hatte würde er schon in der kommenden an der von den Informanten angegebenen Adresse auftauchen und Syd würde auch noch in die Falle tappen, da war Rokko sich sicher und wenn er noch etwas nachhelfen musste war es ihm auch egal. Hauptsache er war die beiden erst einmal los und konnte sich um David und Lisa kümmern. Sie würde zu ihm zurückkehren wenn ihr das Leben ihres Junkies und dessen Brüdern auch nur einen Cent wert war. Und wenn nicht dann würde sie genauso bezahlen wie die anderen. Wieder suchte er Schutz in den abendlichen Schatten Berlins und wartete.
Mariella legte gerade wieder das Telefon auf die Ladestation als es an der Türe klingelte. Sie wunderte sich zwar kurz, besann sich aber dann darauf das es nur Sydney sein konnte. Er wollte bestimmt einmal kurz nach Richard schauen und sie konnte ihn gleich informieren das Lisa und David wohlbehalten auf den Malediven angekommen waren.
Zusammen setzten sie sich ins Wohnzimmer, die Türe zu Richards Schlafzimmer stand leicht offen, so das er sie sofort rufen konnte wenn etwas sein sollte.
Sie redeten eine Zeitlang über die Firma und Syd gab ihr auch die noch nicht bearbeiteten PR-Konzepte.
Richard schien zu schlafen, zumindestens hörten sie gleichmäßige Atemzüge aus seinem Zimmer. Syd merkte das Mariella sich anscheinend das erste mal an diesem Tag entspannte und bot an noch eine Weile zu bleiben, so das sie noch etwas ausruhen konnte. Dankend lehnte sie ab, ahnte sie nicht was ihr Bruder in der Nacht noch vor hatte.
Kapitel 16
Als Richard aus seinem Schlaf erwachte war es dunkel im Zimmer, langsam richtete er sich auf und warf einen Blick auf den Wecker. 2:25 Uhr zeigte er ihm in roten Digitalziffern an. Er horchte eine Weile, doch es drangen keinerlei Geräusche an sein Ohr. Mariella schien zu schlafen. So leise es ging schlüpfte er in seine Sachen, er schwankte kurz, das Zimmer begann sich zu drehen. Er hielt inne, wartete ab bis es aufhörte, stand dann langsam auf und schlich sich aus der Wohnung.
Rokko sah wie die Haustüre geöffnet wurde und eine Person hinausschwankte und zu Richards Wagen torkelte. Es war die Richtige Entscheidung gewesen hier zu bleiben und abzuwarten ob der von Brahmberg weiter vorging. Um Sydney London konnte er sich später immer noch kümmern, wenn das noch nötig sein sollte. Gut gelaunt stieg er in seinen dunklen Mercedes und fuhr davon, er wusste wo Richard hinwollte und er würde ihn erwarten.
Sydney sah den Mercedes aus einer Seitenstraße kommen dachte sich aber nichts weiter dabei, er hatte vor der Wohnung in seinem Wagen gewartet, das komische Gefühl war immer stärker geworden und so war er geblieben. Er hatte geahnt das Richard noch etwas vorhatte, nur was das wusste er nicht. Nun sah er das ihn sein Gefühl nicht getrogen hatte, Richard schwankte zu seinem Wagen, er war weiß die Hauswand. Schnell stieg Syd aus seinem Wagen, er musste ihn vom fahren abhalten. In seinem Zustand konnte das nicht gut gehen und wo immer er auch hinwollte, wenn dann würden sie zusammen dorthin fahren. Doch Richard war schneller und ehe Syd den BMW erreicht hatte fuhr er schon davon.
„Das ist jetzt nicht war, das ist nicht wahr. Er ist mir nicht vor der Nase davon gefahren.“ Starrte er dem Wagen hinterher, dann rannte er zurück zu seinem und hoffte das er ihn noch einholen würde.
Richards Blick war starr geradeaus gerichtet, es kostete ihn all seine Konzentration den Wagen auf der Spur zu halten. Immer wieder sackte sein Kopf kurz nach vorne, weil er ihn einfach nicht mehr halten konnte. Vielleicht sollte er anhalten und sich ein Taxi nehmen sonst würde er vielleicht nicht ankommen. Er hielt am Straßenrand, schloss den Wagen ab und sah sich um. Er hatte Glück, ein Taxi kam gerade angefahren, er winkte es heran, zog den Zettel aus der Hosentasche und nannte den Fahrer beim einsteigen das Ziel.
„Das is aber ganz schön weit abgelegen junger Mann.“ Sagte der Taxifahrer.
„Ich weiß, also was ist jetzt? Fahren sie mich dahin na los.“ Sein Ton war schroff, Taxifahrer sollten keine Fragen stellen, sie sollten ihren Job machen.
Es kam ihm dann wie eine Ewigkeit vor bis das Taxi endlich wieder hielt, zwischendurch war sein Kopf immer wieder zur Seite gesackt, er war müde, aber er wusste er musste das heute durchziehen um Davids Willen und um Lisas. Er konnte froh sein das die beiden im Moment außer Reichweite dieses Verrückten waren. Sydneys Idee kam ihm nun sehr gelegen, in seinen Flitterwochen waren die beiden wirklich am sichersten. Auch wenn der Arzt nur murrend klein bei gegeben hatte, Lisa würde schon aufpassen das David nichts anstellte und was sollte er auf einer Insel schon anstellen? Das Personal wusste um die besondere Situation bescheid, ein Arzt war auch dort, es konnte nichts passieren. So schob er den Gedanken an seinen Bruder von sich, zahlte den Taxifahrer und stieg aus. Ein Schauer lief über seinen Rücken, es war kalt und nass draußen. Langsam näherte er sich dem halb verfallenen Gebäude, Licht drang durch ein halb zugenageltes Fenster auf die Straße. Vorsichtig öffnete er die Türe, sie knarrte leise und er verfluchte sich nicht nach einem anderen Eingang gesucht zu haben.
Rokko hatte schon das Taxi vorfahren gehört, so war es für ihn nur eine Frage der Zeit bis sich jemand in das Haus schlich. Grinsend stand er auf, geschmeidig wie eine Katze schlich er sich in Richtung Flur. An seinem Gürtel hatte er die Waffe befestigt und in der Linken Hand hielt er ein Messer. Er löschte das Licht in dem Raum in dem er sich befand, öffnete die Türe und schaltete das Licht im Flur ein.
Erschrocken fuhr Richard herum und verlor dabei fast das Gleichgewicht, woher kam das Licht auf einmal? Es dauerte bis seine Augen sich daran gewöhnt hatten und noch bevor er reagieren konnte hörte er eine Stimme.
„Suchst du etwa nach mir?“ fragte Rokko höhnisch und trat in den Flur.
„Nach wem denn sonst du miese Ratte!“ zischte Richard und funkelte ihn an.
„ Also wirklich Richi, redet man so mit seinen Angestellten?“
„Für dich immer noch Herr von Brahmberg, und du bist schon lange kein Angestellter von Kerima mehr!“
„Aber, aber was für ein böser Tonfall Richi. Immer noch sauer das deine Verlobte dich vor dem Altar hat stehen lassen?“
In Richards Kopf dröhnte es und Rokkos Worte hallten darin nach, er verlor die Beherrschung und genau darauf hatte Rokko gewartet. Dann würde es als Notwehr gewertet werden von dem Hausfriedensbruch den Richard gerade begann einmal abgesehen. Sein Aussehen hatte er ja schon ein wenig geändert dazu der falsche Pass, er würde auch dieses mal davon kommen.
Endlich sah Syd Richards Wagen am Straßenrand stehen, er hielt dahinter an und stieg aus. Doch der Wagen war leer, wieder fluchte er, wo war Richard nur hin? Er sah sich um, er befand sich in einem Gewerbegebiet doch in den Umliegenden Gebäuden brannte nirgends Licht. Ein Seufzer entfuhr ihm, es würde ihm nichts anderes übrig bleiben als jedes einzelne abzuklappern. Gerade ging er um den Wagen als ihm ein Zettel, der daneben auf der Straße lag ins Auge sprang. Plötzlich war das bedrückende Gefühl in seiner Magengegend wieder da. Er hob den Zettel auf, die Adresse sagte ihm nichts und auch die Handschrift war ihm unbekannt doch zwei Buchstaben erregten sein Interesse. K.R. stand da über der Adresse, was hatte das zu bedeuten? Doch nicht etwa Rokko Kowalski! Schnell steckte er den Zettel in die Jackentasche und ging zurück zu seinem Wagen. Es konnte nur Rokko Kowalski bedeuten und das wiederum sagte ihm das sein Bruder eben diesen suchte. Syd schüttelte den Kopf, Richard war in seinem Zustand ein leichtes Spiel für Kowalski. Er gab die Adresse in das Navigationssystem ein und fuhr los, den Anweisungen, die ihm die Frauenstimme gab folgend.
Eine ganze Weile wurde er über verschiedene Landstraßen geführt bis er schließlich nach rechts in einen kleinen Feldweg einbiegen sollte. Kurz zögerte er, doch dann sagte ihm das System das er sein Ziel erreicht hätte. Dies war also die Straße auf dem Zettel. Aber wo sollte sich hier ein Haus, eine Fabrikhalle oder ein Unterschlupf befinden? Langsam fuhr er weiter bis er schließlich doch noch an ein halb verfallenes haus kam. Er sah den dunkeln Mercedes halb in einem Gebüsch versteckt neben dem Haus parken. Irgendwoher kannte er ihn, doch er konnte ihn im Moment nicht zuordnen. Alles was ihn interessierte war das in dem haus Licht brannte, leise verließ er seinen Wagen und kontrollierte ob sein Handy empfang hatte. Vielleicht würde er es noch brauchen. Vorsichtig öffnete er die Türe und trat ein. Was er sah ließ ihn erstarren. Richard und ein unbekannter auf dem Boden, in einen Kampf verwickelt. Erst auf den zweiten Blick erkannte er Kowalski. Erschrocken riss er die Augen auf als er sah wie Richard aus seiner Jacke eine Waffe zog. Er lag immer noch am Boden, Kowalski hing über ihm, ein blutiges Messer lag auf dem Boden. Gerade als er dazwischen ging löste sich ein Schuss.
Lisa und David waren auf den Malediven auch zu Bett gegangen, es war alles in allem ein langer tag gewesen und Lisa war froh das es David gut ging. Sie hatte noch gewartet bis er schlief und sich dann auch hingelegt, dann hatte es nicht lange gedauert bis sie ebenfalls ins Reich der Träume abgetaucht war. Sie bemerkte nicht das Davids Schlaf unruhiger wurde.
Nach Luft ringend schrak er hoch, sein Magen krampfte sich zusammen und es kam ihm so vor als wäre er gerade zum zweiten Male von Rokkos Kugeln getroffen worden.
Kapitel 17
So leise wie möglich stand David auf, er wollte nicht das Lisa wach wurde. Sie würde sich nur wieder sorgen machen und er konnte ihr nicht erklären warum er plötzlich wieder Probleme hatte. Er ging hinaus zum Pool und setzte sich an den Rand, die Beine ließ er dabei im Wasser baumeln. Was war in Berlin geschehen? Er wusste es musste etwas mit Berlin und seinen Brüdern zu tun haben, es war wie damals als er im Koma lag. Da müssen die beiden gespürt haben das es ihm nicht gut ging. Sie hatten nie wirklich darüber gesprochen, aber David wusste so wie es ein Band zwischen ihm und Lisa gab, so gab es auch eins zwischen ihm und seinen Brüdern. Er war versucht in Berlin anzurufen, doch entschied sich dann anders. Wenn er sich irrte würde er dort schlafende Hunde wecken und es würde nicht lange dauern bis Lisa erfuhr das es ihm nicht so gut ging. Obwohl das so nicht stimmte, es ging ihm gut es war nur dieses eigenartige Gefühl in der Magengegend. Langsam bewegte er die Füße im Wasser hin und her inzwischen hatte sich auch seine Atmung wieder beruhigt, doch innerlich fand er keine Ruhe. Er musste wissen wieso er das Gefühl hatte Rokko hätte wieder auf ihn geschossen.
Syd riss Richard die Waffe aus der Hand und drehte sich dann zu Rokko um, dieser lag auf dem Boden, Blut lief aus seinem Mund. Er konnte nicht erkennen wo Richard ihn getroffen hatte und es war ihm im Moment auch egal, er wandte sich wieder Richard zu und erschrak. Seine Augen waren glasig vom Fieber und seine Atmung flach, trotzdem war er noch bei Bewusstsein.
„Richard alles OK?“ fragte Syd besorgt nach und sein Blick viel auf die aufgeschlitzte, schon von Blut getränkte Hose, „Oh mein Gott.“ Brachte er dann nur noch hervor als er sah wie das Blut im Takt des Pulses aus der Wunde gedrückt wurde. Anscheinend hatte Rokko die Schlagader im Bein erwischt. Verzweifelt versuchte Syd die Wunde mit einer Hand so gut es ging abzudrücken um die Blutung zu stoppen während er mit der anderen nach seinem Handy suchte um den Notruf ab zu setzten.
„Nicht aufgeben Richi, nicht aufgeben.“ Murmelte er immer wieder bis er das Handy schließlich zu fassen bekam. Er setzte den Notruf ab, versuchte der Dame am anderen Ende klar zu machen das sie sich beeilen sollten und er nicht die Zeit hätte am Telefon zu bleiben. Irgendwann legte er entnervt auf als er entfernt die Sirenen hörte, den Blick hatte er die ganze Zeit nicht von seinem Bruder genommen. Immer wieder hatten seine Lieder geflackert, Syd wusste das der Blutverlust schon sehr hoch war, doch hinaus zum Wagen und den Erste Hilfe Kasten holen war ihm zu riskant. „Halt durch Richi, der Arzt ist gleich da hörst du? Jetzt bloß nicht aufgeben, nicht jetzt. Ich weiß das ihr Seidels irgendein Kämpfergen habt, es liegt nicht in eurer Natur einfach so aufzugeben.“ Versuchte er nun mit beiden Händen die Blutung zu stoppen. Die Sirenen kamen immer näher und dann hörte er wie mehrere Wagen vor dem Haus hielten.
„Jetzt wird alles wieder gut, bleib wach Richi, es wird alles wieder gut.“ Syd wusste nicht ob Richard ihn überhaupt verstand. Immer wieder fielen ihm die Augen zu, er zitterte und ein Schweißfilm stand auf seiner Stirn.
In der ganzen Zeit hatte er keinen Blick mehr auf Rokko geworfen, was ein fehler war. Dieser hatte sich unauffällig in Richtung Messer gerobbt und drehte es nun in seiner Hand. Blut tropfte immer noch aus seinem Mundwinkel und sein Hemd war ebenfalls blutig, Richard hatte ihn an der Lunge erwischt, das atmen viel ihm schwer, doch er musste das hier unbedingt zuende bringen. Auch er hörte die Sirenen näher kommen und wie Wagen vor der Türe hielten, er wusste das war seine letzte Chance. Mit letzter Kraft trat er hinter Syd und ein schiefes lächeln umspielte seine Lippen, er sah wie sich etwas in Richards Augen regte, sah das dieser erkannte was er vorhatte seinen Bruder aber nicht mehr warnen konnte. Die Türe wurde in dem Moment aufgestoßen in dem Rokko das Messer Syd zwischen die Schulterblätter rammen wollte. Doch dieser drehte sich daraufhin zur Türe, so das er ihn nur noch am Arm erwischte.
Sydney realisierte gar nicht richtig was da geschah, er sah wie mehrere Sanitäter in das haus kamen, dann spürte er einen schmerz in seinem rechten Oberarm. Erstaunt sah er auf die tiefe Schnittwunde, die nun dort klaffte und dann hoch in Rokkos irre glitzernden Augen. Er sah wie er das Messer erneut heben wollte, doch seine Kräfte schienen ihn zu verlassen und er sackte in die Arme der herbeigeeilten Sanitäter.
Lisa erwachte durch einen Schrei, im ersten Moment wusste sie nicht wo sie war, doch dann kamen die Erinnerungen zurück, die Malediven, David und sie alleine auf einer Insel, Urlaub. Sie drehte sich um, doch David lag nicht mehr neben ihr. Besorgt sprang sie auf, wo war er nur hin? War der Schrei vielleicht von ihm gekommen?
„David?“ rief sie, doch sie bekam keine Antwort. Die Türe zur Terrasse stand auf, vorsichtig ging sie hinaus und sah ihn am Pool sitzen, er hielt sich den rechten Oberarm. „David was ist los? Alles OK mit dir?“ fragte sie besorgt und hockte sich neben ihn.
Doch David reagierte nicht, er schien in seine eigene Welt abgetaucht zu sein und hielt sich immer noch den Arm. Vorsichtig berührte sie ihn dort, was ihn zusammenzucken ließ.
„Lisa,“ sagte er dann, „Was machst du denn hier?“
„Ich habe einen Schrei gehört, ist alles in Ordnung mit dir David?“
„Achso, nein...ja also es ist wirklich alles OK mach dir bitte keine Sorgen.“
„David ich kenne dich, ich sehe doch das etwas nicht stimmt. Hast du schmerzen? Soll ich den Arzt rufen?“ fragte sie.
„Nein Lisa bitte, mit mir ist alles in Ordnung. Es ist nur...also irgendwas...also....“ stotterte er, weil er nicht wusste wie er es ihr erklären sollte ohne das sie sich sorgen um ihn machte.
Lisa schwieg erst mal, sie wusste zwar ganz genau das irgendetwas im Busch war, aber sie war sich nicht mehr sicher ob es mit Davids Gesundheitszustand zu tun hatte.
„An was denkst du gerade?“ fragte sie dann.
„An Richard und Syd,“ sagte er Wahrheitsgemäß.
„Du machst dir Sorgen um Richard?“
„Ja, ich bin mir sicher das irgendetwas in Berlin nicht stimmt verstehst du? Ich spüre es einfach.“
„Es wird schon alles in Ordnung sein,“ versuchte sie ihn zu beruhigen, „Richard hat einfach nur eine Grippe, er ist bald wieder fit.“
„Ich weiß nicht,“ antwortete er zögernd und ließ die Beine wieder im Wasser kreisen, „Es ist so ähnlich wie zwischen uns.“
„Wie zwischen uns?“ runzelte Lisa die Stirn sie wusste im Moment nicht worauf David hinaus wollte, „Wie was zwischen uns?“
„Unsere Verbindung, das du spürst wenn es mir schlecht geht und umgekehrt, genauso ist es.“
„Ich verstehe und jetzt hast du etwas gespürt?“
David nickte nur anstatt zu antworten, sein Blick ging schon wieder ins leere.
„Komm, wir gehen zurück ins Bett und dann erzählst du mir alles, das hilft und morgen rufen wir im Büro an OK?“
Statt einer antwort nahm er die ihm gereichte Hand an, stand auf und folgte ihr ins Schlafzimmer, sie holte ein Handtuch aus dem Bad und trocknete seine Beine ab dann legte sie sich zu ihm und nahm ihn in den Arm. Stockend begann er zu erzählen, es viel ihm schwer die Gefühle in Worte zu fassen. Außerdem wollte er Lisa den Urlaub nicht verderben, so verschwieg er das er nach Luft ringend wach geworden war, er verschwieg das er noch vor kurzem das Gefühl hatte jemand hätte ihm ein Messer in den Arm gerammt. Er reduzierte es auf ein komisches Gefühl in der Magengegend das ihn nicht schlafen ließ, von einer inneren Unruhe. Lisa gab sich damit zufrieden, strich ihm beruhigend durchs Haar und wartete so lange bis er wieder eingeschlafen war bis sie sich endgültig an ihn kuschelte und die Augen schloss, noch einmal würde er nicht alleine sein wenn die Gefühle wieder kommen sollten.
Kapitel 18
Nervös ging Mariella auf dem Flur des Krankenhauses auf und ab. Niemand konnte oder wollte ihr sagen was mit Richard und Sydney geschehen war. Sie wusste nicht ob sie einen Unfall hatten, oder was sie sonst angestellt hatten. Man hatte sie nur aus dem Bett geklingelt und gesagt das ihr Bruder und Sydney London im Krankenhaus waren und sie so schnell wie möglich kommen sollte. Innerlich schalt sie sich selbst wie Richard in seinem Zustand überhaupt unbemerkt die Wohnung verlassen konnte. Sie zwang sich auf einen der Stühle im Wartebereich nieder und vergrub ihren Kopf in den Händen. Immer wieder fragte sie sich wie das nur passieren konnte? Immer wenn die Türe aufging sah sie auf, doch nie kam jemand auf sie zu. Sie hielt das nicht mehr aus, sie musste wissen was los war. Sie stand wieder auf, doch nach der zweiten Runde auf und ab schüttelte sie den Kopf. Das brachte nichts und sollte sie nun nicht rational denken? Ihr Blick ging hinüber zu dem Münztelefon dann sah sie auf ihre Uhr. Ob sie Max informieren sollte? Aber was sollte sie ihm sagen? Hallo Max, Richard und Syd sind im Krankenhaus aber mehr weiß ich auch noch nicht? Immerhin waren es noch keine sechs Uhr und sie würde bestimmt die gesamte Familie Petersen aufwecken. Sie beschloss noch bis sechs zu warten und ihn dann zu informieren. Sie ging zurück zu den Stühlen, schüttelte dann den Kopf und machte auf halben Weg wieder kehrt. Yvonne würde verstehen warum sie um diese Uhrzeit anrief.
Yvonne saß auch als erste senkrecht im Bett als sie das Telefon hörte, sie blickte kurz auf den Wecker 5:15Uhr, wer um alles in der Welt rief denn um diese Uhrzeit an? Schnell stand sie auf bevor Emma von dem klingeln wach wurde und hob ab.
„Petersen?“ fragte sie verschlafen.
„Yvonne? Entschuldige das ich euch mitten in der Nacht störe, aber ich muss mit Max sprechen, es geht um Richard und Syd.“ Hörte sie Mariellas aufgebrachte Stimme.
„Mariella? Ist irgendwas passiert?“
„Das Krankenhaus rief mich an ich solle vorbeikommen und jetzt warte ich hier und niemand kann mir sagen was genau los ist. Ich glaube nicht das Syd heute arbeiten kann.“
„Wir sind schon unterwegs.“ Legte Yvonne den Hörer wieder auf und ging zurück ins Schlafzimmer um ihren Mann zu wecken.
„Aufwachen Max, ein Notfall. Richard und Syd sind im Krankenhaus wir müssen sofort zu ihnen.“ Zog sie ihm die Decke weg.
„Was weckst du mich mitten in der Nacht.“ Grummelte dieser jedoch nur und wollte sich die Decke wieder über den Kopf ziehen, doch Yvonne hielt sie fest.
„Mariella rief an, Sydney und Richard sind im Krankenhaus. Mach dich fertig ich packe Emma zusammen.“ Verließ sie das Zimmer und ging zu ihrer Tochter.
„Mariella?....Syd? und Richard?” stotterte Max, bis er sah das Yvonne das Zimmer schon wieder verlassen hatte. Langsam stand er auf und ging zum Kleiderschrank hinüber um sich frische Sachen zu holen, anscheinend meinte seine Frau das ernst.
„Bist du immer noch nicht fertig?“ stand Yvonne 5 Minuten später mit einer müde dreinschauenden Emma auf dem Arm wieder im Zimmer, beide komplett angezogen und zum Aufbruch bereit.
Lisa strich David derweil leicht durchs Haar, sie selber war nur kurz eingeschlafen, aber nach kurzer Zeit war sie schon wieder aufgeschreckt. Sie konnte keine Ruhe finden, mit ihren Gedanken war sie immer noch bei seinen Worten und was er damit wohl genau meinte. Sie machte sich Sorgen um ihn, er hatte nicht gut ausgesehen als er am Pool gesessen hatte. Auch jetzt war er ihr immer noch viel zu blass um die Nase.
„Richard.“ Murmelte er im Schlaf, „Richard nicht.“ Er zog Lisa noch näher an sich heran.
„Schsch.“ Flüsterte sie ihm zu, „Schsch David ich bin bei dir.“ Strich sie ihm weiter durchs Haar und hoffte das er einfach nur schlecht träumte und sie ihn so beruhigen konnte.
David konnte seine Umgebung nicht einordnen, alles um ihn herum war strahlend weiß und es kam ihm vor als stände er Knietief in Nebel. In der Ferne sah er eine Gestalt, sie kam ihm bekannt vor, doch da ihn die Umgebung blendete konnte er sie nicht erkennen. Er machte einen Schritt auf sie zu und stieß mit jemandem zusammen.
In Berlin wurde Syds Verletzung gerade operativ versorgt, die Schnittwunde, die Rokko ihm zugefügt hatte ging bis auf den Knochen und wahrscheinlich waren auch Nerven betroffen. Die Anästhesistin beobachte kritisch seine Vitalwerte, die immer wieder Schwankungen unterzogen waren.
Syd stand an einem ihm unbekannten Ort, alles war strahlend weiß und es kam ihm vor al stände er im Nebel. In der Ferne sah er eine Gestalt, sie kam ihm bekannt vor, doch da ihn die Umgebung blendete konnte er sie nicht erkennen. Er machte einen Schritt auf sie zu und stieß mit jemanden zusammen.
David zuckte im Schlaf zurück, doch dann wurde er ein wenig ruhiger. Lisa hielt ihn weiterhin im Arm, an schlaf war von ihrer Seite aus nicht mehr zu denken. Wenn er diesmal aufwachen würde wäre sie für ihn da.
David sah auf, so schnell konnte die Gestalt doch nicht bei ihm sein. Oder doch? Erstaunt sah er in die Augen von Sydney.
„Syd,“ brachte er hervor.
„David!“ sagte Syd gleichzeitig.
„Was machst du hier? Und wo sind wir überhaupt?“ fragten sie dann noch nur um danach gleichzeitig die Köpfe zu schütteln.
„Ich habe keine Ahnung,“ sagte David dann und sah wieder zu der Gestalt hinüber, die sich langsam auf sie zu bewegte.
„Ich denke bald werden wir es wissen,“ nickte Sydney in deren Richtung.
Doch je näher die Gestalt kam, desto höher stieg der Nebel und sie konnten immer noch nicht mehr erkennen wie vorher.
„Was soll das denn jetzt?“ entfuhr es David.
„Das wüsste ich allerdings auch gerne.“ Setzte Syd nach.
Der Nebel war nun schon so dicht, das sie fast die eigene Hand nicht mehr vor Augen sehen konnten, weshalb sie näher aneinander rückten, um sich nicht aus den Augen zu verlieren.
David drehte sich rum und sah das die Nebelwand sie nun komplett eingeschlossen hatte.
„Syd,“ standen sie nun Rücken an Rücken, „Also ich will ja keine Schwarzmalerei betreiben, aber ich glaube wir haben ein Problem.“
„Verdammt was wir hier gespielt?“ fragte Syd laut und griff nach Davids Händen, er würde nicht zulassen das seinem kleinen Bruder wieder etwas passieren würde, „Komm wieder her.“ Zog er David wieder nach vorne, so das sie wieder nebeneinander standen.
„Entschuldigt dieses Theater hier,“ hörten sie eine bekannte Stimme, „Aber irgendwie habe ich das noch nicht so ganz unter Kontrolle.“
Langsam begann sich der Nebel zu Lichten, sie sahen wieder die Umrisse der Gestalt und wie sie eine Handbewegung machte worauf hin sich der Nebel endgültig verzog.
„Richard!“ stießen sie dann hervor als sie die Gestalt erkannten und Syds griff um Davids Hand verstärkte sich. Richard trug immer noch die gleichen Sachen wie bei dem Zwischenfall mit Rokko. Das rechte Bein seiner Hose war aufgeschlitzt und vollkommen Blutgetränkt, sie konnten die Wunde sehen, aus der aber kein Blut mehr floss.
„Wie meinst du das unter Kontrolle?“ fing Syd sich als erster wieder und warf einen Blick auf David, der immer blasser um die Nase wurde.
„Das ganze hier, wenn ich es mir hier gemütlich machen will, dann muss ich gucken das ich diesen Nebel los werde.“
„Gemütlich machen? Was meinst du mit....“ brach David mitten im Satz ab und starrte Richard an, „Nein!“ stieß er dann hervor, „Nein, das machst du nicht.“
„Doch David, ich wollte mich nur noch von euch verabschieden. Es ist vorbei, Kowalski wird dir und Lisa nichts mehr antun. Aber ich....ich habe keine Kraft mehr nach allem was passiert ist.“ Er sah beiden noch einmal in die Augen, nickte ihnen stumm zu, „Danke für alles.“ Flüsterte er dann, wandte sich um und ging.
Kapitel 19
„Bleib gefälligst stehen Richard!“ schrie Syd ihm nach und rannte hinter ihm her.
„Bitte Syd, es ist das beste so.“
„Was soll der Quatsch? Du kannst uns nicht hier her bestellen, wo immer das auch ist und dann sagen ich wollte euch nur noch mal sehen macht es gut. Weißt du was du David damit antust?“ drehte er sich halb zu seinem jüngsten Bruder um, der in die Knie gegangen war und seinen Kopf in den Händen vergrub.
„Ihr versteht das jetzt noch nicht, aber wenn ihr zurück seid dann werdet ihr es. Sag ihm bitte ich habe es für ihn getan.“
„Das du was für ihn getan hast Richi? Warum erklärst du uns das ganze nicht jetzt? Wo wir schon mal hier sind.“
„Weil ihr nicht so lange bleiben dürft, es ist gefährlich für euch. Ich möchte nicht das ihr nachher hier fest sitzt.“
„Warum sollten wir das tun?“ hakte er nach.
„Deswegen,“ machte Richard eine Handbewegung und der Boden unter ihnen wurde durchsichtig.
Immer wieder kontrollierte die Anästhesistin die Anzeigen, wieder fiel Sydneys Blutdruck.
„Ihr solltet euch beeilen. Ich weiß nicht warum, aber er wird zunehmend instabil.“ Sagte sie dann zu den Ärzten.
Einer der Ärzte sah auf, nickte der ihr zu und wandte sich dann wieder seiner Arbeit zu. Sie würden versuchen die verletzte Sehne so gut es ging wieder herzustellen, aber das brauchte seine Zeit und Konzentration, wenn ihr Patient den Arm wieder voll bewegen sollte.
Erschrocken sah Sydney seine Anzeigen, aber ihm ging es doch gut. Langsam hob er den Blick wieder und sah Richard an.
„Verstehst du mich jetzt?“
Wiederwillig nickte Syd und sah dann zu David hinüber, der immer noch an der gleichen Stelle hockte.
„Und wie geht es ihm?“
„Er schläft eigentlich nur, aber wenn er noch länger hier bleibt kann sich das ändern.“
„Er wird dich hier nicht zurück lassen, und ich auch nicht.“
„Doch das werdet ihr. Ihr müsst jetzt an euch denken nicht an mich. Ihr müsst beide wieder gesund werden.“
„Das ist nur eine Schnittwunde, die operativ versorgt wird.“ Spielte Syd seine Verletzung herunter.
„Sydney, sie geht bis auf den Knochen runter!“ fuhr Richard ihn an, „Es wird dauern bis du den Arm wieder vollkommen bewegen kannst.“
„Mir geht es bestens Richi,“ funkelte er ihn an, packte ihm am Arm und zog ihn hinter sich her zu David.
„Lass mich los, ich kann nicht mit zurück.“ Versuchte dieser sich aus seinem Griff zu befreien.
David hockte immer noch Regungslos auf der Stelle, seine Schultern zuckten immer wieder wenn ein erneuter Weinkrampf ihn schüttelte.
„So dann erklär es ihm mal.“ Zischte Syd Richard zu.
Richard ging noch einen Schritt auf David zu, als er ihn erreicht hatte berührte er ihn sachte an der Schulter, woraufhin David erschrocken aufsah.
Mit voller Wucht traf Richard sein Blick, der soviel Trauer und Wut enthielt. Trauer um den viel zu spät gefundenen großen Halbbruder und Wut auf Rokko Kowalski, der ihn ihm wieder nahm. Automatisch streckte er ihm die Hand hin, zog ihn so wieder hoch und nahm ihn in den Arm.
„Du wirst es verstehen.“ Flüsterte er.
„Nein,“ schüttelte David den Kopf und löste sich von ihm, „Ich kann es nicht verstehen und ich will es auch gar nicht verstehen. Warum? Sag mir doch einfach warum?!“ wurde Davids Stimme immer lauter.
„Ich habe ihn umgebracht,“ blickte Richard zur Seite, „Ich kann nicht mehr zurück, die ganze Sache mit Sabrina und Gabriel und...und ich kann einfach nicht mehr.“
„Wen hast du umgebracht?“
„Kowalski, ich habe ihn umgebracht, er wird euch nichts mehr tun.“
David antwortete nicht, sah nur ungläubig von Richard zu Sydney.
„Es wahr Notwehr Richi,“ mischte dieser sich nun ein, ich habe es doch gesehen. Er hätte dich Niedergestochen wenn ich nicht dazwischen gegangen wäre.“
„Trotzdem, ich habe keine Kraft mehr. Versteht das bitte.“ Sah er nun zwischen den beiden hin und her. „Ihr müsst jetzt wieder gehen.“ Trat er auf sie zu und nahm beide noch einmal in den Arm, dann trat er einen Schritt zurück. Mühsam musste er die Tränen zurückhalten, auch ihm fiel es nicht so leicht wie er es darstellte. Er hob die Hand und seine Brüder begannen zu verblassen.
„Ok wir haben es jetzt,“ seufzte einer der Ärzte auf, „Wie geht es ihm?“
„Er stabilisiert sich langsam wieder, länger hättet ihr wirklich nicht machen dürfen.“ Atmete die Anästhesistin erleichtert auf.
„Warum hatte er überhaupt diese Schwankungen?“
„Ich kann es mir nicht wirklich erklären, vielleicht der Blutverlust.“
„Aber er hatte doch eine Konserve oder?“
„Ja sicher, ich hoffe nur es war keine Reaktion auf die Narkose.“
Der Arzt nickte, „Wir bringen ihn in den Aufwachraum und dort sollte man noch einmal genau alles kontrollieren.“
Mariella sah auf als Max mit Yvonne und Emma zu ihr trat, sie wollte aufstehen und zu ihnen gehen, doch Max gab ihr ein Zeichen sitzen zu bleiben. Als er vor ihr stand ging er in die Hocke, er sah das sie geweint hatte.
„Was ist den passiert?“ fragte er sanft und umschloss ihre zitternden Hände mit seinen.
„Ich weiß es nicht genau, sie riefen mich an und als ich hier ankam sagte man mir das beide Operiert werden. Richard hat eine Stichwunde am Bein und die Schlagader muss wohl auch betroffen sein. Sie haben mich gefragt ob wir die gleiche Blutgruppe hätten, da er schon sehr viel Blut verloren hätte.“ Schluchzte sie auf, „Und...und Syd, sie denken ich wäre auch seine Schwester, er...er hat eine Schnittwunde am Arm, aber sie geht bis auf den Knochen. Sie wissen noch nicht wie weit Sehnen und Nerven geschädigt wurden. Vielleicht wird er seinen Arm nie wieder richtig bewegen können.“
Yvonne hatte sich neben sie gesetzt und legte ihr bei diesen Worten einen Arm um die Schulter mit dem anderen hielt sie die wieder schlafende Emma fest.
Max musste erst einmal schlucken, das hörte sich alles andere als gut an, „Weißt du denn wie das passieren konnte?“
„Nicht wirklich,“ schüttelte Mariella den Kopf, „ sie sagten etwas von einer Schießerei und einem verlassenen Gebäude. Sie haben mich gefragt ob ich einen Rokko Kowalski kenne.“
„Kowalski war das!“ sprang Max wieder auf.
„Ich weiß es nicht, wie gesagt das ist alles was sie mir bisher gesagt haben, seitdem warte ich hier. Du...du musst dich um die Firma kümmern, ich komme nach sobald ich weiß was mit den beiden ist.“
„Mariella, du musst heute nicht in die Firma.“ Hockte er sich wieder vor sie, „Ich schaffe das schon und wenn alle stricke reißen gibt es immer noch Friedrich, der mir helfen könnte.“
„Friedrich und Laura!“ sprang Mariella auf, „Die Zwei muss ich noch anrufen, das habe ich total vergessen.“
„Setz dich wieder,“ drückte Max sie zurück auf den Stuhl, „Ich erledige das für dich.“ Verschwand er auch schon in Richtung Ausgang.
In dem Moment kamen die Ärzte auf sie zu, langsam stand Mariella auf, aus dem Augenwinkel sah sie zwei Polizeibeamte und zwei Männer in zivil.
„Frau von Brahmberg?“ fragte einer der Ärzte.
„Ja?“ antwortete sie Ängstlich.
„Ihren Brüdern geht es beiden den Umständen entsprechend. Herr von Brahmberg ist allerdings noch nicht über den Berg. Wir konnten die Blutung stoppen und die Schlagader nähen, allerdings hat er sehr viel Blut verloren und auch seine Lungenentzündung spielt dabei eine Rolle. Er ist in ein Koma gefallen, wir müssen jetzt abwarten und hoffen das er auf die Antibiotika anspringt.“
„Oh mein Gott,“ schlug sie die Hand vor den Mund.
„Herr London geht es aber soweit gut, wir haben die Sehne wieder herstellen können und gehen davon aus das keine bleibenden Schäden zurück bleiben, allerdings wird es seine Zeit dauern bis er seinen Arm wieder vollständig nutzen kann.“
„Kann...kann ich denn zu ihnen?“
„Zu Herrn London ja, aber da ist noch etwas.“ Nickte er den Beamten zu, die sich daraufhin zu ihnen gesellten. „In die Auseinandersetzung war auch ein Rokko Kowalski verwickelt. Für ihn konnten wir nichts mehr tun.“
Mariella sagte darauf nichts, sah nur geschockt von den Ärzten zu den Beamten.
„Die Tatwaffe gehört ihrem Bruder, Richard von Brahmberg,“ räusperte sich nun einer der Beamten in Zivil, „Ich bin Kommissar Mehlkopf, ich habe damals schon im Fall David Seidel ermittelt. Wir müssen davon ausgehen das ihr Bruder Selbstjustiz geübt hat.“
Mariella schüttelte nur den Kopf, die ganzen Informationen musste sie erst einmal in ihrem Kopf ordnen.
„Wann können wir Herrn von Brahmberg ins Gefängniskrankenhaus verlegen?“ wandte sich Mehlkopf dann aber an die Ärzte.
„So schnell erst einmal nicht,“ wurde ihm geantwortet, dann zog der Arzt ihn ein wenig zur Seite und sprach mit gedämpfter Stimme weiter, „Wie es im Moment aussieht wird er die nächsten Stunden nicht überleben.“
Mariella hörte diese Worte zwar, nahm sie aber nicht wirklich auf, sie blickte den Kommissar nur ungläubig an. Richard und Selbstjustiz? Das konnte sie nicht glauben. Einer der Ärzte kam auf sie zu und berührte sie kurz am Arm.
„Soll ich sie zu ihrem Bruder bringen?“
Sie nickte nur und folgte ihm.
Syd hörte unnatürliche Geräusche um sich herum, die er nicht einordnen konnte. Er wollte die Augen öffnen, doch es war als wären sie urplötzlich viel schwerer geworden. Er hörte eine Türe, dunkel erinnerte er sich an David und Richard, ein Schauer lief über seinen Rücken und er versuchte sich so gut es ging auf Richard zu konzentrieren. Schwach spürte er ihn, zu schwach und plötzlich war es als würde er zurückgestoßen. Gab Richard wirklich auf? Es musste so sein, denn wenn er sich auf David konzentrierte spürte er diesen deutlich obwohl er mehrere tausend Kilometer weit weg war. Er wollte dieser Sache weiter auf den Grund gehen, weiter versuchen Richard zu erreichen, doch irgendetwas blockierte ihn. Die Geräusche wurden immer klarer und auch seine Lider schienen leichter zu werden. Erneut versuchte er die Augen zu öffnen und sah direkt in Mariellas verweintes Gesicht.
Kapitel 20
Nachdem Max den Seidels bescheid gegeben hatte ging er zurück zu seiner Frau und seiner Tochter. Suchend sah er sich nach Mariella um.
„Sie ist bei Syd.“ Sagte Yvonne und bedeutete ihm sich zu setzten, „Hast du die Seidels erreicht?“
„Ja, sie sind auf dem Weg hierher. Friedrich hat sofort gesagt das er mich bei Kerima unterstützen wird, aber erst mal soll auch er sich um Richard kümmern finde ich.“
„Das wird er schon,“ nahm Yvonne ihn in den Arm und ihre Gedanken schweiften zu Lisa und David ab.
Als hätte Max ihre Gedanken erraten setzte er sich wieder auf und sah auf einen Punkt an der Wand.
„Wie bringen wir das nur David und Lisa bei?“ fragte er.
„Ich weiß es nicht mein Schatz,“ strich sie ihm über den Rücken.
Sie sahen wie eine Türe geöffnet wurde und kurz konnten sie einen Blick auf Richard erhaschen, er lag einfach nur da, so blass wie das Laken, an unzähligen Maschinen angeschlossen. Sie sahen wie die Beamten das Zimmer betraten.
„Was hat das denn zu bedeuten?“ fragte Max, doch Yvonne zuckte nur mit den Schultern.
Laura und Friedrich machten sich nach Max Anruf sofort auf den Weg in die Klinik. Dabei hielten sie nicht viel von Tempolimits und so waren sie schon nach 15 Minuten vor dem Krankenhaus und stürmten auf Max und Yvonne zu.
„Was ist denn nun genau passiert?“ fragte Laura voller Sorge.
„Das wissen wir auch nicht so genau,“ seufzte Max auf, „Mariella ist gerade bei Syd.“ Setzte er dann noch hinterher.
Laura nickte nur und nahm neben ihnen Platz während Friedrich unruhig auf und ab ging.
„Setz dich doch bitte Friedrich,“ ermahnte ihn seine Frau, doch er schüttelte nur den Kopf.
„Ich kann nicht. Erst die Sache mit David, jetzt Richard, kommen wir denn nie zur Ruhe?“
Daraufhin wusste niemand etwas zu sagen, allen kamen die Erinnerungen an die Tage nach Davids OP hoch, wo sein Leben an einem Seidenden Faden hing und sie alle keine Ruhe fanden. Würden sie das nun wieder durchstehen müssen?
Mariella trat noch etwas näher an Sydneys Bett heran, als sie sah das er die Augen öffnete, schon wo sie das Zimmer betreten hatte, hatte sie die Tränen nicht mehr zurück halten können. Alles erinnerte sie daran wie hilflos sie war, als sie von Davids Verletzungen erfahren hatte. Wie sie sofort alles stehen und liegen lassen wollte und wie Lars auf sie eingeredet hatte, das sie nichts überstürzen sollte. Lars, er erwartete in drei Wochen ihre Rückkehr, doch so wie es im Moment aussah würde sie erst einmal hier bleiben. Sie konnte nicht zurück ohne genau zu wissen ob ihr Bruder wieder gesund wurde. Sie sah das Syd sie anstarrte und setzte sich auf den Stuhl neben seinem Bett dann wusch sie sich die Tränen aus dem Gesicht.
„Wie geht es dir?“ fragte sie leise.
„Was ist mit Richi?“ kam es leise und zögernd zurück.
„Sie haben ihn operiert, aber er hat sehr viel Blut verloren, dazu die Lungenentzündung....“ sie brach ab und zwang sich Sydney anzusehen, „ „Er liegt im Koma.“
Syd versuchte seinen Rechten Arm zu heben, doch es gelang ihm nicht. Er wollte sich aufstützen doch auch das wurde irgendwie wirkungsvoll verhindert. Sein Blick verfinsterte sich und wanderte dann zu seinem Arm hinüber, der vom Oberarm bis zur Hand in einer Gipsschiene ruhte, die jede falsche Bewegung verhinderte. Seufzend sah er wieder zu Mariella hinüber.
„Er....er schafft das doch oder?“
„Sicher, du kennst doch Richard. Er hat noch nie in seinem Leben Kampflos aufgegeben.“ Versuchte sie ihm und sich Mut zu machen. Sie verdrängte die Worte des Arztes zu den Beamten, die sie mitbekommen hatte. Sie mussten nur alle daran glauben dann würde er es schaffen. „Aber du musst jetzt auch an dich denken Sydney,“ wechselte sie das Thema, „ Du hast auch verdammt viel Glück gehabt.“
„Ich? Das war doch nur eine Schnittwunde.“ Spielte er das ganze wieder herunter und warf einen bösen Blick auf den Gips, „warum haben die mir überhaupt so ein Ding verpasst?“
„Es waren Sehnen verletzt Syd.“ Begann Mariella und sah ihn besorgt an, „So etwas darfst du nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es wird jetzt seine Zeit dauern bis du den Arm wieder so bewegen kannst wie früher.“
Syd schnaubte nur verächtlich und schüttelte den Kopf, was machten sie denn jetzt alle so ein Theater da drum? Er konnte sich einfach nicht vorstellen, das Rokko mit dieser einzigen Attacke so tief geschnitten haben konnte.
Langsam erwachte David, das weiß und der Nebel um ihn herum verblassten und wichen schwärze. Er drehte sich um und öffnete die Augen, verwirrt blinzelte er in die Dämmerung und sah in Lisas klare blaue Augen. Er schloss die Augen für einen Moment wieder und zog sie dann ganz nah zu sich heran, vergrub seinen Kopf an ihrem Hals und atmete tief durch. Er spürte wie sie ihm beruhigend über den Rücken strich und war dankbar das sie bei ihm war. Das er nun nicht alleine war, das er mit ihr darüber reden konnte. Er setzte sich auf und sah sie an, dann beugte er sich zu ihr hinunter und gab ihr einen seichten Kuss auf die Nasenspitze.
„Danke,“ flüsterte er.
„Du brauchst mir nicht zu danken,“ gab sie ebenso leise zurück und setzte sich nun auch auf. Sie bemerkte das die Sonne langsam aufging und sah durch das Fenster hinaus auf den Pool. David folgte ihrem Blick, er wollte gerne mit ihr reden, aber ihm fehlten die Worte. So stand er auf und zog sich ein Shirt über.
„ Wo willst du denn hin?“ fragte Lisa und musterte ihn genau. Er ging einmal um das Bett herum und hielt ihr seine Hand hin.
„Lass uns den Sonnenaufgang ansehen.“
Lisas Augen begannen zu strahlen, sie hatte sich sorgen gemacht nachdem er aufgewacht war und nichts gesagt hatte, doch scheinbar war sein Traum schon wieder verblasst und sie war froh das er abschaltete, den Urlaub begann zu genießen. Sie ließ sich von ihm aus dem Bett helfen und zog sich eine Shorts sowie ein leichtes T-Shirt über. Hand in Hand verließen sie den Bungalow und machten sich auf den Weg zum Strand.
Kapitel 21
Friedrich unterbrach seine Wanderung über den Krankenhausflur als er sah wie die Türe zu Richards Zimmer geöffnet wurde und ein Arzt hinaustrat. Sofort eilte er auf ihn zu und wollte genau wissen wie es um seinen Sohn stand.
„Wir konnten die Blutung stoppen, aber er liegt im Koma.“ Antwortete ihm der Arzt knapp, von dem was die Polizei ihm Berichtet hatte, hatte er sich ein Bild über seinen Patienten gemacht, das er nun seinem Kollegen Lorenz übermitteln wollte, der schon die beiden Brüder behandelt hatte.
„Wird er durchkommen?“ fragte Friedrich.
„Das können wir noch nicht sagen, er ist zusätzlich durch seine Lungenentzündung geschwächt.“
„Kann ich dann wenigstens zu ihm?“
„Gehen sie nur, aber kurz.“ Blieb der Arzt kurz angebunden, was Friedrich zur Weißglut trieb.
Er wusste nicht warum der Arzt so reagierte, doch es machte ihn unsympathisch. Friedrich stieß noch einmal die Luft aus und machte sich dann auf den Weg in Richards Zimmer. Vor der Türe stockte er und machte kehrt. Max, Laura und Yvonne sahen ihn erstaunt an. Doch Friedrich schüttelte nur lächelnd den Kopf.
„Richard läuft mir ja nicht weg, aber ich denke es ist jetzt auch wichtig wie wir das mit Kerima und L.Ex machen.“ Wandte er sich an Max woraufhin die beiden Männer in eine Diskussion verfielen, die nochmals eine Stunde dauerte.
Mariella hatte in der Zwischenzeit Syds linke Hand genommen und drückte sie sanft. Sie sah das er mühsam darum kämpfte die Augen offen zu halten.
„Schlaf ruhig noch etwas.“ Sagte sie leise und strich ihm durchs Haar.
„Nein,“ schüttelte Syd den Kopf, „Ich muss zu Richard.“ Wollte er sich aufsetzten doch sie drückte ihn mit bestimmt in die Kissen zurück.
„Du musst jetzt an dich selbst denken. Im Moment darf man eh nicht zu ihm.“ Versuchte sie ihn so davon abzuhalten aufzustehen.
„Aber er gibt sich auf,“ flüsterte Syd, „Er gibt sich auf, das kann ich nicht zulassen.“
„Nein wird er nicht. Ich kenne meinen Bruder Sydney glaub mir.“ Strich sie ihm weiter behutsam durchs Haar und stellte beruhigt fest das ihm langsam aber sicher wieder die Augen zu fielen.
Glücklich lag Lisa mit dem Kopf in Davids Schoß und betrachtete wie die Sonne sich immer mehr ihren Weg durch die Dämmerung bahnte und sich im Türkisen Wasser zu spiegeln begann, woraufhin man ein prachtvolles Farbenspiel beobachten konnte.
Keiner der Beiden sagte ein Wort, sie ließen den Moment auf sich wirken und Lisa kuschelte sich noch enger an David, der ihr mit einer Hand immer wieder sachte durchs Haar fuhr.
Friedrich und Max einigten sich darauf, das Max den heutigen Tag nutzen würde um eine Pressemitteilung vorzubereiten und Hugo die neue Situation beizubringen während Friedrich später nachkommen würde und den Vorstand informieren würde. Dazu würde er sich noch mit um L.Ex kümmern und Max sich ganz auf Kerima konzentrieren. Gerade wollten Max und Yvonne sich verabschieden, da kam Mariella wieder auf die kleine Gruppe zu. So verabschiedeten sie sich auch noch von ihr und machten sich dann auf den Weg.
Müde ließ sie sich neben Laura nieder, erst als sie ganz sicher gewesen war, das Syd auch wirklich schlief hatte sie beschlossen zu den anderen zurück zu kehren um zu sehen ob Laura und Friedrich schon da waren.
„Wie geht es ihm?“ fragte Laura leise und nahm Mariellas Hand Mütterlich in ihre.
„Er schläft jetzt noch etwas und es geht ihm auch ganz gut. Allerdings nimmt er seine Verletzung auf die leichte Schulter.“
„Er wird schon noch einsehen das er Geduld brauchen wird.“ Antwortete Laura sanft und besah sich Mariella genauer, „Wann hast du denn das letzte Mal geschlafen?“
„Ich kann doch jetzt nicht schlafen gehen. Ich muss zu Kerima, die Pressemitteilungen rausgeben und Max unterstützen.“
„Ich werde nachher in die Firma fahren,“ warf Friedrich ein, „Max und ich haben das schon geklärt. Fahr nach Hause Mariella und ruh dich aus. Laura wird hier bleiben, falls etwas passiert.“
„Danke,“ brachte Mariella hervor und umarmte erst Laura und dann Friedrich bevor sie aufstand und das Krankenhaus verließ.
„Es war doch OK für dich das ich gesagt habe das du hier bleibst?“ wandte Friedrich sich an seine Frau
„Natürlich, Mariella muss sich jetzt dringend ausruhen.“ Nickte Laura, „Aber geh du jetzt zu Richard, ich sehe nach Syd.“ Stand sie auf und machte sich in Richtung Sydneys Zimmer davon.
Auf den Malediven griff Lisa nach Davids Hand, die immer noch durch ihr Haar fuhr und küsste sie sanft. Dann setzte sie sich ein Stück auf und drehte sich zu ihm um.
„Es ist wunderschön hier.“ Flüsterte sie und wandte sich wieder der Aufgehenden Sonne zu.
„Ja das ist es.“ Flüsterte er zurück und strich ihr über die Wange. Mit Lisa hier am Strand konnte er seine Sorgen um das was wohl gerade in Berlin vor sich ging vergessen. Das Erlebnis, welches er im Traum hatte verblasste immer mehr und fast war er bereit zu zugeben, das es wirklich nur ein Traum war.
Vorsichtig öffnete Friedrich die Türe hinter der sein Sohn lag und trat ein. Doch bevor er sich Richard zuwenden konnte fiel sein Blick auf zwei Polizeibeamte und Kommissar Mehlkopf. Er stockte, fragte sich was sie hier zu suchen hatten, dann fiel sein Blick endlich auf Richard und sah das sie ihm die Hände mit Handschellen ans Bett fixiert hatten. Er trat näher an das Bett heran und strich Richard eine Strähne aus der Stirn um sich dann an Mehlkopf zu wenden.
„Was hat das zu bedeuten?“ fragte er scharf und deutete auf die Handschellen.
„Herr von Brahmberg steht unter Mordverdacht, das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme damit er nicht flieht.“
„Damit er nicht flieht?!“ musste Friedrich sich beherrschen um nicht zu schreien, „Mein Sohn liegt im Koma! Wie bitte soll er da fliehen können?!“
„Wir haben schon alles erlebt.“ Sagte Mehlkopf nur und beendete somit die Diskussion.
Friedrich schüttelte nur mit dem Kopf und schnaubte verächtlich, dann wandte er sich wieder seinem Sohn zu. Auf einmal wirkte er so zerbrechlich, er kannte Richard Zeit seines Lebens nur als starken, als zum Teil vollkommen unzugänglichen Menschen. Erst die Aussprache mit David und die darauffolgenden Ereignisse hatten Richard geändert, zum Positiven. Endlich zeigte er seine Sensible Seite, die auch an die Familie dachte. Friedrich wusste das Sabrinas Zurückweisung am Tage ihrer Hochzeit ihm mehr zugesetzt hatte als er zu zugeben bereit war. Er hoffte das Richard das ganze hier überstehen würde, damit sie ihm Zeigen konnten das er immer noch eine Familie hatte, das er nicht wieder alleine war, wie so lange schon in seinem Leben.
Unbewusst hatte er so in Gedanken, die ganze Zeit über die Wange seines Sohnes gestreichelt. Erst jetzt bemerkte er wie heiß sie doch war, sorgenvoll legte er die Stirn in falten bis er sah wie Richards Lieder zuckten.
Richard?“ fragte er leise und sah erstaunt wie dieser Tatsächlich die Augen öffnete. „Richard, Junge.“ Strich er ihm durchs Haar.
Richard sah seinen Vater an, er wollte etwas sagen, doch durch den Beatmungsschlauch kam kein Ton über seine Lippen. Panik stieg in ihm hoch und die Anzeige seiner Vitalwerte beschleunigte sich.
„Ganz ruhig Junge, ein Arzt kommt gleich.“ Redete Friedrich beruhigend auf ihn ein, weder Mehlkopf noch einer der anderen Beamten machten Anstalten einen Arzt zu holen. Friedrich sah wie Richard die Hände heben wollte, was aber durch die Handschellen verhindert wurde. Er sah wie der Blick seines Sohnes ängstlich zu seinen Händen ging, dann zurück zu ihm. Er sah in seinem Blick, Angst und Panik. „Bleib ruhig Richard, alles wird wieder gut, das verspreche ich dir.“ Warf er dann einen wütenden Blick zu Mehlkopf hinüber. Er legte eine Hand in die seines Sohnes und drückte sie aufmunternd, dieser sah ihn an und plötzlich wurde es kalt um Friedrichs Herz. Jegliches Gefühl war aus seinen Augen verschwunden, er schloss sie kurz und öffnete sie dann wieder, erwiderte ganz leicht den Druck der Hand. Dann ertönte der Alarm der Überwachungsmonitore.
Kapitel 22
Nachdem Richard in die Augen seines Vaters geblickt hatte wurde es dunkel um ihn und jeglicher Schmerz viel von ihm ab. Er wartete einen Augenblick und als er die Augen wieder öffnete war er von weißem Nebel umgeben. Er sah eine Türe, ging darauf zu doch plötzlich rückte sie wieder in unerreichbare Ferne. Der Boden zu seinen Füßen wurde durchsichtig und er sah sich selber und einen Arzt über sich gebeugt, wie er versuchte ihn wiederzubeleben.
Lasst es doch einfach bleiben, schoss es ihm durch den Kopf, lasst mich einfach in ruhe sterben. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Akzeptiert das doch endlich. Doch sie hörten nicht auf, er sah wie die Polizisten angewiesen wurden die Handschellen zu lösen, wie man seinen Vater aus dem Zimmer bat. Er wollte das alles nicht sehen, er wollte nie wieder in diese Welt zurück. Er ging in den dichteren Teil des Nebels und hockte sich hin, vergrub das Gesicht in den Händen und versuchte zur Ruhe zu kommen.
„Jetzt nehmen sie ihm endlich die Handschellen ab!“ fuhr Dr. Lorenz die Beamten, allen voran Mehlkopf an. Woraufhin dieser zögernd an das Bett trat und sie mit einer dreisten Langsamkeit löste. „Und jetzt alle raus hier!“ setzte Lorenz nach und ließ sich von der Schwester den Defibrilator reichen.
„Geladen auf 200.“ Teilte sie ihm mit.
„Danke, wollen wir hoffen das wir ihn zurück holen können.“
Friedrich beobachtete das ganze aus einer Ecke des Zimmers, zwar war er angewiesen worden das Zimmer zu verlassen, doch er konnte einfach nicht. Er wollte bei seinem Sohn bleiben, ihm beistehen, ihm allein durch seine Anwesenheit Kraft geben. Er hatte nie an Schicksal und dergleichen geglaubt und doch war da plötzlich etwas an das er sich klammerte, das ihm Hoffnung gab. Eine leise Stimme flüsterte ihm zu das alles gut werden würde, er müsse nur daran glauben. Er schloss die Augen hörte immer noch diesen einen monotonen Piepton.
„Kämpf mein Junge Kämpfe.“ Hörte Richard plötzlich die Stimme seines Vaters, „Ich habe dich viel zu spät gefunden als das du jetzt schon wieder gehen kannst. Du darfst mich nicht verlassen, du darfst uns nicht verlassen. Du hast die Familie erneut zusammengeführt, du hast sie erst komplett gemacht, wir brauchen dich.“
Er sah wieder auf den Boden, sah wie sich Friedrichs Lippen kaum merklich bewegten. Was machte er überhaupt noch in dem Zimmer? Er stand auf, sah sich um, die Türe war verschwunden.
Friedrich selber hatte gar nicht mitbekommen, das er das soeben eigentlich gedachte leise vor sich hin geflüstert hatte. Erst das nun wieder kontinuierliche Piepen holte ihn in die Realität zurück. Er sah auf und direkt in das Gesicht von Doktor Lorenz.
„ Er ist wieder da.“ Teilte er ihm erleichtert mit.
„Ist...ist er wieder wach?“ fragte Friedrich.
„Nein,“ schüttelte Dr. Lorenz den Kopf, „ So wie es aussieht ist er zurück ins Koma gefallen, aber glauben sie mir das ist im Moment auch besser so. Er ist sehr geschwächt, der Blutverlust und die Lungenentzündung sind wohl die Ursachen dafür. Eigentlich war es ein Wunder das er überhaupt kurz wach war.“
„Wird er denn jetzt durchkommen?“
„Das kann ich ihnen nicht mit Gewissheit sagen. Sein Zustand bleibt kritisch, wir können nur abwarten und hoffen.“
Friedrich seufzte kurz auf, dann folgte er dem Arzt, der sich auf den Weg aus dem Zimmer gemacht hatte. Auf dem Flur trafen sie dann wieder auf Mehlkopf und die Beamten. Lorenz und Friedrich warfen ihnen eindeutige Blicke zu.
„Müssen wir wieder rein oder ist der Fall erledigt?“ fragte Mehlkopf.
„Für sie wird der Fall sehr bald erledigt sein!“ brauste Friedrich auf, er würde nicht zulassen das sie seinen Sohn noch einmal so behandeln würden. Überhaupt einen im Koma liegenden Menschen mit Handschellen ans Bett zu fixieren wegen Fluchtgefahr. Da musste er wohl noch mal ein ernstes Wort mit dem Polizeipräsidenten sprechen müssen.
„Beruhigen sie sich Herr Seidel,“ legte Mehlkopf eine Hand auf Friedrichs Arm, „Und was sie angeht, sie können gerne hier vor dem Zimmer warten, aber nicht drinnen.“ Wandte er sich an Mehlkopf.
„Es besteht Fluchtgefahr, wir müssen alles tun damit dies nicht geschieht.“ Schoss Mehlkopf zurück.
„Der Patient liegt im Koma, ich habe noch nie einen im Koma liegenden Patienten fliehen sehen. Sollten sie nicht eigentlich nach Beweisen für die Schuld meines Patienten sammeln?“ machte Lorenz sich auf den Weg zu seinem Büro und bedeutete Friedrich ihm zu folgen, auf halben Weg drehte er sich jedoch noch einmal um, „Das war alles was es zu besprechen gibt Herr Mehlkopf.“
In seinem Büro wies er Friedrich den Stuhl vor seinem Schreibtisch zu und ließ sich dann in seinen Sessel fallen.
„Das sie sehen mussten wie ihr Sohn ans Bett fixiert war tut mir Leid. Ich habe ihn zwar mit einem Kollegen operiert, mich danach aber um den Bericht gekümmert. Das wird nicht wieder vorkommen. Wenn sie denken es bestände wirklich Fluchtgefahr sollen sie Wachen vor der Türe aufstellen.“ Begann er dann.
„Diese Szene wird noch ein Nachspiel für ihn haben,“ schnaubte Friedrich, „Er leitete schon die Ermittlungen im Entführungsfall meines jüngsten Sohnes und hat dort schon einen Verdächtigen laufen lassen und Richard und Sydney verhaftet.“
„Denjenigen, der nachher auf David und seine Freundin geschossen hat?“
„Genau den, und er ist auch derjenige, der nun Tod ist. Richard wird in Notwehr gehandelt haben, ich weiß wozu Rokko Kowalski fähig war, aber es gibt nur einen Zeugen und das ist Sydney.“
„Herr London wird sicher in ein oder zwei Tagen seine Aussage machen können. Dann wird auch Mehlkopf wieder abziehen.“
„Das wird er schon vorher, bevor ich in die Firma fahre werde ich mit dem Polizeipräsidenten sprechen. Wozu habe ich diese Beziehungen sonst?“
„Tun sie das Herr Seidel, ich werde sie informieren sobald sich an dem Zustand ihrer Söhne etwas ändert.“ Reichte er ihm die Hand, Friedrich ergriff sie und schüttelte sie kurz.
„Sydney ist der Sohn meiner Frau, ich bin grob gesehen nur sein Stiefvater.“
„Ich weiß,“ nickte Lorenz und brachte ihn noch zur Türe.
Auf dem Flur traf er dann wieder auf Laura, die kurz bei Syd gewesen war. Sie erzählte ihm, das dieser noch einmal kurz wach gewesen sei und sich nach Richard erkundigt habe. Sie habe ihm jedoch gesagt, das es ihm den Umständen entsprechend ginge. Friedrich seufzte nur, warf noch einen wütenden Blick zu Mehlkopf, der sich vor der Türe positioniert hatte und wandte sich dann wieder seiner Frau zu.
„Hast du mir zugehört Friedrich?“
„Wie bitte?“
„Ich habe gesagt, lass uns fahren. Wir können hier im Moment nichts tun und die zwei sind in guten Händen. Wir werden Informiert sobald etwas sein sollte.“
„Du hast Recht, ich sollte wirklich langsam zu Max in die Firma.“ Verschwieg er ihr den Zwischenfall bei Richard.
„Kannst du mich dann vorher bei Mariella absetzten? Vielleicht kann ich ihr ja ein wenig in der Wohnung zur Hand gehen.“
„Sicher mein Schatz,“ legte Friedrich einen Arm um ihre Schulter und zusammen verließen sie das Krankenhaus.
Richard sah wie sich David und Lisa den Sonnenaufgang ansahen, aber er sah und spürte auch das David nicht wirklich bei der Sache war. Kurz dachte er an ihn und bemerkte wie David sich versteifte. Sofort sah er weg, er wollte das David sich keine Gedanken machte, das ganze wirklich nur als Traum ansah. Er machte eine Handbewegung und der Boden wurde weiß, dann legte er sich hin und schloss die Augen. <Nicht an deine Brüder denken> murmelte er immer wieder vor sich hin und langsam wurde es dunkel um ihn.
Immer noch saßen David und Lisa am Strand, die Sonne war inzwischen komplett aufgegangen, doch keiner der beiden machte Anstalten das schweigen zu Unterbrechen. Erst das knurren ihrer Mägen holte sie ins hier und jetzt zurück. Sie sahen sich an und mussten lachen.
Lisa war erleichtert das David nicht sofort nach Luft schnappte, sie stand auf und hielt ihm die Hand hin, er ergriff sie und zusammen machten sie sich auf den Weg zurück zum Bungalow.
Dort wartete schon ein reich gedeckter Frühstückstisch auf sie und wie auf Bestellung kam der Butler und goss ihnen Tee in die bereitgestellten Tassen. Sie frühstückten ausgiebig und Lisa entging nicht, das David ihr immer wieder verliebte Blicke zuwarf. Dabei sah sie förmlich wie es hinter seiner Stirn rotierte, beschloss aber ihn erst mal nicht darauf anzusprechen. Früher oder später würde er schon mit der Sprache rausrücken, zudem sah er nicht unglücklich oder angespannt aus.
Den Rest des Tages verbrachten sie wieder am Strand, im Schatten einer Palme, dösten vor sich hin und Lisa traute sich sogar ins Wasser. Immerhin war dies hier nicht die kalte Ostsee, David beobachtete sie dabei von seinem Handtuch aus. Wieder ein mal viel ihm auf wie Wunderschön sie doch war und seine Gedanken glitten wieder ab zu einer gemeinsamen Zukunft, einem kleinem Haus im grünen mit großem Garten und zwei Kindern, die dort spielten. Ihm war schon lange klar gewesen, das er mit Lisa eine Familie gründen wollte, er wollte mir ihr alt werden und das Leben genießen. Schon wo sie zusammen den Sonnenaufgang geschaut hatten, hatte er um ihre Hand anhalten wollen, doch irgendwie waren ihm so auf die Schnelle nicht die richtigen Worte eingefallen. Deshalb hatte er es dann gelassen, er wollte das es perfekt war.
Nach einem leichten Mittagessen blieben sie zunächst im Bungalow, da Lisa fand das die Mittagshitze und die unerbärmlich vom blauen Himmel scheinende Sonne nicht gut für ihn wären. David, der schon am Vormittag gesehen hatte das Lisa immer wieder gähnte schlug eine kleine Siesta vor und so hatte es nicht lange gedauert und sie war an seine Brust gekuschelt eingeschlafen. Diese Zeit hatte David genutzt um seinen perfekten Antrag auszuarbeiten und als Lisa im späten Nachmittag wieder wach wurde konnte der Plan beginnen. Er schlug ihr vor doch eine Runde in den Pool zu gehen, was sie sich nicht zweimal sagen ließ und so konnte der Butler und das restliche Personal am Strand alles vorbereiten.
Kurz vor dem Abendessen führte er sie wieder an den Strand und Lisa traute ihren Augen nicht. Es waren lauter Fackeln im Sand aufgestellt und in der Mitte war eine Decke ausgebreitet, daneben stand ein Korb gefüllt mit Früchten und anderen Leckereien. Eine Flasche Champagner stand in einem Kühler daneben. Sie runzelte kurz die Stirn, David sollte doch noch keinen Alkohol trinken.
Langsam ließen sie sich auf die Decke nieder und David begann sofort, sie mit Erdbeeren, Melone und Annanass zu füttern. Sie tat es ihm gleich und angelte aus dem Korb eine Handvoll Kirschen, die sie ihm mit einem kleinen Kuss Stück für Stück überreichte.
Als die Sonne wieder begann Unterzugehen öffnete David die Flasche Champagner und füllte zwei Gläser, dann wandte er sich Lisa zu und betrachtete eine Weile ihr Gesicht, das von der Sonne immer wieder in andere warme Farbspiele getaucht wurde.
„Lisa,“ begann er dann zögerlich, „Ich weiß das wir beide nicht gerade leichte Zeiten hinter uns haben und ich war da nicht ganz unschuldig dran. Doch inzwischen weiß ich was es heißt dich zu lieben, das in unserer Liebe alle Wiedersprüche versinken, das wir nur in unserer Zweisamkeit eine Einheit bilden. Denn weich ist stärker als hart, Wasser stärker als Fels, Liebe stärker als Gewalt.“ Während er diese Worte sprach rückte er ein Stück näher an sie heran ohne dabei den Blick von ihren Augen zu wenden in denen nun die ersten Tränen glitzerten, sie musste ein Schluchzen unterdrücken als er weiter sprach, „ Wir haben alles schon erlebt, die härte des Geschäfts, den Fels der Last, der uns zu erschlagen drohte, die Gewalt mit der man uns trennen wollte. Wir haben alles überstanden unsere Liebe hat uns die Kraft gegeben und deshalb möchte ich dich fragen, willst du meine Frau werden Lisa Plenske?“
Ende
==> wird fortgesetzt durch On the edge!