(Fortsetzungs-FF! Bitte zuerst ViB 4 lesen!)
Broken
Kapitel 1
Richard saß in seinen Büro, sechs Monate waren seit dem Zwischenfall auf der Taufe vergangen, sechs Monate in denen sich sein Leben um 180 Grad geändert hatte und nicht nur seins. Irgendwie schien es als wäre dieses Ereignis ein entscheidender Wendepunkt im Leben aller gewesen. Er lehnte sich zurück und blickte auf die Uhr, schon wieder nach Neun Abends und bei Kerima war immer noch Hochbetrieb, früher hätte er um diese Uhrzeit alleine hier gesessen, doch nun waren neben ihm noch Hugo, Inka und Mariella da. Einzig Max versuchte jeden Tag pünktlich Feierabend zu machen, was allerdings mehr als verständlich war, warteten zu Hause doch Frau und Kind auf ihn. Inka übernahm dann meistens den Rest an Arbeit. Hugo flüchtete sich täglich in Kreative Exesse und Mariellas Telefon klingelte eh Tag und Nacht, wobei sie versuchte so weit es ging Schadensbegrenzung zu betreiben. Sicher litten darunter ihre jeweiligen Beziehungen, doch bis jetzt hatten sie es immer irgendwie geschafft noch einmal die Kurve zu kriegen. Britta verstand Hugo meistens, sie selber arbeitete inzwischen als Kostümbildnerin am Theater wodurch auch ihre Arbeitszeiten schon mal gestreckt wurden. Lars hingegen liebte Mariella zu sehr um ihr lange böse zu sein wenn wieder mal ein Ausflug, ein Theaterbesuch oder ein einfaches Abendessen platzten und er und Sabrina? Ja das war eine Geschichte für sich, es schien ihr egal zu sein das er kaum zu Hause war, sie ging dann halt einfach shoppen, für sich und das Baby. Oft schlief sie schon wenn er nach Hause kam und wenn er aufstand war sie noch nicht wach. Wochenenden gab es auch so gut wie keine mehr, zumindestens für ihn. Kerima war angeschlagen, die neue Kollektion verkaufte sich nicht so gut wie erhofft, dazu kam die neue Konkurrenz durch L.EX, es war zum Haare raufen.
Er musste sich immer noch zusammenreißen um nicht auszurasten, aber er hatte es seinem Vater versprochen. Er hatte versprochen Kerima im Sinne aller weiter zu führen, er hatte versprochen sich nicht von seinen Rachegefühlen leiten zu lassen, doch das war leichter gesagt als getan. Hinzu kam das er nun genau wusste von wem Sabrina schwanger war, aber das machte es nicht einfacher für ihn. Sie selber log ihn immer noch an, sie merkte einfach nicht das er bescheid wusste. Sie war und blieb halt blond, aber was tat man nicht alles aus Liebe und war es nicht auch ein Liebesbeweis ihrerseits das sie sich selber einzureden versuchte es sei sein Kind? War es nicht ein Liebesbeweis das sie immer noch bei ihm war, obwohl er sich Monatelang wie der letzte Arsch aufgeführt hatte? Vor der Schwangerschaft und am Anfang? Zeugte das nicht von der Liebe und Loyalität, die auch Lisa Plenske einmal ausgestrahlt hatte?
Seine Miene verdunkelte sich, Lisa Plenske, er konnte den Namen dieser Frau nicht mehr hören, genauso wenig wie Sydney London oder L.EX, früher hatte er sie einfach nur für eine kleine unbeholfene graue Maus gehalten, doch nun fand er sie einfach nur noch widerlich. Sie war Schuld an dem ganzen Desaster, sie und Sydney London und sonst niemand. Sie war schuld das er bis mitten in der Nacht hier saß und sich den Kopf zerbrach, sie war Schuld das es in dem jungen Familienglück von Max und Yvonne äußerst heftig gekracht hatte, sie war schuld das sein Vater um Jahre gealtert schien, sie war Schuld das seine Schwester Tag und Nacht am Telefon klebte und absolut keine Freizeit mehr hatte, sie war schuld das Kim beinah dem Vorbild seiner Mutter gefolgt wäre, sie war schuld das Laura vor Sorge und Kummer zerging. Kurz um sie war schuld das seine Familie zerbrach und er konnte nichts dagegen tun.
Traf man früher immer einen gutgelaunten Bernd Plenske in der Villa Seidel an, so sagte er heute kein Wort mehr außer man forderte ihn ausdrücklich dazu auf, bekam man früher egal ob man wollte oder nicht im Kiosk von Helga Plenske immer einen guten Ratschlag so stand sie nun mit eingefallenem Gesicht hinter der Kasse und nannte einem nur noch den zu Zahlenden Betrag.
Der einzige, der weiterzumachen schien wie zuvor war Jürgen Decker, obwohl was wusste Richard auch schon von Jürgen Decker? Nichts außer das er total in Sabrina verschossen war. Jürgen war auch der Einzige, der immer noch regen Kontakt zu Lisa hatte, alle anderen hatten sich distanziert, vor allem Yvonne aus Liebe zu Max.
Wie er selber aussah wollte Richard gar nicht wissen, die Blicke morgens in den Spiegel waren nur flüchtig, schnell rasieren und gut, aber den Schlafmangel, die Sorge und die Wut konnte er nicht wegwaschen, selbst wenn er es gewollt hätte.
Er klappte den Ordner zu, es hatte für heute keinen Sinn mehr, er hatte sich selber abgelenkt, rausgebracht. Er fuhr den Computer runter und stand dann auf. Langsam zog er sich das Jackett über und verließ das Büro. Die Empfangshalle war noch hell erleuchtet, am Catering stand eine frische Kanne Kaffee, aus dem Atelier hörte er Hugo leise fluchen. Er machte sich auf den Weg zum Aufzug, an Davids Büro blieb er stehen, die Türe stand offen. Er warf einen Blick hinein, doch er würde seinen Bruder nicht dort sitzen sehen, seit einem halben Jahr hatte niemand mehr das Büro betreten, nichts hatte sich da drin verändert, es lagen immer noch die gleichen Akten und Entwürfe auf dem Schreibtisch, der Laptop stand in der Mitte, links daneben das Telefon. Vorsichtig setzte er einen Schritt hinein, das erste mal seit 6 Monaten. Irgendwas war anders, jemand musste hier gewesen sein, es brannte die kleine Lampe auf dem Sideboard wodurch das Büro in ein warmes Licht getaucht wurde. Er ließ seinen Blick genau durch den Raum schweifen, wer war hier gewesen und was hatte er hier gesucht? Das Bild auf dem Schreibtisch lag auf dem Gesicht, normalerweise zeigte es David und Lisa, glücklich zusammen, er hielt sie im Arm. Es war auf einem ihrer Ausflüge entstanden kurz bevor sie diese eine verhängnisvolle Nacht miteinander verbracht hatten. David hatte es in seinem Büro anstelle von Mariellas Bild platziert wollte somit wohl ausdrücken das jemand neues einen Platz in seinem Herzen hatte. Vorsichtig stellte Richard das Bild wieder auf, das Glas hatte einen leichten Sprung, der Riss zog sich genau durch die Mitte des Bildes und wurde nach oben hin immer größer, an der Stelle musste es wohl auf den Tisch aufgeschlagen sein. Doch wer konnte es umgeworfen haben? Und war es ein Versehen oder Absicht gewesen? Er sah genauer hin und bemerkte das sich der Sprung genau über Davids Gesicht zog, so das es nun kaum noch zu erkennen war, als würde es verblassen.
Wer hatte das getan? Wer war in diesem Büro gewesen? Inzwischen war es so etwas wie ein unbeschriebenes Gesetz das niemand es betreten durfte, außer sein Besitzer, doch das würde wohl nie wieder der Fall sein. Er ging um den Schreibtisch herum, nun stand er dahinter, besah sich alles ganz genau, der Laptop war eingeschaltet und nicht ganz zugeklappt, vorsichtig klappte er ihn auf. Er wusste ja nicht was ihn erwartete, doch es erwartete ihn gar nichts, er sah einfach nur die Bedienungsoberfläche des Betriebssystems. Für einen kurzen Moment glaubte er den Hauch von Davids After Shave zu riechen, er schüttelte den Kopf, das war unmöglich. Er hatte seinen kleinen Bruder nicht retten können. Verwirrt stolperte er aus dem Büro, er musste versuchen seine Gedanken und das Gesehene zu ordnen, in einklang zu bringen. Er stieß mit jemandem zusammen, es war seine Schwester anscheinend wollte sie auch gerade Kerima verlassen.
Mariella sah das ihr Bruder aus Davids Büro kam, sie wunderte sich was er darin wollte. Vorsichtig näherte sie sich ihm um ihn nicht zu erschrecken, doch da Richard ein paar Schritte rückwärts Taumelte stießen sie zusammen. Er drehte sich zu ihr um starrte sie an, sacht legte sie ihm eine Hand auf die Schulter, ihr Verhältnis hatte sich merklich gebessert.
„ Es war jemand im Büro,“ sagte er leise mit vor Zorn bebender Stimme. Mariellas Augen weiteten sich, doch bevor sie etwas sagen konnte sprach er weiter, „ Das Foto hat einen Sprung und der Laptop ist eingeschaltet.“
Bevor Mariella ihm antwortete führte sie ihn zur Theke, goss ihm eine Tasse Kaffee ein und setzte sich dann zu ihm.
„ Es war niemand in seinem Büro, seit einem halben Jahr nicht....“ begann sie sacht doch er unterbrach sie.
„ Ich weiß das dort niemand mehr drin war, aber es muss so sein!“ seine Stimme wurde lauter, was nun auch Hugo und Inka aus dem Atelier lockte, „ Irgendwer war heute in seinem Büro und irgendwer hat das Foto umgeworfen Mariella!“
„OK, OK ganz ruhig, bist du sicher das es nicht nur umgefallen ist einfach so?“
„ Einfach so? Einfach so fallen keine Fotos um!“
Hugo und Inka wechselten einen Blick, dann ging Hugo leise in Davids Büro als könne er dort jemanden stören oder überraschen. Auch er sah sofort was nicht stimmte, auch ihm bohrte sich der Sprung des Glases ins Gedächtnis. Er stolperte ebenso aus dem Büro wie Richard, die Farbe wich aus seinem Gesicht, er glaubte einen Hauch von Davids After Shave zu riechen.
„Mon Dieu.“ Seufzte er und trottete zurück zur Theke, er verstand Richard, etwas war geschehen, nur was das sah man nicht, es war als läge es im Nebel.
Kapitel 2
Die Nacht war lang und Richard drehte sich unruhig von einer Seite auf die andere, an Schlaf war heute nicht zu denken, nicht nachdem er in Davids Büro gewesen war. Sabrina ließ sich allerdings nicht stören, sie schlief neben ihm wie ein Murmeltier. Gegen 4 stand er schließlich auf, es hatte keinen Sinn, leise schlich er ins Bad, duschte ausgiebig und machte sich dann Fertig, vielleicht konnte er ja etwas arbeiten wenn er schon nicht schlafen konnte. Die Straßen waren um diese Uhrzeit noch fast Menschenleer, erst als er anhielt bemerkte er das er gar nicht bei Kerima war. Er stand vor Davids altem Wohnblock. Unsicher blickte er nach oben, er sah die Silhouette immer noch, wie er dort oben stand, die Arme ausbreitete. Ein Schauer lief über seinen Rücken, seit diesem Tag als er wie ein verrückter die Acht Stockwerke hochgelaufen und seinen Bruder von der Mauer gezogen hatte, hatte er nichts mehr von ihm gehört. Zuerst war ihm David um den Hals gefallen, hatte geweint und immer wieder nach dem Warum gefragt. Richard hatte keine Antwort gehabt, er konnte einfach nur für ihn da sein, mehr nicht und aufpassen das er keinen Unsinn machte. Nachdem Davids tränen versiegt waren hatte er ihn erst mal ausgenüchtert, ihn unter die kalte Dusche gestellt und dann ins Bett verfrachtet. Dies war auch eine Nacht ohne Schlaf gewesen, er hatte die ganze Zeit bei David gesessen, ihn beobachtet. Er hatte seine Eltern und Max informiert das sie sich keine Sorgen mehr machen mussten, er hätte ihn gefunden und nun würde er schlafen. Das er ihn auf der Begrenzungsmauer der Dachterrasse gefunden hatte behielt er erst einmal für sich. Doch der Schlag folgte erst am Morgen danach, er hatte mit Engelszungen auf David eingeredet, ohne erfolg. Dieser hatte seine Sachen in eine Tasche geschmissen hatte ihm den Brief in die hand gedrückt und war mit den Worten: „ Es ist das Beste so, sag das auch den Anderen. Ich kann einfach nicht mehr.“ Aus der Wohnung verschwunden. Seitdem hatten weder Richard noch die Seidels oder Max ein Lebenszeichen von ihm erhalten. Sicher hatten sie ihn am Anfang gesucht, doch er war an keinem seiner bekannten Aufenthaltsorten aufgetaucht. Richard spürte wie Wut und Zorn in ihm hochstiegen, Wut und Zorn auf Sydney London und Lisa Plenske. Er startete den Motor wieder, davon das er hier vor dem haus rumlungerte kam David auch nicht wieder, nun schlug er den Weg zu Kerima ein, der ihn genau an den Geschäftsräumen von L.EX vorbeiführte. Er warf einen verächtlichen Blick nach oben, auch wenn noch niemand dort war zu gern würde er jetzt da rein und Lisa mal so richtig schön die Meinung sagen, warum war sie damals nicht einfach gegangen als er sie eingeschüchtert hatte? Dann wäre das jetzt alles nicht passiert. Bei Kerima angekommen zeigte die Uhr inzwischen sechs in der Früh an und zu seiner Verwunderung brannte in der Empfangshalle schon Licht, er runzelte die Stirn doch dann sah er Agnes im Catering. Müde setzte er sich an die Theke, Agnes bemerkte ihn sofort.
„ Herr von Brahmberg, was machen sie denn schon so früh hier? Kaffee?“
„ Ja einen extra starken bitte.“ Nahm er ihr Angebot an, er hatte es kaum ausgesprochen da stand auch schon eine dampfende Tasse vor ihm, er legte die mitgenommene Tageszeitung auf die Theke, dabei bemerkte er nicht wie daraus etwas auf die Theke fiel. Er trank in kleinen Schlucken und beobachtete Agnes wie sie begann die Brötchen für das Frühstück zu schmieren. „ Was sind sie denn schon so früh hier?“ fragte er dann doch neugierig.
Agnes zuckte nur mit den Schultern und sah dann kurz auf, „ Ich konnte einfach nicht mehr schlafen und was soll ich wach im Bett liegen?“
„ Das kenn ich,“ nippte er wieder an seiner Tasse, sein Blick glitt flüchtig über die Theke und nun wurde er erst auf das kleine Stück Papier aufmerksam, „ Was ist das denn?“ sagte er mehr zu sich selber und nahm es in die Hand. Zuerst warf er nur einen flüchtigen Blick drauf.
David Seidel
*19.02.1977 – +12.01.2006
Er wandte den Blick wieder ab und legte den Zettel auf die Theke zurück, was sollte das denn? Dann begriff er was er da soeben in den Händen gehalten hatte, schnell griff er erneut danach und starrte es an, dabei ließ er die Kaffeetasse fallen, die er gerade in der hand hielt.
Agnes schreckte daraufhin hoch und schnitt sich in den Finger, sie drehte sich zu ihm um , er war kreidebleich und hielt einen Zettel in der Hand. Sie nahm sich einen Lappen, Schaufel und Handfeger und machte sich daran die Scherben und den Kaffee aufzuwischen.
„ Agnes,“ seine Stimme zitterte als er sie ansprach, „ Sagen sie mir bitte das, das nicht wahr ist.“ Er hielt ihr den Zettel entgegen.
Agnes besah sich den Zettel genauer, ihr stockte der Atem, war das wirklich wahr? Aber irgendetwas stimmte nicht, das war das Datum es war von heute. Sie nahm den Zettel in die Hand drehte ihn hin und her, dabei fiel ihr auf das die Rückseite ebenfalls beschriftet war.
David Seidel
*12.01.2006
„ Das ist ja wohl ein Schlechter Scherz.“ Entfuhr es ihr, „ Wo haben sie den denn gefunden?“
„ Hier,“ er deutete neben die Zeitung.
„ Sehen sie sich mal die Rückseite an.“ Gab sie ihm den Zettel wieder.
Ungläubig sah er nun auf die Rückseite des Zettels, das war wirklich ein schlechter Scherz. Das Klingeln des Aufzuges riss sie beide aus ihren Gedanken, doch sie hätten nie im Leben mit der Person gerechnet die da hinaustrat.
David wunderte sich das bei Kerima schon Licht brannte, es war viertel vor sieben und um diese Uhrzeit war sonst nie jemand hier. Nein früher war dann noch nie jemand hier gewesen, korrigierte er sich. Sein Plan einfach nur in seinem Büro zu verschwinden konnte er somit vergessen doch er hatte auch keine Lust Hunderte von Fragen über sich ergehen zu lassen. Vorsichtig drehte er sich Richtung Catering, sein Gefühl das er von da her beobachtet wurde bestätigte sich. Sein Bruder saß an der Theke und Agnes war auch schon da. Seine Mundwinkel zuckten, er deutet ein Lächeln an, atmete tief durch und trat an den Tresen.
Richard fiel die Zeitung aus der Hand, er konnte im ersten Moment nicht glauben wen er da sah, war das tatsächlich sein Bruder, der wie früher in Anzug und Hemd, mit seiner Aktentasche aus dem Aufzug trat? Er rutschte von dem Hocker als David vor ihm stand, machte einen Schritt auf ihn zu.
„ David?“ fragte er ungläubig.
„ Morgen Richard,“ grüßte er ihn und wandte sich dann an Agnes, „ kann ich einen Kaffee haben?“
„ Ja sicher,“ füllte Agnes eine weitere Tasse und stellte sie auf den Tresen.
David nahm die Tasse entgegen, dabei fiel sein Blick auf die Anzeige, er begann zu grinsen. „ Wie ich sehe habt ihr meine Nachricht bekommen.“ Drehte er sich wieder zu seinem Bruder um.
Richard merkte wie er langsam die Kontrolle verlor, mit jedem Wort das David sagte spürte er alten Hass aufsteigen. Doch hasste er David? Nein das tat er eigentlich nicht, was war es dann wenn kein Hass? Er hatte sich Sorgen gemacht, ja er war gerade dabei krank vor Sorge zu werden, er Richard von Brahmberg, der nie ein Familienmensch gewesen war. Er sah Friedrich vor sich stehen, mit diesem traurigen Ausdruck in seinen Augen, er sah Laura, die seit einem halben Jahr hoffte das ihr Sohn wieder auftauchte, das er sich nichts antat, das er sein Leben wieder in den Griff bekam. Er holte aus und schlug David mit der flachen Hand ins Gesicht.
„ Du warst das! Hast du jetzt komplett den Verstand verloren?! Ich hoffe du hast dir das nur bei mir erlaubt!“
David hielt sich die gerötete Wange, fassungslos starrte er Richard an, „ Und wenn nicht?“ gab er trotzig zurück.
„ Wenn nicht! Hast du eine Ahnung wie es deinen Eltern geht? Hast du eine Ahnung was dein bester Freund durchmacht? Anscheinend nicht, denn sonst wärst du nie auf diese bescheuerte Idee gekommen!“ er griff sich den Zettel von der Theke zeriss ihn und warf ihn dann David vor die Füße.
„ Nein Richard, du hast keine Ahnung! Ihr alle habt keine Ahnung! Ich wollte neu Anfangen, hier, heute, jetzt! Das sollte es ausdrücken Neuanfang, aber anscheinend bin ich ja auch hier nicht mehr erwünscht, scheint ja alles bestens zu laufen ohne mich!“ drehte er sich rum und ging zurück in Richtung Aufzug.
„ David!“ rief Richard ihm nun schon wieder etwas sanfter hinterher, „ Warte, lass uns vernünftig reden.“ Er erreichte ihn und hielt ihn am Arm fest.
„ Reden, reden immer nur reden.“
„ Du willst doch neu Anfangen, dafür müssen wir dann aber alle abschließen. Komm.“ Er zog ihn am Arm in sein Büro, schloss die Türe hinter ihnen und setzte sich dann in den Stuhl vor seinem Schreibtisch, während David sich in seinen Sessel fallen ließ.
„ Und worüber sollen wir jetzt reden?“ immer noch schwang trotz in seiner Stimme mit.
„ Darüber wie du dir das Vorstellst, du kommst hier nach einem halben Jahr reingeschneit und tust so als wäre nichts gewesen, dann diese absolut dämliche Aktion mit der Anzeige...“
„ Die war nicht dämlich, die war symbolisch. Ich habe ein halbes Jahr versucht zu vergessen, verstehst du? Ein halbes Jahr lang und es ging einfach nicht, der Umzug hat nichts gebracht, der Alkohol half dabei auch nicht, immer und überall werde ich an sie erinnert und das wird sich nie ändern wenn ich so weiter mache. Ich muss mein Leben ändern um endlich über sie hinweg zu kommen, um darüber hinweg zu kommen das sie sich mit meinem Bruder vergnügt, der auch noch genauso aussieht wie ich. Ich habe mich die ganzen 6 Monate gefragt ob das bedeutet das sie mich doch noch liebt, das sie mich nicht vergessen kann. Aber Sydney ist nicht so wie ich, genauso wenig wie ich Sydney bin. Wir haben nichts gemeinsam außer dem Aussehen und der Tatsache das wir ein und die selbe Frau lieben. Sie hat sich für ihn entschieden, ich muss das verstehen, ich muss das akzeptieren, irgendwie.“ Er wandte seinen Blick von Richard ab und stütze den Kopf in die Hände.
„ Ich verstehe dich,“ sagte Richard nur, „ Ich verstehe das du nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen konntest, aber ich verstehe nicht das du dich von uns entfernt hast, von deinen Freunden und deiner Familie.“
„ Sie waren in meiner alten Wohnung, das war meine Couch auf der sie....“ er brach ab, „ Ich möchte nicht mehr darüber reden.“
Richard wollte gerade zu einer Antwort ansetzten als es an der Bürotüre klopfte und die Empfangsdame eintrat.
„ Herr von Brahmberg?“ sie stockte als sie die zweite Person in dem Büro sah.
„ Ja?“
„ Da ist ein Anruf für sie von unserem Stoffliferanten, es gibt wohl Probleme.“
„ Danke ich komme,“ stand er auf dann wies er auf David, „ Darf ich vorstellen David Seidel, David das ist Kathrin vom Empfang.“ Damit verließ er das Büro.
David besah sich Kathrin genauer, sie sah nicht schlecht aus, sie passte vom Aussehen her genau in sein früheres Beuteschema. Ein bisschen erinnerte er sie auch an Monique Westermann, er lächelte sie an.
„ Hallo Kathrin, ist die Post schon da?“
Kapitel 3
Da Richard sich noch einmal kurz umgedreht hatte, hatte er den Blick von David bemerkt. Er schüttelte den Kopf, hoffentlich sah der Neuanfang seines Bruders nicht so aus das er wieder seinem Ruf als Playboy belebte.
David sah Kathrin hinterher als sie die Post holte, vielleicht half es ja wenn er sich mit anderen Frauen ablenkte. Sie brachte ihm die Post und verabschiedete sich dann Lächelnd. Nachdem sie sein Büro verlassen hatte sah er sich um, es hatte sich nichts verändert, na ja das Bild, aber das war er schließlich selber gewesen als er gestern Abend kurz hier war. Es wunderte ihn das er nicht bemerkt worden war. Er nahm das Bild und legte es wieder auf das Glas, er wollte nicht mehr an Lisa denken und wandte sich der Post zu, gleich der zweite Umschlag erregte seine Aufmerksamkeit. Schnell öffnete er ihn und zog eine Einladung zu Party hinaus, das Grinsen auf seinem Gesicht wurde breiter, das war doch genau das war er jetzt brauchte, das war die perfekte Ablenkung, musste er nur noch eine passende Begleitung finden. Sein Blick glitt zur Türe, er würde einfach Kathrin fragen, seinen alten Charme spielen lassen. Sie würde ihm nicht wiederstehen können.
Max spuckte derweil seinen Kaffee über den von Yvonne liebevoll gedeckten Frühstückstisch, er hatte gerade Davids Anzeige gefunden. Hustend starrte er den Zettel an, tränen traten in seine Augen. Yvonne die gerade die kleine Emma fütterte sah ihn erstaunt an.
„ Schmeckt mein Kaffee so schlecht?“
Max antwortete nicht, er hielt Yvonne nur den Zettel hin, diese nahm ihn Stirnrunzelnd entgegen. Sie betrachtete ihn genau, zuerst ließ sie auch langsam den Löffel sinken, doch dann sprang ihr das Datum ins Auge.
„ Na da sind aber welche von der ganz fixen Sorte, wenn er erst heute stirbt und sie schon ne Anzeige schalten.“
„ Wie bitte?!“
„ Na guck dir mal das Datum an.“ Gab sie ihm den Zettel zurück.
„ Das, das, das ist ja....“ stotterte er als er auch die Rückseite entdeckte, „ Ich muss in die Firma, vielleicht weiß Richard ja was.“
Yvonne sah ihm nur Kopfschüttelnd hinterher, dann setzte sie Emma in den Laufstall, nahm das Telefon und wählte Lisas Nummer. Vielleicht wusste sie was es damit auf sich hatte, ja Yvonne traute ihr inzwischen sogar so eine Aktion zu.
David hatte sich inzwischen begonnen auch die restliche Post durchzuarbeiten, gerade legte er den letzten Brief beiseite. Früher hatten seine Assistentinnen immer die Post durchgearbeitet, seine Assistentinnen, Lisa. Da waren sie wieder die Gedanken an sie, er hob das Foto hoch und sah es mit traurigen Augen an. Wie konnte er es nur anstellen sie zu vergessen? Er warf das Foto gegen die Wand, wodurch das Glas des Rahmens nun entgültig zerbrach, er starrte auf die Scherben, da lag sein Leben vor ihm, so war es sein Leben lag in Scherben. Er lehnte sich zurück und sah wieder den berg an Post. Er hatte keine Lust sich jeden Morgen durch einen Haufen Papier zu wühlen, er brauchte eine neue Assistentin und diesmal war es egal wenn sie etwas von ihm wollte. Er würde sie einfach mit zu sich nehmen, ein bisschen Spaß mit ihr haben und sie dann fallen lassen, Abwechslung genau das brauchte er jetzt. Er sah auf die Uhr, er hatte ganze zwei Stunden über der Post gesessen, Max war bestimmt schon da. Er stand auf und machte sich auf den Weg zu seinem besten Freund, dabei konnte er Kathrin direkt fragen ob sie ihn heute Abend begleiten würde.
Lässig lehnte er sich gegen ihren Schreibtisch am Empfang und setzte sein umwerfendestes Lächeln auf.
„ Herr Seidel was kann ich für sie tun?“ fragte sie auch sofort.
„ Nun ja,“ begann er, „ Ich bin heute Abend auf diese Party eingeladen und bräuchte noch eine Begleitung.“ Kam er dann sofort zu Sache.
„ Eine Begleitung, also....“ wollte sie zu einer Antwort ansetzten doch er unterbrach sie indem er ihr tief in die Augen sah.
„ Würden sie mich begleiten?“
„Ähm also ich...also ja gerne.“
„ Gut,“ er richtete sich wieder auf, „ Dann hole ich sie heute Abend um sieben ab. Mailen sie mir einfach ihr Adresse rüber.“ Er wandte sich zum gehen doch dann drehte er sich noch mal zu ihr um, „ Ich freue mich.“ Zwinkerte er ihr zu und machte sich dann auf den Weg zu Max.
Er war gerade auf der Höhe von Richards Büro als die Türe aufging und er mit einem ziemlich aufgebrachten Max zusammenstieß.
„ David! Was hast du dir dabei gedacht?! Ich habe heute Morgen fast einen Herzinfarkt beim Frühstück bekommen!“
„ Ja ich freue mich auch dich zu sehen Max.“ erwiderte er nur und ging dann weiter in Max Büro, dieser folgte ihm immer noch aufgebracht schloss er die Türe.
„ Weißt du eigentlich was ich mir für Sorgen gemacht habe? Und dann kommst du mit so was!“
„ Reg dich ab, die Standpauke hat Richard mir schon gehalten. Das ganze war doch nur Symbolisch gemeint als Neuanfang und apropos Neuanfang, ich brauche eine neue Assistentin.“
„ Warum das denn? Hast du vor wieder regelmäßig hier zu erscheinen?“
„ Ja das habe ich, was bringt es mir immer nur über das was war Nachzudenken? Ich muss wieder nach vorne sehen.“
„OK,“ antwortete Max erstaunt, David wirkte ziemlich gefasst dafür das er Lisa nach Richards aussage immer noch nicht vergessen hatte.
„ Gut dann schalte bitte die Anzeige, du weißt schon das Übliche.“
„ Das Übliche?“ zog Max eine Augenbraue hoch.
„ Ja, gutaussehend, qualifiziert, ins Bild von Kerima passend.“
„ Also keine zweite Lisa Plenske?“ wagte Max einen Vorstoß.
„ Wenn du mir eine zweite Lisa Plenske anschleppst dann waren wir die längste Zeit Freunde.“
Genervt warf Yvonne den Hörer auf die Gabel, sie erreichte Lisa einfach nicht. Ihr Handy war aus und im Büro ging keiner ran, die Festnetznummer hatte sie nicht. Dann musste sie es halt später noch einmal versuchen, jetzt war erst mal wieder Emma dran.
Richard spielte gedankenverloren mit der Anzeige, die Max mitgebracht hatte. Irgendwie hatte er gerade Lust der Plenske so richtig eins Reinzuwürgen. Immerhin hatte er schon lange keine Intrigen mehr gesponnen und so ganz ohne konnte er einfach nicht, warum dann nicht ein wenig schlechte Stimmung bei L.EX verbreiten? Das würde auch Kerima gut tun. Wenn nur auf der Rückseite nicht die Geburtsanzeige wäre, obwohl da ließ sich bestimmt was machen, er musste einfach nur ein weißes Papier dahinter kleben, dann das ganze in eine Karte und ab die Post. Sein altes Grinsen kehrte auf sein Gesicht zurück, das würde bestimmt ein bisschen Zwietracht zwischen Lisa und Sydney sähen, sie würde sich Vorwürfe machen.
Um halb sechs verließ David schließlich die Firma um sich fertig zu machen, Kathrins Wohnung lag gar nicht so weit von seiner Entfernt, vielleicht kam sie ja auch noch auf einen Sprung mit zu ihm nach der Party. Zu Hause angekommen räumte er deswegen erst ein wenig auf, bezog sein Bett neu und tauschte dann den Anzug gegen Jeans und ein dunkelblaues Hemd. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm das er sich auf den Weg machen musste, als Kathrin dann wenig später in seinen Wagen stieg staunte er nicht schlecht. Trug sie im Büro noch Jeans und einen dünnen Rollkragenpulli, jetzt hatte sie ein unglaubliches schwarzes Kleid an, obwohl Kleid? Es war jetzt auch kein Hauch von Nichts, aber es zeigte mehr als er erwartet hätte.
Schweigend fuhren sie durch das nächtliche Berlin, bei der Party angekommen hielt er ihr die Autotüre auf und half ihr beim Aussteigen, ganz Gentlemen halt. Drinnen holte er ihnen erst einmal ein Glas Champagner, dann begab er sich mit ihr zu einer der Sitzecken, er legte einen Arm um ihre Schulter während sie dem Treiben um sich herum zusahen. Es dauerte nicht lange und aus dem Glas Champagner war eine Flasche geworden, die nun im Kühler vor ihnen stand. Hin und wieder kamen ein paar Leute an ihren Tisch, es hatte sich schnell herumgesprochen das David Seidel hier war, gerade als er Kathrin fragen wollte ob sie Lust zu tanzen hätte kam ein Typ vorbeigeschlendert, David kannte ihn nur zu gut, es war der Gastgeber. Jetzt war dann wohl eher ein bisschen Smaltalk angesagt als Tanzen. Kathrin entschuldigte sich bei ihm und verschwand dann in Richtung Toilette, David sah ihr nach, ihr Gang war ein wenig unsicher, sicher eine Nebenwirkung des Champagners. Der Gastgeber setzte sich zu ihm, sie redeten ein wenig über Kerima und das David sich lange nicht mehr auf den Partys hatte blicken lassen. Er antwortete ihm mit privaten und geschäftlichen Problemen, was sein Gegenüber nur lächelnd zur Kenntnis nahm.
„ Sie wissen Herr Seidel, ich habe immer etwas bei mir was die Laune wieder hebt.“ Er zog eine kleine Tüte aus der Innentasche seines Jacketts und streute ein wenig weißes Pulver auf den Glastisch um es dann mit seiner Kreditkarte zu einer sauberen Linie zu schieben. Das hatte er auch früher immer gemacht, doch bis jetzt hatte David immer dankend abgelehnt. Bis jetzt, er dachte kurz nach, doch was hatte er noch zu verlieren? Kerima gehörte Offiziell Richard.
Als Kathrin zurückkam lehnte er sich gerade zurück gegen die Lehne des Sofas was in der Nische stand, sie setzte sich wieder neben ihn, dadurch das der Gastgeber immer noch an ihrem Tisch saß gesellten sich noch ein paar Models dazu, David saß nun in der Mitte, um ihn herum Kathrin und die Models. Er wurde vom Blitzlicht geblendet, doch der Fotograf war ihm egal, alles war egal, er wandte sich Kathrin zu sah ihr in die tiefgrünen Augen, langsam näherte er sich ihrem Gesicht, strich ihr kurz mit dem Finger über die Lippen bevor er sie Leidenschaftlich küsste. Sie schmolz unter seinen Händen wie Wachs in der Sonne. Als er sich von ihr löste waren die meisten Models verschwunden und auch der Gastgeber war einen Tisch weiter gerückt. Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„ Lass uns fahren.“ Flüsterte er bevor er sie erneut küsste und mit seiner Hand unter ihrem Kleid verschwand.
Kapitel 4
Kathrin saß pünktlich an ihrem Platz am Empfang, sie konnte und wollte es sich nicht leisten wegen eines Abends gefeuert zu werden. Sie kannte den Ruf von Richard von Brahmberg und sie kannte den Ruf von David Seidel. Es würde ihm nichts ausmachen an diesem Morgen alleine aufzuwachen, sie war seine momentane Ablenkung gewesen, dessen war sie sich bewusst und sie hatte auch gar nichts dagegen. Er war nett, er war charmant, aber eigentlich war er nicht ihr Typ, aber sie hatte nichts gegen einen gelegentlichen netten Abend mit ihm und wenn er sie danach zu sich einlud würde sie auch nicht nein sagen. Denn sie hatte den Abend genossen, die Party war amüsant gewesen und auch die Nacht, David Seidel war seinem Ruf voll und ganz gerecht geworden. Wahrscheinlich würde er sich wundern warum sie einfach so gegangen war, sie würde es ihm erklären wenn er es wissen wollte, statt eines Zettels hatte sie ihm ein Glas Wasser und eine Aspirin auf den Küchentisch gestellt.
Richard gab der Karte inzwischen den letzten Schliff, heute Abend würde er sie zur Post bringen dann wäre sie spätestens übermorgen bei Lisa und dann konnte das Spiel beginnen, denn genauso wie sie mit Davids Gefühlen gespielt hatte würde er jetzt mit ihren Gefühlen spielen. Das einzige was ihm im Moment ein Kopfschmerzen machte war das David noch nicht in der Firma aufgetaucht war. So weit er ihn gestern verstanden hatte wollte er doch wieder regelmäßig reinschauen, arbeiten, er hatte sogar Max gebeten eine Anzeige zu schalten, für eine neue Assistentin. Heute würde sie erscheinen und wenn es so lief wie immer würden Morgen die ersten Bewerbungen eintrudeln. Wenn David sich jetzt allerdings wieder zurückzog dann war das umsonst gewesen, rausgeschmissenes Geld. Er sah auf die Uhr, viertel nach zehn, nun gut so spät war er nun auch wieder nicht. Vielleicht hatte er einfach verschlafen, obwohl warum sollte er verschlafen? Er erinnerte sich an die Blicke, die David Kathrin hinterhergeworfen hatte, vielleicht wusste sie ja was. Früher zumindestens hätte David nichts anbrennen lassen. Er stand auf und machte sich auf den Weg zu dem Empfang.
David erwachte, die Sonne schien in sein Schlafzimmer und sein Kopf schmerzte. Er tastete kurz auf dem Nachttisch nach seinem Wecker. Viertel nach zehn, mit einem mal saß er senkrecht im Bett, er hatte verschlafen. Richard würde sich bestimmt Sorgen machen wo er blieb, der Raum begann sich leicht zu drehen, er ignorierte es, stand auf und bemerkte erst jetzt das die andere Seite des Bettes leer war. Hatte er nicht Kathrin mit nach Hause genommen? Da war er sich eigentlich ziemlich sicher, so ganz konnte er sich an den gestrigen Abend nicht mehr erinnern, aber er erinnerte sich an ihren Körper, der unter seinen Händen gebebt hatte, er erinnerte sich an ihre Hände, die ihm sein Hemd von den Schultern streiften. Sie war hier gewesen, doch wo war sie jetzt? War sie schon gegangen ohne ihn zu wecken? Aber wann? Erst heute Morgen oder noch in der Nacht? Doch das war jetzt egal, er musste zu Kerima, er trottete ins Bad und duschte erst einmal ausgiebig. Als er danach in die Küche trat um sich eine Aspirin zu suchen stockte er, auf dem Tisch stand ein Glas Wasser und daneben lag eine Aspirin. Er lächelte, das war bestimmt Kathrin gewesen bevor sie gegangen war, er warf die Aspirin in das Glas und wartete bis sie sich aufgelöst hatte, dann trank er es in zwei großen Schlucken leer und machte sich auf den Weg zu Kerima.
Lisa saß derweil in ihrem Büro bei L.EX über die neuesten Umsatzzahlen, besser hätte ihr Start in Berlin nicht laufen können, sie hatten die Konkurrenz abgehängt waren im Moment Marktführer in Berlin, sie nahm die Statistik dazu und lächelte, Kerima schien ziemlich angeschlagen zu sein, in der Statistik zumindestens lagen sie weit abgeschlagen hinter ihnen. Von David hatte sie seit dem Zwischenfall auf der Taufe nichts mehr gehört und sie war froh darüber, endlich konnte sie abschließen. Allerdings litten darunter auch ihre Freundschaften, Yvonne hatte sich fast komplett zurückgezogen und Emma hatte sie seit der Taufe auch nicht mehr gesehen, immerhin war Max aber auch Davids bester Freund. Was Lisa da mehr zu schaffen machte war das Hannah und ihre Eltern sich ebenfalls distanzierten. Hatte sie früher fast jede Mittagspause mit Hannah verbracht so sahen sie sich nun nur noch zwei mal im Monat und ihre Eltern hatten ihr zu verstehen gegeben das sie ihr Verhalten nicht duldeten, seitdem waren auch die Besuche in Göberitz eine Seltenheit. Das Lächeln erstarb auf ihren Lippen, Göberitz und ihre Eltern, sie vermisste die gemeinsamen Abende, die Besuche, die Herzlichkeit. Ihre Eltern waren nun kühl zu ihr, abweisend, ja sie gingen ihr aus dem Weg und sie wusste das es wegen David war. Sie wusste nur das er die Feier nachdem er sie und Syd erwischt hatte Hals über Kopf verlassen hatte, Richard war ihm dann hinterher, mehr wusste sie nicht, sie hatte die Feier dann verlassen war nach Hause gefahren, nach Göberitz wohlbemerkt um dort auf ihre Eltern zu warten. Sie kamen erst einige Stunden später, die Feier war nach dem Zwischenfall zwar zu Ende gewesen, aber sie hatten noch geholfen aufzuräumen, Max und Yvonne etwas zu beruhigen und auch Laura und Friedrich. Als sie dann nach Hause kam hatten sie kein Wort mit ihr oder Syd geredet, woraufhin sie wieder gefahren waren.
Sie legte die Umsatzzahlen und die Statistik zur Seite, sie drehte sich um und sah aus dem Fenster, die Sonne schien, es war eigentlich ein schöner Tag und doch wanderten ihre Gedanken urplötzlich zu David.
Was er wohl damals getan hatte? Wo war er hin? Nach Hause? Oder in die nächste Bar sich betrinken, das würde zu ihm passen. Sie war sein Spielzeug gewesen und dann wurde es ihm von jemand weggenommen und der trotzige Junge ertränkte seinen verletzten Stolz, so war David immer gewesen und so würde er immer sein. Wahrscheinlich war er auch für Kerimas schlechte Zahlen verantwortlich, wundern würde es sie zumindestens nicht. Ein Bild erschien vor ihren Augen, ein Bild von David in der Tiki Bar, wie er den x-ten doppelten bestellte und in Selbstmitleid versank. Warum versetzte ihr dieses Bild immer noch einen leichten Stich ins Herz?
Als David aus dem Aufzug trat sah er Richard bei Kathrin stehen, anscheinend schien er ihn zu suchen, denn als er ihn sah hellte sich seine Miene ein wenig auf.
„ Da bist du ja,“ sagte er nur und wies dann in Richtung von Davids Büro, „ Wollen wir? Wir haben einiges zu besprechen.“
„ Und was haben wir zu besprechen?“ fragte er gelangweilt als er sich in seinen Sessel fallen ließ.
„ Wie wir die Aufgabengebiete neu aufteilen und darüber das du doch pünktlich kommen solltest.“
„ Meine Güte Richard, so spät bin ich nun auch wieder nicht,“ gab er gereizt zurück.
„ Nein es sind ja nur viertel vor elf. Normalerweise ist Arbeitsbeginn um Neun!“
„ Früher hat es dich doch auch nicht gestört wann ich hier aufgetaucht bin!“
„ Früher, früher, ich dachte du wolltest neu Anfangen?“
„ Das tue ich auch! Ich brauche keinen Babysitter!“ brauste er auf, „ Wie denkst du dir das jetzt mit den Aufgabenbereichen?“ fragte er dann wieder etwas ruhiger.
„ Gut schön OK, aber komm später nicht an und frag warum ich nichts getan habe.“ Richards Augen blitzen bei diesen Worten kurz auf, „ Ich dachte mir wir machen das wie früher, du bist der Kreative Kopf und ich der Produktive.“
„ Ich werde bestimmt nicht ankommen Richard, keine Sorge. Das ich das Kreative übernehme ist OK mehr will ich gar nicht.“
„ Dann sind wir uns also einig.“
„ Ja sind wir, sonst noch was?“
„ Im Moment nicht.“
„ Gut dann lass mich jetzt bitte arbeiten.“
Richard schüttelte den Kopf als er das Büro verließ, das sah für ihn nicht wirklich nach einem Neuanfang aus, fehlte nur noch das er sich wieder auf den üblichen Partys blicken ließ.
Max wusste unterdessen wieder einmal nicht wo ihm der Kopf stand, die Anzeige war erst heute in der Zeitung erschienen und schon stand sein Telefon nicht mehr still, ganz zu schweigen von den Bewerberinnen, die ihre gleiche persönlich abgaben. Einen Teil davon hatte er sofort wieder nach Hause geschickt, doch es waren auch welche darunter die auf Davids Beschreibung passten, mit jeder einzelnen führte er schon mal ein Vorgespräch und bat sie dann in der Empfangshalle platz zu nehmen. Sobald David da wäre würde er mit ihm zusammen eine Entscheidung treffen.
David fischte unterdessen nach dem Tütchen, das der Gastgeber ihm gestern vor verlassen der Party in die Hand gedrückt hatte, es verstand ihn ja eh keiner. Er nahm eine erneute Dosis, es würde schon nicht schaden und er würde besser durch den Tag kommen. Gerade als er das Tütchen wieder wegpackte klingelte das Telefon, es war Max.
Das direkt am ersten Tag so viele auf die Anzeige reagieren würde hätte er nicht gedacht, er trat aus dem Büro und musterte die Frauen auf dem großen Sofa schon mal eingehend da waren einige geeignete Kandidatinnen dabei, dann ging er zu Max, wo schon die erste Bewerberin wartete.
Kapitel 5
Die Wahl war schnell getroffen, die meisten der Bewerberinnen sahen zwar gut aus, aber sie waren auch zu willig. Immerhin wollte er sie schon ein wenig mit seinem Charme einwickeln und somit blieb am Ende nur eine übrig. Ihr Name war Alexandra und neben ihrem guten Aussehen brachte sie auch noch die erforderlichen Kenntnisse mit. Schon morgen würde sie anfangen, was David wieder ein Lächeln auf das Gesicht zauberte. Den Rest des Tages verkroch er sich in sein Büro, kam nur ab und an mal raus um sich einen Kaffee bei Agnes zu holen, lächelte dabei Kathrin zu und verschwand wieder.
Als Lisa am nächsten Morgen die Post durchsah viel ihr als erstes ein kleiner Umschlag auf, er hatte einen schwarzen Rand und der Absender war Kerima Moda. Verwundert legte sie die restliche Post zur Seite, er war an sie Adressiert, zu Händen Frau Elisabeth Plenske, was sollte das denn? Neugierig öffnete sie ihn, zum Vorschein kam eine Trauerkarte, ihr stockte der Atem, was hatte das zu bedeuten? War Friedrich Seidel etwas zugestoßen? Aber hätten ihre Eltern ihr das nicht gesagt? Mit zittrigen Fingern klappte sie die Karte auf, mit dem was sie dann sah hatte sie nicht gerechnet. Sie kniff die Augen zusammen, das konnte nicht sein, David konnte nicht tot sein, doch als sie die Augen wieder öffnete stand es immer noch da, Davids Name und darunter Geburts- sowie Sterbedatum. Sie spürte wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete, Tränen schossen in ihre Augen, wie war das passiert? War es ein Unfall gewesen? Es musste ein Unfall gewesen sein, krank war er nicht gewesen. Die Tränen liefen inzwischen über ihr Gesicht, sie schluchzte, die Karte fiel aus ihren Händen auf den Boden. Gerade in dem Moment betrat Sydney das Büro, er hatte am Morgen schon einen Auswärtigen Termin gehabt und Lisa heute noch nicht gesehen, er hielt zwei dampfende Tassen Kaffee in der Hand. Als er sah das Lisa völlig aufgelöst war stellte er die Tassen auf den Schreibtisch, ging dann um selben herum und vor ihr in die Hocke.
„ Lisa, was ist denn los? Ist etwas passiert?“
Sie antwortete ihm nicht deutete nur auf den Boden, er sah vor ihren Füßen eine Trauerkarte liegen, er hob sie hoch und betrachtete sie genau, auch er wurde bleich.
„ Weißt du wie?“ fragte er sanft.
„ Nein, ich...ich...warum er? Ich...“
„ Schsch, ganz ruhig,“ zog er sie in seine Arme, doch sie wehrte sich dagegen, stieß ihn von sich weg. Erstaunt sah er sie an, „Ich verstehe wenn du heute nicht mehr arbeiten kannst....“
„Nichts verstehst du!“ schrie sie ihn an, sprang auf und verließ das Büro.
Sydney sah ihr nur erstaunt hinterher, er konnte verstehen das ihr das nahe ging, immerhin standen David und sie sich eine Zeitlang sehr nahe, aber was konnte er dafür? Was hatte er falsch gemacht?
David hingegen hatte sich Alexandra in sein Büro bestellt, jetzt saß sie ihm gegenüber auf dem Stuhl und sah ihn fragend an, sie hatte die Post schon durchsortiert und ihm das wichtigste reingegeben. Jetzt musterte er sie nur und sah sie mit seinen braunen Augen durchdringend an. Doch etwas an ihnen war merkwürdig, sie wirkten stumpf und verhangen.
„ Also Frau Mayer, ich dachte mir das wir zwei heute zusammen zu Mittag essen, so als einstand, um uns besser kennen zu lernen. Das erleichtert uns die Arbeit.“
Schüchtern senkte sie den Blick, hatte er gemerkt das sie ihn nett fand?
„ Nun ja, also gerne.“ Lächelte sie dann doch.
„ Gut dann würde ich sagen,“ er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, „ machen wir uns doch einfach auf den Weg.“ Stand er auf und hielt ihr die Türe auf, überrascht trat sie aus dem Büro heraus und wartete an ihrem Schreibtisch auf ihn, er zog sich noch sein Jackett über und legte dann einen Arm um ihre Schultern.
„ Ich mach dann Mittag,“ flötete er Kathrin zu, die nur nickte und ihm dann lächelnd hinterher sah, David Seidel schien wieder voll und ganz der Alte zu sein.
David und Alexandra hatten gerade den rechten Aufzug betreten, da ging auch schon der Linke auf und eine ziemlich schlecht aussehende Lisa Plenske trat hinaus.
„Guten Tag, Willkommen bei Kerima Moda. Was kann ich für sie tun?“ begrüßte Kathrin sie.
„ Ich...ich wollte zu Herrn von Brahmberg.“ Stotterte Lisa.
„ Wie ist denn ihr Name?“ fragte Kathrin und nahm den Hörer ab, „ Haben sie einen Termin?“
„ Termin? Nein ich habe keinen Termin. Sagen sie ihm Lisa Plenske möchte ihn sprechen.“ Kämpfte sie erneut gegen die Tränen an, schon die ganze fahrt hierher hatte sie immer wieder geweint. `Reiß dich in der Öffentlichkeit zusammen Lisa Plenske´ schalt sie sich selbst in Gedanken, ihr Blick streifte hinüber zu Davids Büro, die Türe stand offen auf dem Schreibtisch lagen Papiere und der Laptop, anscheinend hatte noch keiner das Büro wieder betreten. So in ihre Gedanken versunken bekam sie nicht mit das Richard sein Büro verließ und auf sie zukam, er trug einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd.
„ Frau Plenske,“ begrüßte er sie knapp und holte sie somit wieder in die Realität zurück.
„ Herr von Brahmberg, ich....“ er ließ sie nicht ausreden.
„ Ich denke wir besprechen das in meinem Büro.“ Sein Ton war hart, sie folgte ihm mit gesenktem Kopf, erst als er die Türe hinter ihr schloss blickte sie wieder auf.
„ Was wollen sie hier?“ fragte er scharf.
„ Ich...ich wollte mein...mein Beileid aussprechen...ich...ich habe heute die Karte bekommen....und...“
„ Und da dachten sie kommen sie mal persönlich vorbei, wie nett.“ Spuckte er ihr förmlich entgegen.
„ Wie...wie ist es denn passiert? Ein Unfall?“
„Unfall kann man das natürlich auch nennen! Er hat sich umgebracht, ihretwegen!“ mit Genugtuung beobachtete er wie jegliche Farbe aus ihrem Gesicht wich.
„Meinetwegen?“ fragte sie leise mit brüchiger Stimme.
„ Ja ihretwegen, er hat sie geliebt, die ganze Zeit und sie haben ihn Gedemütigt, haben ihm ihren neuen Lover präsentiert, der zufälligerweise genauso aussieht wie er und dazu auch noch sein Bruder ist. Haben sie überhaupt eine Ahnung was er da durchgemacht hat? Am Tag der Taufe konnte ich es so gerade noch verhindern, aber vorgestern war es zu spät.“ Er beobachtete sie bei jedem Wort genau, sie sank immer mehr in sich zusammen, tränen liefen über ihr Gesicht, er hatte sie genau da wo er sie haben wollte. Langsam setzte er sich hin, stützte die Arme auf den Schreibtisch, „ Ich kam zu spät, die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun,“ er legte ein zittern in seine Stimme, „ Es waren seine Schlaftabletten, er hat die komplette Packung genommen,“ drückte er nun eine Träne hinaus.
„ Es....es tut mir leid...ich...ich...“
„ Ja, jetzt tut es ihnen leid.“ Er sah ihr in die Augen, „ Wir brauchen ihr Mitleid nicht Frau Plenske,“ schien er sich wieder zu fangen, „ Wir wissen wer ihn auf dem Gewissen hat und sie werden dafür bezahlen.“
Lisa brachte kein Wort mehr heraus, Tränen liefen über ihre Wangen, sie versuchte sich zusammen zu reißen doch es wollte ihr nicht gelingen. Richard sah sie nur mit diesem kalten Blick an, diesem Blick den er damals schon einmal hatte. Da hatte er sie eingeschüchtert, wollte sie vertreiben damit er wieder an die Macht kam, doch was wollte er jetzt? Rache, schoss es ihr durch den Kopf, er will Rache dafür das David tot ist. Sie sprang auf und lief hastig aus dem Büro, sie sah weder nach rechts noch nach links sonst wäre ihr vielleicht aufgefallen das bei Kerima keineswegs Trauerstimmung herrschte, vielleicht wäre ihr sonst aufgefallen das David gerade mit Alexandra wieder sein Büro betrat.
Er ließ die Jalousien hinunter das war Zeichen genug nicht einfach so reinzuplatzen, das Mittagessen mit Alex wie er sie nun nannte war ein voller Erfolg gewesen, sie hatte angebissen und nun würde er sehen ob es sich wirklich gelohnt hatte sie einzustellen. Mit einer Handbewegung fegte er die Papiere vom Schreibtisch, sie würden schon nicht gestört werden.
Richard grinste, die Plenske hatte er am Haken, die war erst mal dermaßen durch den Wind das sie gar nicht checken würde das er sie gerade hinters Licht geführt hatte. Bei den Seidels würde sie nicht auftauchen und auch um die Plenskes machte er sich keine Gedanken, sie würden sie nicht beruhigen können, sie hatten doch seit einem halben Jahr nichts mehr von David gehört. Er ordnete die Papiere auf seinem Schreibtisch und rief dann vorne bei Kathrin an um nachzufragen ob sein Bruder wieder da war. Nachdem er eine positive Antwort erhalten hatte machte er sich auf den Weg. Das die Jalousien herunter gelassen waren störte ihn nicht, was sollte David schon anstellen? Er drückte die Klinke hinunter trat schwungvoll ein und erstarrte. David war gerade dabei sich sein Hemd wieder anzuziehen während seine neue Assistentin ihre Bluse ordnete.
Kapitel 6
Erschrocken drehte David sich herum und sah in die wütenden Augen seines Bruders. Er schluckte, er wusste was Richard davon halten würde. Gleich würde es ein riesen Donnerwetter geben, schützend stellte er sich vor Alex, doch diese schlich sich an ihm vorbei und verschwand aus dem Büro. Als die Türe hinter ihr zufiel fand auch Richard seine Sprache wieder.
„ Das ist jetzt nicht wahr David, das ist nicht dein Ernst. Ich dachte du wolltest neu anfangen?!“
„ Das tue ich doch auch.“
„ Achso du nennst das Neuanfang. Du benimmst dich genauso bescheuert wie in der zeit vor der Plenske!“
„ Na und? Was ist so schlimm daran? Vor ihr hatte ich mein Leben wenigstens im Griff.“
„Im Griff nennst du das, wenn du meinst. Aber wehe du schadest der Firma! Ich werde ein Auge auf dich haben David!“
„ Ich brauche keinen Babysitter Richard!“
„ Scheinbar doch! Lass deine Finger wenigstens von unseren Mitarbeitern!“ Richard musste sich beherrschen um seinem Bruder nicht einfach eine Runterzuhauen.
„ Ja schon klar ich habe verstanden.“ Hatte David nun auch den letzte Knopf an seinem Hemd zugeknöpft und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Dabei versuchte er so normal wie möglich zu klingen. Richard setzte sich auf den Stuhl davor und musterte ihn eindringend.
„ Wir sind übrigens Samstag Morgen bei deinen Eltern zum Frühstück eingeladen.“ Wechselte er aber dann das Thema und seine Stimme wurde wieder ruhiger.
„ Zum Frühstück?“ David war nicht begeistert, wollte er doch Freitagabend auf die Eröffnung des neuen Nachtclubs gehen.
„ Hast du etwas dagegen?“ blitzten Richards Augen wieder auf.
„ Selbst wenn, was könnte ich ändern?“
„ Gar nichts Brüderchen gar nichts. Und komm bitte in einem passablem Zustand, Friedrich und Laura haben sich schon genug Sorgen um dich gemacht.“
David antwortete nicht, nervös nahm er einen Kuli in die Hand und trommelte damit auf dem Tisch herum. Konnte Richard ihn nicht einfach sein Leben leben lassen? Er hatte keine Lust mehr auf das gespielte Familienglück, er wusste das er nie mehr richtig Glücklich werden konnte und hatte sich damit abgefunden, hatte endlich einen Weg gefunden zu vergessen.
„ Alles in Ordnung bei dir?“ er schreckte aufgrund von Richards frage hoch.
„ Ja alles bestens.“
„ Du weißt wenn irgendwas ist, wir sind für dich da.“ Verließ er endlich das Büro.
Lisa lief den ganzen Weg zurück zu ihrem Büro, sie konnte sich einfach nicht beruhigen, er hatte sich umgebracht, ihretwegen. Zuerst hatte sie noch versucht sich einzureden das es nicht so gemeint gewesen wäre, doch sie kannte Richard gut genug, es war sein voller Ernst und er hatte Recht. Sie hatte David gedemütigt, hatte ihn verletzt und das mit voller Absicht., aber hatte er das nicht auch mit ihr getan? Hatte er sie nicht ebenso verletzt und gedemütigt als er zu Max sagte sie sei nichts als eine Ablenkung gewesen? Hatte er da an ihre Gefühle gedacht? Nein das hatte er nicht, aber sie hatte ihn sich auch nicht erklären lassen. Sie wusste das er es versucht hatte, mehr als einmal und sie war es gewesen die immer wieder abgeblockt hatte. Er hätte damit umgehen müssen, so wie sie damit umgehen musste. Doch immer wieder sah sie sein Gesicht vor ihren Augen, die traurigen Augen mit den Ringen darunter, das eingefallene Gesicht, der geknickte Gang. Er war nicht mehr der David Seidel gewesen den sie verlassen hatte und es war ihr egal gewesen. Richard hatte Recht, sie war Schuld an seinem Tod, er lag am Boden und sie hatte noch einmal nachgetreten. Kein Wunder das ihre Eltern so abweisend zu ihr waren, dadurch das ihr Vater täglich bei den Seidels war wussten sie bestimmt wie es David ging und wie sie sich ihm gegenüber Verhalten hatte. Mit völlig verheultem Gesicht betrat sie wieder die Geschäftsräume von L.EX, sie sah weder nach Rechts noch nach Links und verschwand sofort in ihrem Büro. Sydney, der gerade am Empfang stand folgte ihr.
„ Honey,“ nahm er sie in den Arm, doch wieder stieß sie ihn weg.
„ Lass mich bitte alleine Syd, ich...ich kann jetzt nicht...ich...ich bin Schuld....“ schluchzte sie.
Sydney ließ sich allerdings nicht beirren, trat wieder einen Schritt näher an sie heran und hob ihren Kopf so das sie ihn ansah.
„ Du bist nicht Schuld Lisa, wer sagt so was?“
„ Richard....ich...er...er hat sich umgebracht....meinetwegen...“
„ Das hat er bestimmt nicht so gemeint. Er trauert, er ist verletzt, du bist nicht Schuld.“
„Meinetwegen.“ Schluchzte sie jedoch nur, was er zum Anlass nahm sie wieder in den Arm zu nehmen, diesmal stieß sie ihn nicht von sich. Er wusste sie brauchte jetzt eine Schulter zum ausweinen, aber er wusste auch das es schwer für sie war, immerhin sah er David zum verwechseln ähnlich.
„Lass uns nach Hause gehen.“ Flüsterte er und sie wehrte sich nicht als er sie langsam aus dem Büro führte.
David hingegen suchte verzweifelt nach einer Ausrede warum er nicht an dem Frühstück teilzunehmen. Ihm stand einfach nicht der Sinn nach Familie, mit zitternden Händen griff er nach dem Tütchen, danach würde alles schon anders aussehen.
Richard beobachtete inzwischen Davids Büro vom Catering aus, seit er es verlassen hatte rührte sich dort nichts mehr. War er vielleicht zu hart zu ihm gewesen? Nein war er nicht. Er würde nicht zulassen das David wieder in sein altes Schema verfiel. Mariella hatte erst heute früh verhindern können das ein paar sehr brisante Fotos von ihm in der Presse auftauchten. Schlechte PR war das letzte was Kerima sich in seiner momentanen Situation leisten konnte.
Freitag Abend stand David in seiner Wohnung vor dem Spiegel und versuchte sein wirr vom Kopf abstehendes Haar zu bändigen, doch irgendwie wollte es ihm heute nicht gelingen, seine Hände zitterten obwohl er eben erst eine Dosis genommen hatte, wahrscheinlich dauerte es heute etwas länger bis die Wirkung einsetzte. Seufzend gab er schließlich auf und ließ seine Haare so wie sie waren. Er schlüpfte in seine dunklen Jeans und ein weißes Hemd, trat doch noch mal vor den Spiegel und nickte sich dann aufmunternd zu. Er würde alleine auf die Eröffnung gehen, aber er hatte keineswegs vor alleine wieder nach Hause zu kommen. Schnell brachte er noch ein wenig Ordnung in seine Wohnung indem er alle rumliegenden Sachen in den Kleiderschrank stopfte und machte sich auf den Weg. Wie immer bei Neueröffnungen hatte sich vor dem Eingang eine lange Schlange gebildet und David überprüfte beim vorbeigehen ob er nicht eine der Damen, die mehr nichts als Stoff anhatten mit rein nehmen sollte entschied sich aber dann dagegen. Heute sollten sie um ihn kämpfen und er hätte die freie Auswahl. Mit einem breiten Lächeln ging er an ihnen vorbei und betrat den Club durch den Hintereingang. Trotz der langen Schlange war der Club schon ziemlich voll und sein erster Weg führte ihn zur Bar wo er erst mal einen Whiskey orderte.
Lisa hatte sich schließlich von Sydney überreden lassen ihn zu dieser Cluberöffnung zu begleiten. Er fand das wäre eine gute Idee um sie aus ihrem Tief herauszuholen. Immer noch machte sie sich Vorwürfe, dabei kannte sie nur Richards Version, sie hatte nicht in Göberitz angerufen oder in der Villa Seidel. Sie meinte sie wäre an beiden Orten nicht mehr erwünscht. Sydney hatte Angst sie könne in Depressionen verfallen und somit war ihm die Einladung zu dieser Eröffnung gerade recht gekommen. Gerade betraten sie den Club durch den Hintereingang und begaben sich in den oberen Bereich des Clubs, der heute nur für geladene Gäste war.
Richard und Max standen vor Davids Wohnung, sie hatten kurzerhand beschlossen einen Männerabend mit ihm zu verbringen, da Sabrina und Yvonne zusammen mit Hannah, Kim und Mariella einen Frauenabend in Max Wohnung veranstalteten. Doch auf ihr klingeln reagierte niemand, besorgt wechselten sie Blicke. Auch wenn er sich nach außen gefangen hatte, wer wusste schon wie es in ihm aussah. Richard drückte Max zu dem Bier noch die Tiefkühlpizzen in die Hand und fischte in seiner Manteltasche nach dem Schlüssel, den er nach langer Überzeugungsarbeit von David bekommen hatte. Er schloss die Türe auf, es brannte kein Licht in der Wohnung, sie stellten die mitgebrachten Sachen in der Küche an und suchten dann die Wohnung nach David ab. Keine 5 Minuten später mussten sie feststellen das er nicht da war, sie gingen zurück in die Küche. Den Männerabend konnten sie dann wohl vergessen, sie verstauten die Sachen im Kühlschrank und überlegten wo David denn sein könnte als Max ein Brief auffiel. Überrascht nahm er ihn hoch und las ihn durch dann zeigte er ihn Richard. Wenn sie auf David warten wollten dann würde es spät werden, sehr spät. Richard warf den Brief, der eigentlich eine Einladung war wieder zurück auf den Tisch, es hatte keinen Sinn hier zu warten. So ging er mit Max in die Tikkibar, er hoffte für David das er am nächsten Morgen pünktlich bei den Seidels auftauchte.
David stellte schnell fest, das die Damen, die ihn der Reihe nach ansprachen zwar allesamt gut aussahen, es aber auch nur auf sein Geld abgesehen hatten. Er stellte das leere Whiskeyglas auf die Theke und machte sich doch schon sehr wackelig auf den Weg nach oben, immerhin gehörte er zu den geladenen Gästen und dort würde er wohl hoffentlich mehr Glück haben, bis jetzt war der Abend eine einzige Enttäuschung gewesen. Sein Blick war nicht mehr klar, so sah er Lisa und Syd nicht, die an der Bar standen und dem Treiben auf der Tanzfläche unter ihnen zusahen. Er orderte erneut einen Whiskey und drehte sich dann um so das er mit dem Rücken gegen die Bar lehnte.
Lisa, der es in dem Club eindeutig zu laut war drehte sich wieder in Richtung Bar, es war warm und stickig geworden und sie wollte noch einen Schluck von ihrem Wasser trinken. Dabei fiel ihr der Mann auf, der fast genau neben ihr stand und gerade bei dem Barkeeper einen Whiskey bestellte. Von einem auf dem anderen Moment wurde sie bleich. War es wirklich David, der da neben ihr stand? Sie versuchte zu hören was er sagte, ihn an seiner Stimme zu erkennen, während sie sich mit der rechten Hand krampfhaft an Syd festhielt. Dieser bemerkte das Lisa sich ziemlich stark an ihn klammerte und drehte sich nun ebenfalls um. Er sah sofort wer Lisa ins Auge gesprungen war, vorsichtig nahm er sie in den Arm und besah sich David genauer, kein Zweifel neben ihnen stand David Seidel. Er beugte sich zu Lisa hinunter,
„ Alles OK?“
„ Das fragst du noch? Da...da steht....“
„ David, ja ich habe ihn gesehen. Es scheint mir so als hätte Richard dir da einen ganz üblen Streich gespielt.“ Konnte man den Ärger aus Sydneys Stimme hören.
„ Er...er lebt.“ Sagte Lisa völlig verstört und fing dann an zu Lächeln. Sie löste sich aus Sydneys Umarmung und stellte sich vor David.
„ Du lebst?“ fragte sie ihn immer noch überrascht als ihr auffiel wie er versuchte ein weißes Pulver in seinen Whiskey zu schütten.
Kapitel 7
Erschrocken blickte David hoch, wer sprach ihn da an? Er bemerkte nicht das er dabei den kompletten Inhalt des Tütchens in das Glas kippte. Er sah in blaue Augen hinter großen Brillengläsern, er konnte sie nicht direkt einordnen.
Lisa hingegen konnte ihren Blick nicht mehr von seinen Händen abwenden, erst als auch der letzte Rest ins Glas gefallen war realisierte sie was er da tat. Ungläubig starrte sie ihn an bevor sie ausholte und ihm eine scheuerte.
„ Hast du jetzt vollkommen den Verstand verloren David Seidel?!“ fuhr sie ihn an, auch Sydney hatte inzwischen bemerkt was David da tat und trat zu ihnen.
Sein Blick wechselte von Teilnahmslosigkeit zu Erschrockenheit, er starrte sie an, jetzt erkannte er sie. Vor ihm standen Lisa Plenske und Sydney London, wahrscheinlich hatten sie gesehen was er gerade tat, doch es war ihm egal. Er hob das Glas prostete ihnen zu.
„ Auf dich Lisa,“ dann leerte er es in einem Zug.
Fassungslos starrten sie ihn an, er hatte es tatsächlich getan, wusste er überhaupt wie viel von was auch immer er da gerade genommen hatte? Wahrscheinlich nicht, er schien schon mehr als einen Whiskey intus zu haben, sie wussten beide nur eins, sie würden ihn jetzt nicht alleine lassen, am besten wäre es wenn er das Zeug so schnell wie möglich wieder ausspucken würde.
„ Wir müssen ihn nach Hause bringen.“ Flüsterte Syd Lisa zu.
„ Ich weiß,“ nickte sie, doch sie kannte seine neue Adresse nicht. „ Am besten zu seinen Eltern.“
„ Seinen Eltern?“
„ Ich kenne seine Adresse nicht.“
„OK ich hole den Wagen, versuch du ihn vor die Tür zu bringen, das schaffst du doch oder?“
Wieder nickte sie, auch wenn sie eigentlich nichts mehr mit David zu tun haben wollte, sie war verwirrt und durcheinander. Im Moment wusste sie nur das David nicht Tod war und das er ganz offensichtlich Hilfe benötigte. Sydney wartete eine weitere Antwort gar nicht erst ab, sondern machte sich auf den Weg. Lisa atmete einmal tief durch, sie hatte keine Ahnung wie sie ihn nach draußen locken könnte, dann machte sie einen Schritt auf ihn zu.
„David, also ich....“ weiter kam sie nicht, er zog sie an sich heran und küsste sie. Im ersten Moment wollte sie ihn von sich stoßen, ihn anschreien was ihm denn Einfiele, doch sie besann sich eines Besseren. Wenn sie es zuließ würde er vielleicht eher auf sie hören und bevor sie noch weiter denken konnte erwiderte sie seinen Kuss. Sie spürte wie seine Hände unter ihre Bluse glitten, sie stieß sich ein Stück ab und sah ihm in die kleinen verhangene Augen. „ Lass uns gehen David.“ Sagte sie sanft.
„ Zu dir oder zu mir?“
„ Das ist doch egal, lass uns einfach gehen.“
Er grinste sie nur an, stieß sich dann von der Bar ab und legte einen Arm um sie.
„ Wie wäre es dann mit zu mir?“ flüsterte er ihr ins Ohr.
Lisa lief es kalt den Rücken runter, auf der einen Seite genoss sie es ihm so nahe zu sein, auf der anderen war das nicht der David den sie damals verlassen hatte, er hatte sich verändert und sie musste zugeben er machte ihr Angst. Sie hakte sich bei ihm ein und führte ihn dann die Treppen hinunter und zum Hintereingang. Sydney wartete schon mit dem Wagen, sie öffnete die Hintertür des Lexus RX 300 und stieg dann nach David ein.
„ Oh du hast sogar einen Chauffeur.“ Kicherte er und rückte wieder an sie heran, Lisa sah nur nach vorne zu Sydney, der fragende Blicke in den Rückspiegel sah.
„ Beeil dich bitte,“ flüsterte sie ihm zu als sie sich zu ihm nach vorne beugte, sie fühlte Davids Hände in ihrem Rücken, wie er ihre Bluse hochschob. Zitternd lehnte sie sich wieder zurück, nahm Davids Hände in ihre. „ Nicht so stürmisch.“
Max und Richard waren inzwischen in der Villa Seidel eingekehrt, die Tikki Bar war ihnen eindeutig zu laut gewesen und so konnten sie doch noch einen Männerabend verbringen, wenn auch mit Friedrich. Nun saßen sie auf dem großen Sofa, jeder eine Flasche Bier vor sich und diskutierten über das Geschäft. Laura war schon zu Bett gegangen, diese Nacht würde sie wohl beruhigter schlafen nachdem die beiden ihr erzählt hatten das David wieder regelmäßig in der Firma erschien.
„Und wie habt ihr das jetzt geregelt?“ fragte Friedrich.
„ Wie früher, er ist der Kreative Kopf, ich der Produktive.“ Antwortete ihm Richard.
„Und ich kann endlich meine Überstunden abbauen.“ Sagte Max
„ Hoffen wir das er sich wieder gefangen hat.“ Seufzte Friedrich und nahm noch einen Schluck Bier.
„Ich denke schon.“ Erwiderte Max, zwischen zwei bissen aufgewärmter Pizza.
„Wenn man davon absieht das er in alte Gewohnheiten verfällt.“ Zog Richard die Augenbrauen zusammen.
„ Wie meinst du das Richard?“
„ Erst gestern habe ich ihn mit seiner neuen Assistentin im Büro erwischt.“
„ Was?!“ verschluckte Friedrich sich an seinem Bier und auch Max begann zu husten.
„Natürlich habe ich ihm klargemacht das, das so nicht geht.“
„ Er Entwickelt sich also zurück?“
„ Kann man so sagen.“
„ Deswegen hatte er diese genauen Vorstellungen bei der Auswahl seiner Assistentin.“ Fiel es Max wie Schuppen von den Augen.
„ Was denn für Vorstellungen?“
„ Na gutaussehend und vor allem keine zweite Lisa Plenske.“
Friedrich schüttelte den Kopf, er hatte sich damals Sorgen gemacht das aus seinem Jungen nie etwas werden würde und nun sollte er in genau diese Phase wieder zurückfallen? Das hieß wieder neue Sorgen, aber wenigstens konnte er diese von Laura fernhalten. Alle drei schwiegen sie nun, erst das Klingeln rissen sie aus ihren Gedanken, stirnrunzelnd stand Friedrich auf, wer konnte das sein?
Lisa war froh als sie in die Einfahrt zur Villa Seidel einbogen, David hatte die ganze fahrt über die Finger nicht von ihr lassen können und sie so immer mehr verwirrt. Denn dachte sie zunächst noch das sie nichts mehr für ihn empfand wurde sie nun eines besseren belehrt, seine Berührungen setzten alte Gefühle frei. Gegen Ende hatte sie sich einfach nur an ihn gelehnt hatte ihm den Nacken gekrault und gesagt er solle seine Energie aufsparen für später wenn sie da waren. Sie spürte wie der Kloß in ihrem Hals immer größer wurde, er war am Leben, aber war das noch ein Leben? Er flüchtete vor der Realität mit Alkohol, Partys und Drogen. Seit wann tat er das? Wussten die anderen davon? Wusste Richard davon? Dachte Richard sie wäre Schuld für Davids Drogenkonsum? Hatte er ihr deswegen diese Anzeige geschickt? Sie spürte wie Syd den Wagen zum stehen brachte, ein Blick aus dem Fenster bestätigte ihr das sie da waren, erleichtert stellte sie fest das noch Licht in der Villa brannte, so würden sie zumindestens niemand wecken. David war ruhig geworden, zu ruhig für Sydneys Geschmack.
„ Alles OK?“ fragte er nach hinten bevor er ausstieg.
„ Ja alles OK, er wirkt ein wenig abwesend, starrt aus dem Fenster.“ Gab Lisa leise zurück, doch als David die Autotüre hörte erwachte er aus seiner Starre.
„ Sind wir endlich allein?“
„ Wir sind da, komm.“ Antwortete sie ihm und half ihm aus den Wagen, Sydney stand schon an der Türe und hatte geklingelt.
Friedrich staunte nicht schlecht als er Sydney London vor seiner Türe stehen sah, erstaunt machte er einen Schritt zur Seite um ihn hineinzubitten als er sah wie noch zwei Personen vom Wagen herüberkamen.
„ David!“ entfuhr es ihm als er seinen Sohn erkannte. Jetzt machte er die Türe ganz frei und Lisa und David traten ein, gefolgt von Sydney.
„ Herr Seidel,“ sagte Syd dann auch und warf immer wieder nervöse Blicke zu Lisa und David. Auch Friedrich sah nun das sein Sohn wohl gewisse Absichten hegte und ging sofort dazwischen.
„ Sag mal bist du betrunken?!“ fauchte er ihn an.
David begann langsam zu realisieren wo er war, er sah seinen Vater an, kniff die Augen zusammen, der Raum drehte sich. „ Und wenn schon.“ Lallte er.
„ Danke Frau Plenske, das sie ihn hergebracht haben.“ Wandte sich Friedrich an Lisa und wollte David ins Wohnzimmer führen.
„ Keine Ursache,“ antwortete diese, „ bevor er in seinem Zustand noch fährt.“
„Lisa,“ nahm Syd sie nun zur Seite, „ wir müssen es ihm sagen.“
Allerdings war Friedrich schon mit David im Wohnzimmer verschwunden, stattdessen tauchten nun Richard und Max im Flur auf.
„ Was müssen sie uns sagen?“ fragte Richard in scharfen Ton.
„ Er ist nicht nur betrunken, er hat auch Drogen eingenommen.“ Sagte Sydney kühl, drehte sich rum und verließ die Villa. Er hinterließ einen erstaunten Max, einen wütenden Richard und eine verwirrte Lisa.
„Wie bitte?!“ fand Richard als erster seine Sprache wieder, „ Frau Plenske!“
„ Es...es ist wahr...ich habe es gesehen...“ stotterte sie.
„ Lisa kommst du?“ hörte sie da auch schon Sydney rufen, sie drehte sich rum und verließ mit gesenktem Kopf die Villa.
Kapitel 8
Sydney schwieg die ganze Rückfahrt zu ihrer Wohnung über, er wusste das Lisa die Sache mit David nahe ging, immerhin hatte Richard ihr mit der gefälschten Anzeige übel mitgespielt, doch er hatte heute auch gesehen das da durchaus noch Gefühle mit im Spiel waren. Gefühle, die Lisa anscheinend zu unterdrücken versuchte und das nun schon fast ein Jahr lang. War es vielleicht kein Zufall, dass sie sich in ihn verliebt hatte? Hatte sie sich überhaupt in ihn verliebt, oder sah sie in ihm nur eine bessere Version von David Seidel? Hatte sie sich nur auf ihn eingelassen weil er genauso aussah wie er? Hatte sie gedacht so besser über ihn hinweg zu kommen? Wenn ja dann war das doch von vorneherein zum scheitern verurteilt gewesen. Wie konnte sie glauben David zu vergessen wenn sie täglich mit ihm zu tun hatte? Das war praktisch unmöglich, es sei denn sie wollte David Seidel gar nicht vergessen. Das wiederum hieße dann aber, das sie ihn nicht liebte, das sie immer noch David wollte und wenn sie ihn nicht bekam dann nahm sie sich halt den nächstbesten, der ihm auch nur halbwegs ähnlich sah. Da hatte sie mit ihm ja einen Volltreffer gelandet, besser hätte sie es dann nicht haben können.
Er steuerte den Wagen in die Tiefgarage und stieg immer noch Wortlos aus, Lisa folgte ihm, sie sagte ebenfalls kein Wort. Er fragte sich warum, lag es vielleicht an dem Schock David zu sehen obwohl sie glaubte er wäre tot? Oder daran das er so schlecht aussah, Drogen konsumierte und sein Leben anscheinen nicht mehr im Griff hatte? Das sie sich Gedanken um ihn selber machte schloss er aus, er war nicht wichtig genug, er war für sie da, er hatte ihr einen neuen Job verschafft und darüber hinaus erfüllte er ihr den Wunsch irgendwie doch mit David zusammen zu sein, auch wenn er charakterlich wohl nichts mit David gemeinsam hatte.
In der Wohnung beobachtete er wie sie ohne ein Wort in das gemeinsame Schlafzimmer ging, sich umzog und hinlegte, warum sprach sie nicht mit ihm? Er atmete einmal tief durch und folgte ihr dann, tauschte Jeans und Hemd gegen Jogginghose und T-Shirt und setzte sich dann auf die Bettkante.
„ Es wird alles wieder gut,“ murmelte er während er ihr sanft durch das widerspenstige Haar strich.
Sie antwortete ihm nicht, vergrub ihren Kopf im Kissen und drehte sich von ihm fort. Hilflos zuckte er mit den Schultern, wenn sie nicht reden wollte würde er sie bestimmt nicht dazu zwingen, er dachte sich seinen Teil. Kurz strich er ihr noch über den Rücken dann stand er auf und verließ mit hängendem Kopf das Zimmer, es wurde Zeit das er etwas unternahm. Im Wohnzimmer schaltete er seinen Laptop ein und begann die Quartalszahlen der einzelnen Zweigstellen und des Mutterkonzerns in London durch zu arbeiten.
Richard und Max sahen zuerst Lisa hinterher, dann wechselten sie Blicke, war das wahr? Nahm David wirklich Drogen? Oder war das vielleicht nur die Retourkutsche dafür das Richard angefangen hatte seinen Plan umzusetzen? Nein Lisa Plenske konnte nicht Lügen auch jetzt war sie viel zu sehr emotional dabei um sich so etwas auszudenken, oder irrte er sich jetzt? Unterschätzte er sie wieder? Sie konnten es nur herausfinden wenn sie bei David blieben. Während Richard noch die Türe schloss ging Max hoch in Davids alte Wohnung, er fand Vater und Sohn im Schlafzimmer.
„ Was hast du dir nur dabei gedacht?“ fragte Friedrich aufgebracht seinen Sohn.
„ Wobei? Das ich aus war? Ist das neuerdings verboten?“ Max bemerkte bei Davids antwort sofort das man im Moment mit ihm wohl keine Vernünftige Diskussion führen konnte.
„ Du weißt genau was ich meine, du und Frau Plenske, was hast du dir dabei gedacht? Sie ist mit deinem Bruder zusammen!“
Max war froh das in genau dem Moment Richard hinter ihm in der Türe auftauchte, er hatte keine Ahnung wie er Vater und Sohn sonst auseinander bringen konnte. Allerdings antwortete David nicht, etwas in seinem Blick veränderte sich, Friedrich hatte einen Nerv getroffen.
„ Ich denke das klären wir am besten Morgen,“ ging Richard dann auch dazwischen, „ Es ist schon spät.“ Ging er hinüber zu Friedrich und wollte ihn so hinauskomplimentieren doch David machte ihm einen Strich durch die Rechnung.
„ Warum hast du mich nicht springen lassen?“ seine Stimme war leise, durch die Ruhe im Raum jedoch für jeden deutlich zu verstehen, man konnte nicht sagen ob irgendeine Emotion darin lag. Er starrte Richard an, sein Blick war kühl, die Pupillen kaum zu erkennen. Max lief es bei diesen Worten kalt den Rücken runter, er wusste als einer der wenigen das Richard David daran gehindert hatte, doch Friedrich wusste dies nicht. Dementsprechend blass um die Nase wurde er dann auch als ihn das volle Ausmaß von Davids Worten traf. Richard verstärkte daraufhin den Griff um den Arm seines Vaters, langsam führte er ihn zum Sessel, in den sich Friedrich dann niederließ, die Augen immer noch auf David gerichtet.
„ Du....du....wolltest....“ stotterte er, doch David zeigte nicht die gewünschte Reaktion, er schüttelte nur kurz den Kopf, was dazu führte das er schwankte und stolperte dann Richtung Türe. Er kam nicht weit, Max stellte sich ihm in den Weg.
„ Lass mich durch.“
„ Nein.“
„ Max....“
„Nein! Ich weiß nicht mit was du dir dein Gehirn vernebelt hast, aber in diesem Zustand gehst du nirgendwo hin!“ Max sah wie sein bester Freund anfing zu zittern, war das jetzt vor Wut oder waren das Auswirkungen der Drogen, gab es überhaupt Drogen? David ballte die Hände zu Fäusten, er schien einzusehen das er nicht weiterkam mit seinem Verhalten, er stand nun zwischen seiner Familie und seinem besten Freund und er sah keine Ausweg, es war als wäre er gefangen, eingesperrt, sein Atme beschleunigte sich, Panik kam in ihm hoch. Plötzlich waren da Gitter vor den Fenstern, vor den Türen hingen Schlösser, er schloss die Augen , das Zimmer begann sich zu drehen.
„ Lasst mich raus!“ presste er zwischen den Zähnen hindurch, war er vorher schon blass nun schien noch mehr Farbe aus seinem Gesicht zu weichen, wenn das noch möglich war. Max machte einen Schritt auf ihn zu fasste ihm unter die Arme und stütze ihn.
„Komm, komm du legst dich am besten hin.“ Führte er ihn ins Schlafzimmer.
Lisa lag im Bett, schlafen konnte sie allerdings nicht, immer wieder drehte sie sich von einer Seite auf die andere. Ihre Gedanken wanderten immer wieder zu David, wie er in dem Club vor ihr stand, Drogen in seinen Drink kippte und ihr dann zuprostete. Warum tat er das? Wegen ihr? Trauerte er ihr immer noch hinterher? Nein, sie schüttelte den Kopf, als ob ein David Seidel ihr Hinterhertrauern würde. Sicher er hatte es eine ganze Zeit lang getan, da wusste er aber auch nicht warum sie gegangen war. Jetzt wusste er es und er musste sich damit abfinden. Wie lange war sie unglücklich verliebt gewesen? Sie drehte sich auf die Seite, wollte Syd in seine blauen Augen schauen, doch die Seite neben ihr war leer. Er war nicht da, saß im Wohnzimmer und das nur weil sie ihn abgewiesen hatte als er ihr helfen wollte, einfach nur für sie da sein wollte. Was David jetzt wohl tat? Laut seufzte sie auf, David, warum dachte sie plötzlich wieder an David?
`Ganz einfach Lisa Plenske weil du ihn immer noch liebst´ schalt sie sich in Gedanken selbst. Ihr Blick wanderte zu ihrem Nachttisch, dort stand neben einem Bild ihrer Eltern, eins das sie und Sydney zeigte, in Düsseldorf auf einer Präsentation. Er hatte den Arm um ihre Schultern gelegt, sie schmiegte sich an ihn, verliebt lächelten sie in die Kamera. Doch galt ihr Lächeln wirklich ihm? Spielte sie jetzt nicht mit seinen Gefühlen? Vor ihren Augen veränderte sich das Bild, seine Augen wurden Braun und somit stand David an seiner Stelle. Tränen stiegen in ihren Augen hoch, sie war verwirrt, durcheinander, konnte ihre Gefühle nicht mehr einordnen. Sie bemerkte nicht das Sydney inzwischen in der Türe stand.
„ Wir müssen reden.“ Sagte er leise.
Friedrich sah Max und David hinterher wie sie im Schlafzimmer verschwanden dann wandte er sich Richard zu.
„Meinte er mit Springen das was ich glaube?“ fragte er leise.
„ Ja, ich konnte ihn gerade noch davon abhalten.“ Nickte er dann und setzte sich auf die Lehne des Sessels.
„Mein Gott.“ Schlug Friedrich die Hände vor das Gesicht, „ Ich dachte er hätte sich wieder gefangen.“
„ Das dachten wir alle, nachdem er wieder aufgetaucht war. Er verfiel zwar wieder in sein altes Schema, aber das hielten wir für besser als das er in Depressionen versinkt.“
„Wie konntet ihr uns nur so etwas verschweigen?“
„ Ihr wart doch so schon krank vor Sorge, du und Laura. Wir hielten es für das beste, aber jetzt....“ er stockte kurz, „ Jetzt sieht es anders aus. Sydney London erwähnte etwas von Drogen und Lisa Plenske hat dies bestätigt...“
„ Drogen!“ Friedrich stand auf jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen.
„ Setz dich wieder,“ drückte Richard ihn wieder in den Sessel, „ Wir wissen es nicht. Es sind Behauptungen, mehr nicht. Max und ich werden heute Nacht hier bleiben, morgen werden wir weiter sehen. Versuch jetzt auch etwas zu schlafen.“ Führte er ihn nun zur Türe.
„ Aber...“
„ Kein aber Friedrich, wir passen auf ihn auf, versprochen.“ Damit schloss er die Türe und ging in Richtung Schlafzimmer, er hoffte das es wirklich nur Behauptungen waren und nicht die Wahrheit. Leise betrat er das Schlafzimmer, David lag im Bett und schien zu schlafen, Max stand im Raum und starrte ungläubig auf etwas in seiner Hand.
Kapitel 9
Als Sydney die Tränen in ihren Augen sah vergaß er das er ihr eigentlich Vorwürfe machen wollte, das er ihr ins Gesicht sagen wollte das sie eh immer nur den einen Lieben würde. Ihm wurde bewusst, das ihr die ganze Sache näher ging als sie eigentlich zugab, das sie selber weder ein noch aus wusste. Er setzte sich zu ihr auf das Bett, nahm ihre zitternden Hände in seine und sah ihr eine ganze Zeit lang in die Augen, Augen die der Spiegel zu ihrer Seele waren und in denen zur Zeit ein Kampf tobte, nur was für einer das wusste er nicht. Er sah das sie das Foto anstarrte, das sie zusammen auf der Präsentation zeigte. Langsam legte er es auf das Glas, sie wandte sich ab und sah ihn nun an.
„ Wir müssen reden.“ War sein Ton nun freundlicher.
„ Worüber?“
„ Über uns, ich weiß das du ihn immer noch liebst.“
„ Nein.“ Schüttelte sie den Kopf.
„ Lisa bitte, ich seh das doch.“
„ Was siehst du?
„ Das du ihn noch liebst, du machst dir Sorgen um ihn. Wie du im Club reagiert hast, hat alles gesagt.“ Er sah zu Boden, „ Ich muss nach New York, in der Filiale geht es drunter und drüber.“
„Du...du verlässt mich?“
„ Nein ich muss gehen, ich weiß nicht für wie lange ich dort sein werde.“ Er sah sie wieder an, „ Du kannst mitkommen.“
Lisa starrte ihn nur an, sie musste das was er gerade gesagt hatte erst verarbeiten. Er wollte nach New York und sie konnte mit, aber wollte er das auch?
„ Ich...ich...ich liebe ihn.“ Platze es aus ihr heraus, kaum hatte sie es ausgesprochen schlug sie sich die Hand vor den Mund.
Syd sagte nichts, nickte nur mit dem Kopf dann nahm er sich sein Kissen und seine Decke und ging wieder ins Wohnzimmer auf die Couch.
Richard sah nun ebenso ungläubig zu Max, wo hatte er das her?
„ Wo hast du das her?“
Max sah auf, dann wieder auf das Tütchen in seiner Hand, „ Aus seiner Jeans, er hat es herausgeholte und dann ziemlich entsetzt geschaut als er bemerkte das es leer war.“ Sein Blick wanderte zu David, „ danach hat er sich aufs Bett gesetzt und ist fast sofort eingeschlafen.“
„ Dann hatte die Plenske also Recht,“ auch wenn Richard sich Sorgen machte, konnte man Wut aus seiner Stimme hören. Nur auf wen war er wütend? Auf David weil dieser wirklich Drogen nahm oder auf Lisa weil sie ihn nach Richards Meinung dazu getrieben hatte.
„ Es sieht ganz so aus, was machen wir jetzt? Wir können ihn doch so nicht alleine lassen.“
„ Ich habe Friedrich schon gesagt das wir bei ihm bleiben, am besten rufen wir Yvonne und Sabrina an und sagen ihnen bescheid.“
Max seufzte, was sollte er Yvonne sagen? Die Wahrheit? Dann würde sie sich auch noch Sorgen machen und es reichte das er und Richard das schon taten. Doch dann holte er doch noch sein Handy hervor und wählte die Nummer seiner Wohnung.
Die Damenrunde bei Yvonne neigte sich so langsam dem Ende zu als das Telefon klingelte, Mariella und Sabrina waren gerade dabei sich ihre Mäntel anzuziehen.
„ Wenn das jetzt Max ist der abgeholt werden will dann kann er ja gucken wie er nach Hause kommt. Ich weck doch nich Emma um Chauffeur für meinen Liebsten zu spielen.“ Bemerkte Yvonne bevor sie abhob, „ Was? Du bleibst was? Warum? David? Ja, ja Sabrina ist noch hier, ja Moment....“ sie reichte den Hörer an Sabrina weiter, die sie fragend ansah.
„ Richard will dich sprechen.“ Zuckte Yvonne nur mit den Schultern, sie war aus Max Erklärungen nicht ganz schlau geworden, nur das er wegen David bei den Seidel übernachten würde.
„Ist etwas passiert?“ fragte Mariella sie dann.
„ Keine Ahnung, Max meinte er und Richard würden bei den Seidels bleiben und dann irgendwas von David.“
„ David?“ wurde Mariella hellhörig, „ Nicht das der wieder etwas ausgefressen hat.“ Erinnerte sie sich daran wie sie noch gerade so verhindern konnte das ziemlich brisante Fotos von ihm in der Boulevardpresse erschienen.
Sabrina hatte nun aufgelegt und gesellte sich wieder zu den anderen.
„ Also ich weiß auch nichts genaues, aber Richi war ziemlich aufgebracht. Wir sollen den beiden übrigens morgen zum Frühstück frische Sachen mitbringen.“
Mariella zog ihren Mantel wieder aus, ihre Gedanken rasten, sie hatte ein wenig in der Firma aufgeschnappt und so langsam setzte sich das Puzzle auch für sie zusammen. Sie schloss kurz die Augen, dann seufzte sie leise.
„ Wir müssen uns etwas einfallen lassen wie wir David wieder auf den Richtigen Weg bringen können.“ Sagte sie dann.
„ Wie meinste denn das? Max hat mir erzählt er hätte sich wieder gefangen.“
„ Ja das dachten wir auch alle, so ganz genau habe ich das auch nicht mitbekommen, aber Richard hat David wohl mit seiner neuen Assistentin erwischt und dann kam er zu spät weil er auf dieser Party war. Ich konnte gerade so verhindern, das brisante Fotos an die Boulevardpresse gingen. Er hat sich nicht gefangen, er verfällt in das nächste Extrem.“
„ Wie ins nächste Extrem?“ hakte nun Sabrina nach.
„ Zuerst war er depressiv, dann hat er sich total abgeschottet und nun, nun stürzt er sich ins Leben komme was da wolle.“
„ Aber ist das nicht gut?“
„ Nein Sabrina das ist nicht gut! Er hat überhaupt nichts verarbeitet, er ist noch genau an dem Punkt an dem er schon vor einem halben Jahr war, ganz unten. Er redet ja auch nicht darüber, er verdrängt es oder er versucht es zu verdrängen.“
„ Was heißt wenn er eine Gelegenheit findet dann könnte so etwas wie mit der Mauer jederzeit wieder passieren.“ Schloss Yvonne Mariellas Gedanken ab.
Auch Sabrina begriff nun endlich was Sache war, sie zog sich ihren Mantel ebenfalls wieder aus und setzte sich.
„ Und wie können wir ihm da helfen?“
„ Erst einmal muss er unsere Hilfe annehmen.“ Begann Mariella, „ Aber wir sollten uns einfach um ihn kümmern, ihn einladen, etwas mit ihm unternehmen, ihn auf andere Gedanken bringen und versuchen das er darüber redet.“
„Lisa!“ rief Yvonne plötzlich was ihr verwunderte Blicke von den beiden anderen einbrachte.
„ Lisa?“ fragte Mariella nach.
„ Lisa ist das Problem, die beiden haben das was Vorgefallen ist nie geklärt, ich meine den Grund dafür das sie damals gegangen ist.“
„Schon, aber ich denke sie hat damit abgeschlossen, immerhin hat sie einen neuen.“
„ Der zufälliger weise Davids Zwilling sein könnte? Sie ist nicht über ihn hinweg, da kann sie es noch so felsenfest behaupten.“
Eine Weile schwiegen sie darauf hin, doch dann machte das ganze einen Sinn.
„ Du könntest Recht haben,“ sagte Mariella, „ Wir sollten das ganze über Lisa angehen. Max und Richard sollen sich derweil um David kümmern.“
Eben diese beiden hatten sich die Nacht derweil in Schichten eingeteilt, so das jeder von ihnen ein wenig Schlaf fand. Max übernahm die erste während Richard sich hinlegte. David hatte sich nicht mehr gerührt, besorgt setzte Max sich auf die Bettkante, vorsichtig strich er ihm über die Stirn, sie fühlte sich heiß an. Besorgt fühlte er den Puls, er raste. Kurz überlegte er ob er Richard wecken sollte entschloss sich dann aber dazu ihn erst mal schlafen zu lassen. Gerade als er aufstehen wollte griff David nach seiner Hand, er hatte die Augen geöffnet und sah ihn an. Nein es schien eher als sähe er durch ihn hindurch.
„Lisa.“ Flüsterte er, „ Lisa verlass mich nicht.“
Kapitel 10
Max wusste nicht ob er nun wach war oder nicht, er spürte wie sich Davids kalte Hand an seinem Hemd festhielt.
„Lisa,“ rann ihm eine Träne über das blasse Gesicht.
„ David wach auf!“ rüttelte er ihn leicht, „ Komm schon David.“
Und tatsächlich schien dieser zu bemerken das es nicht Lisa war, die bei ihm saß. Er ließ ihn los, drehte das Gesicht weg und erstarrte als er seinen Bruder neben sich im Bett sah.
„ Was macht ihr hier?“ flüsterte er, „ Wo bin ich?“
„ Wir sind bei deinen Eltern, dir ging es nicht gut.“
Langsam kam die Erinnerung wieder, die Party, der Whiskey, Lisa und Sydney, sein Vater. Er setzte sich auf und schwang die Beine über die Bettkante.
„ Wo willst du hin?“ fragte Max
„ Nach Hause, ich muss nach Hause.“
„ Leg dich wieder hin,“ versuchte Max ihn zurück in die Kissen zu drücken, „ Dein Wagen ist eh nicht hier.“
„Nein ich muss....“ er durchsuchte fieberhaft seine Jeans nach etwas, „ Ich muss nach Hause, Max ich muss nach Hause.“
„Nichts da! Du musst gar nichts außer dich einmal richtig ausschlafen, na los leg dich wieder hin.“
Sein Blick wanderte unruhig durch das Zimmer, die Nachttischlampe brannte und tauchte den Raum in warmes Licht. Plötzlich blieb sein Blick auf der Kommode neben Richard hängen, dort lag das leere Tütchen. Max folgte seinem Blick und sah seinen Freund dann lange an bevor er die Frage stellte die ihm seit dem Fund desselbigen auf der Seele lag.
„ Was war da drin David?“
Doch er bekam keine Antwort, David starrte nur weiterhin auf das Tütchen dann ließ er sich langsam zurück sinken, „ Das könnt ihr euch denken,“ murmelte er in das Kissen, er konnte Max jetzt nicht ansehen.
Max setzte sich wieder auf die Bettkante, wieder musterte er seinen besten Freund, er sah immer noch schlecht aus..
„ Schlaf noch was, wir reden morgen über alles.“
„Nein.“ Flüsterte David und schloss die Augen wieder, Max wusste nicht was er damit meinte, ob er nicht schlafen wollte oder nicht reden.
Lisa wälzte sich derweil von einer Seite auf die Andere, an Schlaf war nicht zu denken und ihre Gedanken und Gefühle fuhren Achterbahn. Traurig betrachtete sie die leere Seite neben sich, normalerweise lag dort Syd, ihre große Liebe. Sie schüttelte den Kopf, Sydney war nicht ihre große Liebe, Sydney war ihr Ersatz für David gewesen. Wie hatte sie ihm das nur antun können? Sie hatte eiskalt mit seinen Gefühlen gespielt, nein sie hatte eiskalt mit den Gefühlen beider gespielt. Und nun? Sie konnte nicht einfach so zu David zurück als wäre nie etwas gewesen und sie konnte auch Syd nicht einfach so verlassen, oder hatte er ihr die Entscheidung schon abgenommen? Eigentlich schon, er würde nach New York gehen und sie wusste es war für immer, er würde nicht nach Berlin zurück kehren. Und wenn sie mitging? Was war dann? Würde er dann vielleicht wieder zurück kehren? Was dachte sie überhaupt noch darüber nach? Sie hatte ihm ins Gesicht gesagt, dass sie einen anderen liebte, es hätte keinen Sinn mit ihm nach New York zu gehen, damit würde sie sich und die anderen nur noch mehr quälen. Sie stand auf und ging hinüber zu dem großen Schrank , ihr Koffer stand in einer Ecke hinter dem Schrank, sie zog ihn hervor und öffnete dann den Schrank, wahllos stopfte sie ihre Sachen hinein, hier hatte sie keine Zukunft mehr, hatte sie überhaupt noch eine Zukunft bei L.EX? Wahrscheinlich nicht, er würde sie rauswerfen und konnte sie es ihm verübeln? Unkontrolliert liefen die Tränen nun und sie konnte mehrere laute Schluchzer nicht vermeiden.
Mariella und Yvonne saßen immer noch am Küchentisch in der neuen Wohnung und berieten sich wie sie am besten vorgehen sollten. Sabrina hatte sich im Gästezimmer hingelegt, wogegen die beiden anderen auch keinerlei Einwände gehabt hatten, immerhin war Sabrina schwanger und immer noch nicht die hellste. Sie überlegten gerade wie sie am besten auf Lisa zugingen immerhin hatten sie sich alle von ihr entfernt.
„ Vielleicht sollten wir es über Jürgen probieren.“ Schlug Mariella vor.
„Über Jürgen? Nee du der schöpft sofort Verdacht und wird sich denken das wir was vorhaben.“
„ Dann bliebe nur noch übrig das wir direkt auf Lisa zugehen.“
„Hmm ja obwohl ich das auch für Riskant halte.“
„Immerhin ist sie die Patentante deiner Tochter.“
„ Ich weiß, aber ich habe solange nicht mehr mit Lisa geredet. Ich mein meine Beziehung ist wegen ihr fast in die Brüche gegangen, sie hat die Taufe von Emma ruiniert, das kann ich nich so einfach verzeihen.“
„ Wie wollen wir dann vorgehen? Wir müssen mit ihr reden wenn wir es über sie angehen wollen das sie beide darüber reden.“
„Ja das is mir schon klar, nur könntest du nich, ich mein...“ seufzte Yvonne.
„ Sicher, ich lass mir was einfallen weswegen ich sie anrufen kann.“
Eine ganze Zeitlang saß Max noch so bei David auf der Bettkante dann ging er wieder zurück zum Sessel und ließ sich darin nieder, noch anderthalb Stunden er konnte endlich ein wenig Ruhe und hoffentlich auch Schlaf finden. `Das könnt ihr euch denken´ hallten Davids Worte über den Inhalt in seinem Kopf wieder. War das nicht ein Eingeständnis gewesen? Er sah wieder mal hinüber zu dem großen Bett, David schien zu schlafen, doch sicher war er immer noch nicht, sein Atem ging dafür zu ungleichmäßig. Erneut sah er auf die Uhr, immer noch eine Stunde bis er Richard wecken konnte, er stand auf und trat ans Fenster. Wie konnten sie ihm nur helfen? Würde er sich überhaupt helfen lassen? Doch dazu mussten sie erst den Auslöser finden. Max schüttelte wütend den Kopf sie kannten den Auslöser, aber wie sollten sie es angehen? War es nur die Demütigung auf der Taufe gewesen? Oder hing das alles noch damit zusammen das er nie wirklich erfahren hatte warum sie gegangen war, das er sich nie erklären konnte? Er sah wie sich im Bett etwas regte und stand mit einem schritt daneben. Doch es war nicht David, sondern Richard gewesen, dieser setzte sich nun auf.
„ Schläft er?“ fragte er sofort mit einem Blick auf seinen Bruder.
„ Ich denke schon, er atmet zwar unregelmäßig aber er ist ruhig.“ Zuckte Max mit den Schultern.
„ Hattest du Probleme?“
„Nicht wirklich, er war kurz wach, besser gesagt ich habe ihn geweckt. Er hielt mich für Lisa.“ Bei diesen Worten zog Max die Stirn kraus.
„Lisa?“ legte nun auch Richard die Stirn in Falten, „ Ich sag es ja nicht gerne, aber ich glaube eine Lösung des Problems erreichen wir nur über sie.“
„ Ja nur wo fangen wir an, beziehungsweise was belastet ihn so sehr das er zu Drogen greift? Was war der Auslöser?“
„Gute Frage, den müssten wir schon finden bevor wir anfangen. Vielleicht war es die Taufe, vielleicht war es aber auch schon Lisas Weggang.“
„Und was machen wir bis dahin? Wir können ihn nicht aus den Augen lassen, er kommt eh nur auf dumme Gedanken.“
„Ich könnte ihn mit arbeit zuschütten.“
„Vorrausgesetzt er taucht auch bei Kerima auf, was ist denn wenn wir ihn in unsere Leben einspannen? So mit gemeinsamen Abenden und Brunchs?“
„Du meinst das wir uns mit dem 24 Stunden Babysitting abwechseln?“
„So kann man es auch nennen, wie auch immer ich leg mich jetzt hin. Ich wünsche dir eine ruhige Nacht.“
„Danke ich werde mal darüber nachdenken.“ Sagte Richard noch bevor er sich in den Sessel setzte und seine Augen nicht mehr von David abweichen ließ.
Dieser hingegen schlief wirklich nicht, er konnte nicht schlafen, war viel zu aufgekratzt. Trotzdem hielt er die Augen immer noch geschlossen, so konnte er wenigstens mithören was Max und Richard vorhatten. 24 Stunden Babysitting?! DA hatte er sich wohl verhört, nie im Leben würde er 24 Stunden am Tag und das 7 Tage die Woche abwechselnd bei Richard oder Max verbringen. Er hatte besseres vor, Alex war da ja noch und die ganzen Partys, die jeden Tag in Berlin stattfanden. Er hatte schon genug Beschäftigung wenn er nur wollte, überhaupt was wollten sie von ihm? Jetzt ging es ihm wieder gut und sie waren noch nicht zufrieden. Obwohl gut? Im Moment ging es ihm gar nicht gut, es kostete ihn alle Mühe das Zittern so gut es ging zu unterdrücken, seine Atmung konnte er auch nicht wirklich kontrollieren, er konnte immer noch nicht begreifen das er nichts mehr hatte, das das Tütchen leer war. Ihm war kalt und so zog er sich die Decke bis zu den Ohren hoch, was wiederum Richards Aufmerksamkeit weckte. David wusste das er genau beobachtet wurde, er biss die Zähne zusammen, doch eine Träne schlich sich aus seinem linken Auge und rann über seine Wange. Er öffnete die Augen, es hatte keinen Sinn, er brauchte wieder was.
„Richard?“
Richard sah auf, das war David gewesen, er stand auf und ging zum Bett hinüber.
„Ja?“ fragte er leise.
„ Mir geht es nicht gut.“
„ Ist dir schlecht? Sollen wir ins Bad?“
„Nein, mir ist so kalt und...und ich brauche einfach...“
Richard starrte seinen Bruder an, gab er gerade zu das er schon abhängig war? Er atmete einmal tief durch und setzte sich dann zu ihm, er sagte nichts weiter, strich ihm über den Rücken und hielt ihn fest.
„Bitte Richard.“ Flehte David nun fast.
„ Ich habe nichts David und ich werde dir auch nichts besorgen. Was denkst du dir nur dabei?“
„ Ich will doch nur das es vorbei ist, das es endlich aufhört weh zu tun.“ Schloss er die Augen wieder.
„ Ich verspreche dir das es bald aufhört David, hör auf mit dem Unsinn und ich verspreche dir alles wird wieder gut.“ Er wiederholte es immer und immer wieder, solange bis David sich wieder einigermaßen beruhigt hatte und in einen unruhigen Schlaf gefallen war. Er ging nicht zurück zu dem Sessel, er blieb dort sitzen und hielt die Hand seines Bruders, die dieser fest umklammerte.
Kapitel 11
Leise schlich Lisa sich am frühen Morgen ins Wohnzimmer, in der Annahme das Syd noch schlafen würde, aber dem war nicht so. Er hatte in dieser Nacht ebenfalls kein Auge zugetan und saß nun auf dem Sofa, als er sie bemerkte blickte er auf.
„Morgen.“ Sagte er leise
„ Morgen.“ Gab sie zurück.
Er sah die Koffer in ihrer Hand und wusste sofort was das bedeutete, „ Du kommst nicht mit.“
„Nein, ich kann nicht. Es tut mir Leid Sydney ich...ich...hätte nicht...also....“
„ Ist schon OK ich hätte es besser wissen müssen. Mein Flieger geht heute Abend, du kannst solange weiter hier wohnen bis du was neues Gefunden hast.“
Sie sagte nichts blickte zu Boden und stand einfach nur da, er stand auf und ging zu ihr. Dann legte er einen Arm um ihre Schultern und führte sie zum Sofa.
„ Du bleibst doch bei L.EX oder?“
Sie zuckte mit den Schultern, würde sie denn dort noch bleiben können? Immerhin ging er nach New York und er war der Chef. Sie könnte verstehen wenn er sie hinauswarf, aber scheinbar war das nicht seine Absicht.
„ Wenn das denn geht.“
„ Sicher geht das. Lisa ich kann beruflich von privatem trennen.“ Gab er ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn.
Ein leichtes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, ohne Job stände sie ziemlich schlecht da.
„ Danke.“ Sagte sie daraufhin.
„Ich werde dann mal packen.“ Stand er auf und begab sich ins Schlafzimmer.
Gegen zehn hatten sich schließlich alle bei den Seidels zum verspäteten Neujahrsfrühstück versammelt. Laura und Helga standen noch in der Küche und richteten die letzten Sachen auf dem Tablett an, Gabriele hatten sie Frei gegeben. Laura wollte Heute alles selber machen, jetzt mussten sie nur noch warten bis der Kaffee durchgelaufen war. Die anderen warteten im Wohnzimmer auf sie, Max und Lars spielten gerade mit Emma, Sabrina und Yvonne unterhielten sich über die Schwangerschaft, Bernd und Friedrich fachsimpelten über das schneiden der Hecke und Mariella nahm gerade Richard zur Seite, der Frisch geduscht und umgezogen die Treppe hinunter kam.
„ Wo ist denn David?“ fragte sie besorgt.
„ Noch oben, er zieht sich gerade um.“
„ Wie geht es ihm denn?“
Bevor er seiner Schwester antwortete zog er sie noch ein Stück von den anderen weg in Richtung Treppe.
„ Nicht gut, die Plenske hat ihn gestern hier abgeliefert....“
„Lisa?“ unterbrach ihn Mariella überrascht.
„Ja, er war sturzbetrunken und dazu...“ er stockte kurz, „ Sie hat gesagt er nimmt Drogen und Max und ich haben auch ein leeres Tütchen bei ihm gefunden.“
Mariella schlug die Hand vor den Mund, David und Drogen? Sie konnte es sich nicht vorstellen wusste aber auch das ihr Bruder mit so etwas keine Scherze machen würde. Sie warf einen besorgten Blick nach oben.
„ Wir haben gestern Nacht auch noch geredet, nachdem ihr angerufen habt. Wir denken er hat es immer noch nicht verarbeitet, die ganze Sache mit Lisa.“
„ Ja da habt ihr sicher Recht, Max erwähnte das er gestern ihren Namen sagte und dann das sie ihn nicht verlassen solle.“ Er sah nach oben, David brauchte auffällig lange um sich anzuziehen, „ Ich werde mal nachsehen gehen ob alles in Ordnung ist.“ Machte er sich wieder auf den Weg nach oben, Mariella folgte ihm.
„ Wir wollen die ganze Sache über Lisa angehen, sie müssen endlich reden, beide! Sonst werden sie nie mehr glücklich.“
„Moment mal, die Plenske ist glücklich.“
„Wenn du meinst, Sydney London ist eine Kopie von David. Du kannst mir sagen was du willst, sie ist nicht über ihn hinweg.“
„ Aus diesem Blickwinkel habe ich das noch gar nicht betrachtet,“ hielt er vor der Türe inne, „ das könnte sogar sehr gut Möglich sein. Was habt ihr vor?“
„ Erst mal das wir mit Lisa sprechen und das ihr David bei der Stange haltet, auf ihn aufpasst, ihn ablenkt, alles damit er nicht auf dumme Gedanken kommt.“
„ Auf die ist er ja leider schon gekommen.“ Seufzte Richard und trat dann ein.
David saß auf dem Sofa, den Kopf in die Hände gestützt und starrte auf den Boden. Sein ganzer Körper zitterte. So konnte er nicht nach unten gehen, alle würden ihn fragen was los sei. Er hatte sich nicht für so Abhängig gehalten, er hatte sich überhaupt nicht für Abhängig gehalten. Als er die Türe hörte sah er auf und versuchte das zittern unter Kontrolle zu bekommen, es gelang ihm nicht, aber es war auch nur Richard der eintrat gefolgt von Mariella. Sofort versuchte David wieder sich zusammen zu reißen.
„ Alles in Ordnung? Warum kommst du nicht runter?“
„Ich kann nicht.“
„ Was kannst du nicht?“
„ Ich kann nicht runter, ich..“ er begann nervös seine Hände zu kneten.
Es war Mariella, die sich neben ihn setzte und sanft seine Hände mit ihren verschloss.
„ Doch du kannst David, du schaffst das.“
„ Nein ich...ich schaffe das nicht...ich...ich habe auch gar keinen Hunger.“
„Wir sind doch für dich da, wir schaffen das zusammen. Vertrau mir.“
Er sah ihr in die Augen, er sah Sorge, aber auch vertrauen. Auf was vertraute Mariella?
„ Aber ich...ich brauche doch...“
„Schsch“ verschloss sie mit ihrem Zeigefinger seinen Mund, „ Du brauchst gar nichts David, wir sind für dich da egal was ist, wir alle sind für dich da.“ Sie stand auf und hielt ihm ihre Hand hin, „ Jetzt komm, je länger du dich nicht blicken lässt desto mehr Sorgen machen sie sich.“
Zögernd griff er nach ihrer Hand, er war sich immer noch nicht sicher und wen meinte sie mit sie? Wussten die anderen etwa alle das er, wenn ja konnte er ihnen nicht gegenüber treten. Im Moment war sein Kopf einigermaßen klar, was er wohl auch der kalten Dusche zu verdanken hatte unter die Richard ihn am Morgen gestellt hatte. Er umklammerte ihre Hand als sie langsam auf die Türe zugingen, versuchte eine es ist alles in bester Ordnung Fassade auf zu setzten, doch es wollte nicht gelingen.
Laura und Helga waren auch schon wieder ins Wohnzimmer zurück gekehrt als sie die Treppe hinunter kamen. Alle sahen sie ihn an, dachte er zumindestens. In Wirklichkeit hatten sie sie noch gar nicht bemerkt, erst als sie an den Tisch traten wurde man auf sie aufmerksam.
„ Da seid ihr ja, guten Morgen David.“ Begrüßte Laura sie, „ Ich würde sagen dann können wir anfangen.“ Bat sie auch die andern zu Tisch.
Lisa hatte derweil Sydneys Wohnung verlassen, allerdings wusste sie nicht wo sie hin sollte. Zu ihren Eltern nach Göberitz? War sie da überhaupt noch willkommen? Zu Yvonne konnte sie auf keinen Fall, diese hatte ihr immer noch nicht verziehen was damals auf der Taufe geschehen war. Warum konnte sie nicht einfach alles Rückgängig machen? Warum war sie überhaupt weggegangen damals? Das war der größte Fehler in ihrem Leben gewesen. Sie beschloss zuerst einmal ins Büro zu gehen, ein wenig arbeit würde sie erst einmal ablenken und dann würde sie weiter sehen. Von Sydney hatte sie sich auch nicht verabschiedet, aber das war vielleicht auch besser so. Sie hatte ihn schon genug verletzt, genau wie David. David, da war er wieder in ihren Gedanken, wie konnte sie das nur je wieder gut machen was sie ihm angetan hatte? Er nahm Drogen, er war total abgestürzt und das nur wegen ihr. Nur wegen ihr hatte er die Kontrolle über sein Leben verloren.
Das Frühstück in der Villa Seidel verlief ruhig, Emma zog die meiste Zeit über die Aufmerksamkeit auf sich, deswegen bemerkten die anderen auch nicht das David so gut wie nichts aß, das er seine Hände unter dem Tisch immer wieder ineinander schlang um so das zittern unter Kontrolle zu bekommen. Mariella lächelte ihm aufmunternd zu, sie saß ihm gegenüber, neben ihm saßen Richard und seine Mutter. Doch auch Laura Seidel bemerkte das ihr Sohn nicht wirklich bei der Sache war.
„ Geht es dir gut Junge?“ fragte sie deshalb leise
„Bestens,“ gab er mit zusammen gebissenen Zähnen wieder, dies allerdings veranlasste Laura ihn genauer zu beobachten, das er nicht gut aussah, sah zwar jeder, doch den Grund dafür kannten sie nicht. Sie sah das seine Hände zitterten, das sein Atem leicht beschleunigt war.
„Du musst nicht sitzen bleiben wenn dir nicht gut ist,“ strich sie ihm über den Rücken und bemerkte das sein Hemd am Rücken klebte, „ Leg dich oben noch was hin.“
„Mir geht es gut!“ brauste er auf, so das sich nun alle Blicke auf ihn richteten, „ Es ist alles bestens! Ihr habt doch alle keine Ahnung, ihr habt alle keine Ahnung wie ich mich fühle, ihr habt keine Ahnung wie weh das tut! Ich kann nicht so weiter machen als wäre nichts gewesen, das geht einfach nicht! Ihr wollt alle den alten David wieder haben? Tut mir leid, der alte David ist tot und er kommt nicht zurück!“ er war aufgesprungen, er zitterte und ihm war übel.
„ Was soll das jetzt David?“ fragte sein Vater scharf, „ Wir versuchen nur dich ein wenig aufzuheitern und das ist der Dank?“
„ Aufheitern? Ihr müsst mich nicht aufheitern, ich habe euch nie darum gebeten! Lasst mich einfach alle in Ruhe!“ drehte er sich um und stürmte aus der Villa.
„ David!“ rief Mariella hinter ihm her, doch er hörte nicht, er lief weiter, er wollte nur noch weg, nach Hause, er brauchte einfach eine Dosis dann erst würde es ihm besser gehen.
Die anderen sprangen nun ebenfalls auf, man wollte hinter ihm her, ihn beruhigen, doch Laura schüttelte nur den Kopf.
„ Er braucht vielleicht nur Zeit für sich.“
„Zeit für sich? Laura unser Sohn nimmt Drogen! Er ist auf Entzug, wir dürfen ihn jetzt nicht gehen lassen.“
„Drogen? Ich bitte dich Friedrich wie kommst du da drauf?“
„Es stimmt,“ sagte nun Richard, „ Wir haben gestern etwas bei ihm gefunden.“
Der letzte Satz versetzte alle wieder in allgemeine Aufruhr, es wurde durcheinander geredet und Suchtrupps eingeteilt, schließlich machten sich Mariella, Richard, Max und Lars auf den Weg. Die anderen blieben in der Villa, vielleicht kam er ja wieder.
Lisa konnte sich nicht Konzentrieren, immer wieder grübelte sie wo sie denn hin sollte, kurz war sie im Büro gewesen, doch da konnte Sydney ja auch noch auftauchen. Sie kramte ihr Handy aus ihrer Handtasche und wählte die Nummer ihrer Eltern, niemand hob ab. Vielleicht waren sie ja unterwegs, sie wählte die Handynummer ihrer Mutter, es war an, das war ja schon mal etwas.
Helga bemerkte das ihr Handy klingelte, sie kümmerte sich gerade mit Yvonne und Sabrina um Laura Seidel, die die Nachricht das ihr Sohn nun auch noch Drogen nahm nicht so ganz verkraftete. Sie bat Bernd dran zu gehen.
„Ja bitte? Lisa,“ sein ton war kühl, „ So du willst nach Hause kommen? So einfach geht das aber nicht Junge Dame! Ach mit deinem Modefuzzi ist Schluss, tja da kann ich dir nicht helfen, im Moment ist es eh ungünstig wir sind eingeladen. Also bis dann.“ Er legte auf, auch wenn Lisa seine einzige Tochter war, das was sie getan hatte konnte er ihr nicht so einfach verzeihen.
Geschockt ließ Lisa das Handy zurück in die Tasche sinken, sie hatte nicht erwartet das ihre Eltern sie mit offenen Armen empfangen würden, aber mit so einer Abfuhr hatte sie auch nicht gerechnet. Sie fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen, hatte sie wirklich keine Freunde mehr? Es schien ganz so zu sein, sie hatte sie alle verschreckt und verstoßen weil sie nicht zu hundert Prozent hinter ihr standen. Tränen liefen über ihre Wangen. Sie realisierte das sie an der S-Bahn Station stand, der Zug nach Göberitz würde bald kommen. Sie setzte sich auf den Bahnsteig und ließ die Beine über den Gleisen baumeln.
David rannte zur nächsten S-Bahn Station, bis zu seiner Wohnung zu laufen würde er nicht schaffen. Es war schon ein wunder das er es bis nach hier geschafft hatte. Müde und völlig ausgelaugt ließ er sich auf eine Bank auf dem Bahnsteig sinken, gegenüber wurde die Einfahrt des Zuges nach Göberitz angekündigt. Er sah hinüber jemand saß an der Bahnsteigkante, irgendwie kam ihm diese Person bekannt vor, sie stand auf und sprang auf die Schienen, seine Augen weiteten sich als er sie erkannte. Das konnte sie doch nicht machen, er sprang auf und ebenfalls vom Bahnsteig, er sah den Zug schon um die Ecke kommen, so schnell er konnte hechtete er hinüber und zog sie von den Gleisen und wieder den Bahnsteig hinauf. Sie lag jetzt auf ihm und starrte ihn an, er hielt sie immer noch fest.
„ Tu es nicht Lisa,“ sagte er sanft, „ Ich kann nicht ohne dich Leben.“ Eine Träne löste sich aus seinem Augenwinkel.
Sie blickte ihm in die Augen, „Ich kann nicht ohne dich David, ich liebe dich.“ Dann vergrub sie ihren Kopf an seiner Schulter und weinte.
ENDE
==> wird fortgesetzt durch Hopeless, Falling und On the edge!